Wn der Rreugung der Friedridjfirabe und Leip-
zigerfirafe haben fie grade Grofftabdtleben gemacht.
Ein Mordsgetiimmel, Wagen und Menfdjen burdy=
einander und ich, grofartig vor mir felber, jeder
Зо ein Berliner, quetfd) mich durd) . . . fpring
auf die Rettungsiniel . . .
	Wer fteht ва? — Here Artur Lauwinkl,
grogkarriert, gang lackierte Ginfalt, Wobh{gefallig-
keit liber und iiber. Cr lacht hocherfreut, {chiebt
feinen Urm unter ben meinen, fo herausfordernd,
рав 14 Шт еше batt’ herunterhauen mogen.

„518, Баз 15 [фби,   Фтей ет, „Вопимей ©,
bie Wndern warten walrfdheinlidy) fcyon . . . es
is fpait geworbden .. . bis jegt bin icy) vor der
Tiir geftanden, wo waren Gie denn? Sch bab
doc) fo genau aufgepaft .. . id) hab Sie micht
gefehen. 

Unb da ift gerade im Grofftadtleben eine
Ciicke eniftanden, ber Tauwink! gieht mic) durch,
hiniiber und aum Kempinski hinein.
	Niemand war ba. Vattirlich, die waren ja
alle am Bahnhof.

wOarten wir halt,” fagt der Lauwinkl ein-
29. Sm Warten war er grofartig. Was
haben Gie denn?” fragt er auf einmal. Sch komm
gu mir, und fel nticy im Spiegel gegeniiber. Rrebs-
rot war ic) im Geficjt und bie rechte Hand ift
mir fo aufe und abgependelt, bah id) jeden Wugen-
blich geglaubt hab, fie gieht auf.

»lrgern Sie ficy nicht,” fagt ber Lauwinkl,
„Пе werden feyon kommen.“ Gie find natiirlic)
nicht gekommen. Gind nac) Hamburg gefabren,
bie Gehurken. SHaben mich bem Lauwinkl iiber-
faffen, feelenrubig, als ob ich fein fiamefifdjer
3willing wir. с

Und wie wir nad) Hamburg gekommen find,
maren fie natiirlich {chon wieder weiter fort, nad)
Jtorwegen.
	„Кафе пы,  a der Laumink! gefagt, ,,Sie

find mir obnebin

er Liebfte von allen.”

Was foll iy Cuch fagen: ich hab’ die gange
norwegifdhe Reijfe mit bem Herm Wrtur Cau-

 

H. Bing

ie FricdvidiraBel”

wink! macjen miiffen,
immer gwei Tage hinter
den Wnderen drein. In
den Srembenbiichern hab’
id) lefen diivfen, wie
fidel ме gemefen find.
Und die Marianne immer
mit babel. Sn Drontheim
hab ich ihe Bild gefunden,
vom ше ins Fremben-
buch geaeiehnet. Sch bab
es ferausgeriffen und
hab’ bafiir gwangig Kro-
nen Straf’ gegahlt. Das
heibt, nicjt ich, fondern
der auwinkl. Denn ich
hab’ kein Geld gehabt,
weil ja der Quadratl mit
ber Reifekaffe weg war.
Und die Wafche vom Tau
wink! gab’ 14) tragen
miiffen, denn mein Roffer
ift gwei Sag vor mir nore
aus jpagieren gefahren,

Dafiir hab id) mit an-
hiren diirfen, was . der
Lauwinkl von der nor-
wegifden Literatur halt’.
Sm Hardangerfjord hat
er mit von Obfen er-
gablt. Uber dem Haubeli-
fjord fcywebt in meiner
Erinnerung der Bjdrnfon
wie eine grokmadhtige
Wolke und iiber Chrifit-
ania ift ber Rnut Hamfun
als Blagregen mieberge-
gangen.

Wie wir nad Haus
gekommen find, war ich
dem Herrm Tauwinkl
	in ме]ет YUugendlick gu ftreiten angefangen, ob
die Strecke gwifcyen Wilbenfehwert und Chogen
eingeleifig oder gweigeleifig ift, und hat gebriiflt
und mit den Hdnden gefuchtelt. Und init ift
der Herr Tauwink! geblieben.

Bis Dresden hab ich fchon wieder ein Loch
im Bauch gehabt. Bon Zeit gu Zeit hat er fich
an die anderen gewenbdet. Sie follen fic) nur
keinen 3wang auferlegen und rubig itber Runt
{prechen. Gr fei nur ein einfacher Emailge{chirr-
fabrikant, aber er babe von feiner Wtutter ein
и Xalent gum Mtalen wunbd einmal fei ein

edict von ihm in den ,Bunten Blattern” ge-
wejen. Und er habe auch einen Feftmarfey gur
—Seter des flinfgigiabrigen Beftandes bes Gym-
nafiums kompontert, an dem er ftudiert habe.
Man folle fid) nur keinen Swang auferlegen und
keine Riickficht auf ihn nefmen, er kinne {eon
mitveden.

Nath foldjen Herausforderungen ift es immer
fo kalt geworden wie auf dem Sotunfjelb. Nur
einmal at ber Quadratl gefagt, ob er detn glaube,
dab wir nichts Gefeheiteres ju tun haben als
fiber Runft Tt gu я tie ob wir vielleicht bes-

halb nach Norwegen fahren.

