Ae 1086. 23. April 1864.  
	Hilustrirte Zeitung.
	laum binreichend, um mit Sicherheit die Zeit feiner gripien
Schipfungen beftimmen gu fonnen.
William Shatefpeare, am 23. Wpril 1564 3u Stratford am
	. Avon in der Graffdhaft Warwic geboren, war der Sohn Зови
	Chatejpeare’s, ees Biirgers, der als Fleifder, Wollhandler 2.
thiitig gewefen gu fein fdeint. Cnglifdien Bivgrayhen, die in
ihrer Enghergigheit glauben, felbft dem gittliden Genius eines
Shatelpeare durd) ,,guies Blut” aufhelfen gu miiffen, mag 68
iiberlafjen bleiben, in den Borgefchichten feiner Familie einige
Spuren von Wel nachgutveifen ober bargulegen, dah das Ge-
{ehledt der Arden (dem Shatefpeare’s Matter entftammte) ein
in Warwidhhire hochangefehenes war. Uns geniigt die That:
Табе, dab Shafefpeare’s Vater, in feinen Bermigensverhialtniffen
herabgefonunen (vielleidht auch dev alten Rirdje geneigt) fitch als
Alderman dev Heinen Stadt nidt behaupten founte und ав 9е8=
Halh die Erziehung William’s fetne getehrte ward. Gr bejudite
allerdings eine lateinijdje Schule, aber feinen dev Sige са ек
Bildung, tele dbamals in nod} Hoherm Wnfehen ftanden als ge:
genwiirtig. Brithgeitig fcjetnt ev fic) an ben Gefdhaften feines
Vaters hethetligt зи haben — mit einem innern Drang und Be-
ruf, der alledem widerfirebte. Gei ungeftitmer, ihrer felbft nidt
betwupter, von allen umgebenden Berbhaltniffen beengter Kraft,
migen feine Qugendjabre ftiirmifch genug gewejen fein. Die Ge-
fchichte feiner Che (mit 18 Jahren heirathete er Wnna Satha-
way, die Todter eines Landmtann3 aus der Umgegend von
Stratford, welche mehre Sabre alter war und ihm bis zum Sabre
1585 gwet Tidhter, Sufanna und Sudith, fowie einen Sohn,
Hamnet, geboren hatte), fowie die Weberlieferung, dah er als
Wilddieb verfotgt und befiraft worden fei, leidet freilich an man-
chen Duntelheiten. Wher daB unterltegt two! feinem Biweifel, dah
Shatefpeare weder durch feine Befchaftiqung, nocd) dure) fein
HauslicheSs Leben, iiber dem dex Dru der Armuth lag, nod
durdy feine Lage in Stratford begliickt war, dafs er die Kraft zu
eirem andern Dajein in fich Ге und deshalb im Sabre 1586
die Vaterftadt verlies, unt nad) London gu gehen. Er folgte dem
Beifpiele mehrer Landsleute, wenn ev fic) alsbald nach feiner
UAntunft in der Haupfiadt einer der Schaufpielergefelljdaften an:
{chlofs, welche auf den verfdbiedenen Biihnen Londons agirten.

G8 bleibt ewig bellagenswerth, dab wir fetnen Ginblid in den
Cuiwidelungsqang haben, burch welden Shafefpeare, der in
hiilflofer age und mit ungulanglicer Bildung einer ter Dar-
еек рез Blacfriartheater ward, mur wenige Sabre {pater als
cin bramatifdjer Dichter auftrat, der fo begabte Settgenoffen wie
Marlow und Greene itberragte. Sider ward Shafefpeare fein
pgelebrter’ Dichter, aber fitnf Sabre nach feiner Wnkunft in
London befaf ex eine umfaffende Belefenheit, die Nahrerin jeie
net gliihenden Bhantafie, befafs fene Menfehen- und Herzens-
fennini®, die nur den Uuserwahlten zu Theil wird, eine dtchte-
rife Fertigheit, die bei aller Naturbegabung die fleibigfte Webung
porausfepte. Wiffen wir auch nichts oder fo gut wie nichts von
feinent Thun und Trethen int eingelnen, jo tft dod) ungtveifel-
haft, dag nur ein retches, buntes, vielbetwegtes Leben mit taufend-
fachen Erideinungen, dah nur da8 unablaffigite Streben den
jungen Scaufpieler in den Dichter de8 ,, Titus Andronicus”,
der ,, Kombdbie der Srrungen“, der ,,Beiden Veronefer“ und der
erbabenen SiebeStragibdie ,, omen und Gulia’ verwandeln
fonnte. Seine ,,Sonette”’ geben mande Undeutung von Leiden:
\haften, inneren und duperen Rampfen, die ihn bewegt und ge-
retft haben.

