Eine Rhctnfabrt.
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	gon Fleinen Wellen tangen durcetnander, ftlirzen 19
liberetnander und fdjeinen im necifcen Spiel bas Schiff
gu verfolgen und gu jagen; die weifen Gdyaumfdmine
glangen bald purpurn, bald blau, bald овен; die Gone
nenfiralen brechen fich gu prichtigen Regenbogen in dem,
hocauffprigenden Schaume gu beiden Seiten ded Schiffes  
und verwandeln die jprithenden Xropfen in funfelnde
Diamanten. — Wir vergeffen die frifdye Morgenluft, dte 
unfern Wangen cine Hohere Firbung giebt und weiden  
und an dent unvergleidlichen Gdhaufpiele. Biberidy mit
feinem Gehloffe und den weifen Lerraffenmauern tft une  
ferem Uuge bald entfdywunden; die reichen Buren und!
Rebenhirgel des Rheingaued, gierlide Landhaufer, Dobrfer
und Зее деп ап und voriber. Die flachen Ufer 
werden endlich брег, die anmuthig gerundeten Higel
erheben fic) mehr und mebr, werden gu fbftlich gritnen  
Bergen und dringen fic ndber und niber an den Strom,
unt fich in feinem Gyiegel gu befehauen und den Gus in 
den Flaren Wellen gu negen. Und jeder Wugenblicé zeigt  
ung neue Reize der Lieblidjen Landfcyaft, und wir fehauen 
und fdjauen, bid die Stralen ber inbdeffen fcyon Hoek  
geftiegenen Gonne unfer Auge blenden und und ndthigen  
Sdhus unter dem Leinengelt gu fucyen, in deffem Sahat
ten fic) nun die bunte, bom Sufall jufammengeritrfelte  
Reifegefellfchaft verfammelt.

Der grepte Vheil unfrer Meifegefihrten fommt aus
den Badern und Eehrte nach den Winterquartieren gure.
8 find mehr gewobhnlice als ungovihnlice Grfcheinune
ger, Denn die Mebryahl der PBaffagiere, die ant Morgen
bad Schiff beftiegen, die jovialen Bewobhner 008 бете
thalé, die Bauern und Biuerinnen mit ten Hibfden,
Gejichtern und Cuftigen Augen, haben fic) in der erz  
fticfenden Wtmofphare der gweiten Cajiite gufammenges
pringt und verfiirgen fich die Beit nad ihrer Urt durd)
luftige Lieder und Spafe; nur die Cinformigfeit der
fashionablen Welt umgieht uns. — Bwei Damen, welde
Die nattonafen Kenngeichen der Englanderinnen auf bad
unverEennbarfte in Haltung, Gang und Keidung und
Benehmen zur Schau tragen, fludiren mit WufmerFfam-
Feit Die Rheinveife in Murrays Handbook und wiirdigen
Die Gegend feined Bliés, aufer wenn irgend ein berithme
ter Ort oder Weinberg, an dem wir voriiberfahren, де
nannt wird, Ddiefen notiren fie Dann gewiffenhaft und
Laffen fic) nicht weiter in ihrer Lebttire fidren. Shr Bru-
der, der echtefte Sohn Fohn Bulls, der je den Continent
Betrat, Hat feine langen Glieder mit Der Rirciftcyteloftge
feit auf eine Bank audgeftrectt, gu der flay der Englander
im Auslande berechtigt glaubt, weil er eine gute Gefell-
fohaft auger der englifdyen nicht anerfennt. Da die ime
mer fchdner werdenden Ufer nicjt englifa find, fo haben
fie offenbar feinen Unfpruch auf feine Beachtung und ev
ftarrt mit Teeren, gelangweilten Bliden in dad Wafer,
oder nach dem blauen Himmel.  
Gine ruffiiche Grifin, der wir fon an den Фу
Тен in Wiesbaden und Homburg oft begegneten, Lehnt
Nalaffig im GSeffel und Haft die blauen либо ет
ciner dchten Havanna behaglicy in die Luft. Mur пе
weilen unterbridt fle fic), um bon den Orangen zu effen,

