JUGEND *
				Der BSrautigam ftarrt thn an, tmmer
qrade auf den geiftlichen Ntund - was oder
alles fagt! Don der Liebe, die fehort in den
Hinderfahuben erblitht ift, —- von der Liebe,
die fie in Creue und Henfchheit fiir einander
hewahrt haben. — ,,Es ift nicht aut, daf der
Menfeh allein fei , fpricht der Herr Difar —
der Schweif perlt thm in grofen Cropfen
auf der Stirn — , drum fcbuf Gott wns, ett
Maunlein und ein Fraulein und” — plot
lich fich befinnend fcbldgt er die Uugen nie:
der und fclieft falbungsvoll — ,So feid
Shr nun vereint, Ahr beiden Liebenden,
genieft in Demuth die Freunden, die Euch
aufgefpart find — cine gottfelige Ehe ИЕ ет
Dorgefdmad des Paradiefes!”

1 Hoch, hoch, hod)! Hoch follen fie leben!”
Ulle heben die Glafer und ftogen an, fte
farmen, fie trampeln unter’m Cif. Der
Herr Difar fann’s dod) zn fchene”, fliftern
die Weiber ganz geriihrt; die Manner
fymungeln. Derftanden haben fie alle nicht
vicl, fonft wiirde mancher nicht fo beaetftert
fchreien; der da driiben priigelt die feine,
und den hier рейде fte.

Das junge Dolf draugt ungeduldig vom
Cif in den Garten; qriiner Rafen lock
weich unter fchattenden Baumen, die nad):
mittdglide Sonne wirft goldne HKringel
driiber hin. Die Cangluft prictelt in allen
Glicdern; anf dem jufammenacfdlagenen
Brettergcriift ftimmen die Wufifanten an
—- die blanen, die weiffen und rofa Rocke
wehen, wirbelid orehen die Зи фен Ме
Canjerinnen win fidy — hoher wogt der
Bujen, der UAthem fliegt, fefter preft man
fi. Die Heinen Ddgel im Sanb find
alle verftimint, der Rafen wird zerftampft,
die Diolinen fiedeln, ,fcrum, fdyrum” fragt
der Bak — Kreifchen, Geldchter.

Cone oder Luft siehen vas Dorf entlang.
	 
	Draufen vor oer allerlegten Eyutte hort
man and nod) die Muth. Einjzelne Tone,
pom Winde getragen, fommen hetiiber ge-
flattert — febrill, ubgeftofen, ohne Melodie.

Jn dem verwilderten Grasgarten unter
dem alten Birnbaum figt die Cacilie Bie:
nafdh — Cille heift man fie — jest ме
fie zufammen — das mar ein Srendenfdng!
Der gold’ne Schein fttehlt ficy swifchen den
Blattern des Birnbaums durch und fallt
ihr auf ote franfhaft blaffe Stirn; ein
gefunfen die Schlafen, iiber der MWafeuwurzel
eine fchmergliche Salte. Ste figt in dem
alten BGretterftuhl der Grofmutter; man
hat Ши ihr heransgeftellt, mithfam hat
fie ficy nachgefcbleppt, *s ift heut das erfte
Mal, dah fie a dDrauffen ift, Es mar zum
Erfticten dumpf in der halbdunflen Stube.
Das blaumeif aetviirfelte Hiffen hat man
thr hinter den Riicfen geftopft; fie ift nod
fo fchwach, fie fann fidy faum halten. Die
Siife ruhen anf einem Stein.

Wie hoc) das Gras ift und wie lippia
die weifen Dolden der Hundspeterfilie! Wie
die unfduldig und zierlic) ausfieht mit den
fattgriinen Blattern, und find doch fclim:
mes Gift! Wer davon ift, mug fterber.
Als ote Cille nocd) in die Schule ging, da
fag ein Hind neben thr, das dadhte, die
	Gegeniiber die Dater nicfen fich ftrah-
lend yn — das hatten fie gut gefcafft!
Wenn’s auch {chon ausgemachte Sade war,
als die Beiden da noch in der Wiege lagen
— geheirathet wurde, die Uecker muften
sufammett, es pafte alles 3u gut — immer:
hin war s doch angenehm, dag Keines Spe-
renzereien gemacht hatte. Denn daf der
Aloys im vorigen Herbft obftinat war und
ourdaus und durdum nicht att die Рег:
fobung wollte, das hatte der alte Bam:
bersti feinem auf die Yafe gebunden; da3z1
таг ср ое зи (Фан. г hatte einfach
dem Sohn gefagt: ,Gudo, nimmfte dem
ау Гете Kathrine nich, friegfte fenen
Pfennig, fo wahr ic) Gregor Bambersti
heif! Das [фепе Geld mug zufammen,
ци Го ich felber die Kathrine freten;
fieht mer jo noch fener meine Sufzig an,
bin fang genng Witmann gewefen. Denfite
etwa, ich war’ fe nic) Friegen?” бе тебе
dabei feine fraftige Geftalt und fubr fich
mit der Hand durdy das noch nicht ergrante
Baar — „Ри Efell Kannft Dic) meins-
wegen wo atmnerfch als Knecht vermitten  
War’ fehon noch ‘nen Sohn friegen, der
hat dann. alles — verftanden?” Der Dater
tniff die Sippen 3ufammen und trat mit
dem uff anf; der Sohn fannte das, da
war nicdts artores 31 wollen.
	lind oer Wloys war fo фафпиий та —
	gleich hin, in allem. ,@r hat en 3u guooes
Herze , fagten die Leute, Die fagten freilicy
auc) mit verhaltener Schadenfrende jum
alten Bambersft: „Ве, Занег, бег ЗПоу5
geht mit der Bienafdens Cille, °’s is nod
gor nich lange her, da ftediten fie auf Etrer
Roggenftoppel hittgerm Schober; fte faker
un fdrten nich!”

„Зе was —  bruinmte Gregor Bam-
bersfi — ,laft mer in Rub! Laft thm fein
Plaifir! Wein Junge fdymeift fidy nich wea,
der ift viel 3 gudd gewdhnt!”

Und Recht hatte er. Was foll ein Bauern-
fohn mit einer armfeligen Mago? — fiinf
Pferde und fiinf Pferde machen зе  —
250 Morgen und 250 Morgen machen filnf-
hundert! — — —

Ob der junge Brdautigam an jenen Abend
auf der Roagenftoppel hinter’m Schober
denft, als nun der Ват Difar ihm дедеп:
fiber an der Hochzeitstafel auffteht und in
fdhonen Worten die GHliicfeligheit oes fiinf-
tigen Eheftandes pretft?

Der Herr Vifar ift ein Gefiihismenfch,
man follte es ihm gar nicht 3utrauen bet
der hageri Statur und den tiefliegenden
Augen in dem Fnddernen Geficht. Den
fhwarzen Rock над ег bis oben zugeFudpft,
den Hals ftrangulirt der enge Stehbort, aber
die Hunge ift geldft. Wein und Bier im
Durcheinander haben dazu geholfen, die
Hige und vas Gefumme rundum, die Wite
1nd die vollen bliihenden Wangen der Brant
unter’m weifen Schleier. Der Herr Difar
ift beredt, das, was er felbjt nicht haben
darf, weiff er gar lieblich 3u fchildern; er
ift ja auch noch jung, er beranfdt fic) an
den eigenen Worten, dabei rdthet fid) fein
blaffes Geficht, das Waffer lauft ihm im
Mund zufammen, oie Uugen fangen am zu
funfelu. —-
	Zeichnung von Leo Prochownik
	бо