, Meine Vorhaben, die Mintaturmalered auf eine hihere Stufe
fiinftlerifdjer Bollendung yu bringen, und die Werke derfelben vor
ber bisherigen, oft allgu rafdjen Verginglichfeit gu bewakren, trates
viele und_grofe Sdwierigheiten in den Weg, die durch Erfahrung
und Studium. erft gehoben werden muften, ehe id) mid) eines be-
friedigenden Refultates erfreuen durfte. Unter die hanptfaclichften
diefer Sdhwierigfeiten zahle ich

1. die Braparirung dev gqrofen, oft gu braunen Clfenbetnplatien

gu weiften und durdhfidtigen Зари;

2. die hanfig unebenen und ftirrigen Platten auf fefte Unterlagen
gu bringen, das Whfpringen von diefen gu verhiiten wund den
Platten eine fohine dauernde Flache gu ficern;

. dem Wusbleiden mander Farben vorjubeugen, und
4, ben Gemalden jenen friftigen und flaven Ton gu geben, dev
mir im eben wie in alten Bildern entgegentrat. Daw die-
fe8 in der bisher geiibten Weife nicht gu erveichen war, mute

_ № bald bemerfen und einfehen, dak, je mehr ic) meine Mtit-

tel evfcbipfte, je triiber und flauer meine Bilder wurden.

Diefen Uchelftinden begegne ih nun in nadhftehender Weife:

BHetreffend Nr. 1 und 2, fo ift auf Heine Clfenbeinplatten, dte
дебри weif find, wenig Ritcficht gu mehmen. Diefelben diirfen,
wie fpiter Bet den grofen gezeigt wird, blos abgefebliffen und anf
weifes Papier aufgeleimt werden, und fie find gum Malen vor-
beveitet.

Gin anbderes ifs mit den grofen Clfenbeinplatten, dite meiftens
frumm und Пи, де und undurdhfichtig find, daher in diefent
Buftand fitr ein Helles Rolorit nicht taugen. Diefe Hinge ich auf
etna 24 Stunden in einen Schwefelfaften, bis fie bletd) werden;
wird daburd) der Bwed nicht ganz ervetcht, fo beftreide ic) diefelben
mit einem Teig von Pfeiffererde, weldhe nach einiger Beit das Fett
geniigend herausgieht, und e8 wird die ndthige Durchficptigheit be-
gwedt fein. Nun lege ich die Platte, die meiftens unfdymtegfam iff,
‘auf fo lange in’S Waffer, bid fie weidh genug iff, um als naf auf
ein dides Glas ganz gefehmeidig. aufgelegt werden зы инет. Bh
bringe eine Lage von feinfigefclemmtem Bimsjteinmehl davauf und
fcbleife mittelft eines Glasretbers das Elfenbein fo lange, bid affe
SGigerigen und Unebenheiten verfehrunden find. Nun mug die Platte
mittelft Gumi arabicum auf eine weife, ebene Unterlage aufgezo-
gen werden. Wiirde dies im naffen Zuftande gefchehen, fo witrde
йе деп, wenn fie troden wird, jerfpringen oder die Unterlage
frumm 3tehen, wads mir nur gu oft begegnete; e8 hat mtr fogar
liniendide Zinfplatten frumm gezogen. Da aber bas Bild 086:
rend der Arbeit ganz eben fein und auc) bleiben mug, fo bin id
nach vielen vergebliden Proben auf folgende Behandlung gefommen,
die fic mix bisher als ganz gwecdmifig gegeigt hat.

3% laffe mir von gang abgelagertem weifent Whornholz, wel-
hes am meiften im Gin- und Ausgehen mit dem Clfenbein gleicen
Sarit hilt, Brettchen fchneiden, etwas grifer als die Bilder, von
ftart + Linie bis Z Linien Dice. Wenn diefelben frumm werden,
fo mntiffen fie gang leicht durch das Glas im nm Zou gehalten werden
иней, fonft find fie gu did.

Sch befeuchte ош уе ftarfes weifes Papier, beftreide das
Bretichen mit ftarkem Guinmi, ftreidhe mit dem Finger den Weber-
fluf ab, lege das Papier parauf, und bringe bas Ganje auf einige
Stunden in eine Prejfe, bis e8 gut getvodnet ift. Hievauf nefme
id) das getvocnete Elfenbein (wen eS gefchmeidig ift), beftreidje es
auf der ungefchliffenen Seite mit ftarfem Gummi, lege e8 auf das
aufgezogene Papier und bringe e& mieder in die Preffe, gleidhfalls
auf fo lange, bis e8 gut getrodnet ift. ft aber die Elfenbeinplatte
ungefchmeidig und Frumm, fo bevedbne ic) den ungefdladten Theil
fiir den Hintergrund oder -das Reid, bringe demfelben vermittelft
Sedermeffer und Lineal einen durchgehenden Senitt bei, fo weit er

©

 
	beffen Bortrag der Kunfigefchidhte gehirte Wenferung, Зав dte Met
niaturmaleret in dev fiplichen Punftirmanier, mit weldjer fie bis
jest betrieben worden, eigentlich gar nicht sur Kunft gehive, den Ent-
бб in ihm hervorvief, diefem Zweig der Mealerei feft und un-
widerruflic) getren gt bleiben, aber auch {еше gange Kraft an die
Erhebung deffelben auf eine dev Kunft witrdige Stufe gu wenden.

