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	und zwar in beneidenswerter Hihe, festgesetzt. Aber da 75 Proz. der Farmer
zahlungsunfahig sind, weil sie, und zwar fast stets mit Hilfe von Bank-
kredit, friiher mehr und mehr Land hinzukauften und planlos wirtschafteten,
ohne einen Preissturz fiir méglich zu halten, so ist die Landflucht in der
gegenwartigen Krise noch stirker als sonst. Steuern, wenigstens in ihrer
direkten Form, driicken die australischen Arbeiter nicht, da Ledige bis
5000 Mark, Verheiratete bis 6000 Mark Einkommen Steuerfreiheit geniefen.
Aber so weit auch die Sozialpolitik in bezug auf direkte Lohnregelung und
ihnliche Verhilinisse ging und geht, so riickstindig war und ist sie fast
bis auf den heutigen Tag in bezug auf eigentliche Sozialversicherung. Von
einer zwangsweisen Kranken-, Unfall- oder gar Arbeitslosenversicherung
wollte man nichts wissen; man glaubte, sie bei den hohen Lohnen der Ar-
beiter entbehren zu kénnen. Ein einziger von den sechs australischen Staaten
hat eine Gesetzgebung zugunsten der Arbeitslosen seit Jangerer Zeit. Nun,
da die Arbeiilosigkeit in gewaltigem Mafle Einzug gehalten hat, sucht man
teilweise nachtriglich das Versiiumte einzufiihren, ohne naturgemif Aus-
reichendes schaffen zu kiénnen; denn die australische Prosperity hat sich ins
Gegenteil umgewandelt, und in allen Kreisen, au@er in denen vieler Arbeiter,
ist man sich klar dariiber, daf@ die friiheren Zeiten kaum wiederkommen
werden, auch wenn der Preissturz fiir Weizen, Wolle, Metall usw. wieder
einer Steigerung Platz machen sollte.

So ist Australien heutzutage ebensowenig noch ein Arbeiter- wie ein Unter-
nehmerparadies, und an die Stelle sozialer Wunder triit reale Armut, die
die sechs Millionen Australier zwingen wird, ihre Erzeugnisse, wenn sie sie
iiberhaupt loswerden, viel billiger zu verkaufen, zu sehr viel geringeren
Léhnen zu arbeiten, die sozialen Mafnahmen auf ein Minimum herab-
zgudriicken. ЗН Sport zu treiben und der Ruhe zu pflegen, gilt es, ratio-
nelle Arbeit zu verrichten. Denn es scheint nun einmal das Schicksal un-
serer Welt zu sein, da@ man gegen die zunehmende allgemeine Verarmung
und Erniichterung ungesichert bleibt — im Agrar- ebenso wie im Indusirie-
land, und im fernen Erdieil jenseits des Aquators ebenso wie bei uns
und in allen unseren Nachbarlindern. Kein ,,-ismus’ vermag offenbar diesen
Abstieg nach unten aufzuhalten, der Sozialismus Australiens so wenig wie
der Kapitalismus nord- oder siidamerikanischer Staaten.
	Я
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	=—=3Р—  Чайех vor einem Vierteljahrhundert habe ich an dieser Sielle
nach einer Studienfahrt durch Australien, dem ich damals
die Bezeidinung ,,Das Land der sozialen Wunder“ gegeben
habe, berichten kénnen iiber das behagliche, sorgenfreie Leben von 5 Mill.
Menschen, denen ein ganzer Erdteil gehdrt, fast so gro wie Europa, und
die damals schon, teilweise seit langer Zeit, sich der vielgepriesenen
Segnungen einer ausgedehnten sozialpolitischen Gesetzgebung zu erfreuen
hatten, namentlich der Lohnimter und Zwangsschiedsgerichte. Australien
war das Land kurzer Arbeitszeit und hoher Arbeitsléhne, das Land bei-
iragsloser Staatsbiirgerversorgung, ohne Armut und ohne Arbeitslosigkeit,
bei seiner Billigkeit von Nahrungsmitteln usw. das Land hoher Lebens-
haltung auch fiir den einfachen Arbeiter, dessen Partei politisch regierte.
