Umfonft getan
Bon Undsveas Screiber
	Die Оше feuertet und die Glocken oer
Gtadt fauteten. Der Garg, der vor dem Rata-
falke rubte, war fort. Gr war auf dem Wege
aur Фей. Blanka glaubte nod) die haftig dran-
genden Schritte ber Trager gu vernelmen.

Die Sticke feuerten und die Glocken der
Stadt lauteten. Sekt fekte man ihren Gemabl,
den Hergog Frangesko, in der Gruft bei. Go-
lange er lebte, hatte er fie mit jetner Liebe, feiner
Giferjucht verfolgt unb war ibr ifm Wege ge-
ftanden, wie ein bdrohendes Seuermal, das es
ausguléfcjen galt, wenn man Guiskatd ange-
hiren wollte. Und doc) — einfti — hatte fie
diefen Frangesko geliebt, bamals, als ex ihe frifdy
wie der Dtai an die Grengen feines Landes ent-
gegen{prengte und fie wie ein Wilder in die Wrme
rig, aber bald nicht mefr, da er in feinen gabl-
lofen Rriegsgiigen vor der Zeit alterte und gram:
lick) ward und Gutskard kam, froh, beiter, mit
jungen Liiften.

Wer wollte ihr Bormiirfe machen?! Hatte fie
gebandelt wie eine Borgia oder eine andere ge-
hanbdelt hatte! Die biitte ihm Gift gegeben, als
er [aftig ward. Sie hatte das nicjt getan und
ibm nur Lag fiir Tag, Nacht fiir Nacht gegeigt,
dak er thr gleichgiiltig war wie ber Eftrich, iiber
ben ihre Schleppe fegte. Was konnte fie daftir,
bak er von einer Deutfehen Blut in den Wdern
hatte und hartndckig blieb in feiner Liebe?! War
es ihre Gchulb, wenn er in jedem Sreffen ohne
Not ins feindlidje Gemiihl ging, ит den Lod
gu finden?

Sekt hirten die MtBrfer auf gu feuern, den
@locken blieb ber Klippel im ergenen Wtunbde
haften, wie bie Sunge dem Sterbenden gwifden
den 3ahnen. Die, welche Frangesko eingeurnt
hatten, ftiegen aus der febwargen Wiilbung der
Grufitiire herauf, voran Guiskard, den fie gum
Rommiffar bei der Beftattung feines Meben-
bublers ernannt hatte. Cin Бтенез Рафеш [ад
ibm auf roten Lippen, wie fie es nie an ihm
gefehen.

Doh die Gefiihle, die biefer Cindruck in iby
auslifte, gerfloffen, ehe fie fich dariiber klar wurde,
рот dem Gebdanken, der in demfelben Wugenblicke
ibe Фе gum GSpringen weitete: Sekt bin id
Regentin von Rodegno, bis mein Goln nace
gewachfen ift, vielleicht fiir fiinfgehn Sabre, viel-
leicht fiir — wenn man klug ift — fiir lange
Beit und fret fiir ben, den ich ПеБе!

Die Priefter umfejritten gum legten Wale den
Ratafalk. Ihre Vewegungen wirbelten den Schwall
Moderluft, der vorhin aus dem Leichenkeller
emporgeftiegen war, gu Blanka hin. Sie erhob
fic), um gu gehen, und winkie Guiskard gu fich.

, Dtarchefe Toneliano, ftiiken Sie meinen Brn, 
fagte fie.

Guiskard nahm mit gufriebenener Geberde
ihren Wim, und die Regentin und der Hof ver-
lieBen bie Ride, ohne den Gegen Бег Умеет
	абзишатеи.
	fein Schlachtbericht 80000 PBreuben gegen 120 000
Frangofen (87009 gegen 64000), [aut Onken be-
hauptete er, mie etwas von befonbderer frangi-
fifeher Bravour bemerkt gu haben! Doc пех
zeit man dies fetnem lebhafter Deut{ehgefiifl.
Un Wellington und den Griten lieh er kein gutes
Haar, warnte Bliicjer vor deren Hocymut und
Falfcheit, beharrte nocd) am 18. Sunt in tiefem
Miptrauen, weil Wellington am 16. fein Wort
brad) und man daber ihm nun auch felber nicht
aus der Patfche gu helfen brauche.