Veber feine Leiftungen al8 Sdaufpieler, fein unwidtiger
PRunkt, infofern fid) gewsbhnlich die fhlechteften Komidianten
darauf gu berufen pflegen, dap ,,auch) Shafefpeare’s erhabened
UAntlix gefehmink gewefen”’, lauten die Beridte verfdieden. C8
lat fic) annehmen, daf Shafefpeare bet feinem eminenten Geifte
nicht in der legten Reihe ber Darfteller suriicblieh, aber laud
nie eine [chaufpielerifde Grofe getworden tft. Durd) feine haufig
aufgefiihrten Dramen, feine Prologe, Epiloge und Searbeitungen,
fur; durch feine dichterifoje Thatigteit ward er fiir feine Gefell-
{chaft wichtiger al ито die Uebernabime von Rollen. Sehr
gettig ftieg ex darum gum Theilhaber am Gewinn der Theater:
unternebinungen, ward fpdter einer dex Mitbivectoren de3 neu-
erbauten Theaters ,3um Globus’.

Seine dicdhterifden Schipfungen gewannen ihm eine Geltung,
die der Schaufpieler allein nicht erlangt haben twiirde. Bet einer
gablreiden Rlalfe von damaligen Ginnern ftand der dramatifde
Dichter, der VBol¥spoet, unter dem Epifer und Lyrifer, dem
cigentliden Runft: und Hofdidyter. Shakefpeare gab durd) fetne
Gedichte ,Benus und Woonis” und ,,Lucretia”, fowie burd) feine
„@опейе” den fdjlagenden Beweis, dab er auch anf dtefem
Felde ein Mitbewerber fein fnne und an dev ovamatifden Dich:
tung fefthalte, weil er fie Ни bie hihere erfenne, gu ifr den
Drang und Beruf fiihle. Am giveiten Sabrzehnd feines Wufent:
halt3 in London fduf er die Reihe der dronifalifden Dramen
pkidard IL”, ,,Ridard 11.”, ,Beinrid) IV.  ,Rinig Bohan’
und ,,Heinrid) VII , fdhuf den ,, Kaufmann von Benedig”,
pothello”, ,Gamlet” und die Mehrgahl fener Romsdien: ,,Crde
gut, Wile gut“, ,,Cin Sommernadtstraum”, ,, Wie es eud) ge-
fall’, , Biel Larm um Nichia”, ,,Was ihe wollt’, ,,Die luftigen
Weiber von Windfor.” Nur his zu diefer Beit, ungefahr bis
gum Sabre 1602 vder 1608, trat der Didjter als Schanfpieler
auf, bom Sabre 1604 an feint er Haus: und Landantiufe in
fener Heimat gemacht und alles gu einem ehrenvollen Ritdyug
dabhin vorbeveitet yu haben. Gr hatte iibrigend aud) in den 20
Sabren, welche er in ber Gauptftadt lebte, Stratford befudt und
fir feine Familie jedenfalls reidhlich Sorge getragen.

