Hertha.
		UAnlagen feiner Todjter fiir weiblicen Taft und Wirde
waren unter der Wechfelwirtung mit ber Sphare, in der
fte fich ihrem Range nach nothwenbdigerweife bewegen
mufte, rafcy gezeitigt worden. Bei diejem Wusfluge
war aud) (nebenber bemerft) cine Berfohnung des Graz
fen mit ben Mitgliedern ber GSeitenlinie Warhaufen-
Dongdorf zu Stande gefommen, welche fic) wegen der
Gtipulationen, die gelegentlicy ber Mediatifirung der ge-
firfteten Graffchaft Aarhaufen gu Gunften der Crbfolge
Mathildens feftgeftellt worden, verkitrzt glaubten, und
Jahre lang jede Verbindung mit dem Altern Bweige ab-
gebrodyen Hatten.

Kurzum — Friedrich und Mathilde waren night mehr
Gefchwifter, dad filhlte Friedrich bei dew erften Sufam-
mentreffen [dhimerglich, und dag gewollte Du erftarrte bei
der Anrede gu cinem eifigen Gie. Der alte Reigenftetn
merfte diefe Verdinderung, die er, nicht gang mit Unredht,
fir fein Werf hielt, mit einem gewiffen Wohlgefallen,
welded Dem Menfdjen gu tiberfommen pflegt, wenn er
{eine BVerednung eintreffen fleht. Der Graf theilte diefes
Wohlgefallen Feinesdwegs, und auch Ehrenfried Saplegel
fdynitt ein grimliched Geficht bet der fteifen Begriifungs=
fcene ber Sugendgenoffen.

y rhut ihr dod,” meinte Warhaufen mit argerlicem
Raden, ,al& ob ihr euch dad erfte Mal fahet. Seid ihr
denn Andere geworden? Donnerwetter, Frig, gieb deiner
SAwefter Mathilde einen tichtigen Kus und feid wieder
nicine lieben vertragliden Rinbder ! “

Фо vergeblich: fle waren in ber That Wndere ge-
worden. Der befohlene Ruf wurde gegeben und emypfanz
gen alé eine Forme! der Hoflichfett, und ed verblteb bet
Der Negation der Verfehwifterung, bet dem Hoflichen Sie.
Und gleidhwobl hatte Frig gu Mathildens Girfen feirrgen
mogen, um ifr guzurufen: , Du bift {ehdner, als ich bez
fdreiben fann, und ich liebe did) mehr, alB ich dir gu
fagen vermag!“ — gleidhwobhl fliifterte Mathilden cine
innere Stimine gu, fle mochte wohl, Frig, der fo herr
Tich geworbden, wire noc) thr theurer Bruder. Allein,
eben diefes beiderfeitige Geflihl, welches ihnen inftinct-
mifig guraunte, fle Ednnten fic nunmehr nun nod) ent=
weder viel weniger over viel mehr, als Gefchwifter, fein,
trat al8 tiefe Rluft gwifden fie, und ba Frig son dem
Emypfange bei dem Grafen in fein ehemaliged Simmer
zuritcfehrte, fithlte er fic) cinfamer, alg damalé, wie er
auf Sabre Hinauszog in die Ferne, weit weg von allen
feinen Qieben. Mit Thrdnen bat er munmehr den Vater,
er mage ihn wieder auf Reifen fenden, c8 laffe ihm feine
Ruhe am Heimifeyen Herde Der alte Metgenftetn erwie-
Derte ihm darauf nur gwei Worte, ndmlich: , Dummes
Beng!” Ws indeffen der Gorftmetifter den Sohn hinaus-
fliirmen fab, um den trauten Waldern ber Heimath fein
ticfed Reid gu Flagen, fdvlittelte er den Mopf und brununte:
rum Kudu, da hat, wie die Perfer fagen, Gott gu
— btel gebolfen! Sch То ign fort, damit fc die Come
teffe fich nicht etwa fucceffive in ihn verliebt, und nun
Fann fle ihn, wie 8 fdjeint, nicht einmal mebr Те
den!“ — — — (Sovrtfepung felt.)

