Der Kuss (Nach Frangois Copbdée.) Ich war nicht oft beglitckt auf dieser Erde, Doch pfitickte ich als lieblichen Ge- nuss Von manchen Lippen einen siissen Kuss, Der mir das tritbe Dasein hold ver- klarte. Der Reiz des Kusses war mir auf- gegangen, Als Kind schon in der Mutter treuem Arm, Mein kleines Herz ward dabei froh und warm. Man ktisste damals immer meine Wangen. Die Kindheitschwand; mein Weg ging ttber Klippen Und streifte selbst den dunklen Ab- grund oft, Doch mich erquickte manchmal un- verhofft Ein Kuss von siissen heissersehnten Lippen. Ich ward gekisst in schénen Jugend- tagen Von manchem Weib in fliicht’gem Liebesbund, Man kiisste damals immer meinen Mund In heisser Lust, in Thranen und in Zagen. Уогивег 1$1 41е по]4е Zeit der Rosen, Voriiber ohne Trost und Wiederkehr. Es kiisst schon lange niemand, nie- mand mehr Auf Mund und Wange mich in sits- sem Kosen. Mich itberlebt kein Sprosse und ich frage Mich wehmuthsvoll, seitdem die Liebe schwand, Wenn mich der Tod erfasst mit kalter Hand, Wer kiisst die Stirne mir am letzten Tage? N. GUTHNER. CO Marchen An eine Berlinerin bei ihrer Heimkehr aus Italien In staubige gedruckte Raume, Wo keuchend sich die Paare dreh’n, Kehrst Du zuriick von: Land der Traume, Vom Glanz, den Du als Kind geseh’n. “War sind die Menschen hier sehr helle Und sprichst Du von der Schénheit Land, So wissen sie genau die Stelle, Wo jeder alte Torso stand. Es spruhen ihre Geistesfunken Beim Contretanze und bei Tisch, Und wenn sie etwas Sekt getrunken— Dann werden sie noch schwirmerisch. O selig, so vereint zu schwarmen Und selbst umschwirmt vom Militar! Kasernen —- Caracallathermen — O Madchenherz, was willst Du mehr? Ich will Dir nicht die Freude rauben, Geh’ in die Welt und mache Glick So lang die Mittel es erlauben! Dann kehre von den Pickelhauben Zur «Schule von Athen» zurtick! Wie himmlisch, dann in Abena- stunden Durch Sdulenginge hinzugeh’n Und, wenn der Jugend Drang ent- schwunden, Was man zu stiirmisch einst empfunden, Vergeistigt dann vor sich zu seh’n! Und untertags im Sonnenbrande Sanft durch die Gallerie zu zieh’n Mit einem dicken Leinwandbande, Den Du in Deinem Vaterlande Von einer Freundin ausgelieh’n! Ich seh’ Dich im Kostum von Loden Vor Venus steh’n im Vatikan Im Zeugschuh auf dem Marmor- Бодеп Und Verse lispeIn, Sapph’sche Oden, Wenn Dir der Gott es angethan. Und erst die Bilder und die Skizzen Und was man vor der Welt versteckt, Die Tagebiicher und Notizen —! Doch fort jetzt mit den schlechten Witzen, Du weisst ja, Engel: Was sich neckt —=- —= — FERDINAND VON HORNSTEIN. Die Mittagsonne britet heiss, Im Traume liegt der Wald, Ein Glockenton erzittert leis, Der mdhlig dann verhallt; Und wunderklare blaue Luft Rings iiber Feld und Heide, Und wiirzig schwerer Sommerduft Vom reifenden Getreide;: Und Bienen, Kafer, glanzend bunt, Das surrt und summt ganz leise, Im Schatten schlaft der Schiferhund, Im Riedgras zirpt die Meise; Am Waldbach trdumt das Huterkind Von Liebeslust und Qual, Und marchenheimlich rauntderWind Es war — Es war einmal.... PAUL BLISS, Zeichnung you W. Georgi.