Da8 Jahr 1601 war zu einem fehr bedeutfamen, faft verhang-
nifvollen fiir Shafefpeare geworden. Gr jah den Stury und
das tragifche Ende des glangenden ritterlicjen Effex, einen Fall,
in den aud) fein warmfter Ginner Henry Graf Southampton,
an weldhen die Mehrzabl der Sonette geridjtet И, mit verwidelt
ward. Wihrend Southampton im Tower eingeferfert war,
wibhrend die lebten Tage ber Kinigin Glifabeth in bittern Triibfal
verfloffen, erblidte Shakefpeare gleidhfam die Rebrfeite der Gripe
und Herrlicdhfeit fener Beit, an welder fein patriotifdjes Herg
armen Wntheil genommen. Wuch perfinlid) modjte der Dichter
Schweres erfahren haben, in feiner Wnfdauung des Lebens, der
Menfchen, ward ein jtrenger faft diifterer Grnfi mehr und mehr
vorherr[dend, die lidjte Sdhinheit raumt einer bunkeln Erhaben-
Бей раз бер. Bon 1602—1G611 oder fpdter wurden ,, Sulius
Safar’, ,, Antonius und Cleopatra”, ,,Coriolan”’, wurden ,,Kinig
Year’ und ,,Macheth“, wurden ,, Troilus und Creffida” und
Limon von When, Maah fiir Maak, ,,cymbeline” und ,,Das
Wintermairdhen” gefdjaffen. Der RegierungSantritt Konig Ja:
fob’ I. hatte givar dem Earl von Southampton feine Fretheit,
bem Didter mance Gunftbezeugung gebradht, aber dte ernfte
Sebensftimmang blieb von da an iiberwiegend. Mtehr und mehr
ang ex ftd) aus dem raufdjenden Leben Londons guriid, die legten
Sabre verbradjte ev stweifellos in feiner Geburtsfiadt. Sein
Seth, feine RroductionSfraft, die in 25 Sabren 37 Dramen де:
		gllustrurte 28.

 

 

 

 

Wodyenhalender. .
1864   proteftanten   Satholiten М Suden   Xitirken
. 1864 5624 1280
Upril April Kifan Dw fade
г ©.  4. банные  4. бане 112.6. Waji  13. 1%.
. 2. [Marcus Marcus - 13. о 19, 18.
2 3.  Cletns Cletus 14, Martinus 20, 19.
27. 3. [Tertullian   WAnthimis 15. Uviftard)  21. 7, Heft.  20,
28. D.   Vitalis Bit. u. Bal.  16. Agapia 22. 8. efi. (21.
ou, Е: Sybila eres 17, Simeon  23. 22, Diduma
30, Entropius opbhia 118, Yoh. Dec,  24, 23.
	~flronomtfcher Ralender.
	{dhaffen, waren diuferlich nicht unbelobnt geblieben, Ohatejpeare
febrte mit einem BVermogen von vtelleicht 200 Pfund jahrlichen
Exrtrags, al8 Beliger eines ftattliden Haufes und mehrer Felt:
gitter heim. Die Achtung, welche ihm fein Befigthum erwarh,
пет фойе auc) jeinem Dichterrulnt bet den Meinftddtifden und
lanblicjen Umgebungen Geltung. Und fo verflob ibm die les

Sebensseit in friedlicher Rube. Bereits am 23. April de& Aat
re8. 1616, Shafefpeare’s 52. Geburistage, endete ein Tajein
das fo reid) und fruchtbringend fit die Menfdpheit verfloffen war,
wie nur twenige auserwablte und gotthegnadete Leben!

