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	Sorfien verwaltete, nachdent er in feiner Jugend ded
Herrn Untverfitdtsfreund gewefen, bildeten mit dem Graz
fen den fleinen Girfel, in dem Mathilde aufwucdhs. Dow
halt, wir vergafen nody eine Hauptperfon qu erwabnen,
ben Hofmaler Ehrenfried Schlegel, der im Grunde beim
Grafen mehr galt, alé die Kammerdame mit dem Forft-
metfter zufammen, int Gaufe ded Grafen fogar mehr, als
ber Gebieter felbft.

Die Inclination bei Grafen gu dem feltenen Manne
mufte ftch auf heilig erworbene WAnrechte grinden. Ws
68 den alten Uarhaufen gleid) nad) dem Lode der Gattin
hinausgetrieben hatte auB ber vereinfamten Burg feiner
Vater, ba war er gewandert in das ferne Spanien, um
hier, an dem Bufen der ewig griinen Natur, Hetlung
gu fuchen fiir feine franke Фе. ines Tages ftieB er
por den Triimmern eines uralten Maurenfdloffed auf
einen an Jahren fcdjon gereiften Fupbginger, dev in fein
Sfiggenbuch die pittoredfe Nuine mit genialer Rapiditat
cintrug. Das angefnipfte Gefprach verrieth den deutfdyen
Landmann, a8 fortgefewte edeln Sinn in bigarrer Hille.
Aud ihn hatte verlormed Liebedgliict zum Whadver gee
macht, auch ex fuchte entfdwundenen Frieden.  Mafd
verftanden fic) die Leidensgefibrien, und Chrenfried
GeAhlegel Eehrte in ded Firften Gefolge nad Deutfaland
gurl, mit dem Titel feined Hofmalers, unter dem fedh
jedocd) bald der gefcworene Freund ded Verwitiweten
und ber enthuftaftifche Theilnehmer an der Leitung von
Mathildens Erziehung fundgah. Wllein, bet bem jeded-
maligen Geburtgtage bes Grafen von Warhaufen trat
Ehrenfried Saylegel in dem feftltchen Gewande feiner
Sunction auf. Gin forgfiltig gearbetteted Gemilde, aus
Dem die Genialitat ded Malerd deutlich fpradj, entrollte
fic) al8 Sreundfdaftsgefdjen€ vor bed erfreuten Giarften
PBlicen, der in feinem Ghrenfried eben fo den Kinftler,
wie den Menfdjen faagte, und gang arhaufen nahm
an dDiefer Ovation ded beliebten Hofmalers gerechten n=
theil, fo daf jdyon Woden lang vor der Feier das ganze
Stidtden vermuthungédweife von dem aus Sdplegel’s
Pinfel zu erwartenden KunfiwerE fprach.

Bierzehn Jahre waren Zeuge diefed innigen Berbhalt-
niffed gwifchen bem Sirfien und feinen beiden Ginfiline
gen, Galegel und Meigenftein gewejen, als ver Virrft
bedentlid) erfranfte und, trop bes Zufpruds der bedeu-
tendften Uergte, feiner Gattin ing Land ber Ewigfeit
folgte. Ucbergehen wir den vergweiflungdvollen Samer;
Mathildens, ben ergreifenden Kummer Mathildens, die
aufridtige Trauer des ganzen Stadtdens, welded in bem
Grafen cinen wahrhaft vaterlichen Befdhitger verforen.

Bei der Eroffrung de8 Teftaments zeigte fic) der Lepte
Wille des Grafen dahin, dbaf Mathilde, mit Ausnahme
anfehnlicher Qegate, welche bor Wem bas Wlter Ehren-
fried Sehlegel’s ficerten, das getrennte mitterlidje Bere
migen erben folle; als Vorminder und Curatoren feiner
Rochter hatte der Veftator nebft bem Senior der ihm
berwandten Geitenlinie von Warhaufen-Dingdorf den
Hofmaler Chrenfried Sahlegel und den Forfimeifter Hans
bon Reigenftein beftellt.