Gegen Ende des Weltkrieges habe ich dann in einer Schrift ,,Das australi-
sche Arbeiterparadies in Gefahr“ die kurzsichtig-selbsisiichtige Politik der
australischen Arbeiter mit ihrem zwecklosen ziinftlerischen Abschluf einer-
seits, die notgedrungen zunehmende Verstrickung des bis dahin isoliert ge-
bliebenen Australiens mit Europa andererseits und die zunehmende fried-
liche Eroberung des fiinften Erdteils durch die Bewohner Ostasiens ge-
schildert. Weiterhin wurde hier beleuchtet, wie man zwangslaufig durch
die Beteiligung am Weltkrieg sich der Méglichkeit beraubte, seine bisherigen
Ziele, die unschwer zu erfiillen waren, weiter zu verfolgen: ein nicht zu
arbeitsreiches Leben unter Beibehaltung veralteter Unternehmermethoden
bei hohen Léhnen und exorbitanten Schutzzéllen; politisch wie wirtschaft-
lich unabhingig zu sein; jedem Australier die gréften Moglichkeiten fiir seine
Entfaltung zu bieten; Bevélkerungszuwachs zwar zu erstreben, aber keine aus-
reichende Volksmenge, schon durch scharfe Einwanderungsbeschrankung; Ent-
wicklung der Industrie zu férdern ohne die Schatienseiten der Industrialisie-
rung. Man machte sich bis zum Weltkrieg keine Sorgen um Auslandspolitik ;
diese lie? man durch das Londoner Auswirtige Amt erledigen. Nicht zuletzt
aus Dankbarkeit iiber diese Gleichgiiltigkeit in aufenpolitischer Beziehung
gewihrte das reiche England unentwegt immer hdhere Anleihen, und tradi-
tionell zahiten die Australier ihre ungeheueren Zinsen immer wieder mit neuen
Anleihen, die aus dem englischen Mutterland so bereitwillig flossen, daf
Australien nicht ohne Stolz darauf hinweisen konnte, kein Land, auf den
Kopf der Bevélkerung gerechnet, weise eine gleich hohe Verschuldung auf.
Es ist nun ganz auferordentlich lehrreich, da@ Australien, das in den meisten
Bezichungen genau entgegengesetzte Verhiltnisse aufzuweisen hat wie Deutsch-
land, sich seit vielen Monaten in einer 60 ungemein schlechten Wirtschatts-
und Finanzlage befindet, daf@ sie sich von der deutschen kaum unterscheidet.
Dabei ist Australien ein Land, das den Krieg nicht verloren hat, das keine
Tribute zu entrichten hat, das nicht unter Ubervélkerung leidet, das aber
iiber gewaltige, dazu leicht zu hebende Naturschitze vertiigt, insbesondere
auch eines der Hauptausfuhrlinder fiir Wolle und Weizen ist.
- Doch nun sind 25 Proz. der Arbeitnehmer vollkommen arbeitslos, 30 Proz.
teilweise unbeschiftigt: Australiens Wahrung hat im Wert erheblich eingebiikt,
und nur durch das Truggebilde der Inflation glauben viele, das Land retten
zu kdnnen. Der Finanzminister des Australischen Bundes halt Australiens
Vermigen fiir héher als seine Verschuldung und glaubt daher an die Zu-
lissigkeit, 18 Millionen Pfund Sterling Staatsbanknoten ohne Golddeckung neu
drucken zu diirfen, um hierdurch Kredit fiir die Uniernehmer und Arbeit
fiir die Arbeiter schaffen zu kénnen. Das australische Pfund, das bisher dem
englischen immer gleichwertig war, ist stark gesunken; der Kurs der vielen
australischen Anleihen ist tief heruntergegangen, und die Gehiilter der Staats-
beamten sind sehr reduziert worden. Einer der wichtigsten australischen
Staaten hat seine Zahlungen eingestellt; da ihm andere folgen, ist nicht aus-
geschlossen. Vor allem aber hat man sich auch gezwungen gesehen, die
staats-sozialistischen Unternehmungen zu liquidieren, und neuestens hat man
nach langem Striiuben gewisse sozialpolitische Leistungen, wie Alters- und
Mutterschaftsrenten, erheblich eingeschrankt.
Aber, so unbegreiflich es klingen mag, mit eiserner Zahigkeit wollen die
organisierten Arbeiter festhalten an ihrer bisherigen Bebaglichkeit des Da-
seins: 5 Tage Arbeit, da Sonnabend und Sonntag vollig frei sind, und an
den iibrigen Tagen zusammen nur 40—44 Stunden Arbeit, bei gesundheits-
schiidlichen Betrieben sogar nur 36 Stunden. Lediglich fiir den Landarbeiter
besteht kein gesetzlicher Mindestlohn, fiir alle anderen Arbeitnehmer ist er.