eittgefat bon hodragenden bunflen Giebelhaufern, vor denen alte Lindenbaume geheinmifwoll flifterten, als erwachten fie erft, wenn die Menfden mit ihrem Getiimmel aus pen Strafen berjehiwunden find, aus fangem Traum und ergihlten fic) von der Pract und Herrlichfeit, die einft hier gebliht. Dagwifchen zitternder Monbdfdein, ber fchiidtern und verftohlen an den hohen fcbwarzen Facaden bin- {hliipft, iter die breiten Beifdlage hufdt und hie und da heimlich ftifles Gefofe бели. Diefe ,, Beifcplige” find flix die Strafen Danjzig’s das eigent- Tid) Chavatteriftifie. Wud) in andern alten Studien finden fie fich, aber nivgends fo grofartig angelegt, nivgends fo ftattlid) ardhitefto- nif ausgepragt, nirgends fo gablreich erhalten, wie hier. Gie wurden in den meiften mittelalterliden Stidien durch die Befchaf- fenheit ber Haujer und die Gitte ber Birger hervorgerufen. Зи jener Zeit waren die Wohnungen felbft des reideren Privatmannes eng, niedrig, befdraintt. Gs galt anf miglich{t Heinen, feft umagiiv- teten Begirt eine miglid{t qroge Menge zn Sdugk und Trug Verz bunbdener gufamimenjzudringen. Der enge Hausraum wurde dabher faft ginglic) von ben fiir bie gefdhiftlide Thatigkeit bes Befizers nothwenbdigen olalititen in Wnfpruch genommen. Wher am Abend, nach vollbrachtem Tagewerfe, wollte man gern einen freieven Bla gur Stelle aber, auf dem die Familie ци Бан фен Beifammenfein fic) von der WUrbeit erholen fonnte. Wus уве Bediirfnif entftan- dent gewiffe breite, mit mehreren Stufen itber das Niveau der Strafe fic) erhebende, die ganze Front des Haufed begleitende Vorplige, die man mit fteinernen Baluftraden und eijernen meffing-vergierten Gelindern umgrimte und mit Banfen ausftattete. Diefe Vorbanten nennt man, weil fie zum Haufe hingugefehlagen find, ,, Beifdlage.” Gegenwirtig hat gwar feit geraumer Beit das GFamilienleben fich pon ben , Beifdlagen in’s Innere der Haufer guriidgezogen. Der Biirger des neumehnten Iabrhunderts ift wicht fo ftreng in die Ringmauern feiner Stadt gefdlofjen, wie der des funfzehnten und fechszehnten e6 war. Er fann um fo leichter daher die , Beifdlage entbehren, zumal ba heutgutage an die Stelle des sffentlic) gemein- famen Lebens, welches ehedem die Biirger einer Stadt fo zu fagen gu einer eingigen Gamilie verband, ein guritdgezogenes Wefen ge- treten iff, das mehr im gefonderten Dafein VBefriedigung fudt. Nod am Abend, nachbem wir uns im Gafthofe fdnelf ein wenig erfrifeht Hatten, madchte tc) mit einigen Sreunden eine Rund- reife burch die ftillen mondfellen Strafer, um von dent Gindrud ver imbofanten sffentliden Bauten, der Kirden und Privathiufer ein exftes Bild vorwey zu nehmen. Du weift, dab id) an einem Ort, che ich mich in’s Cingelne der Betrachtung einlaffe, gern guerft mir einen Gejammt-Ueberblic ber gangen Gtadtanlage yu verfcbaffen fuche, denn jede Stadt hat darin ihre gang befondere Phyfiognomtie je nad Lage, Beldhaffenheit und andern Umftinden, имо diefe Phyfiognomie Lift oft ibervafdend far ое Феде der Stadt por Augen tretet, die Aahresringe evfennen, die fie wachfend und ant fich greifend im Laufe dev Zeiten angefegt hat. Was an Danzig vorgugeweife feffelt, find nicht fowohl die firdliden Denkmiler, обои auch deren einige beachtenstwerthe fic) finden, fondern die baulicje Gefammtantage der Stadt, und die Art, wie ftadtifdhe Macht und biirgerlider Reidthum fich hier ardi- teftonifd vertirpert haben. Leidht erfennt man ans em Complex verfohiedener jiingerer Bufiige die Beftandtheile vev eigentliden alten Stadt heraus. Sie folieft ПФ аи die Weottlau, welde die natiir- fiche Grange nad) Often bildete, wihrend nirdlich die in jene fich exgiefende Rabdaune den Abfhlus gab. Hier fiegt die Wftadt, hier pie alte Redjtftadt mit ihrem Rathhaufe’, dem Wrtushof und den meiften Rirden. Nod) jewt ift die alte Stadtmauer mit заббее ет malerifden mittelalterlichen Thoren an der Mottlau entlang erhal- ten, eine Stadt in ber Stadt umyirfend. Denn