Bir haben bid jegt faft ganglich bon einer Perfor
gefchwiegen, die in biefer Begebenheit eine widhtige Rolle
		Зи ФииИище.
Hievsu ein Stahlftid) nad) H. Leutemann.
	Der alte Зара Ehrenfried SGadylegel fland, auperlid)
tubig, am Fenfter und trommelte gu einer fehr funfte
lofen Melodie, die er burch die Bahne pfiff, ben Bapfen-
Юте дп den Seheiben, wihrend deé Forftmeifters Hang
bon Reigenftein ungeftiimer ris, wie ein Lowe Hinter
bem Menageriegitter, die Stube auf und abmah. Sehle-
gel’ Nufe war indeffen, wie gefagt, nur auswendig; im
Snnecn hatte der Bapfenftreic) fdyon Lange bem Gefcywind-
marfde weicyen miiffen, den fein Herg gu Frigens Bericht

Tug.
i and ich duld’ eB nicht!” rief Srig gum gwangighten
Male, , Stunden lang bleibt er mit thr allein, muftcirt,
fipt fle auf die Stirn und dugt fe fogar! “

, Sr ift Ве Соц!“ мдф Chrenfried Schlegel mit
anfcveinendem Gleichmuthe ein, den indeffen der Nachfag:
,Hol ihn der Leufel!” fofort wieder aufhob.

Der alte Mann Hatte fehon feit mebreren Sahren an
einem Hibfdy ausgefonnenen Rechenerempel calculirt, und
jept wollte ploglich die Gumme nicht ftimmen. Sn dic
Soylle feines gemithlicjen Lebens trat auf einmal ein
tragifdes Pathos, und der ftille harmlofe Keets guter
Menfdjen [sfte fidy ploglicy gum wirren Drama auf.
Ehrenfried Sdylegel trug feine Sechziq mit bohen Ehren;
	er und bemelbdeter Sorftmeifter, Brisens Water, waren
	bie angefebenften Haupter des Gtadtchens Aarhaujen (ver
	-ebemaligen Mefidenz der geflirftcten Grafen gu Warbaufen,
	bevor die Wiener Vertrage legtere aus retdsunmittelba-
ren Regenten gu mediatifirten Unterthanen gemacht). War
bod. der Tegte Sprof der alten Familie mit dtefer Де»
diatiftrung wohl gufrieden gewefen. Wus einer glireli-
chen, aber Turgen Che entfpropte ihm ein eingiges THch=
terlein, Mathilde. Gowohl um die Grinnerung an die
heifigeliebte Gattin gu ehren, als auch, um dad theure
Ghenbild der Geligen nicht durd) eine Gtiefmutter gu
frinfen, hatte fic) der Wittwer nad) der gewaltfamen
Schidfalalsfung der evften Che nicht gu einer gweiten
Verbindung entfepliefen fonnen — mander glingende
Antrag wurde zuritgewiefen, und der Graf, dejjen Herr-
Гай urfpritnglid) ein faiferliced Mannslehen war, Гав
der Mediatifirung derfelben, in Wnbetvadt deb Mangels
an minnlicjen Grben, mit Geelenrube, ja fogar mit
Freude gu, Denn nun fonnte er den groften Theil feiner
reiden Domainen, anftatt an entfernte Geitenlinten , an
fein Hind vererben. Gleichwohl ergog er Mathilden nidt
zu ben Hohen Anfpriiden, wogu fle die Hoffnung auf
bereinflige Glicagiter berechtigen modjte. Die Birger
bed Stddteyens Uarhaujen, die den Grafen immer nod)
aud alter Gewobhnheit ihren lieben gnatigen Herrn nann-
tet, audy ald er nit mehr ihr Gouverain war, fabhen
mit Erflaunen, wie einfach Mathilde einher ging, und
wie, mit Ausnahme einiger guten Lehrer, ber Grafen-
tocdjter um 9908 einen Vorzug vor den Beamtenkindern
ber Orifdaft genof. GSeit der Gattin Lod war der
Нете Hofftaat theilwetfe entlaffen, theilweife penftonirt
worben. Mur cine mittelalterlicje Mammerdame und
Hans bon Reigenftein, welder des Grafen weitliufige
	i. Band.
		[2 У did
		ЦЕНТРАЛЬНАЯ ГОРОДСКАЯ

ПУБЛИЧНАЯ БИБЛИОТЕКА
‚им, Н. А. НЕЧРАСОВА_