Eine Regen-Traumerel in Moll Bon Emma Frit. v. Ehrenfels, Wieder-Hfterretch Mad) wochenlangen, unerbittlicjen trockenen Sonnentagen riefelt feiner Gommerregen ins diitftende Geaft der Gdume nieder. Uber alle Lidter und Farben fallen garte Flire, die $erne verfinkt und felbft ber nahe Hocjwald wird unwabrfejeintic), wie Wolkendunft. Auch die Gedankenbriicken gur Welt dort draugen find abgebrodjen — als giibe es keine Unruh mehr. Ullein, unter einer Glocke von hellgrauen Gligerperlen {teht das einfame Berafchloh und an feinem offenen Genjter das einfame 9%, Nur eine Bitke fchlieBt bas enge Bild mit ein. Shre garten Glieder wiegen fic) woblig im Bade und neigen 14) jegt tief im Winde, alg griigten fte priefterlich im Hauch der Gotta Бен, Die voriibergog. BWufraufjend hebt fie jest die fdplanken Urme wieder aufwaris, als konnte ib ekftatifdjes Sebhnen fie von den erdveranker- ten Wurgeln loslifen. Gerubjig, voll und wudhtig raufeht der Regen liber die Gemegte weiler und fingt fein altes, altes Lied. Cinformig klingt es und ift doch aus vielen Linen gewoben, wie ein Seil aug vielen Féden, und reicht gurtick, Gott weik, wie lang, und itber uns hinaus, vielleicht in Ewigheit .. . Bon augen her webt kiihle, feuchte Cuft ins Fenfter und bringt fo klare, reine Diifte mit, als kdmen fie von anderen Sternen her, auf unfere Erbe. Und Reime von gang anderen Gedanken, als fie im 3wang bes Menfchfeins unfere Hirne formen, finken {dyneeflockengleich, leife, behutfam und gleich wieder vertauchend iiber die trdumenden Ginne: So raufdjte es, du weikt es gang gewif, vor ungekannten Sabrtaufenden, auch damals dir. Du weibt es, aber du findeft ben Weg nicht mehr guriick gu dem Spalt, an den dich das Ahnen drangt. Ou kennjt die Form nicht mehr, abnft nicht, ob als Mtufcel, Halm, als Baum oder Bogel did) der Regen erquickte, und der Wind dir fehnende, dehnende Krafte gublies. Nur eines weift du gang gewik: die Нее Geborgenheit in unendlicher Weite deiner Heimat. Sehon fcjlieBt fic) bas Regenraufdhen hyp- notifeh tiber deinem GBewubtfein, und du fliept, — ein laufehender Sropfen im Strom der Zeit, dem Unendlichen gu... .... Aber der Traum gerreift und aus weltenfernen Cwighkeitsgefilben bift bu gum fekundenkleinen Weltkiigelchen deines eigenen Lebens wieder erwadst: Eines Bergfinken Rehle den hatte ein paar frifehe jubelnde Tine hin- dusgefedjmettert, — geqenwartshell und iiber- geugt — und der ScheSauber halt did) wieder in unwibderftehlidjer Sand und fiihrt did) deinen {ehmalen Weg. Gm Ranufejen des Regens und fener Stimmung, gets gefchloff nen Wuges tief nach innen in den geheimnisvollen фа! und halt, — nicjt weit von dem Punkte, wo am nde ein Siinklein einfam gliiht: der ebensanfang. Wieder raufeht der didjte Regen iiber die Walder, und wieder fieht bas einjame Scy an einem offenen SFenfter des einfamen Berge {chloffes. W€Wber es ift das Sch eines &leinen Rindes, eines WMaddjens, das noc) nicht denkt, fondern abut. €s trdumt, in bie Fenjterecke gelehnt, in die verfehleierte Candfdjaft hinaus, die kiihle feudjte Cuft im Geficht — und eigen- tiimlid) bebaglicy mifdyt fic) unverfehens warmer Mittagsgerud) von kochenden griinen Botmen in die Stimmung. Bon rlickwarts her, aus dem Wtuftk gimmer der Wama klingt Mavier piel, dem das kleine Wefen hingegeben laufdyt. Dae Sanfttraurige der Moll-Melodie, und ihr fiiper Sauber verfehwimmt fo gang mit dem Gefiihl, das fie mit dem Begriff „ЭХата“ umbiillt: mie ein meidjer, fcdjimimernder