Фа hat der Herr Tauwinkl freundlich geldachelt
und bat feine Wnfichten fiber Runft mit weiter
auseinander gefebt.

Sch weif nur foviel davon, dak bas Wabre,
Gute und Schone fo oft drin vorgekommen ift,
bab mix fo fdjledjt war, als bitte icy mich beim
3uckerbicker iibereffen.

Sn Dresden fteigt ein reizendes Wtadel ein.
Der Quadratl und der Inkubus riicken aus-
einanbder, machen ifr Blak und drei Dtinuten
fpdter lGchelt fie, nach wieder drei Minuten lacht
fie. 9% pat gern mitgelacht, aber ber Tauwinkl
hat mid) beim Rock gepackt und gefragt, ob ich
glaub, dag fic) der Hebbel wird halten kinnen.

Hinter Dbderau hab ich gefptirt, wie bas
Riickenmark locker wird und in der Wirbelfaule
hine und herrutfeht. Die Leber ift ange djwoflen
und hat gegen das Baudhfell gedriickt. Sey bab
nicht Kinger gufdjauen konnen, wie der Guftel,
der Sdujt, mit dem
Miadel den reigendften Un-
firm treibt, und hab die
Wugen gugemacht, als ob
id) fehlafen wollt. Wber
der Tauwink! hat weiter-
geredet, dak er glaubt,
es nub eine Baile in
Richard Strauk kommen,
weil das doch keine an=
ftanbige Wtufth ift.

3wei Tage waren wir
in Gerlin und haben uns
alles angefehen. Borne
find der Quabratl, der Sn-
cubus und der Guftel mit
dem Mabel gegangen,
dann die anderen.und hine
ten ich mit dem Herm Gaus
winkl, Gor dem „Фа
mahl bes Plato“ hat mir
Herr Tauwinkl mitgeteilt,
dab er jest ein DOperettens
tibvetto jdyreibt und wie
wir oben auf ber Gieges-
faule waren, hat er mich
gefragt, ob id glaub, dab
ex bem Gerhart Saupt-
mann eine Novelle fchik-
ken kann, in der der arme
Heinrich ‘vorkommt, aber
gang anbers wie beim
Sauptmann.

Um gweiten Ubend,
wie er ка {chlafen-
gegangen war, bin ic
von einem Zimmer gum
andern geqonbdelt, hab die
Freunde herausgetrom-
melt und beim Guftel
verfammelt. _diefes ewioe Жейеп

 
	Und dann Hab ich fte gefragt, ob whnen etwas
daran liegt, bak id) ben 3ettgenoffen ergalten
werbe, oder ob ich gum Wtbrder werden foll.

Sie haben gefagt, ic) foll ihnen keine Schere-
reien machen und ob ic) einen Senfationsprogeh
als Reklame ndtig hab.

»oarn mug id) den Tauwink! irgendwo an-
bauen,“ fag ich.

„ЭВ haben geglaubt, er gefallt Dir fo gut,“
fagt ber Guftel, der freche Rerl. —

Wie wir wieder auselnander gewickelt waren,
fag ich, dak icy einen Rriegsplan hab. Mtorgen
abends follen wir programmafig weiterfabren.
Uber vorher miiffen wir ihn loswerden. Wir
gerftreuen uns alfo morgen friih eingeln tiber gang
Berlin, jeder gibt irgend ein Gefdyaft vor, bet
dem er die anbdern nicjt braucjen kann. Sir
Mittag befpredjen wir eine 3ujammenkunft bei
Kempinski. Wer nicht kommt find wir: wir
treffen uns Wtittag auf bem Bahnhof, fahren
nad) Hamburg und laffen den Herrm Lauwink!
beim Rempinski figen, bis er feywarg wird.

Der Guftel war dagegen, wegen feinen fiinf-
hundert Rronen, aber die UAnderen haben befiirc)-
tet, bak mit mir ein Ungliick gefchieht und waren
einverftanbden.

Зи bdiefer Stacht hab ich gum erftenmal {ей
dem Geginn der Reije gut gefdlafen.

Am naichften Viorgen find wir nad) bem Friih-
{ilick losgegogen, jeder, anderswohin. Der Laue
wink! hat mich natiirlic) begleitet. Aber es war
fehon ausgemacht, bak ber Quadratl auf alle
Fadlle mein Gepack mit beforgt.

Sch bin gu einer Redaktion gegangen, die
gwei Wusginge hat. Bei dem vordern hat der
Herr Tauwink! auf mid) gewartet und bei der
hinteren Siir bin ich entkommen.

Da war mir Berlin eine gang andere Stadt.
Alles hat mir viel beffer gefallen, fogar die Sie-
gesallee, die Frauen waren alle viel {ddner und
die Gonne viel luftiger. Icy bummel’ alfo darauf
fas, ohne Gebdanken, kreug und quer rind wie es
gegen Mittag geht, mary id) mich auf den Weg
sum Bahnhof.
	Betradhtung H. Bing
,Diefes ewige Reifen! Wenn id die balbe Welt feben will, geh id Aber die FviedvidRrafel’