Bei Shakejpeare’S Tode war nur ein Theil feiner unfterb:
lichen. Dramen durch ben Drucl fiir die Nachwelt gefidert. Wher
1623 veranftalteter Heminge u. Condell die erfte Wusgabe der
jamimtlichen Werke, deren Text beinabhe allen fpateren Wusgaben
und Forfdhungen zur Grundlage dient. Die Sammlung fand
Verbreitung, obwol bereits die politijden Kiimpfe begonnen hat:
te, weldje dev Blittezeit englifder Poefie ein Ende bereiten
follten. Ym Sahre 1640 brach nach mandent Borfpiel der groke
Biirgerfrieg aus. E€8 gelang vem englifcen Bolte feinen tran:
nifcen Silirften gu befiegen, leider aber twarb diefer Sieg haupt-
fachlich der wilden Srtfchloffenheit der Ruritaner verdanit. Die
Partei und Gefte hatte dem frohlicjen England der Shakez
fpeare’fchen Bett zum Geldohter gebdient, Shafefpeare Те
hatte im Hausmetfter Malvolio die ,,Heiligen’ mit ihren
fomifden Sitten und abjurden Bedenten gegeijelt, Wie oft
modjten die Wainde des Globus von hundertftimmigen Geli:
ter erfefititert worden fein, tenn Malvolio mit den gelben Rnie:
диет, den fauren Mienen erfdienen und von frdhlich weltli-
chen Lenten gefoppt tuorden war. Nun indef fehlugen eben diefe
Puritaner den Konig und Wdel von England bet Mafeby und
Marfton Moor aufs Haupt, fiillten die Regierung und machien
ibven Siibrer Oliver Cromwell gum Herrn dev drei RKonigreiche,
Sie waren noch immer laderlich mit Haaven und Kniegitrteln,
nijelten in ihrer Sprache, tauften ihre Sane ,,Triibfal” und
„вебе fiir Gott’, aber fie befafen jett die Macht vor dem
Земит ausgurotten’’ was thnen verderblich diintte. Sie fdjloffen
alle Schaufpielhaufer, fie verfolgten die fdjdne Literatur mit
duperfter Crbitterung und unter ben Cinwirhingen ihrer Herr:
{chaft gefdhah e8, dak William Shakefpeare’s Name, anftatt zu-
роет und hod) iiber alle englifdje Literatur binausguragen,
halb vergeffen ward. Nad) der Reftauration des Kinigthums
30g aud in England ein verinbderter Gefdmad, die Herrfdhaft
der frangififdjen Literatur ein. Shafefpeare’s Name war nit,
wie man wol Lieft, gdngltd) verfdjollen. Wher feine Werke er:
{chienen nicht mehr auf der Biihne; Dryden, Widerley und andere  
Dichter der Reftauration fonnten ijn ungeftraft pliindern. Faft
ein Jahrhundert verging, ehe gan, England fich bewubt tard,
weldjen Dichter eB in Shakefpeare bejeffen, ehe die volle Wiirdi-  
gung de8 Genius und dev Cultus deffelben begann, Und wahrend
dies in England der Fall war, hatte vag tibrige vom franzofi{den
Gefchmad Вебер Europa die roheften Anfdauungen itber
den griften Dramatifer. Boliaive, der in feiner Biblivthef die
Tragddten des grofen Briten unter der Auffehrift: ,, Barbarife
Traucr piele, ftehen hatte, driidte damit die herrjdende Meinung
aus. Mit dem erften Auffdwung der deutfden Nationalliteratur
eviwadhte inde aud) bet uns Sntereffe, Segeifterung, Verfiindnif
Пи den Dichter. effing wies mit Nadjorud auf ihn hin, Wieland
und Gfdenburg verfuchten die erfte Nebertvagung, Goethe felbft
hat un8 ergiblt, wte thm und feinen Genoffen in Sturm und
Drang Shakefpeace’s Werke zur Weltbibel wurden. Die Haupter
ber romantifden Schule ftritten fiir die allgemeine Verbrettung
de8 Dichlers, Sdlegel’S und Ludwig Tied’s noch heute uniiber-
troffene Ueberjebung machte ihn wahrhaft yu ,,dem Unfern’’.
Wol haben feithem auch die romanifdjen Mationen feinen Ge:
nius gehuldigt. Wher das vollfte Wnrecht gur Theilnahme an der
Feier hat neben dem Vaterlande Shafefpeare’s nur Deutfdland,
two feine Werke auf der Bilbne, in der Vtteratur, in der allge-
meinen Bildung neben den claffifden Shipfungen unferer grog:
ten Dichter dauernde Stitte gefunden haber.

