(ebendigen, reichen Gliederung, dem eleganten Mtapwerle, weldyes der
gothifche Styl fo fehr liebt: die plump profilirten Theilungsftibe,
aus Gadfteinen gemauert, faufen ohne Unterbrecjung bis. in die
fpikbogige Schluflinie bes Fenfters, und felbft die Wande deffel-
ben enthehren bed MReizes abwedhfelud erhabener und vertiefter Glie-
ber. Ueberhaupt ift die Fenfterbehandlung meift die fdhwache Seite
pes mittelalterliden Bacfteinbaues; felten, und добрий пит Ш
der Frithzeit des gothifren Styles, [aft er fich anf die Ausbiloung
eines befonderen Mafwerkes an diefer Stelle ет. Вени aber {ое
nach alle Theile des Snnern von dem abfoluten Mangel eines fei-
nerven finjtlerifchen Ginnesd geugen, fo muf man davon doch die
Gewslbe ausnehmen, die merfwiirdiger Weife der eingige Bujluchis-
ort find, wo eine folcje Richtung zur Geltung fommt. Sm Gegen-
fag gu der ftarven Rube der unteren Theile entfaltet fich an den
Wilhungen eit reides, ja unerfchdpfliches Walten der Phantafie.
Faft nirgends fommt das cinfache Kreuggewslbe vor; ftatt deffen
werden fomplizirtere Bufammenfesungen gemahlt, unter denen bas
einfache Sterngemslbe nod die anfpruchslofefte ift. In den manrtig-
faltigften Gerfdlingungen freuzen fic) die Mippen, nek und rauten-
она, fternfirmig, im ewig neuen Sombinationen, von denen der
felige Ranifch in feiner, Anno 1695 evfchienenen ,, Befdhreibung aller
Rirchen-Gebiude der Stadt Dankig  weitlinfig gehandelt hat. Ia,
bei fleineren Gemilben werden oft die Rippen ganz fortgelaffen,
fo da die Gewslbe mit ihren vielen tiefbuchtigen Rappen einen feltfam
unfonftrittiven Cindrud phautaftifcer Wrt, gleic) den Stalattitenge-
wilhen bes arabifchen Banftyls gewahren. Der unvermittelte Ge-
genfay, in welder alle diefe gierlicjen Gewilbformen mit den
{hlichten unteren Theilen ftehen, wird nod) durd) die unorganifden,
blof auf Roufolen auffikenden, oder fonft an die Pfeiler angeflebten
Triger der Gewslbrippen вена. Man бани daher wohl fagen,
Dak diefer fpdtgothifche Styl in feinen Gewslben, allerdings weit
entfernt vow der fireng organifchen Schinheit ver fiihn anffchieBen-
den gothifden RKreuzgewilbe, dod) nicht ohne eigenthitmlidjen phan-
taftifch-poetifcben ев И. Cine andre Form des Gewalbes, die
»facderartige,” wo die Rippen wie die Blatter miadhtiger Palmen an
Ули Pfeilern auffteigen, findet fich nur in fleineren Raumen.
Noch mehr als das Bunere gewihrt pas AeuBere den Cine
prud fclicter, oft bis iWS Rohe gehender Derbheit. Befonders
da, two bie Strebepfeiler nad) aufen nicht fidjtbar find, ift die un-
gehenve Mauerflade, die ohne alle Gliederung, nur durch die fcpmud-
{ofen Portale und Fenfter durdjbroden, auffteigt, von fdwerfallig
piifterem Chavatter. Midt einmal durd) Anwendung verfchiedenfar-
biger Sieinfchichten, wie fie befonders der mecilenburgifche Bacftein-
bau, namentlic) in Noftod, liebt, ift die Monotonic gemildert. Gben-
fowenig arf man anf reichere und zierlichere Gefiingformen rechnen.
