1896
	JUGEND
	Zeichnung von Arpad Schmidhammer,
	*Petersburg, 28. Januar. Der Zar
hat dem an der Riviera weilenden Gross-
fiirsten Iwan eine Gliickwunschkarte ge-
schickt, weil dieser ungerupft aus der Diebs-
héhle von Montecario entkommen sei.

*London, 30. Januar. Lord Salisbury
erklart beziiglich der Depesche des Zaren,
England werde auch durch diese neue Be-
leidigung sich nicht abhalten lassen, un-
entwegt und tiberall sein gutes Recht zu
fordern. Der ,,Punch“ bringt im Bilde den
englischen Lowen, welcher den russischen
Biren zerfleischt. Der poéta laureatus Mr.
Austin erklart im ,Standard“, die Heraus-
forderung des Zaren gegen eine Dame, die
seine Urgrossmutter sein kénnte, als gerade-
zu frivol. Er schreibt an einem finfbandigen
Heldengedicht ,,Black and Red“, welches
die moralische Bedeutung der Spielh@lle in
Montecarlo feiert.

*Paris, 31. Januar. Der Prasident Faure
sandte an den Negerhduptling Wischi Wa-
schi in Dahomey ein Gliickwunschschrei-
ben, weil jener gliicklich den Handen ara-
bischer Sklavenjager entronnen sei.
	*London, 1. Februar. Lord Chamber-
lain erklart beziiglich dieses Gliickwunsch-
schreibens, die britische Nation sei nicht
gesonnen, einen derartigen Schimpf ge-
duldig einzustecken. ,,Punch“ bringt eine
Zeichnung, darstellend die Britannia, wel-
che sich die ganze Welt auf den Buckel
steigen lasst. Mr. Austin verdffentlicht im
standard“ einen Artikel mit der Drohung,
der englische Hof werde in Zukunft seinen
Cognac anderswoher zu beziehen wissen,
als aus Frankreich, ganz ohne Riicksicht
darauf, ob hiedurch der franzésische Han-
del empfindlichen Schaden erleidet, oder
nicht. Der poéta laureatus schreibt an
einem Heldengedicht die ,,Sklavenjagd“,
welches den ruhmreichen Thaten der Araber

gewidmet ist.
	TOO
	* Sofia, 3. Februar. Furst Ferdinand
von Bulgarien sandte ein Gliickwunschtele-
gramm an den Fiirsten von Montenegro,
weil dieser durch einen gliicklichen Zufall
derGefahr entging, von einem Paletotmarder
sejnesWintertiberziehers beraubt zu werden.
	*London, 5. Februar. Salisbury erklart
diese Depesche als eine freche Provokation
des englischen Volkes. Im ,,Standard“ ver-
langt Mr. Austin energische Repressalien
gegen die continentalen Polizei - Institute,
welche von jeher allen englischen Taschen-
dieben und Einbrechern besonders aufsis-
sig seien. Er wird in Kurzem ein dreiband-
iges Epos ,,der Paletotmarder der schwar-
zen Berge“ vollendet haben.
	 Кош, 6. Februar. Der Konig von Ita-
lien hat dem Kénig von Griechenland tele-
praphisch zu seinem Geburtstag gratulirt.
	*London, /. Februar. Chamberlain er-
klirt, diese Depesche sei ein Schlag in’s Ge-
sicht der englischen Nation. Der ,,Punch“
zeigt in einem Bilde den englischen Lowen,
welcher den italienischen Stiefel in Fetzen
reisst. Mr. Austin fordert im ,,Standard“ die
Beschiessung Roms von Malta aus. Er dich-
tet eben ein Epos, welches u. s. w. u. s. f

Da capo in infinitum.
	=
Jugend und Wissen.
	War einst ein Herr von Reichenbach,
Erforschte die Natur
Und kam gar bald in diesem Fach
Manch’ Neuem auf die Spur.
	Das Paraffin und Kreosot
Verdanken ihm ihr Sein,
Doch mit der Lehre von dem Od
Stand ziemlich er allein.
	In manchem od-magnetischen Вме!
Erklarte er der Welt,
Wie sich der Mensch, der sensitiv,
Zu jenem Od verhalt.
	Doch da nur alles [Theorie
Und der Beweis gefehlt,
Hat man ihn zur Kategorie
Der Irrenden gezahit,
	Da Dubois-Reymond ihn fur dumm
Und fiir verriickt erklart,
Hat sich das liebe Publikum
Nicht zu dem Od bekehrt.
	Gewendet hat sich Jetzt das Blatt.
Man hat zu frith gelacht,
Denn der Professor Réntgen hat
Fxact Beweis erbracht.
	Zwar nennt er die entdeckte Kraft
Den X-Strahl, doch es scheint,
Dass diese gleiche Eigenschaft
Der Reichenbach gemeint.
	Und Dubois-Reymond ist blamirt,
H6ért wieder mit Verdruss,
Dass sich ein Forscher niemals schiert
Um’s Ignorabimus.

Nicht folget ihm, wer geistig jung
Des Wissens Schatze mehrt.
Drum fort mit allem, was den Schwung
Des Jugendmuths beschwert. H. KUHNE.
	Jingo-Fieber.
	*Berlin 2. Januar. S. M. der Kaiser
hat den Prisidenten Kriiger der stidafri-
kanischen Republik telegraphisch dazu be-
gliickwiinscht, dass die Buren den bewaff-
neten Einfall eines englischen Rauberhaupt-
manns Dr. Jameson tapfer zuriickgewiesen
haben.

*London, 4. Januar. Lord Salisbury
erklart, die englische Nation werde sich in
ihren Rechten durch keine Einmischung
einer fremden Macht, wer diese auch sei,
beirren lassen. ,,Punch“ bringt cine Zeich-
nung, welche die Britannia, gegen alle Welt
in Waffen starrend, darstellt. Der poéta lau-
reatus Mr. Austin veréffentlicht im ,,Stan-
dard“ einen Artikel, worin er dem deut-
schen Kaiser rath, sich in Zukunft immer
erst bei seiner weisen Grossmutter Rath
zu erholen Austin wird die Heldenthaten
Jameson’s in einem zweibindigen Epos be-
singen.

* Madrid, 25. Januar. Die Kénigin von
Spanien hat dem Schah von Persien einen
telegraphischen Gliickwunsch gesandt, weil
die Perser jiingst den Einfall rduberischer
afehanischer Horden mit den Waffen sieg-
	reich zuruckschlugen.

*London, 27. Januar. Chamberlain
erklart, das britische Volk sei nicht ge-
willt, diesen Schimpf sich gefallen zu lassen.
Punch“ bringt ein Bild, welches die eng:
lische Nation als Stier darstellt, der einen
spanischen Torero auf seine Hérner ge-
spiesst hat. Der poéta laureatus Mr. Austin
erklart im ,,Standard“, die Kénigin von
Spanien thiate besser, sich bei Damen erst
Rath zu holen, die das Regieren schon
linger betreiben, als sie. Der Dichter
schreibt an einem Epos ,der Raéuberhaupt-
mann“, welches die Thaten der Afghanen
	verherrlicht,