Hodbeqabt von der Natur, mit der fidrkften und gliihend-
ften Phantafie, dte je ein Ritnfiler befeffen, amit der reichften
tiefften Empfindung, dem freieften Humor, bem fdparfften Wuge
fiir Welt und Menfden ausgeftattet, gereift in der Schule
eines eigenen vielbetwegten, fraftvoll genoffenen, aber and
ernft gefihrten Leben8, unter den Cindriiden groper Thaten
feines Bolfe3 und groper Gefdhicke ber einjelnen, ward Shafe-
{peare wabhrlid) burd) fetnen ,, Zufall’ der gripte Dramatifer.
Sn den Wendepuntt siveter Beitalter geftellt, die lesten Requng nr
bes Mittelalters, wie die friiheften ber Neugett fdauend, durfte
ev nur mit der ganjen Macht feiner Geftaltungstraft die Welt
um fich ber erfaffen, durfte fie in feiner bon unbeftedjlicer
Wahrheit und echter Liebe erfitllten Seele fpieqeln, um unber-
Gingliche Werke hervorzubringen. Die Frage ift miiBig, ob
Shakejpeare ein Bewuftfein fener Grife und der Dauer feiner
Dichtungen gehabt habe. Sehlidsten Ernftes voll, dem e3 tamer
und itherall guerft darum 3u thun ift, das Befte gu leijten, ete
purhaus lebendige, auf da unmittelbare Wirken geftellte Natur
mag ev denmody den tiefern Gehalt jeined Lebens und Dichtens
in guien Stunden erfannt, mag empfunden haben, da er gum
Rachruhm berechtigt fei. Sedenfalls find dte int Srrihum, weldhe
ibn gu etnem Sithnenfdriftitelfer im mobernen Stnne umivandeln,
der tiberall nur geftrebt habe fein ,,Bublifum’ gu unterhalten
und gu befrtedigen. Dem Buge feiner Natur, jenem heiligen
Miiffen in einer Dichterfeele ift auch ev gefolgt, und al8 thin
bas Leben име und ernfter erjdien, al8 er tiefere Blide in
die Nadt der Welt gethan, hat er feine lebten Werke in diefem
Sinne und im gedrangteften Stil gejdaffen, vermuthlicy ohne
porauszufeben, dab fie dem Publifum des Globus fo am will:
fommenften twiiren. Rein Didter, dem der ganze Reidhthum und
die buntefte Mannigfaltigteit be? Dafeins, bem ba8 Menjden-
leben vom Hichften bid gum Liefften erfeplojfen war, bat je cine
hobere Cinheit befeffen als Shatefpeare. Und obfdhon er jelbit
nie in feinen Dramen hervoratitreten, obtwol er nach Bijder’s
Uusdeud alle Formen der Menfdbheit durdwandelt, fic) yur
Gatiung eviveitert gu haben fdeint, fo ift e3 bennoch nicht fcjiver,
den innerften Sug feines Wefens in fetnen Charatteren gu er:
fennen. Die unbedingtefte Wahrhaftigteit, die felbft in Veiben-
fhaft und Serthum feinen Sdein und feine Rhrafe duloet, die
Lebenstraft, die Starke, die Unmittelbarteit der Empfindung,
die wir bet faft all feinen Geftalten finden, verftatten un8 einen
© аи! den Sdspfer diejer Geftalten. Wie wenig wir auch
von Shafefpeare’s taglidjem Leben iviffen, fein Welen tritt uns
aus den ewigen Gebilden feiner Runft far genug entgegen, um
die Gripe des Menfdjen tie jene des Didhters, die Hier und
itberall in ein® fallen, voll aiveifellofer freudiger Getwifhett yu
verebhren und зи feiern. G8 ift fein Linftltdjes , Fein bus hiftort:
{ches Heft, bas Shakefpearejubilaum! Und mehr alg je empfinbdet
fic) eben hente die Wahrheit und Teagweite jenes Wortes von
Gerbinus: ,,Mtan priife die Charaltere, ote Gandlungen, die
	Culnt ination,