Manchmal indef befrint ein trogiger Zinnenfrang die Kirche, fo daff
bie maffenhaften, von der Zeit gefchwirgten, jeden Schmud abmeiz
fenden Mtanern eine finftere, feftungsartige Miene befommen. Wuf
diefe Bauweife, fowie auf die reiche Gewislbentwidlung hat unftreitig
Rie Geftalt dev trefflichen, vorwiegend den burgartigen Charafter
auspragenden Bauten des beutfchen Orders einen beftimmenden Cine
fluB getibt. Stehen nach alledem die Danziger Rirden in finitle-
rifder Entwidlung den eleganteren Baciiteinwerfen des iibrigen
beutfden Norbens unbedingt nach, fo tft e8 um fo bemerfensiwerther,
bag fie diefelben in einem widtigen Bunkt iiberfliigein. Dies Ш
die Art, wie fie das fdjwerlaftende hohe Dach, weldhes allen anz
deren Hallentirchen gemeinfam ift, vermeiten, ohne fic). blof mit
Reihen worgefester fleiner Querdader, die dod) den Uebelftand nur
magfiren, gu behelfen. Die Dangiger Meifter gaben ftatt defjen
jeden Schiffe ber Linge nad) fein befonderes Dac, und Фа das
Mittel[hiff immer die gréfere Spanniveite hat, fo wurde das imittlere
Dad aud) das Hdhere, was befonders fiir die Aushildung der Chore
	Entfaltung des Kirdenbaues; mit gunehmender Bevdllerung mupte
Фит Nenbau und BVergriferung der Korper dev firdiliden Gebdude
verindert werden, bis endlid) den nadhfolgenden Gefchledtern nur
nod) itbrig blieb, durch fofthare Wusriifiung und BVerzierung aud)
ihrem frommen Gifer yu geniigen. G8 ift nun bejeichnend, wie die
Rivchen in ihrer Gefannnthaltung merhwiirdig von dem Ниуиет Фен
Gharafter ver Profane und Privatarchitettur abweiden. WWahrend
diefe itherwiegend eine iippige Menaiffance zeigen, erheben fich jene
in ernjten, fdweren Maffen eines gothifcen Badfteinbaues, und
felbft bas Material bilret einen Unterfdied, da die Privathiufer
griftentheils aus Haufteinen, und nur einige gripere dffentlide Gee
haude ans einer Mifehung diefes Mtatevials mit dem Badfiein anf:
gefiifrt find. Dagegen hat aber ме [бете Gefdmadsrichtung fic)
nicht bloR an den mannigfaltiger Gegenfiinden der inneren Wis:
ritftung fdhadlos gehalten, fondern fonfequenter Weife faft jeden dev
zahlreidhen Rivdthiirme der Stadt feine wunderlich fcjnsrfelhaften
Ropfhauben aufgeswingt. Wher uur um fo entfchiedener fdpeint
gegen diefe fraufen Auswitchfe einer fpdteren Zeit der iibrige Bau-
forper yu protefticen und fic) in feiner wudhtigen Maffenhaftigteit
98 Reprafentanten einer ftrengeren, einfaceren Ginnesridtung gu
evfermen gu geben. Ghe id) hier in’s Cingelne gehe, mupt Ou mix
{chon geftatten, Dir den Gefanmntcharafter diefer Gebsiude in fetnen
beftimmenden Grundjiigen nachguweifen.

Die Dangiger Kivden feblieRen fic) dem grofen Gebiete des
norddeutiden Badfteinbaes an, bilden in demfelben jedody eine
Proving fitr fie) mit befonders hervortretenden Cigenfdhaften, gerade
wie die Stadt felbft chedem, gwifder groferen Laudern  einge-
fchloffen, ein eigened Tervitorium ausmadte. Gamnmtliche Kirden:
beruben auf der Hallenform; feine Wulage mit niedrigen Seitens
{chiffen findet fic). ft damit fdjon ein fajlichtes, dabei aber tithnes
amd freied, durdjaus bitvgerliches Wefen ausgefproden, fo treten
nin noc) befondere Cigenthiimlic)feiten verfcharfend hingn. Dabhin
gehirt vor Wem der geradlinige Ghorfdlug, eine ebenfalls
рае einfache, ja nitdhierne Form, die ohne Ausnahme hier herrfdht,
wahrend in ben benachbarten pommer’fden Gegenden manchmal
polygone Chorbifoungen mit unterlanfen. Xft die sftlide, den het-
ligften und widhtigften Raum der Kirche begetchnende Partie fo fcjlicht
gehatten, fo Yann e6 fein Wunder neler, dak aud) bas entgegen-
gefegte Ende des Gebiudes, wo dev Thurmbar fic) gu evheben und
pie Kirche nad) Uuferr und in die Ferne anguzeigen hat, in gripter
Ginfadheit behandelt it. Niemals findet fich hier die anderwirts
fo beliebte Milage von Doppelthiirmen, die in Pommern oftmals
zu einer michtigen, Hodjragenden, die gange Breite des Baues eine
nehmenden Vorhalle auggedehnt wird; in Danzig erbebt fic) am
Weftende Der Mire mur ein, alferdings bebeutender, maffenbafter
Hauptthurm, und nur an der Giebeln allenfallS werden nod Heine
Slantenthiirmedjen, die gum Theil die Treppen zum Gewslbe und
Dadh enthalten, angebradt. Da ferner pieje Rirchen weniger fiir
pen Konvent einer zahlreident Geiftlichtett, als vielmehr fiir die Be-
piirfriffe des religidfen eben’ der Gemeinde angelegt finb, fo er-
giebt fich davaus die itberwiegend betonte Wusdehnung in die Breite,
Die meiftens dadurd) nod) gewinnt, daf die Strebepfeiler nad) innen
gezogen, ihre Zwifdenviume alfo alg Rapellen behandelt, und der
Manerabfelug noch dev duferen Flache der Streben hinansgefdyo-
bent ift.

Die Cinfachheit ver ganjen Wnlage evjtvedt fice) nun in der
Ausbilung ves Gingelnen felbft bis дих Rohheit. DOurdweg find
pie Stiiwen, weldje die Schiffe trennen, achteckige Pfeiler mit jdplichten
Socetn und Gefimfen, felten mit einer feineren WAusbildung ber
Gen. Nicht minder fern von aller Bierlichfeit dev Wunsfihrung
find die weiten umd hohen Shitbogenfenfter, welde von den niedri-
gen Genfterbinten  bie unter die Gewilbe fteigen. MNidjts von der