1909 JUGEND Nr. 34
		In Ostende А. Geigenberger Tt
	Der Ginn des Lebens
УЗенеЙе Zufammenfaffung oer Lebren Leo Tolftots
	Was miiffen wir tun, ши den Ginn des Ledens gu begreifen?

Wir miiffen gweierlei tun: Erftens miifjen wir all das Tovichte
vermeiden, bas geeignet iff, den Ginn des Lebens gu verdunkeln; diefes
бе aber ijt, dak wir mur immer geniefen, was ein emiger Wille uns
fehenkt, uns jedoch nie fragen, was diefer Wille von uns verlangt. Wir
miiffen alfo gweitens all bas tun, щаз веет heilige Wille durch die
Stimme bes Gewiffens von uns fordert. Cr fordert aber gweierlet von
uns: einmal, dah wir erkennen, wie avmfelig das Leben ohne den Ginn
bes Lebens ift und Gott fuchen, ber allein das wahre Leben iff, Qum
anbern, dah wir unfer Leben nach diefer Erkenntnis einrichten, wodurdh
allein wir dem Ginn bes Lebens nae kommen, wte er in der wabren
Lehre Chrijti enthalten iff. Wir kommen aber bem Ginn bes Lebens
nach der wahren Lehre Chrifti in doppelter Weife nabhe, wenn wir
erftens mts felbjt aller Macht, allen Befiges, allen Willens und aller
Verantwortlichkett entdugern unb den Wrmen gleich werden, denen das
Himmelreich gehirt, und wenn wir gweitens unferer Frau alle Boll:
macht, allen Gefig, allen Willen und alle Verantwortlichkeit itberlaffen,
auf bafs wir Gott fo [ange und angenehin als miglich gu dienen vermigen.
Und dies tft ber wahre Ginn bes Lebens, ohne den das
Leben keinen Ginn befape: Man kann ein Philofoph fein, barjug
gehen und ein biuerliches Dafein fiihren, und braucht deshalb 50% den
Bertrieb feiner Werke nicht gu vernachlaffigen oder jeinen Pachtern
weniger Pacht abgunehmen als andeve Gutsbefiker. Denn es eziftiert auger
der Bibel auch das Qivilgefegbuch, und darin ftehet nicht gefcdrteben,
dak die PHilojophite vom Sinn bes Lebens auch praktijeh angewendet
werden mu oder daB man in Wirklichkeit fo dumm gu fein braucht, wie
man fich ausgibt.

Und das ift es, was wir tun miiffen, um den Sinn des Lebens
зи beqreifen. A.D. N.
	Lin Drief, Ser thn erretapce
Gchreiben von Fraulein Gilberte Michaud an ihren Getter Henry
	Shateaubrin.
Baris, 5. Wugult 1909.
	Rieber Henry, es war heute einfach entglickend, es war fig. Фей
gebn Sabren atte es in Paris keine Hinrichtung gegeben, Paris war
hinter der Proving guriickgeblieben. Heute endlic) wurde der Muttermirder
Georges Duchemin auf der Place St. Jaques Hffentlich идете. Фиг
meinen Bruder, der der Wifchelieferant der Freundin eines Departement:
chefs im Minijtertum dev fchinen Riinfte ИЬ Hatten wir ausgezeichnete
Plage erhalten; dtcht neben mir fiand ein Mann, der, wie ic) nachher
hirte, wegen Raubmorbdverfuchs im Quchthaus gefeffen hatte, — es war
Били.

Herr Duchemin ging barfuf, in einem Bithergewand und das intereffante
Haupt mit einem jdwargen Schleter bedeckt aur Richiftdtte. Der arme
Sunge fab blak aus; er hat gewifk die lebte Nacht fcblecht gefcjlafen, er
ране Veronal nefmen follen. Das Biikergewand ftand ihm gar nici. Er
ging gang nabe bet mir voritber, jo bak ich mir ein Stick feines Schleters
abjcyneiben Ronnte. 3% werde mir fofort einen eben folcjen Schleier
beforgen; denn in diefem Winter werden mur Sehleter a la Georges
Duchemin getragen werden. Man wird Schleier avant und Schleter aprés
tragen; die erften find ganz fehwarg, bie lepteren Haben rote Tupfen, die
die Blutfpriger markieren follen, die bet ber Hinrichtung auf den Schleter
gekommen find. Ginen Gchleter aprés wiirbde ich nie tragen; ic) finde die
roten Punkte rol und augerdem kleidet mich eit gang fehwarger Schleier
viel beffer.

Himmilifeh war es, wie der Kopf des lieben Georges fiel. Uber denke,
weldjes Ungliick mir paffiert ijt. Gn dem Wugenblick, wo das Fallbeil
herunterfauft, knipfe ic), — — und am Abend merke id), dak ich vergeffen
habe, Gilms eingulegen. Denke Dir, Henry, diefes Bech! Denn nun ift
es vorbet; wer tweif, wann wieder einmal in Paris jemand hingerichtet
wird. Und id hatte mich auf diefes intereffante Photogramm fo feb
gefreut. Qteber guter Henry, Фи fdwurjt mic immer, dah Du mich liebjt.
Wenn das wirklic) wabr ift, jo gib mir einen Bemeis Deiner Liebe: tut
mit den Gefallen und lak Dich einmal, ach, bitte, mur ein eingiges Mal
hinridjten, damit ic) Deinen legten Wugenblick knipjen kann. Go lange
Du lebft, wiirde Dir dies nie vergelfen Deine dankbare Bilberte
		Mein Bréutigam will nidt, a6 id mid fo den Mannern seige.
ch méchte nur wiffen, weshalb id) oann fiberbaupt bade 2”