 

 

1864 рн ber Sonne Q Breit $ м ь

pri ; па биве teite lufgang ntergang
° Mittage   mitt, Beit fa

24 2h 10’ 56” 11 58¢ 0/  2445 + р 24/\10b 10° abs,

25 2 14 52 11 57 49   957 2 32/11 10

26 3 18 49 [11 57 39  271 3 34112 0

27 2 22 46  1 57 29  255 4 23  — — am Zage.
28 2 26 42 11 57 20 } 299 4 58/0 40 frith

29 2 30 39 lit 57 п   313 55106

30 8 34 35 11 57 3 397  415 131145
	Connenanujgang 4 UW. 40 Dt Sonnenuntergang 7 W. 15 M,
Legtes Biertel ven 29. April 5 U. 24 ML frilh.
	Sropte jilol. Uoweidung bes Mondes vom Uequator bent 25, WUpril 0 UW. mittags.
GulminationSdauer der Gonne 2 11” Sterngeit,
	Witterungsbeobadjtungen 3u Leipzig.
	  Загощеет in parijer
	 

 

 

reer

 

 

 

1864   Linien auf O° reducirt,   *ermometer nad) Reaumur ind:
April.  S 8 Ube   tUbv   6 Mor   8 Ube] 4 Whe   6 br : richtung
nadm,   сое frilh   wad.   avers   Mittel

10 334,26   333,38   333,29   20 + 78/+ те 58 м
11 333,65   333,25   332,82 4, 7 ‘0 6,0) 5,7) NW
12 332,67   333,12   333,27 6,1 8, о g AY) 74, NW
13 333,74   333,42   333,27 2,4 6.6 6, 2 5,1] NW
14 334,40   334,07   333,40 0,7 1,5 75 5,3) NWN
15 335,10   333,92   333,44 2,4 $5,4 74 6,2 о

16 334,05   333,42   333,02  + 2,0] 78l+ 65-4 54  O

 

 
	Wriltant Shakelpeare.
	St. Um 23. April begeht England und mit и die ganze
civilifivte Welt, fo weit fie die Grdpe de3 Dichterd begviffen und
verftanden hat, die 300jdhrige Wiederfehr bes Tages, an dem
Willian Shakefpeare 3u Stratford aim Woon geboren ward. Der
Name des griften Didters in den Jahrhunderten der neuern Ge-
{dhichte gehirt gu jenen, die nie genannt werden finnen, ohne dab
ein Gefiihl ftaunender Betounderung und freudiger Ehrfurdt in
der Seele der Cmpfingliden wad) wird, gu jenen Ramen, welcde
noch immer al8 eine Veriiinbdiqung erflingen, dab der Geift und
	nidjt die Materte ote Welt beherrjdt. Zum gweiten mal (nacdden
der 100jabrige GeburiBtag des Dichters ungefeiert voritbergegan:
gen war) barf fic} die Candftadt in Warividfhire einen Tag fang
al die Fiirftin unter den Stidten Britanniens, ja unter denen
per Erde fitblen. Sft e8 fdon fiir immer ibe hochfter Rubm, die
	Wiege des gottliden Oicjters деше]еп зи  ейт, jo bedarf e8 dod)
eben diejes Tages, um der Welt in Crinnerung gu bringen, dafs
aud) Sbafefpeare dereinft su fenen_,,verborgenen Herrfdjern” ge:
hort habe, von denen ein neucrer Didjter fingt:

Ahre Monige fennen bie Volker ber Crde: fie rollen

Stolz in Carvoffer daber, Drommmneln und Fahne voran;

Aber fie Haben gugleid auch einen verborgenen Haifer,

Beldher am Brunnen vielleidt felber аз BWafjer fic [eopft,

Und, fei diefer cin Riinftler, cin Denker over ein BWeijer,

Eh das Jahrhundert vergeht, tragt er die Krone allein!

