bes Gefiihles. Ohne in irgend eine orqanijhe Verbindung inner
lichen Aufrwachfens und Hervorfeiutens mit den Pfeilern gebracht zu
fein, fegen die Rippen auf Maskenfonfolen iiber dew Kampferge-
funfen dev Pfeiler anf. Зи bemerfen ift nod, dag die Gewslbe im
Chor einfacher, im Cchiffe feby brillant, in den Seitenfchiffen ohne
Rippen ausgefithrt find. Die Rapellen haben meiftens einfadhe
RKrenzgewslbe. Die Kampfer der Pfeiler beftehen aus einer Platte,
unter weldjer nad) einer Hoblfehle cin Rundftab folget. Nicht
minder fdlicht find die Godel. Die Sdheidbigen find, den Pfeilern
entfprecjend, abgefdrigte Gurten, die nur an den febrigen Seiten
purd drei vorgelegte Rundfiibe eine Ddiirftiqe, nicht fehr wirffame
Profilivung erhalten. Mehnlich ift e8 mit allen itbrigen Bautheilen
befchaffen, fo daB nur durd die grofen Mtaffen und hihnen Ber-
hiltnijfe cine tiinfilerifche Weihe evreicht wird. Man fieht fic) un-
willfiivlich auf vie primitive Stufe dgyptifder Baugliederung зи
verfegt, wenn man gewahrt, рав шт мери Mtancrfladen und Pfeiler-
viefen fic) nirgend cin lebendiger architceftonifcber Bulsfchlag bemerilich
macht; bak die Fenfierwanvre rechtwinklig abgefdbnitten find, blok an
	ben Kanter mit cinent Rundfiah eingefakt; paw diefelbe Rundftab-
	einfaffung an den Pfeilerfanten wiederfehrt пир muy int Chor und
den Kreusfliigel fich zu ber immer moch ziemlic) unbedentenden Stet-
gerung gieter, durdy eine Reble getvennter RNundfiiibe fieigert. Go
verharren die Maffer und lichen im ftarver Wnlebendigfeit, von
fpivlichen fonventionellen Gliedern mur eingerahmt umd umfamnt.
ЗЕ diefe formlofe Koloffalitat frum gu reimen mit dent iberalf
im WMittelalter lebendig wirfenden Gifer, das vornehmfte Gotteshars
mie ein Heiliges Palladium der Stadt amit allen Meitteln Hinjtleri-
jden Vermigens reich und hervlich augguftatten, fo hat diefer Drang
fic) dod) auch Hier, wenngleich in ganz befonderer Weife, fundgege-
ben. Xe weniger ein feineres Sdhaffen an den unbebitlfliden Maffen
ber Uvehiteltuy zur Gelturg fom, um fo eifviqer wandte fich die
	Cchnudliebe, an der Oand ver fchdpferifcen Phantafie, ber Wua-.
	viiftng der vtelen Kapellen, Ware und Grabmaler zu, welche die
Rivehe umfejlieht. Зи iefer Hinficht bietet die Navientirde eine
Siille, einen Reidhthum an foftharen Werlen aller WUrt, wie thu vere
 fchmenbderifdher faumt cine andere Rivche Deutfolands zeigen ditrfte.
Alle Kitnfte unb Kunftgewerbe find dazu Hherbeigezogen worden; nicht
Blof die Maler, Bildhauer und VBildfehniger, auc) die Gelbgiefer
und Schmicde, die Goldarbeiter, die Wirker und Weber haben iby
Beftes gethan; und nicht blog dite heimifchen Minftler find bier ver-
tretes, fondern aus fernen berithinten Runftftitter findet man Werke
erfter Nanges. G8 ift mir unmiglich gewefen, alle diefe Schive
mit Mtge zu muftern, da man dazu Wochen, nit Stunden be-
plirfte: обет was fic) davomw bent anfmerffamen Blicé befonders
eingepragt hat, das mag furz eviihnt werden. $

Mun Hore ih Dich fou fragen, was vor allen Dingen id
yon dem weltberiihmten ,, Siingften Geridt”, мех Perle der
Eyeijden Schule fage; welcher bon dew vielen gelehrten Meinungen
liber den Urheber diefes ausgejzeichueten Werfes ich bettrete? Um
paritber ein wohlerwogenes Urtheil zu fallen, bedarf e8 viel genane-
rer, forgfiltigerer Betrachtung, als ich vem Bile zu widmen ver-
“modyte, und ich darf mid) daher nicht erfiihuen, ein wefeniliches Ge-
wicht in die fhwantende Wagfchale werfen zu wollen, da mein Wort
dazu viel zu leicht befunden werden тибе. Wber welden Cindrnd
mir do8 Bild nad) einer dod) mehr ald einftiindigen Befchauung
gentadt hat, und wie eB in meiner Vorftellung demgemag gu den
iibvigen miv befannten Bilbern derfelben Schule, die ich in Belgiens
und Deutjdhlands verfdiedenen Galerien fennen gelernt, fic) feftge-
ftellt hat, ba barf id) Dir wohl ohne Anmafung mittheilen. Daf
man eS mit eitent ber bedeutendfien Meifter fener Zeit зи thun hat,
ift ber erfte sweifellofe Gindvud, pen man embfangt Das Bild
		 

