alle Ghore der Engel empfingen ibn. Denn jeder,
der da drauben filinde in Wehr und Waffen,
fdjtigte ein Dach feiner Heimat, und der himme-
{4е Рори fei den Capfern ficher.

Es war am Madjmittag des gleiden Tages,
ba fie bem SHanfele vom Wartbichlerhof das
GSeelenamt hielten. Der alte Herr Dekan ging
mit feinem Brevier in der Hand im Garten des
Widums auf und ab. Der Spiitherbft hatte die
Baume entblattert. Die fdjeibende Sonne [chien
in den Garten.

Da kam der Tobias langfam auf den Herrn
Dekan gu, nahm ebrfiirdtig feinen Hut vom Kopf
und meinte: ,9 bab’ mi grad erkunbdigen wollen,
Here Dekan, ob der Hanjele wirklic) und wabr-
haftig vom Vtund auf in Himmel kommen ift.”

» der ift vom Mund auf in Himmel kommen!“
verficherte ber Herr Dekan dem Alten, fteckte das
Grevier in eine Tafehe feines Talars, nam den
Lobiag leife bei der Harid iind fiibrte thn gu
einer Gartentank, wo fich bie beiden alten Manner
niebderliefen. ,,Wtugt es nit fo hart nehmen, To-
bias...  fubr der Serr Dekan fort. „Эех
Hanfele hat den Heldentod erlitten, und das ift
der ehrenvollite Tob, der Heldentod fiir Raifer
und Reid.”

„бо Ш № Hanfele mit groker Chr’ in
Himmel kommen...” fpracd) der Alte bhalblaut
vor fidy bir.

Und die Pforten des himmlifehen Paradeifes
haben fid) weit vor ihm gebffnet!  fagte der
Sere Dekan.

„Эа ftehen wohl am SHimmelstor Engel
Wacht?  frug der Tobias.

Gin Lichen ging iiber das rumalige Gefidyt
des Herrn Dekan. Dann meinte er: O53 kannft
dir wohl denken, Tobias. Gonft mibdyt’ ja glei
alles @’findel eint in Simmel.”

„Эа haben die Engel am End’ gar aufge-
pflangte Gajonetter ...  fagte der Tobias,

Das werden fie wol haben...  gab ihm
der Dekan Redt. Was follte er auc) den Wlten
in feinem fcjlidjten Rinbderglauben ftiren.

Nad) einer lingern PBaufe frug der Tobias:
Da werden die Wadhtengel vielleicht gar haben
prdfentieren miiffen, wia der Hanfele kommen
ft...  Halb Schiicjterngeit, halb Stolg jprach
aus der Stimme des Alten, und feine Augen
bingen an den Lippen bes Herm Dekan.

Der briickte jest felt beibe Hande des alten
Bauern, als ob er es ihm nicht kraftig genug
verficjern kinnte: ,,Brijentieren haben fie miiffen
und den Generalmarfd) feylagen, wia der Hanfele
eingegzogen iff durd) bas Битти фе Зо! 

„ЗВо[ den Generalmarfd) aa?” meinte der
Tobias. Wie ein freudiges Weinen gzitterte es
in feiner Stimme.

,Gany gleid) wie vor an General auf der
Welt herunten!” verficyerte ihn der Herr Dekan.

Der Tobias fubr fic) mit der Hand iiber die
feudjten Augen. Unwillkiilicd) hob er ben Kopf
gegen den Simmel, an dem die Gonne unter-
gegangen war. Lange war der alte Bauer ftill,
und der Herr Dekan ftirte ihn nicht in feinen
Setrachtungen.
	5 шаг bem Lobias, als ob er hoch dort
broben, weit iiber ben machtigen Gipfeln feiner
heimatlidjen Berge in den Himmel fehen kinnte ..

und als ob er ben Hanfele fehen miifte ... den
Hanfele vom Wartbidlerhof, den er aufgegogen
hatte gum Selbdentod firs Gaterland ... den

Hanfele, wie er in das himmlifce Gabel Тен
unter ben Ehrenbegeigungen der Engel, die das
Gewehr prijentierten und den Generalmarfdh
	fejlugen ....

Billig frei war es dem Alten geworden ume
Herz. Cr erhob ficy und kiihte Dem Herrm Dekan
bie redjte Hand. ,9 dank’ halt fehsn fiir die
chriftliche Gelehrung, Herr Dekan!  fagte er und
haticdjte [angfam aus dem Garten des Widums.
Der Hanfele hatte den Heldentod gefunden. Da
durfte er nidjt murren bdagegen. Es war die
hichfte Ebre, die dem Buben widerfahren konnte,
der in ber himmilifdjen Glorie weilte ... Wenn
fie jest nody den Konig Peter fingen . .
	Seine Bitcke irvten oft faft erfdyrocken ins Leere,
als ob fie weit, weit fort etwas felen wiirbden.
Er mubte Furdyt baresgefelen haben, der Jos, in
dem дтовеп Krieg. Und das taucjte wohl immer
wieder vor ihm auf. Es fdjien, als ob er fid)
erft fangfam an den Frieden femer Heimat gee
wihnen nriifte.

Gie frugen ifn auch nach dem Hanfele. Wie
es dem wohl ergehe. Der Gos behauptete, dab
et nidjts Maheres wiffe. Crft nad) ein paar Фа:
gen kam es 3u Sag, dbaB der Gos gang genau
ит das Schidefal bes Hanfele wufte. Er hatte
es nur nidjt friiher liber bas Фета дебтафь, dem
Ulten und der Lena das fehwere Leid angutun.

Der Hanfele war den Heldentod fitrs Bater-
land geftorben. Gei einem Sturmangriff hatte
ihn und einen gangen 3ug feiner Rameraden eine
feindlicje ®ranate in Fegen geviffen .. .

Nun wubte es auc) der Tobias, Der Han-
fele, der jiingfte Sub tnd fein Liebling, wiirde
nicht mehr in bas Tal gurtickkehren. Der Tobias
fiarrte wie geiftesabwefend vor fic) bin, als der
Sos endlid) mit der Wahrheit herausriickte. Dah
fo etwas miglicd) war...

Darin waren die ЗафБаги gekommen und ver-
fucjten den Tobias und die Lena gu trdften. Und
alle fpvacjen fie vom Seldentod und von der
Chre, flic bas BVaterland gu fterben. Und wie
der Tobias ftolg fein kénne, dah er einen Helden
aufgegogen habe.

Der Alte Hirte ftill gu und erwiderte kein
Wort. Gn feiner innerfter Geele dachte er aber,
bak ber Lod des Hanfele aud damit gufammen-
ange, weil man nod immer nicht den verflizten

‘nig Peter gefangen hatte.

Dann linteten auc) fiir den Hanfele vom
Wartbicdlerhof die Totenglocken. Gn der Фо
kirche hielten fie ein feierfiches Geelenamt fiir den
gefallenen Krieger. Wit Gefang und Orgelfpiel.
Der greife Herr Dekan felbft gelebrierte das Amt,
und nad dem Evangelium beftieg ex die Rangel
und bielt eine ergreifende PBredigt iiber ben Hel-
dentod fiirs Baterland.

Der Lobias hatte bis dahin keine Crane
weinen kinnen um das Hanfele. Sekt, da der
Dekan da droben fprac), fdbiittelte es den Alten
vor Weinen. Vom Andreas Hofer fprad) der
Herr Dekan und wie die Tiroler fich wiirdig er-
wiefen hitten ihrer Abnen. Und jeder, der den
Heldentod ftiivbe fiir bas Baterland, kame vom
Mund auf in den Himmel. Gh Hffneten fic)
weit die Bforten des бити Фен Baradeifes, und
		am meiften. €r wurde redfeliger und ид аБ
und gu, wie’s den eigentlich ftiinde, und ob man
den Konig Peter immer nod) nicht gefangen hatte.

Aud) den Herrvn Nooperator und den alten
achtgigiihrigen Herrn Dekan frug er. Mian {ай
es bem Sobias jedesmal an, wie er es fehnilidft
wiinfdjte, da} man den Roinig Peter einfing. Cs
war gang vergeblic), bem Lobias einen ordent-
lichen Begriff von dem Krieg beigubringen. Cr
hirte andachtsvoll gu und glaubig wie ein Rind,
um tann immer wieder auf die eine Frage gurtick-
gukommen. Und auf den greifen Herrn Dekan
gab ber Tobias doc) fo viel. Der war fiir
fein frominglinbiges Gemiit bas Gleidje wie das
Cvangelium.

