daft er gewissermaffen tiber Nacht Millionar wurde.
Man wird das verstehen, wenn man bedenkt, dak
z. B. die Aktien der siidamerikanischen Silbergrube
Huanchaca von 100 auf 1900 hinanfgetrieben wurden!
Seine Riesengewinne benutzte er dazu, die Kontrolle
iiber eine Reihe von Versicherungsgesellschaften. Auto-
mobilfabriken, Textilwerken, Schuhfabriken usw. zu er-
werben. Aber alle diese Unternehmungen waren fiir
ihn nur Mittel zum Borsenspiel, die Ware an und fiir
sich war ihm héchst gleichgiiltig. Er lag in staindigem
Kampf mit der Baissespekulation, gegen die er brutal
vorging. Stets suchte er die Kurse seiner Papiere mit
allen Mitteln hochzutreiben. Jahrelang blieb er Sieger.
Sein Vermégen wurde 1929 auf 2 Milliarden Frank ge-
schitzt. Als aber mit dem Beginn der Wirtschaftskrise
die Kurse zuriickgingen, kam der Umschwung. Er
konnte jetzt seine gewagten Spekulationen nur noch
mit Krediten weiterfiihren und schuf Holdinggesell-
schaften fiir seine halsbrecherischen Transanktionen.
Diese Kredite aber vermochte er sich nur noch durch
betriigerische Manéver und Bestechung einflu@reicher
Persénlichkeiten zu verschaffen. Auf diese Weise ge-
lang es ihm, sogar die Banque de France zur Hergabe
von 140 Millionen Frank zu bewegen. Um sich vor
dem drohenden Zusammenbruch zu retten, schrak er
selbst vor der Falschung von Aktiennotierungen nicht
zuriick und zahlte sogar 30 Proz. fiir geborgtes Geld.
Aber es war alles vergebens. Und als Ende 1930 sein
Génner Gualino zusammenbrach, da war auch sein
Schicksal entschieden. Das Spiel war aus. Der ,,groRe
Albert* wurde verhaftet, verfolgt von dem Fluch
von Hunderttausenden franzésischer Rentner, die er
an den Bettelstab gebrachi hatte. Zu seinen Opfern
gehdrten auch die angesehene Banque Adam und noch
einige andere franzdsische Banken. Sein Sturz hatte
auch bedeutende politische Folgen. Das Kabinett
Tardieu mufte zuriicktreten, da nicht weniger als
? seiner Mitglieder, unter ihnen der Justizminister
Péret und zwei Unterstaatssekretiire, durch gesetz-
widrige Beziehungen zu Oustric sciwer kompromit-
tiert waren. W. L.
	Streit in der Familie Kaktus.
Groteske von Sascha Kronburg.
		 
		Pracsekiast (С. т. Б. Н.
	Das Freilicht-Modell
Radicrung von Hans Maid.
	Gegner Siegmund Bosel. dem neu auftauchenden Stern am Osterreichischen Finanzhimmel, Platz
machen, in dessen Besitz die Unionbank iiberging. Durch diese beiden Schlappen war indes
seine Stellung noch keineswegs erschiittert. Im Gegenteil, die raffinierte Ausnutzung der Bérsen-
konjunktur durch Kapitalserhéhungen lie@ sein Vermégen zu phantastischer Hohe anwachsen. Er
war jetzt auf dem Gipfel der Macht angelangt. In seinem Wiener Renaissancepalast, der mit den
kostbarsten Kunstschiitzen der Welt angefiillt war, empfing er Minister, Diplomaten, Bankdirek-
toren. Fiinf eigene Zeitungen dienten der Befestigung seines politischen Einflusses. Dazu
spielte er grofmiitig die Rolle eines Mizens. Doch schon nahte der Absturz. Er schlug dem
franzdsischen Franken gegeniiber die gleiche Taktik ein wie bei Krone und Mark. Aber dem
Franken war ein anderes Schicksal beschieden. Seine Spekulation schlug fehl, und damit war
sein Schicksal besiegelt. Morgan und die Banque de France waren starker als er und driickten
ihn erbarmungslos an die Wand. Er hatte die neue Zeit nicht erkannt, sein System des Schulden-
machens pafiie nicht mehr in sie hinein. Die Gliubiger begannen plotzlich ungestiim zu dringen.
Er brauchte bis zum Friihjahr 1925 dringend 125 Millionen Lire. Die Banca Commerciale Italiana
in Mailand tibernahm zwar die Sanierung, jedoch nur gegen Verpfaindung seines gesamien Be-
sitzes. Er erhielt lediglich ein Taschengeld zur Bestreitung seines Haushalts. Der Zusammen-
bruch der Wiener Depositenbank verwickelte ihn in einen iiblen Strafprozef. Alles, was ihm
schlieRlich von seinen Milliarden blieb, waren etwa 4 Millionen Goldkronen. Trotz dieser mér-
derischen Verluste lie er sich nicht unterkriegen. Er suchte jetzt in Deutschland festen Fuf
zu fassen und beteiligte sich bei den Bayrischen Motorenwerken und den Dixi-Werken. Aber
es waren Verlustgeschiifte, und da er mit dem gewohnten Schuldenmachen fortfuhr, wuchsen
ihm seine Verpflichtungen iiber den Kopf und gaben ihm schliefflich den Rest. Was von seinen
wertvollen Kunstsammlungen noch tbriggeblieben war, wurde fiir seine Gliubiger versteigert.
Der Ex-Milliardir selbst verschwand endgiiltig in der Versenkung.

Albert Oustric, ,der grofe Albert , wie er in seiner Glanzzeit genannt wurde, war einst
sehr klein und ein simpler Kellner in einem Ausschank in Toulouse, wo besonders eifrig
Poker gespielt wurde. Sein Aufstieg aus dem Nichts begann wihrend des Weltkrieges. Als
Angestellter einer Fabrik fiir Kriegsbedarf gelang es ihm, einige glinzende Geschiifte in
Militirstoffen zu machen, die ihm nach dem Kriege die Griindung eines kleinen Bank-
geschiftes in Paris erméglichten. Doch schon sehr bald geriet er in Schwierigkeiten. Da
kam der retiende Engel in Gestalt des italienischen Maultimillionirs Gualino, der ihn zu
seinem Pariser Agenten machte. Von diesem Augenblick an ging sein Weg steil aufwiirts zu
ungeahnten Hihen des Erfolges. Gualino stellte ihm Gelder in unbegrenzter Héhe zur Ver-
fiigung und lief den mit allen Wassern gewaschenen Oustric an einigen grofen Spekulations-
veschiiften tiichtig miiverdienen. Die Beute auf diesen Raubziigen an der Borse war so gewaltig,