gunachft бен fic) die Durdy einen andern rm des Fluffes begrangte Gpeiderintel an, bie mit ihren langen Reihen hobher badfteinerner Gyeicher einen nicht minder eigenthiimlichen Gharafter bilbet. Dann ей folgen ‘die neuen, fitv und unintereffanten Stadttheile, Langgarten und Niederfiadt. Sn den adlteren Stadtthetlen erqab fic) die Wnlage der Straken bon felbft вито bie Beziehung auf den Flug: die Haupifiragen, wie bie. Lange-, bie Hunde-, die Frauenz, die heilige Geift-Gaffe miinden mit ihren alter Choven auf ben Flug; andere, feinere bilden die Suerberbindung. Dadurd) gewinnt die Stadt cine grofe Menge malertfcher Brofpelte. Denn wenn man anf dem auferhalh der Mauer an der Mottlan hinlanfenden Rai, der fogenanuten ,, angen Brite geht, fo wird in furzen Brwifdenriumen der Blict prc} die alterthiimlichen, meift in fpdtqothifdem Bacfteinbau стеб Chore auf Strafen gezoqen, die mit ihren hohen Giebelhanferu, den reihgejchmiidten Beifdlagen, Den fdattigen Baumen davor, anzie hende Dilber gewahren, welde an dew mannigfad geftalteten Fho- ren ebenfo originelle und pittoresfe Rahnten befiken. BWorgitglich {chin erfchien uns ber Blic¢ auf die Frauengaffe, welche, an fics {chor von hohem malerifden Фев, физ die impofanten dDunflen Ntauer- maffen der Mtarienfirche einen wirkungsvollen Shlug erhatt. Aber aud) die ganze Meihe ber Thove felbft, gefchmitet mit Thiirmen und ета defovirten Giebeln, unter denen das imerfwitrdige Ятабие thor mit einer Gorfehrung gum AWufrichten der Gchiffsmaften fich befonders geltend macht, gewahrt aus einiger Entfernung einen une gemein reichen, ebendigen Wnblid, der burch die hinter der Stadt- mauer auffteigenden hohen Giebelhiufer und zablreiden Rirden mit ihren Chitrmen nocd impofanter wird. Dent man fid) dagw die vie len Gchiffe, die mit ihren ungihligen Maften und dem gefdaftigen Gewiihl der Menfchen den Bordergrundé bilden, fo bat man etnen der mannigfaltigften und prichtiaften Stinteprofpelte Dentfchlauds. Um andern Cage waren wir fdhon frith Heraus, um unfre leb- haft anfgeregte Schauluft gu befriedigen. Hatte uns fcon beim giveifelhaften Licht des WMtondes die Stadt in ihrer alterthiinlichen BVautweife einen malevifchen Cindrud gemacht, fo mor der belle Son- nenfchein gang geeignet, diefe Wirkung im Cinzelnen yu verftivfen; benn je mehr wir unjre Unfhauungen vervollftindigen fonnten, defto hoher ftieg das Bntereffe an den Gegenftinden, defto genupreicher war e8 uns, die befondeve Phyfiognomie diefer merfwitrdigen Stadt gu ftubiven. Um Dir ein flareres Bild davon gu geben, mufp ich rod einmal von ihrer Gefammtanlage ausgehen. Shr ganzer jegiger Umfang, in Form eines unregelmifpig Halbivten Ovals, wird durch set Arme der Mtottlan der Lange nad von Gilden nad) Norden in bret ungleide Theile zerleqt. Der шее, der ungefahr die Hilfte des Ganjen ausmacht, begreift die Wliftadt und die Redht- ftadt, baS ausfdblieBlice Gebiet unfrer’Wanderungen. Der mittlere, {chmalgeftredte, ift bie Speicerinfel, gang befegt mit reihweije ev- bauten maffiven Speichern, deren hohe Giebelfronten in ihrem alter- gefhwargten Badfteingewande malerifd genug ausfehen. Der sft- lihe Theil ift new und unintereffant. Qn den alteren Stadttheilen laufen, wie id Dir fdpon Ве mertte, alle Hauptftvafen fo giemlid) von Often паб Weften bis sum Gluffe hinab. Unter ihnen dominirt ourch ftattliche, breite An- lage und hervorrageride Gauwerfe die Lange Gaffe, die fid) am Rathhaufe plsglid) gum Langen Markt erweitert. Sie beginnt land- wirts mit dem Hohen Thor nud sffnet fic) gegen das Wafer mit bem griinen Thor. Der Blick von lLewterem gegen bas Rathhaus hin, das mit feinen gewaltigen Manermaffen wie eine trobige Wehr vorfpringt unb ben Markt abfeliest, gehirt gu den fcjsnften ftipti- {chen Urchitefturprofpelten, die id) Eenne. Die hohen, reid) vergier- ten @iebelhaufer, bie bei ben fanft gefdhlangelten Windungen der Strafe dent Auge bas Bild mannichfacer Verfdiebungen Harbieten,