Das erftemal war es, dak er mit bem Herrn
Dekan innerlic) nicdjt gang iiberein{ftinmte. Denn
der hochwiirdige Herr haite ihm erklart, dak es
ja eigentlic) gar nicht notwendig fei, den Rinig
Peter gu fangen, wenn man nur fein Heer ver-
nidjte. Das ging bem Lobias jedody nicht ет.
Dae Glick und Мид des gangen Riefenkrieges
hing bei ihm nur mit der Frage gufammen, ob
man den Rinig Peter fing oder nicht...

Und wieder lduteten die Glocken von dem
fpigen Rirdjturm dem jungen Tag entgegen. Rurg
und Rlagend war iby Ton. Sie klagten um den
erften toten Rrieger bes Dorfes, der auf bem Gelde
der Chre gefallen war.

Der Lobias ftand im Wcker und grub mit der
Schaufel in der taufeuchten Erde. Er hordjte
auf den Olockenton, ftedtte die Gdjaufel in die
Erde, gog den Hut, faltete die leicht aittrigen
Hinde und betete in ber Vtorgenkiible des Herb-
ftes fiir ben Toten, der weit von ber Heimat in
fremder Erde lag.

Die Leute am Wartbichlerhof redeten jest nur
mehr wenig von den Suben, Wogu aud)? Bauern
machen nidjt viele Worte und fligen fid) mit Er-
gebung in das Gefdjick. Dabei ift es ein felfen-
feftes ®ottnertrauen, das fie aufredt Halt und
hoffen lapt.

Die erften Brwundeten find ing Land ge-
bradjt morbden, und einer ber allererften war der
Sos vom Wartbichlerhof. Der hatte einen Bein-
fchub bekommen und hatfchte jegt noch viel drger
als der alte Lobias.

Gang ploglicy ftand der Jos da, und die Lena
konnie fic kaum faffen vor Freude. Bom Nache
barhaus her hatten fie ben Sos kommen gefehen,
waren ifm entgegen gelaufen und hatten ibn
heimgeleitet wie einen Sieger. Dann waren fie-
alle gufammengekominen vom Wartbidlerhof,
hatten den Gos umringt und ausgefragt.

Die Lena war in die Siidye gegangen, um
feynell einen Raffee gu kocjen. Denn der Gos
hatte ficjer lange keinen Saffee mehr getrunken.
So ftellte fich’s die Lena wenigltens vor.

Wis der Jos mit fehweren, ungelenken Gebprit-
ten in das Haus trat, kam ber Tobias gerade
aus feiner Rammertiir heraus.

»aobias ...  fagte der Burfehe und trat auf
den Bauer gu. .

Der Alte ftand wie vom Schlag geriifrt und
fah gu dem feblanken, hodjgewadhfenen Gurfdjen
auf. Gr mubte fic) am iirrahmen fefthalten.
Dann fubr er fic) mit der gittrigen, welken Wr-
beitshanbd iiber die Wugen.

Wortlos reidjte er bem Gos die Hand. Raum
ein leidhter, fllidjtiger Druck der beiden Hande.
Uber aus den guten, treuen Augen des Alten
kamen die Tropfen. Dick und fdywer. Der To-
bias mufte in die Rammer gehen. Damit es die
andern nidjt jahen, wie et weinte. ;

Draugen in der Riche fah jegt der Gos bei
dem grofen Tifdy, der in ber Ecke ftand, und ere
заб. УФЕ ausfiihrlidy und nicjt viel. Er war
дет) wortkarg, der Gos, und die Lena mubte
eigentlic) alles aus ihm berausdriicken. Dabei
papte fie aber auf jedes Wort wie ein Haftel-
beiger, vergaf in ihrer Wufregung gang den Kaffee
in bie Kanne gu giehen und fehiitiete das blobe
Waffer auf.

Sa, er war merkwiirdig wortkarg, der Jos,
und wollte nidjt recht heraus mit der Gpradje.
Фази hatte er in feinem Wefen etwas Gedriicktes
und Sdjeues, was fonft nicht feine Eigenart war.