 
	Hertha.
Hierzu der Stahlftid): ,,Das Kagchen,”” von E. Meeyerbeim.
	Heiter und lichelnd war Der junge Lag erwacht und
ber Strahl der Morgenfonne fiel glaingend durd) die niee
Drigen Senfter einer einfachen Hitte, welde an dem due
ferften Ende des Oertchens Sdmiedeberg, am Fuge der
Subdeten, gelegen war. Gell beleucjtet wurde von ihm
ein anmuthiges Bild geniigfamen Stilllebens, denn im
Snnern 008 Holzernen HAusdyen8 war eine lichende Mutter
befchiftigt, einen gefunden muthigen Knaben angufleiven;
aber der junge Wildfang firdubte fic) nad) Wet der Kin=
der, tubig ausgubalien bei dem furgen Gefchaft. Unten
gu еп Забей ber Mutter Hatten fic) die Magechen ver=
fammelt, um aus dem wobhlbefannten Napfe ihr Frihfid
gon Mile und Brot eingunehmen; bhierbet fonnte Frang-
chen nicht mitfiger Bufdauer bleiben. Gr drdngte fic
ben Sdoos der Mutter Herunter, welde thn mit не
nur nod) theilweife guriicthielt und ftreidelte pas Gell
ber alten Rage, weldhe fich ernft und mtfbilligend nach
dem fleinen Gtdrenfried umfah, von dem fie firchtete,
daf er iby bad Mahl verfimmern wolle. Wenn aud
Die Mutter ded Mnaben ihn zur Rube, zur Vollendung
bes WAnkleidend ermabhnte, fo fah man bennody, daf der
adel, den ihre Lippe ausfprach, nicjt aus dem Innerften
ihred Hergens dictirt wurde, denn der Strahl der спе
ten Mutterliebe leuchtete in ihren tiefblauen Wugen und
verlich dem nod jugendlichen, mgdonnengleichen Antlig
dinen Metz mehr, an weldyem die glingenden Blicke eines
jungen Manned unverwandt Hingen, welder von Beiden
unbemerft durd) die dufere Thiir getreten war. Der
riiftige Gohn ber Berge trug den griinen Sigerrod und
eine Weidmannstafche, in welcher allerlet Gevsdgel feine
Herberge fand, wihrend die woblgepugte Flinte ber
fetner Sehulter Hing. Dads Hibfcye braune Wntlig erhielt
durch cin itber beide Lippen gehended, Dunfles Barichen
einen mannlicjen WUnftridy und nie waren feine Biige fo
freundlidy, ala wenn er Фета fanften Worten oder
ihren aumuthigen Geberden Jaufdjen Тиле. Endlich
war 08 diefer halb ли Ucberredung, halb durch Ieije
Gewalt gelungen, ihren ffleinen Widerfpenftigen wieder
auf ifren Sdjoos gu bringen und ihn gréBtentheils zu
befleiden. Da erft gewahrte fie ben Angcfommenen, ие
ibm zu und fagte:

Gi Hore Ultorf, Bhr geht frith auf die Sagd Heute
Morgen.”

Sd) will fortfahren, wo id) geftern aufgehirt habe,
Srau Mirller. Ich Habe einige Birkhithner yon der geft-
tigen Beute gu mir geftedt, um fie Gud) gu bringen.
Зее teh befferes Wildpret heute, fo werde ich Cud) nod
am Whend cin guted Stiteé herlegen, das Heift, wenn ich
nidt wie geftern burch ein Ungefihr wieder gu lange aufe
gehalten werbde, fo daf eB gu frat ift, ala Daf Shr mir
Gure Thir sffnen wiirdet.//

Paul Altorf Fehrte mit Defer Worter den Inhalt
feiner Vafdhe auf dem Heerde aus, auf welchem auf glim-
menbder SKoble der Topf mit der Morgenfuppe ftand.
Hertha hatte fich erhoben, betradytete dte Gabe und fagte
fachelnd — und o wie holbdfeltg erfcbien died Lacheln