dellirung, tieferer Farbung und jpecielferer Charatteriftit hergenom-
men. 3m Uebrigen blieben die Riinftler deutfehe; umfomebhr, je
Haher ire Begabung, daher aud) die provingielfen Unterfihiede fic)
hier mit einer Gdhirfe bewahren, weldje die niederfiindijde Munft
nidt fannte. Go iff 8, um aus dem Vielen nur Weniges hervor-
gubeben, als eine folcje Meuferung dent{dyen Ginnes gu betrachten,
wenn hier das rein firchlidke Wefen der Cheds auch weltlicer Wuf-
faffung und Darftellung Play macht, wenn die Leidenfaaft in der
peutidhen Runft gu freierer Entfaltung gelangt, und wenn demgemap
aud) der Chavafteriftif des Bifen ein groperer Spielvaum gewahrt
wurde. Wtufte dod) gerade das Myftevium des Bajen dem deut-
{cen Tieffinn befonders gujagen (S. 381) und war dod) Rohheit
und Bosheit ringsum genug im Reide su fehen. Sehr richtig leitet
Hotho ferner aus diefem Legtern Puntte as Phantaftifde und die
iibertviebenc Richtung her, die fic) an manchen deutfden Meiftern
bemerfbar macht. Gor Wllem aber ift gur Veranfchaulicung jeres
Gegenfages nod) des einen widhtigen Uniftandes Erwahuung gu thun,
раб die Runft hier mehr als in Flandern und Майей пи Зее
wurzelte und auf die Befriedigung eines volfsthitmliden Bediirjniffes
gerichtet mar, wabrend in jenen Lindern mehr die Bedlivfniffe Бе»
yorragender Perfonen oder Stinde fiir die Kunfilibung mafgebend
wurden. Died tft fiir die Kunft, wie Пе bie gefanumte geiftige
Bildung eines der entfchiedenften Mterfnale veutfdjen Wefens; die
iiberwiegend in Deutfehland geiibten reproducirenden Miinfte des
Hok{chnittes und bes Kupferftiches beftitigen dies filv die Kunft,
wie die deutfde Erfindung ded Buchdrucées fiir das Gebiet geiftiger
Shipfung und Mittheilung. Bon allen diefen allgemcineren Be-
merfungen giebt nun, infoweit diefelben die deutfdje Runt der exften
Halfte bes 15. ahrh. betreffen, der Sdhluk des Buches die jpegielle
PVeftiitigung. In cine gripere Gruppe fajliefen fic) vie Oenfmaler
von Kiln, Holland nnd Weftphalen gufammen, unter deren evfteren
pas Dombild des Mteifter Stephan und Berwandted hervorragt;
weniger gefchloffen erjcbeint die Gruppe der miederdeutfden Stadte,
wogegen bie oberdeutfche und fdwabifehe, fo wie endlich die frin-
Не Schule mehr sufammenhingende Schifderungen julaffen, die
Denn auch vom Berf. mit gleicher Liebe und Wusfiihrlichteit urdy-
gefithrt find.

Auf vie Cingelheiten hier ndher eingugehen verbieten theils der
grofe Ieichthum devfelben und die Grengen des vielleidt fcpon gu
fer in Anfprucdh genommenen Manmes, theils die Ungulinglidhfeit
eigener Unfohamungen; Dagegen mBge e8 wns fohlteflich geftattet fein,
pie Bemerfungen am Cingange diefer Anzeige wieder aufzunclhmen.
Wir bemerfien dort, wie von zwei fer vexrjchicdenen Seiten her der
allgemeinen Runjtgefdichte feit faft einem ahrhundert vorgearbeitet
worden. Best, da fic) diefe Wiffenfcbaft fo itbervafdhend fchdn und
reid) entfaltet hat, wird ihr UAnshau und ihre Vollendung wieder
nad swet Ahnlichen Richtungen hin ftattfinden miffen. Зин
wird in dev hiftorifden Aufeinanderfolge der Kunftformen und Style
pas allgemein Giiltige ver Kheorie, die Gefehicite ded Soeales felbjt
nadguweifen fein. G8 wird jener UAusfpruch Hotho’s yu vealijiren
fein, die allgemeine Runftgefdhichte fei die Leyte Spike Der AWejthetif
felber. Wuf dev andern Seite wird man noch fpegieller in die Cin-
zelheit, vor allem in die Perfinlichfeit des Kiinftlers felbft gu dvin-
gen haben. Wie jenes Erftere von Seiten der Vheovetifer angebahut
worden ift, die baburd) Hiftorifer geworden, ift oben angedentet. Das
porfiegende Bud) ift ein weiterer Beleg fity dies Beftreben. 908
ein befonderes Gob deffelben mmf hier hingugefitgt werden, bag nir-
gends die ftarre, Mlandjent viclleicht unguginglicje und unbeliebte
Form ded Sh{temes fic) bemerfbar macht. Ucberall vielmehr —
bem Riinftler befonders eviviinfcht — Mlarheit und Cinfachheit,
Warme und Anfdaulicheeit, itherall per frifdye Hauch des gefchidt-
Lichen Rebens. Die Fiille gefchidhtlicher Greigniffe wird fiets in fo
	perbes, einfaches, gebiegenes Gefdledt von Weenfden. биоИ@) dann
per grofe Weltverfehr mit allem Reiz des Bunten und Frembden,
as Zufammenftrdmen von Menfdben und Crjeugniffen, die den Blid
pugteich erfreuen und itber die engen Grengen der Ulltaglichtert in
nee und frembe Welten leiten. Sn per Spike diefes regen und
bewegten Lebens ein funftliebender Hof, der namentlid) durch Philipp
ben Guten in Gitte und Gefcomad, in Pract und weifer Verfdpwen-
pung ein Borbild fiir alle itbrigen Hafe derfetben Zeit geworden iff.