Sn ,Raumers Erinnerungen” findet ficy fein
Brief tiber Wellingtons fcynbden Undank beim
Parifer Friebensfejluk, den die PBreugben allein
gerettet bitten, mas trog Pflugk- Hartung und
britifeher Prahlfucht ficher gefchicytlide Wahrheit
bleibt. Nach Gneifenaus Nationalftols hatten alle
Briten und Ruffen und Frangofen in den Orkus
verfinken konnen, wenn nur Deutfcjland iibrig blieb.

Weit Hsher als Gneifenaus Strategenruhm,
deffen Aberfdhakung wir nicjt mitmachen, ftebt
uns daher der WMenfeh und Held mit jeiner warme
bliitigen uner{dpiitterlichen Baterlandsliebe. Stehen
uns auch Gcharnborft, fein Weifter, und im ge-
wiffen Ginne der urwitchfige Bliicher nocd) haber,
fo bleibt doch diefer beriihmte GStabschef, dem
beriihmieren Woltke fo undhnlich, gefdichtlich fix
ewig in der Gorbderreihe jenes erlaucdjten Gee
{cjlechts, auch charakterologifd) einem Biilow und
Dork weit iiberlegen. Seine durchaus vornehme
Exjcheinung, poetife) und begeiftert, geigt uns
vorbilblic) die Wiirde deuticdhen Wannestums.
	Strommiunodung
	Die Stadt mit ihrer Vlauern Swang
Und mit der Macht gewslbter Briicken
Glitt tief und tiefer und verfank.

Und ftolger wird des Stromes Gang.
Es dent gewaltig fic) fein Rticken,
Der aller Srone fich entrang.
	Aufleuchtend in des BWbends Glut,
Snbdes bas Licht der erften Sterne
Schon gitternd auf den Wellen rubt,
Walgt jauchgend er gum Weer die Slut,
Das donnernd in dér Dammerferne
Weit auf die machtigen Lore tut.
MWiergarete Led
	559 М 2.
	Hans Schwegerie
	niigung aber geftattet hatte, tapoleon vdllig im
Riicken gu falfen. Gneifenau, der an Stelle des
evkrankten Gliicjer jebt den Oberbefehl fiihrte,
benahm fid) fo unbegreiflich, bak der wiitende
York feine Entlaffung anbot. Cr lieb fick) von
Napoleon griindlich einfchiichtern, haufte Febler
auf Fehler. Man entfchuldigt, dab ev ale Siingfter
unter den kommanbdierenden Generalen, ihm ohne-
hin alle abgeneigt, cine [chwierige Stellung hatte.
Gr felbft evklairte fpdter, ex babe die Preugben
feyonen wollen, um nachber beim Srieden ,unfer
Schwert in die Wagldhale gu legen.” Das mag
fehon fein, entfpracy feinem weitblickenden Patrio-
tismus. Dod) fein abfchlagiger Befdeib an York
{pricjt von ,unbefornenen Waghilfen , es wire
,eitt tolles Gpiel”, den ,vermegenen Berfudy im
Ricken Napoleons” gu unternelmen. Itun wohl,
hier ftellte er alfo nur Militarifces in den Bor-
dergrund und wir erkennen genau das Itamlice,
was fic) 1815 bet bdenktwiirdigfter Gelegenheit
gulrug.

Sedenfalls gigerte Gneifenan auc па “аз
poleons Riickgug ungebithrlicy lange im ausge-
fognen Landftrid) von Laon, [ев де ат vor
feinen Wugen das Korps St. Prieft in Rheims
verniehten und nam erft fpat den jegt fo eine
fachen Bormarfey gegen Paris auf.