feffelt burd die Liefe und Weanniafaltigfett ber Charaltere, Durd
bas ehrliche Sireben nach naturgemifer Wahrheit und lebendigem
Gefiihlsausdrud, durd) die Have, gefattigte Farbung und gewiffen-
aft ourdgefithrte Modellirung. Ee fithrt uns die feterlidje und ju-
gleich erfchiitternde Liefe firchlich - mittelalterliher Anfdauung vov,
verbindet aber damit ben veichften Blick in’s па leibhaftige Le-
bent, das in dex tdufchendften Treue und Gegenftindlicfeit uns vor
Augen geftellt wird. Unter den mir befanuten Meiftern hat es mid
aber nicht an Merling evitnert. Vorgliglich iff e8 vie Farbung,
die, obwohl nach denfelben Gchulpringipien wie bet бит gehandhabt,
doch) im Ganzen um einen merfliden Grad milder und eller it,
al8 bet ihm. Wenn ev ben Farben eine aniibertroffene, vom ftoff-
lichen Dafein vollfommen gefattiqte Tiefe und Leuchtenden @фшев
gu geben шеф, fo hervjdt bier eine, ic) inichte fagen minder finn
lide Sarkenmilde, fo weit diefelbe innerhalb der flandvifchen Wuf-
faffung miglic) iff, 3% wage nicht gu fagen, weldem von ben
grofen Meiftern ich daher das Bild cher jufebretben шве, da
felbjt Dtinner wie Baffavant, Waagen u. W. hievin verfdjieden uv-
Бен: Doc) hat e8 mid) am meijten an die Bilder des Berliner
Mufeurms ervinnert, welche jest Dem Altere Mogier gugefchrieben
werden.

биз der prachivollfter Werke gothifcer @фиваниЕ Ш per
Hodaltar yom Bahr 1517. Seine deforativen Formen find im
lippigen Styl fpatefter Gothif gehalten und ourdhweg gleid) den Яве
lichen Darftellungen reid) bemalt und vergofdet. Die Krbmntg
Maria bildet ben Meittelpuntt res Bilbwerfs, bas, wie billig, der
Rerhervlichung der Rirchenpatronin gewidmet tft. Die Kipfe Chrifti
und Gottvaters find vow wiirrevollem Wusprud, das Haupthaar in
sterlichemt Lockenwurf vergoldet, die Gewandung in den Falter etwas
fart und hart gebroden. Gin anbderer Fligelaltar von feinez
ren Dimenfionen ift ebenfalls in reich vergoldeter Holsfchnigeret aus-
geflihrt, mit fparfamer, das Gold nur nod) mirffamer hervorheben-
pen Garbung. Зи den brillanten Umrahmungen iiberwudhert bereits
lufttg vegetatives Ranfenwerf die trodue geometrifde Schematif des
Styls. Зи den etwas gedrungenen Geftalten fpricht fich оне
Naivetit, in den Gefichtern atmuthige Empfindung anfpruchslos
aus. Die AuPenfeiten fantnt ber Predelle haben Gemalbe anus fpa-
ter oberdenticdher Gehule, vow etwas flachem Chavrafter. Wuferdem
wire nod) mande gothifd) gefdinibte Wire und Chorftiihle, ver-
fchiedene Gemidlde, ein Xabernafel u. W. aufyufithren; ferner аи о
mefreren Wliiren prachtige imeffingene Wrinleuchter, wahre Mtufter-
werke gothifcjer Urbeit; fodann unter den zahlreiden fofthaven imef-
fingenen Rronlenchtern zwet meifterhaft ftylifirte gothifde, mit Dta-
dDonnenftatuen, endlich der grofe Laufbrunnen, von fdhwerem Gikter
umgeben, alles von demfelbern foftbaren Neaterial, ein PBrachtiveré
per Renaiffance, 1554 in Amfterdant gegoffen, zu erwihnen. G8
wire noc) ber vielen Hiftorifden Erinnerungen gu gedenfen, die fic
an dieferr Bau Eniipfert, der Trophaen und. Graboenfmiler beviibm-
ter Geldherren und StaatSminner. Dod will ich nur “noch an einen
fdlichten Leichenftein evinneri, unter weldhem der Vater der moder=
nen dentfcjen Dicdhtung Martin Opis feblunrmert.

$ Aeufere der Mtaricifirde branche id) uv mit einigen
Worten gu erwihuen. Es ift vallig fdmneles und wirtt nod) mehr
a8 bas Bunere bloR durch feine Koloffalitit. Cin Binnenfrang ume
giebt feftungsartig den ganjen Bau. Auch der madjtige, 242 Fup
hohe Weftthurin follte vielleidht. cine folche Befrinung haben, die fein
niedviges Dad) verdedt haben witrde. Zwei fdlante Dadreiter und
auferdent adjt Treppenthiivrmden, weldje die weftlide und vftlige,
wie die beiden Rrenjgiebelwande einfaffen, geben in der Gerne der
michtigen Maffe cine malerifde Wirfung, als ob fchlanfe вен
liber einem foloffalen Ochiffetirper aufragter. (Fortjegung folgt )