Zeichnunge von Hermann Grdober.
	baum. Hopfwacelnd fommt fie naher — eine gebrechlidje, runglige
Alte — tanfend Faltchen im Gefichte, der Wund eingefchrumpft,
die Augen ganz verfunfen. ,,Cille,” fagt fie leife und tippt der
Sigentden auf oen Scheitel — ,,Ciflel”

Die fahrt auf — Gott fei Danf, es war nicht die Mutter, die
fhimpfte immer: ,Da hafte’s nun, des fimmt dervon!” — Es wat
die Grofinutter! ,Groffmutter,” murmelt file — ,was foll id?”

,Reinfommen follfte, Kind!  Die Ulte ftretchelt ber die blonden
Haare, biickt den gebengten Riicen noc) tiefer und fieht der Enfelin
ins Gefiht. — ,MWugGt nich weinen, Cille, weine man nich! War’
маи ег gefund — das annere veraift fic! Die fuge frau hat
geftern gefagt, Du ша! пи де — genefen!” Die Sunge ftolpert
iiber das ungebrduclicje Wort:

„3 —P1” Das Wadden will lacheln — der junge Mund
hat das Schein verlernt, er sieht fid) nur in Salten — miide fentt
es den Hopf zur Sette, bis der an der. Bruft oer Alten Нед,
,Orofmutter”, fliiftert es, ,,bifte bdfe uf mirP Sag’, Fann ic) noch
eenmal wieder froh warn?”

Et, ei” — die Ute wieat fich hin und her, ber ihr rungliges
Geficht fltegt ein réthlicher Schein — ,,freilich, freilich! Weifte’, —
fie leqt thre welfe Backe dicht an die des Wlddchens — ,,is mir er:
gangen wie Dir — han doch noch en brave Mann gefriegt un
bin noch froh geworden. Des is m mal nic) annerfc! ег Кой,
Cille, Du bis nu ,,genefen”, fagt fel”

Schwerfallig fteht oie Enkelin auf und ftiigt ficy auf den zittern-
det Urm der Grofmutter; langfam wanfen beide Geftalten der
Hiitte 3u. —

3m verwilderten Grasgarten iff niemand mehr, die Sonne
verfdmunden; es wird Wacht. Dom Hodyeitshaus heriiber ftedelt
die MWufif, man hort fie денег durd) die Stille. Weber die Felder
geht der Ubhendwind — oer alte Birnbaum riittelt fic) — da —
райф! Eine Srucht ift niedergefauft und Зее ат Stein, drauf
die Fife des Wdddens gernht haben.

Sie war wurmftichig.

Uber andre Frlichte hangen noch oben, gefunde, fefte — die
werden fon gelb.
	Gundspeterfilie ware richtige Peterfilte, und fante an oen Stengeln,
frieate Hrimpfe und war bald todt. Site waren alle mit дис
Leiche gegangen.

Huh — das blaffe Wadden fehandert; es ift ihm falt, trot
dem die Sonne auf de blonden Scheitel fcheint, und von dem flacjen
Seld hinter’m verfallnen Lattenzaun ein heifer Luftftrom heritber
weht. Sekt baute der reiche Bambersft Kartoffeln dort, im vorigen
Herbft war’s Roggenftoppel.

Die Cille halt die magern Finger in den Sontenftrahl, roth
fheint es unter der welfen Rant — ach, 0a war dod) nocd Blut
drin, und fie meinte fchon, fle hatte gar feinen Cropfen mehr im
Geib, immer war ihr falt, fo eifesfalt  Sie fchitttelt fid und dann
fauert fie fic) gufammen, ftemint die Wrme anf die Hie und vers
birgt den Hopf in den Harden. — — —

Bienafchen’s Cille war fran? gewefen — fehr lange — als
fie fich fegte, blithte hier der alte Birnbaum, und das Gras ftand
im erftern Maigriin. Hein Wenfd) hatte gedacht, daf fie mit dem
Eeben davon fommen wiirde; die Fluge Frau ging in der Hittte
aus und ein. Und was das gefoftet hattel Wenn man auch nicht
viel Wefens machte, allerhand Trankhen wurden geholt — und
dann das Fleine Grab an der Hirchhofsmauer, ein Sarg mufte
doch feit, der Herr Difar mufte and) mitgehen und der Cantor.
Die Wittwe Bienafcdh ballte die Fauft, went fie an Wlois Bamberstt
dachte, ud arbeitete ingrimmig fiir 3wei in ihrem Cagelohn. Und
die Cille —P die wnFte von alledem nichts, lag im Bett in wilden
fieberphantafien und frallte die Singer in die zerfdliffene Ребе;
die alte Grofmutter faf daneben, webrte thr oie fliegen ab und
betete det Rofenfranz. — — —

Es ift fehr ftill in dem verwilderten Grasgarten, leife ranfelyt
der Wind im alten Birnbaum, dte Schirlingsdolden niden; driiben
vom bliihenden Kartoffelfeld fommt Dogelgeswit{der — tirili, tirilt —
ein fanftes Sclummerlieo.

Fern, ganz fern Hingt Cangmufif.

Die Cille rithrt fich nicht.

Da frarrt die Thiir der Hiitte, ein altes Wetb tritt heraus,
fegt die Hand iiber die Uugen und blingelt hin nach) dem Birn:
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