Ueber die Erfahrungen, die ev fofort bei dem Berfuch madhte,
pie Delbiloer alter Meifter in ihver Favbentiefe mit Wafferfarbe auf
Glfenbein ibergutragen, laffen wir ihn felbft fpreden:

„3% begann, fagt er, meine Arbeit an einem Bilbe von van
Dy, das mich fehr anfprach, indem ich ein Garbenfpiel davin сиё
Decite, bas ich nicht fonnte. 34 malte einige Beit an diefem Bilde,
aber je weiter id) fam, defto frentder fchienen mir auc) die Farben,
penn fie waren nicht diejenigen, die ic) im eben fof und fennen
(тик. Sch fuchte Wahrheit und fonute fie nicht finden; dies madhte
mid) ganz melancholifdh, und vollends auf die Verficherung des ФЕ
тени ». Dillis hin, va die Farben des Originals rein der
Natur entnonmen fete, glawbte id) mich unfihig, richtig gu fehen,
Dern auch bet anderen Bilder fand ich Farben, die ich bet 600
Bildern, die ich vorher nach dem Leben malte, nie entdectt Hatte.
Ginige Tage verftriden mir qualvoll, und was id) auch mtalte, war
ohne weitere Berechnung. Da gefehah e8, da id) an einem fchi-
nen Whend durch eine Whee in Minden ging; unwwillfitrlich blieb
ich fiehen, um einen voritbergehenden Deann anguftaunen, der wie
bemalt war mit den Farben, die mir fo unbefannt fchienen. WUnbdere
Perfonen faher desgleidhen aus. ,

Mir ging ein Vidht auf wie eine Fadel. C8 war die Sonne,
welde die Farbung imadhte, und obgleich ich folche fchon taufendmal
ebenfo fahe, fo blieb fie mir body auf fo lange Zeit in meinent mit-
fernichtlichen Malerlicht gue Unwendung frembd.

Sh fonnte den Morgen faum erwarten, um wieder auf met
nent Wagen zu fommen, ic) phantafirte mix die Sonne auf die бат:
ben, und wenn ich auch einen Titian vor mir gehabt hatte, ich hatte
ausrufer miiffen: jo oa8 ift Wahrheit! Ich malte nun mit voller
Buwverficht, die mir andy feither nicht mehr genommen wurde, weiter,
und fonnte nach und nach mit jedem Kolovit itbereinftimmen, lernte
aber aud) von ba an die Farbung im Leben mit gang andern Wu-
gent arffehen. ©8 hat fic) damals faft augenbliclicd) ein unabfehbares
Kelp it meinent Gach fiir mich aufgefehloffen. Kein Kolorit wurde
mir mehr fchwer, und ic) wufte bald jedem Original macy dem
Leben eine paffende Beleudtung gu geben.”

Das bezeichnete Studium nach alten VBildern fekte Holder wah-
rend ungefihr 12 Sahren in den Galerien gu Niinden, Dresden,
Prag, Paris in der Wert fort, dak ev je pie eitte Sabreshilfte itber
in der Hetmath mit der Anwendung des Gewonnenen auf bas Leben
fich befhaftigte. Bon ven Vorftinden der Galerien wurden feine
	Зетибицидей febr entgegentommend unterftitgt und die von tit gut}
	Dresden ausgefithrte Ucbertragung des Binsgrofdjens von Liytan,
за welder ihm das Original aus der Sammlung in eit Arbeits-
zimmer verabfolgt war, veranlafte feine Griennung gum Chrenmit-
glied ver MUhademie.

  Mit welder Erfolg Herr Holder feinen Vorfak, die Meintatur-
maleret anf die Stufe echter Kunft gu erheben, gur Ausfiihrung ge-
Bradt hat, dad ift dex Kunftwelt Беби, und durd) das oben an-
gefithrie vollgiiltige Urtheil der Miinchener KRommiffion belegt. Cine
Frudt feiner Benriihungen, bet welden von Anfang bis зи Ende
im Grande gang alfein ex jelbft fein Lehrmeifter war, hat ev in dem
Befis cines fchdnen Vermagens geerntet; eine hohere Frucht, die ev
wiinfdt, ift, Боб 298 Ergebnif feiner Anfivengungen dev Kunft felbjt
Dauernd gu Statten fomme, und die Forderung diefes Wunfdjes ift
ber eiizige Beweggrund der Versffentlidang der befonderen Technik
‘einer Wtalerei, die er folgendermafen befdreibt: