DFUTSCHILAND Folge eines groferen Umsatzes oder gesenkier Preise ist. Wenn dazu noch kommt, daff mit der Aufnahme auslandischen Ka- pitals eine Verstandigung zwischen grofen Konkurrenten am Weltmarkt verbunden ist, die einen verlustbringenden Wett- kampf auf diesem oder jénem Gebiet verhindern, dann be- deutet dies einen weiteren Zuwachs am Volksvermégen trotz nebenhergehender auslaéndischer Verschuldung. Dann fehlt es oft im eigenen Lande an Unternehmergeist, -lust oder -initia- tive, und dieses Manko kann unter dem EinfluR des Aus- landes beseitigt werden. Nicht nur Koloniallander sind hierfiir ein Beispiel, sondern auch Rufland vor dem Kriege kann als Beweis aufgefiihrt werden, wie auch der Ausbau der ameri- kanischen Bahnen lediglich mit deutschem Gelde erfolgt ist. Dieser Kapitalaustausch bringt den Ausfuhrlindern Gewinn und Renten, den Einfuhrlandern Entwicklung ihrer Volkswirt- schaft und Steigerung der Produktivitét. Aber die Uberfrem- dung Deuischlands mit auslaindischem Kapital hat auch ganz gefahrliche Seiten, auf die im Interesse einer rechtzeitigen Ab- wehbr nicht deuilich genug hingewiesen werden kann. Werden nimlich deutsche Unternehmen in kleine Teile auslindischer Riesenunternehmen .verwandelt, so kann es leicht geschehen, daf sie eine Produktionsteilung von der Ari betreiben, daft das gréfere Risiko auf die deutschen Betriebe fiallt. Kommen Krisen und sind Siillegungen notwendig, so wird man gewif nicht in erster Linie das amerikanische oder sonstige Haupt- werk stillegen. Man wird diesem einen gréferen Teil des Weltmarktes einriumen, was wiederum Exportbeschrinkung bedeutet. Die deutsche Uniernehmung muf dann dem Diktat gehorchen und ein Stiicd Weltmarkt zugunsten des auslandi- schen Hauptwerkes freiwillig raumen. Deutsche Arbeitslosigkeit wird den amerikanischen oder sonstigen auslandischen Aufsichts- raten gleichgiiltig sein. Noch schlimmer gestaltet sich die Beurteilung, wenn die Preis- politik offenbar zum Nachteil der deutschen Volkswirtschaft ge- handhabt wird. In hohem Mafe unerwiinscht ist es, wenn mit der Kapitalbeteiligung geschiftliche Spionage verbunden ist, die dazu verwendet wird, im Ausland ein Konkurrenzunternehmen ins Leben zu rufen, wenn also deutsche Intelligenz, deutsche Erfindungen, Erzeugungsmethoden im Ausland geschiftlich aus- gebeutet werden sollen, wenn Monopolpreise im Inland durd- gesetzt werden konnen und die hohen Gewinne dann ins Ausland flieRen, und schlieflich: wenn es der auslindischen Beteiligung gar darauf ankommt, durch Aufkauf und Stillegung von deutschen Unternehmungen den deutschen Wettbewerb am Weltmarkt oder in einzelnen Lindern auszuschalten. Man kann sich der wichtigen Erkenntnis nicht verschlieflen, daf in einer hocheniwickelten Volkswirtschaft unerwiinschte Folgen der Uber- fremdung viel eher und stiirker auftreten kiénnen als in einer jungen Volkswirtschait, die sich mit Hilfe des Auslandes erst entwickeln will. Dann bedeutet zunehmende Uberfremdung fiir den Staat und die Allgemeinheit fast immer eine Ver- ringerung des Steueraufkommens, da die Gewinne erfahrungs- gemif dort angesammelt und ausgeschiittet werden, wo der Zugriff des Steuerfiskus am mildesten ist, und das werden immer anslindische Plitze, meist wohl die Zentralpunkte der Auslandskonzerne sein. Das in Deutschland arbeitende Auslandskapital wird dem Zu- griff des Steuerfiskus immer schwerer erreichbar sein als das heimische, was weiier zu ciner unertriglichen Verringerung der Sieuerbasis auf Kosten der Einheimischen fiihren wird. Die Gegenbewegung der deutschen Beteiligungen, Filialen und des deutschen Grundstiicksbesitzes im Ausland beziffert das Statistische Reichsamt auf 3,25—4 Milliarden Mark, und zwar ent- fallen davon schitzungsweise auf: Europa 1,6—1,8, USA. 0,45—0,5, Laieinamerika 1,0—1,5, Asien 0,1, Afrika 0,1 Milliarden. E s ist klar, daf@ diese Gegenbewegung den deutschen Ausverkauf auch nicht annihernd aufzuwiegen vermag, weil sie auf der einen Seite vielfach nur eine Folge der Kapitalflucht seit 1925 ist und daher eine ganz andere Anlagestruktur aufweist als die fremden Anlagen in Deutschland. Es diirfte sich weitgehend um speku- lative Anlagen handeln, denen nur bedingt echte Expansions- bestrebungen im Ausland zugrunde liegen. Die deutschen Be- teiligungen in USA. sind ganz gering, wahrend umgekehrt der amerikanische Anteil an der Uberfremdung Deutschlands wohl den ersten Platz einnimmt. Es bestehen also fiir Deutschland keine nennenswerten Kompensationsméglichkeiten, wenn es amerikani- schen Mutterfirmen einmal nétig erscheinen sollte, ihre deutschen Tochterunternehmungen stillzulegen. (Scilu@ auf Seite 29.) INTRRNATIONALEN KAPITAL- VHPRPEFI,BRFCHTUNG Se eit der Wiederherstellung geordneter Wahrungsverhiltnisse in den wich- == tigsten Landern der Welt — also etwa seit 1927 — hat die internationale Kapitalverflechtung erhebliche Fortschritte gemacht. Wir wissen, daft diese weltwirischaftliche Verflechtung der Lander nicht ohne internationalen Kapitalaustausch denkbar ist, da@ die ganze Welt auch die Beweglichkeit des Geldes verstarkt hat, daf das Kapital im Sinne des Erwerbsvermégens im héchsten Grade freiziigig geworden ist, und daft heute das Wort Adam Smith’ vom ,,Weltbiirgertum des Kapitals* erhihte Be- deutung hat. Die deutsche Finanzpolitik der letzten Jahre bat die Kapitalneubildung in zu starkem Mafe eingeengt, hat dadurch die Voraussetzungen fiir das leichte Eindringen auslindischer Interessen in die. deutsche kapitalentbléfte Wirtschaft geschaffen und andererseits durch zu hohe Belastungen deutsches Kapital ins Ausland geirieben. Vor dem Kriege waren England, Frankreich und Deutschland die hauptsichlichsten Kapitalausfuhrlinder; von den Kapitaleinfuhrlandern stand Amerika an der Spitze. Bei Beginn des Krieges sind die deutschen Anlagen im Auslande, nach Abzug des Gegen- postens der Verschuldung, auf mindestens 20 Milliarden Mark geschaizt worden, und noch 1924 waren die deutschen Anlagen im Ausland héher als die auslindischen Anlagen in Deutschland, da damals die Inflation die Guthaben der Auslinder so gut wie aus- geloscht hatte, wahrend Deutschland seinerseits, trotz den Vermégenskonfiskationen von seiten seiner Kriegsgegner, immerhin noch ein nicht unwesentlicher Rest seiner Guthaben in neutralen Lindern verblieben war. Jetzt schitzt das Statistische Reichsamt die sich als Saldo aus deutscher Gesamtverschuldung und deutschen Auslandsguthaben ergebende Nettoverschuldung der deutschen Wirtschaft gegeniiber dem Ausland auf rund 16,3 bis 17,3 Milliarden Mark, und zwar ist dieser Saldo die verbleibende Differenz zwischen den mit 26,1—27,1 Milliarden Mark gerechneten auslindischen Anlagen in Deutschland und den mit 8,8 bis 10,8 Milliarden eingestellten denischen Guthaben im Ausland. Die gesamte schwere privatwirtschaftliche Neuverschuldung Deutschlands ist also das Resultat von sechs kurzen Jahren der Nachinflationszeit und der Epoche der sog. Rationalisierung und des Wiederaufbaues.. Es ergibt sich aus ihr, nach Abzug der Aktivzinsen der eigenen Auslandsguthaben, infolge der erheblich hiheren Verzinsung der deutschen Schulden, eine jahrliche Netiozinsenlast von etwa 1,2 Milliarden Mark, eine Zinsenlast also, die gut zwei Dritteln dex gegenwartigen Héhe der Reparationszahlungen gleichkommt. Diese Schitzung auf 1,2 “Milliarden Mark Zinsenlast wird fiir die nachsten Jahre eher zu niedrig sein. Die Anleihen werden also zu dem gréften zusiitzlichen Passivfaktor neben ‘den Reparationen. Die gréfte Quote der deutschen Bruttoverschuldung entfallt mit 10,8 bis 11,8 Milliarden Mark auf die kurzfristigen Schulden, die allein von seiten der deut- schen Banken Ende 1930 volle 8,6 Milliarderi betrugen. Hauptposten der langfristigen deutschen Auslandsverschuldung von insgesamt 9,3 Milliarden Mark sind die festverzins- lichen Auslandsobligationen mit 8,52 Milliarden. Hiervon enifallen 3,68 Milliarden auf Anleihen der éffentlichen Kérperschaften (einschlieflici Dawes- und Young-Anleihe des ‘Deutschen Reichs), 4,59 Milliarden auf Schulden der Privatwirtschaft und der Rest auf solche der Zweckverbiinde und kirchlichen Kérperschaften. Auf der Gegenseite der Rech- nung stehen hier die langfristigen deutschen Auslandsanlagen, die insgesamt auf 4—5 Milliarden geschiitzt werden, wovon 0,75—1 Milliarde Mark auf festverzinsliche Wert- papiere und Forderungen und 3,25—4 Milliarden Mark auf Aktienbesitz und Beteili- gungen entfallen. Die Uberfremdung der deutschen Wirtschaft durch Kapitaleinfuhr ist heute ein schwerwiegendes wirtschaftspolitisches Problem geworden. Die Frage wird jetzt mit Recht immer wieder aufgeworfen, ob es notwendig und zweckmifig ist, aus- lindischen Interessenten nicht nur kleinere Beteiligungen, sondern sogar qualifizierte Mino- rititen oder gar durch Mehrheitsbeteiligungen fundierte Schliisselstellungen in der deutschen Wirischaft einzuréumen. Der richtig rechnende Unternehmer wird das teuere Auslandskapital nur aufnehmen, wenn er ohne dieses weniger oder gar nichts verdient. Es ist auch denkbar, da@ er ohne das Fremdkapital vielleicht seinen Betrieb sogar schliefen muff. Wenn auch bei einer Kapitalbeschaffung im Ausland Zinsen oder Dividenden ins Ausland gehen, so hat doch die Aufnahme des Fremdkapitals den Vorieil, daft in diesen Fallen die Rentabilitit des betreffenden Betriebes gewiihrleistet wird. Und man kann annehmen, daft die Steigerung der Rentabilitit der Betriebe im allgemeinen auch eine Steigerung der volkswirtschaftlichen Produktivitét bedeutet, vorausgesetzt natiirlich, daft die Rentabilititssteigerung die