Unni feine Fiihrung 1815 aber {pann fich ein
Gagenkreis. Wir fehen die Preugen forglos und
aer{irent an der Gambre fagern, fo daf Iapo-
leons geniale Mberrumpelung am 15. auf ein Saar
gliikte, fehen fie am 16. fo mangelhaft aufge-
ftellt, dah Wellington, als er die Schlachtlinie
bet Ligny iiberblickte, kil urteilte: Die Preugen
werden verdanimte PBriigel kriegen.” Die taktifche
Leitung war ungeniigend. Gefchidjte und Poefie
verherrlicyen ben Riickgugsbefehl: ,, Wat Wanre! 
Hierdurd) habe Gneifenau die natiirliche Verbin-
dung gum Rhein aufgegeben und fich hochhergig
an Wellington angefehloffen. Man vergift nur
3weterlei. Biilow ftand nicht mehr bei Liittich,
fondern nordédftlic) bei Gemblouz, Richtung auf
Wavre, man hatte ihn alfo ifoltert Mapoleons
Nachdrangen preisgeben miiffen. Wuberdem be-
durfte bas gdnalidy gerfeblagene Heer dringend
der Unlehrung an dies frifche Korps. Gneifenaus
Ent{duB entfprang einer hdchft einfachen Mote
wenbdigkeit. Gor allem aber dachte er iiberhaupt
nidjt davan, gu Wellington auf Briiffel gu reti-
rieren, fonbdern БН auf Liwen d. f. gum
Rhein. Crft als der verfprengte Bliicher in den
unfaglichen Wirrwar der bei Wanre gufanmmens
gequetfdjten Sruppenmaffen hineinplagte, аи
der Gedanke auf, nicht dftlich, fonbdern ше
in Napoleons Flanke abgufchwenken. Der hefe
tigite 3wiefpalt entftand. Gneifenau flircjtete da:
von ,die totale Bernidjtung der preupifdyen Wee
meen,  mit Recht, wenn Grouchy feine Pflicht
tat. Doc) Bliichers dadmonifcer Iniftinkt beharrte
dabei, mit Biilow das Piugerfte gu wagen.

Wir kinnen hier nicht auf Eingelnes eine
gehen, betonen: nur aufs beftimmtefte, dab der
Ruhm des welthiftorifeyen Marfcyes auf St. Lame
bert ausfdblieblich GBliicher felber gehirt, der hier
als Truppenfortreiger Ubermenfchliches leiftete. Ws
der Erfolg da war, da freilich vollendete Gnei-
fenau bas Werk felber mit damonifeyer Gpann-
kraft, indem er fic) perfinlich an die Spige der
Berfolgung fegte. Cin Bilb von Georg Bletb-
tren verewigt ihn bier mit Recht, boc) gu Rok,
beritiene Lrommler um fic) her, Graven durch
5е ЭбафЕ verbreitend. ,€s ift eine harte Be-
ftimnuing, nie eines eigenen Rommandys wert
erachtet gu fein und ftets fiir einen anderen ar-
beiten 3u miiffen,” febrieb er trogbem am 30. Suni
	an Sarbdenberg. Wn Chraeta feblte es ihm alfo
	nicht, aud) verfiel er dent Fetde gegeniiber oft
in chauviniftifche Liberhebung. Bei Ligny sablt
	Es ging gegen Abend. Зи den f{chwarabe-
hangenen Gentidern der Regentin ftanden die
Fenfter weit auf. Der milde Duft der Garten
ftrdmte herein, und das Rot der feheibenden
Sonne farbte Wande und Boden.

Das Billett ift beftellt?” wandte fic) Blanka
an ben Diener.

Eure Hobeit ift bedient.“

„Фе!“

Blanka wandte fic) an die Rammerfrau.

„ЗИ das Zimmer“ — fie deutete auf die Tire,
die au ihm fihrte — ,geridjtet, wie ic) es befabl?”