In einem Momente, wo Shatejpeare bem Gedadinif der Men:
fojen al8 eine faft mythifde Perjinlidteit vorfdwebt, wo man
bem gropten Weltendarfteller und Hergenstiindiger, der in einer
nenern Sprache geredet hat, die hidften Chren zollt, wo Eng:
Land ftolger auf fetnen Namen als auf den der grofen Herrfdje:
cin ift, unter deren Regierung ber Didjter lebte und fauf, — in
einem foldjen Dtoment bedarf e8 des Riiblids auf Shatefpeare’s
aduferes Leben, wm die volle Bedeutung des Tages gu empfin-
den. G8 bedarf der Crinnerung, dap jener Ghatfelpeare, deffen
Werke von Jahrhundert зи Gahrhundert an Glang und Wirkung
gewinnen, deffen Rum ein Gemeingut der Bildung Curopas ift,
Heffen Name jo viel Biirgfdjaft der Ciwigteit in fic tragt, als et:
was Yrdifcjes tiberhaupt, nicht immer und allein der gefeierte
Genius war. Und erft, indem wir und guriidrufen, dag ev feinen
Reitgenoffen al3 ein Schaufpieler und Theaterdidhter erjdjien,
dent durch einige huldvolle Worte der Konigin Clifabeth und das
	Wohliwollen eines Carl s hohe Chre angethan ward, dev fity
qliicdlidjer al feine Collegen und Rivalen galt, iweil er in
feiner Geburt3ftadt als wobhlangefehener Gentleman die legten
Jahre feines Lebens verbringen tonnie, erft dann erfdjeint uns
die Feier des 25. Upril wie die fchulbige Geredtigheit der Nash
welt, wie der Uusdrueé einer Erfenninif, die feinem grofen Did:
ter gegeniiber fo fpat gefommen ift als eben Shatefpeare. Unter
pent erlauchteften Geiftern vieler Jahrhunderte blieb er ber eingige,
deffen Ehrenanfpriide aud) nicht gum  einften Theile durch die
Mitlebenden exfillt worden find. PBetrarca und Dante waren tm
	Leben hoc) angefehen, Рег Теёфете амф а8 Зерболицек сии:
reich, unmittelbar nad) feinem Tove errichteten italienifcje
ее Lehrftiihle yur Erflarung der ,, Divina Commedia’. Wrioft
und Taffo zahlten gu den Hofgenoffen der ftolzen Gftefiirften von
‘errata, Sacine exfdjien unter den Gonde’s, Rohan’3, und
Saint-Gimon’s vor Ludwig XIV. yu Verfailles, Calderon war
ein Giinjtling Philipp’s IV. von Spanien, Goethe taufdjte mit
Karl Auguft von Weimar das briiderlidje Du und erlebte 8,
20 Sahre bindurd) alB der gripte Geiftesheros Curopas де:
feievt su twerden. Mur der eine, der geiwaltiger al8 diefe alle
foar, der felbft Dante und Goethe geiftig um Haupteslange fiber:
ragt, mur diejer eine ftand im Leben auf bejdjeidenem Blage,
empfing nicjt mehr an Gli und duperen Chren al8 vielen
Didhtern 3u Theil ward, deren Namen wir heute lediglich fennen,
tweil fie feinem Beitalter angehirig und bie Planeten gu feiner
Gonne find. Und wahrend von dem unausgejesten Bemiihen der
Rorfdung nad) und nach jede duntele Sielle feiner Dramen ет:
heilt wird, wahrend e8 nidjt8 gibt, toas dem gebildeten Geifte
gegenwirtiger und Iebendiger ware al8 die Welt feiner Cinbil-
bungstraft, al8 feine Menjdengeftalien, find uns von Shake:
‘veare’s eigenem Leben nuc wenige Umriffe und Biige befannt,