 

 
	bie eine Fleine Kammerjungfer foal und prdfentirt, beren
	Sahiudternheit und Unterwiirfigheit ohne Miihe die Deut=
[бе erfennen laffen. — Die Lodhter der Grafin, eine
junge, fehr Hibjche und febr elegante Dame, betracdhtet
bie Gegend durdy bie Lorgnette und ift blind fity die be-
wundernden Blicke eined preufifden Reutnants, der die
untadelfaftefte Taille aufmeift, auf die je cin Leutnant
бит. GSelbft ala er das bei feiner Taille ungeheure
Miftto nicht fcheut, fic) nach dem ihr entfallnen Yafehen-
tude gu bien und e8 iby mit aller Gragie Aberreicht,
whrdigt fie thn Faum eines Blids. Lief gefrantt sieht
er fich guricl und fedwért aus Race zu der Fahne einer
blaudugigen Miederlanderin, und macht diefe mit den
Borziigen feines Moffed Hector ebenfo griindlid) al8 wett=
laufiq befannt.

Die beinahe gu fpat qefommene dice Dame hat aus
der neben ihr liegenden Tafdhe ein Frithftlie heroorgew-
gen, aus dem man fehliefen muff, daf fie cinen anfebne
lidjen Theil ihrer Mundvorrithe rettete. Gie ее ПФ
nad) ber iiberftandnen Strapaze mit grofen Biffen But=
terbrod, Fleifdy und Kuchen und einer nambaften Angzaht
son Laffen Kaffee aus einer grofen vor iby ftebenden
Kanne. twa ein Dubend Birnen, die fle ebenfalls aus
den unergriindlicen Tiefen der bewnften Talche hervore
sieht, verpollftindigen bad Зее, bem felb{t der thell=
nabntofe Gnglinder einen bewundernden Bli nicht ver-
fagen fann. Sn geringer Entfernung von der diden
Dame hat fh cine Wuswandrerfamilie nicbergelaffen.
Die Leute fcyoinen gu der wobhlhabenten Kaffe der Lant-
hewohner gu дебётей und ihe Baterland ungern gu ver=
Tajfen; fle fehen trauriq und niedergefchlagen aud, befon=
derd bie junge Frau, deren Gefleht Chranenfpuren zeigt.
Shr Mann ift gefapt, aber fehr ernft und bemiht ftch,
ihre AufmerFfambeit auf die Gegend gu Tenfen, um fle gu
scrftreuen. Gein Bater, ein Greis von vielleicht ficbenzig
Jahren, mit langem, faneeweifem Haar, und lebhaften
blauen Augen, fceint nod) fehr ritftig und der Muthigite
ver Kamilie gu fein, obwobhl er fir fic) faum noch cine
Hoffnung auf das neve Baterland griinden fann. Er bat
feine Enfel, gwei Knaben son 8—10 Jahren, mit Baus-
bacten und flacablondem Haar, bei fid, und cin une
rubiges fleines Maddjen von obngefahr flinf Sahren auf
dem Knie figen, und ergihlt ihnen die Gagen des RGeind,
die er fehr genau gu fennen feheint. Bald aber (aufeyen
nit nur die Kinder feinen Worten, fondern auch die
Ubrigen Paffagiere rien naber und evfreuen fidy an ten
Grydhlungen, in die der Wlte mit vicler Maivetdt brollige
	Sdwante eingufledsten weig.    (Shlus folgt.)
	Wigurd, der Sanger.
(©) 18.)

oD wie war fle fo fchdn! die Pracht ihrer Umgebung
verdunfelte den ichtftral ihrer Yugen und alle Mufté
im Wald fam dem Wobhllaut ihrer Stimmen nicht gleich.
Gie hegriften den Heinen und reichten ihm die Hand,
auf die er fehiicytern feine Uippen dritdte. ”

wda riefelte cin fifer Schauer durdy fein ganged
Sein, ex fliblte fic) wie von unfichtbharen Sawingen gee
tragen. We Gegenftinde um ihn her verfewammen —