Miles died fpiegelte fid) in der thatig behaglicjen Cziften; der Gin-
zelnen und vor allem im imnfiler, deffen Ange recht eigentlich ein
Spiegel er Welt fein 100. Go mute fic) hier, da frembe WAn-
regungen, wie die ded Haffifdyen Wlterthumes ferner lagen, cine
Kunftweife entwideln, eigenthiimlider und nationaler als irgend eine
andre. Das bildet and) ven Gegenfay sur Kunft der Btaliener, die
man alg ,,funftideater” begeichnen finnte, wogegen rie flandrifden
Meifter ,,in ihren Formen naturgetvener und in ihrem Wusdruc fird)-
1% wahrer” blieben; S. 359. Die Schilderung diefer Kunftweife felbfi
wird ben Sufalt des giweiten Bandes bilden; das bisher WAngefiihrte
fol unr dagu dienen den Gegenfas anfdjaulich gu machen, in weldem
auch die deutfde Runft gu der flandrifdjen лиф. Und 3war war
piefe Verfchicdenheit feine fiir deutfde Kunft gitnftige. Sie gu erkla-
ren darf man. fic) aber nit mit dem Vorwurf ‘geringerer Bedeutung
per Gtadte ober geringerer Begabung der Meifter begniigen. An
Bedeutung, Macht, Titchtigheit und Sehinheit ftanden die eutfdjen
Stidte denen von Slandern nidt nad. боеш, Strafburg und
Bafel, Nitrnberg, Ulm und Augsburg iibertrafen felbft jene in den
meiften Beziehungen. Der Mangel liegt hier in dem Umftande, dak
Die Blithe diefer Stadte nicht, wie in Flandern, mit der Blithe des
Reiches zufammenfiel. Gevade das 15: Aahrhundert zeigt das Reich
in einem Zerfalle, wie er faum je guoor ftattgefunden. Go mufte
hier ftatt bed erhebenden Gefiihles dev Gemeinfamfeit mit den Hshen
pes Staatslebens bas der Berfplitterung und Vereinzelung Plas
greifen. Die Maler find geswungen ein Binnenteben ju fiihren und
halten mit Vorliebe den engen Gefidhtsfreis der eigenen Stadt feft.
Da nun aber jo bas Nichfte von ihuen behandelt wird, follte man
meinen, die Riinftler miiften ju einer Ahnliden Naturtrene gelangen,
al die flandrifdjen Meifter. Wher aud) dies verhinberte nad) einer
feinen, von Hotho fchon bei Gelegenheit der flandrifdjen Runft gee
Jugerten Bemerfung, gerade die allgu grofe Nahe. Damit ein finft-
ferifdes Ange ganz in eine Sache eindringe, muff ihm dieje einmal
eine frembe gewefen fein. Ger Mtaler bedarf, um jie vbllig dargu-
ftellen, einer Spannung gegen Sudividuen und Dinge.   ©. 352,
Gerade bas zu grofe Vertvautfein mit der engen Umgebung hindert
jomit den dentfdhen Maler, gu voller Naturtrene ju gelangen (©. 373).
Со Ш с раб Leben felbft, nicht Meangel an Begabung, das den
рен феи Mtaler in diejer PBeziehung juviidftehen lapt. Wher auch
fiir Gehalt und Wusdrud fonnte die Folge faum eine anbere fein.
Yn den Firften fornten fie feine Freude haben, fiir das Ritterthum
aud nicht die gemihulidfte Achtung. Es febltc das wobhlthuende
Zufammenwirfen der perfcjiedenen Stinde, der harmonifde Gintlang
per Gefinnung, der jene ftille und fdine Gammhing der flandvijcen
Meijter hervorvicf. Uber die Tiefe des deutfdjen Gemiithes drangt
aud hier зи Gortfehritten, die gundchft nad) flandrifcyen Vorbildern
gemadt werden. Gdjou bereiten fich itberall Bewegungen vor, die
in der gweiten Halfte des Sahrhunderts den Deutfchen eine neue
Pedeutung unter den Bdltern geben follten. Durd) die bumanifti-
{den Studien wird dent pentfehen Geift eine Fille von Stoffen gu-
gefiihrt, die, wenn and) nicht unmittelbar, dod) miftelbar den Sine
fen ju Gute fommen mnifte.” Das Cigenthiimlide aber wird fo
wenig aufgegeben, Daf felbft bei dem grofen Ginfluffe flandvifder
Kunft ein eigentlicjes Nachbilden berfelben nie ftatt gefunden hat.
Pielmehr hat man aus ihr nur den Wnftok gu naturgetrenerer Mo-