JUGEND
	Fasching.
	Wie eine reife, susse Dolde

Hing Deine Gite iiber mir,

Im Rausche griff ich nach dem Golde
Und streifte schon an deine Zier.
	Da hat ein graugewob’ner Schleier
Mir Deinen Liebreiz jah vermummt
Und unsrer Seelen bunte Feier

Ist ohne Klagelaut verstummt.
OTTO ERICH HARTLEBEN.
		Gesegnet soll die Eisenbahn sein! —
Verzeih’ ihnen, Herrgott, die Siinde!
Es geben sich tiglich dort Stelldichein
Der Max und die Wumbalinde.
	51е ибеп beide dort argen Betrug,
Ich finde von ihnen das hdsslich, —
Sie nehmen Abschied bei jedem Zug
	Und kiissen und knutschen sich
grasslich.
	Man trennt sich dann, ubermannt vom
Gefiihl,
Doch trifft man sich wieder mit Schlaue
Und dann beginnt das siisse Spiel
Beim niachsten Zuge auf’s Neue. —
	Sie segnen beide die Eisenbahn —
Und pfeift es, so weiss ich’s zu deuten:
Jetzt fangen zum Abschied sie wieder an,
Sich zu kiissen vor allen Leuten. —

IGNAZ PAUER.
	Spriiche.
	zu reden — und gingen. Ich half ihr in
den Pelz mit der freundlichen Sorgfalt
eines Gatten, der seiner Pflichten und
Rechte sicher ist, und geleitete sie an
den Wagen, der ihrer harrte. Ein letzter
Hiandedruck. Sie blieb vor dem Wagen
noch einen Augenblick zégernd stehen,
— ich fiihlte, dass sie zum Abschied
irgend etwas thun oder sagen wollte.
Dann stieg sie rasch ein — die Rader
rollten davon. —
		Ich selbst ging nach Hause und Hess
mich von dem Thauwind anwehen, der
michtig hereinbrach. Man spiirte die
Luft lind um den Hals, wie ein paar
weiche Arme. Die Gassen waren dicht
belebt von maskirten und biirgerlich ge-
kleideten Menschen. Vor mir schwankte
der gelbe Hanswurst, unser Gespenst
dieser Nacht, einher und kréhlte, den
schlaftrunkenen Pierrot vom Nebentisch
mit sich ziehend:

»Lass’ zu dem Glauben dich be-
kehren:
	Ез № еш С]йсК, das ohne Reu’!“
	Arme Teufel! Wie wird es ihnen in
ein paar Stunden im Schddel brummen!
Und wie viele Leute von allen diesen
iiberhaupt werden sich ihres Ascher-
mittwochs freuen? Wédste Képfe, leere
Bérsen, ausgebrannte oder tibervolle
Herzen, bang vor frevelhaft beschwor-
nem Gliick und noch banger vor dem,
was nach ihm kommt! Wie viel Katzen-
jammer um verschwendete Zeit, ver-
schwendetes Gut, verschwendetes Ge-
fithl! Wieviel gelahmte Kraft, wieviel
Zerstreuung in Gehirnen, die Grund
hatten, gesammelt und klar zu bleiben!
	Aschermittwoch!
	Wie ganz anders endete dieses Mal
fir mich der Fasching! Ich war ver-
gniigt, wie ein Verliebter, aber ohne
Bangen, ohne Gewissensbisse, ohne
Eifersucht, ohne Verlangen. Der Gegen-
stand meiner Liebe war nicht mehr,
war in Nebel zerflossen. Wer wird Herz-
weh haben.um ein Phantom!
	So sollte man sich alle lilusionen
erhalten kénnen im Leben!
	Und etwas wie eine ganz leise Hoff-
nung lebte doch zu tiefst auf dem Grunde
dieser Empfindungen: einmal blitzen
mir vielleicht dennoch aus dem Gewithl
des Lebens ein paar tiefschwarze, wohl-
bekannte Augen entgegen und aus der
wesenlosen Liebe zu einer Maske bliht
am Ende noch ein leibhaftiges Gliick
auf! Vielleicht, irgendwo, irgendwann !
		Frische knusperige Jugend

Hab’ ich immer gut vertragen,
Aber altgeback’ne Tugend —

Die verdirbt mir leicht den Magen.
		Tragt die Nase noch so hoch —
Schneuzen mitsst ihr sie ja doch!
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	Gottesfurcht und Geisselhiebe
Sind billiger als Menschenliebe.

>>

Begeist’rung nennt manesim Lebensmai
Und im November Jugendeselei.

wz
	Ein jeder Dummkopf kann Кезрек
verlangen,
	Sobald ihm erst die Haare ausgegangen.
oo
	Unter den Geruchen geht mir nur
Aas und Weihrauch wider die Natur.
	 
	Was gibt euch Alten denn das Kecht,
Dass ihr verachtlich die Achseln zuckt?
Der Jugend Fehler sind alle echt,

Und eure Tugenden Kunstprodukt. Mo.
	п heraldiseber Scherg von  . Diez.

 
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