Wlantel, aus weikem Sammi, voll Rofenduft, in den man jich hineinfdjmiegen konnte, fo viel man wollte. Diefes Gefiih! blieb durch all die Gahre aufbewahrt, menngleic) bas Gedschinis ein klares Wufenbild der (Ginen jungen Dtutter verweigert; nur eine Gefte blich unmittelbar darin faften: ein ftrablendes Hellwerden im Wuisdruck und eine Bewequng, als wenn ein Singvdgelehen fréblich auffliegt, jahlings Зе {dyernd, und аи) [61 плебег оетНити — Much die Mtufik, die an jenem Regenvor= mittag unter den feinen Gingern der Yama heraus{c)webte, bliebh bem ФетШедебафиие des fonft nicht eigentlich mufikalifehen Rindes eingepragt. Nac) ЧЗабтеи erkannte ich fie wieder, — im Songertfaal von einer name haftem Stlavierkiinftlerin gefpielt Gs war das Impromptu von Schubert Ir. 4, das in as- dur einfegt und gleich) ins tieffte moll iibere geht. Mit feinem Gingen viefelt, fiir mich wenigftens, Das RegenliedD barin, und dunkle Akkorde wirft ber Wind aus dem Wald hinein. Der Mittelfag aber ift ein eingiges Cted орие Worte, von einer Traurigheit, die tiber alle Worte geht. Gedber Gebanke bdiefes Liedes fieigt als Engel mit [angen weigen Fittichen, fanfiergebenen Hauptes, 3u Gott empor. Und dariiber raufden Regen, Wind und Wald, wie einft und wie immer .... Wie dbamals im Rongertfaal ,alles um mic) her verfank und die alte Heimat in mix aufftieg, — fo verfinkt aud) jest beim alten Raufejen und bei dem inneren Gefang, der ihm gugefellt ift, bas gange Leben und was es feither gebracht. Und umbiillt von dem weigen, weichen Seidenmantel паб eine an- dere, nae angehirige Erinnerung — gum gveifen klar, Ob fie im Leben vor oder nach dlefem fritheften Wtufikeindruck ftand, wiibte tch nicht gu fagen. WUWber mit bem ge- heimnisvollen Erkennen, bas guweilen kleinen Rindern und befonders der weiblichen Bere anlagung eigen ift, — wei ich, da® jie inner lichlt, mit meinem fieben Regen- Impromptu gufammenbangt: « Wir figen beifammen in meinem Spiel- zimmer, am Senfter — tama und ich, — und plagen uns ffirchterlich, meinem моей Puppenkind die kleinen gelben Lederfchube liber feine Dicken, unnachgiebigen Siike gu giehen, Gndlic) ift es gelungen; die PBuppe tangt luftig auf Mlamas Rnieen, und wir find im Begriff, fie in ben Garten зи bringen. Da meldet der alte Diener Befuch. ECs ftirt mich Jcjrecklich, — und wie ich aufftehe, fteht auch fejon ein gang frenider Herr, in fiir mich nie gefehener Veibung — Niarine-Uniform — in der Siir, — dunkel und [chin —, das fand ich felbft in diefem Wugenblick des Unwillens. Mama aber fpringt auf, wieder gang wie ein Singpdglein auffliegt, — mit hellem freu- digen Rlingen der Stimme, wie-fie ,Frig ruft. Dann macht fie uns bekannt und fagt von ihm: , Wein lieber alter Vetter Frig, und ich finde ihn nicht alt und weih nidt, wie id) а фт fagen foll und fage darum gar nicjts und gehe, wie fonft allen Fremden gegeniiber, in Gcheubeit unter, fo dab die beiden allein miteinander plaudern, Dann kommt mein Fraulein und will mich holen, aber icy Blammere mic) an Wamas Rleid, wie in Lebensgefahr, und weine. Da nimmt neh der groBe Mlann freunod- lic) auf den Urm, und id) fehe von gang пабе, bab er gute, braune, liebe Wugen bat, und bab fein braunroter Hals hinter dem Rragen gang weig wird und wahrend er mid) in den Garten tragt, лее id) mit der до[Бенеп Spange, bie ihm auf ber Uchfel des fermargen Rockes figt. Wher nachher muh ich doch mit bem Griulein geh i und f{peife mit ihr auf dent Balkon, Paul Rieth (Manchen) 631