bie Gefdafte dex Hauptaccent gelegt gu fein. Wie eS in dieyert
Punkt die heutigen Danziger halten, vermag ich nicht gu fagen.

Aber noch eine andre, nicht minder feierlide Bedeutung tiipfte
fic) Hier an den Artushof. Er diente nimlich auch gu ernften ridh-
terlichen Gefchaften, denn in feinen Hallen Hielt nicht blok das
Schippengericht alle viergehn Tage Freitags die ,, Biirgerdinge,  fore
bert Ddreintal int Sahre wurbe das nod) feierlichere ,, Namhafte
Nedht-Biirgerding” abgehalter, bet welchen der mit Sdjranfer ett
gehegte Geridtsplak im foftharen Gchuud feidegewebter Teppiche
prangte. Unt aber ridjtig ju ermeffen, weldje Wichtigkit Oanzigs
Raufmannfdhaft zu jener Beit befag, als fie den Artushof fic) ere
baute, must Ou Dich erinnern, dak Danzig feit Ende des dreigehn-
ten Sabrhunderts ver Hanfa beigetreten, feit 1449 eine der vier
Quartierfiidte diefes machtigen Bundes war, dak es ven Stapel-
plats Der prenfifden, polnifcen und ungarifden Produtte und ded
eignen Damals hodgefchagten Gewerbfleiges bildete, ров im golde-
nen Beitalter feiner Hadhften Blithe, d. }. von 1398 big 1417 der
Werth per Ginfubr alljahrlich anf 18 Millionen Thaler fich be-
lief. *) Die RKaufleute des Ntittelalters geidneten fich aber vor der
Mehrzahl dev heutigen badurch aus, da fie nicht ausfdlieplich ihre
Prozente berechneten und den idealen Antereffen den Mitden fehrten,
fondern in allen Ungelegenheiten einen energifden Gemeinfinn ent
falteten und, wie e8 jener innerlid) finftlerifeh gearteten Beit natir-
lih war, die Riinfte in ausgedehutefter Зее зи Schmuck und ле
hohung des Lebens herbetzogen, nicht indem fie die Wrazene fpielten
und ,, Bildergalerieen ” anlegten (obwohl ic) dagegen Nichts habe),
fondern inbem fie mit ihren fiinftlerifden Unternehimungen dem gro-
fen Gefammtwefer ihrer Stadt Glang und Chre gufiihrten.

Nur unter dicfen VBorausfesungen wird man die edle Pracht,
die fociale, fultur-hiftorifdhe Bedeutung eines Bauwerkes wie der
Arinshof zu wiirdigen vervmigen. Was fiir Kaufleute waren dies,
pie fic) die fiattliden Raume mit einer Welt von Kunftwerten aller
Art anfitllten! Freilich gab e8 unter ihnen damals noch feine Kunft-
fhwelger, die fich auf eignen Schiffer ganze Warmorfagaden ars
Venedig fommen liefen! Wenn der Cinjelne etwas Befonderes, art
feine Perfenlichfeit Grinnerndes beitragen wollte, fo ftiftete ev ei
Bild, eine Statue, ein Relief, oder ev verehrie, mie jener waclere
Danziger Kaufherr als Bagdtrophie das ftattlide Geweih eines
eigenhindig non ihm erlegten Hirfdjes, wie man e8 nod) jest unter
vert Sdiken des WUrtushofes prangen fieht.

Und nun laf uns, ehe wir eimtreten, nod) einen priifenden
Blick auf das Weufere des Baues werfen. Mahe beim Rathhaufe
erfithnt er fich nicht, mit demfelben an Maffe oder architeftonifdem
Sdhmuc zu wetteifern, denn er ift, fo vornehm immer, doch nur
ber Meprafentant eines Theiles der Bitrgerjdhaft, wahrend jeneds die
gefammte Stadt gu vertreten Hat. Бег neben Den angringenden
Privathaufern — und e8 liegen hier die fcjsuften der Stadt —
giebt er fic) Dagegen auf den erften Blick als ausgejeidhnetes Werk
monumentalen Geprages gu erfennen. Ceine drei foloffalen Spit:
bogenfenfter Cunter dem mitileren findet fic) gugleicd) bas Portal)
ragen iiber gwei Stocwerfe der benadbarten Hiufer empor. ЭН
mindert die ernfte Wiirde der hohe, aus Quadern gefiigter Fagave,
al8 hadftens das fpadter gugefebte Rococoportal, Denn der Bau
felbft, ziterft 1370—1379 evrichtet, dann nad ganglider Zerftirung
pur) Brandunglii im 3. 1476 allmihlic) erneuert, erbhielt evft
gegen, 1552 die Vollendung. MNeben den Fenftern Пебем auf vier
Konfolen die Statuen ves Scipio Ufricanus, Themiftofles, Camillus
und Sudas Mtalfabans. Wenn fic) aber hierin die Canjiger Kauf-

#) Diefe und andere Notigenebei LSfdin: Dangig und feine Umgebungen.
Dritte Wuflage. Danzig 1853.
	entgegen ging. Gharafteriftifch ПЕ мии аи diefem Baue, dap er
ganz ats OQuadern aufgefithrt ift, da dod) fummtliche Kircher und
Privathaufer der mittelalterliden Epoche Backfteinbauten find. Spa
terfin fdeint fogar der gebrannte Stein faft das ansfdliefliche
Material fiir firdlide Bauten gt werden, denn. an ben Biirger-
Hiufern und ben ftattlichen Profangebiuden der Renaiffanceseit
wandte man fic) ihermiegend dem Harfteine gu, ober bildete aus
ihm wenigftens die widhtigften arditeltonifcen Theile, Gefimfe, ine
fajfungen und Ornamente. Das Rathhaus hat durd) die alterge-
fchwargten Quadern, ditrd) das trogige Vorfpringen in. die Strafen-
finie, burch) den horizontalen Wbfdlus der compacten Mtaffen etwas
Bmponirendes, einen Musrrud von Macht und Hervfdhaft erhalten.
Grofe vieredige Fenfter, durch fteinerne Stabe getheilt, durcpbreden
pie Flier. Auch der Thurm ИЕ in feinen unteren Theilen noc
gothifds, 1465 anfgefiifrt, uur die fdjlante, gierlicke Cpige datirt
von einer Reftauration aus den Sahrewt 1559—1561. Diefe Spige
ift die feinfte Blithe jenes iippigen, fdhndrfelhaften Zopfithles, ein
Wunder in ihrer Art. Der Barodftyl, fonft bei Thurmbauten mit
feinen monftrifen, swiebelfirmigen Uushaudhungen hidhft widerwar-
tig Cand Damig ift nicht arm an ‘folden Mifgeburten!), fdeint
hier einen Wetttampf mit der luftig aufftvebenden Gothif verfucht
gu haben, fo leicht, elegant und gierlid) in der Verjiingung, fo man-
nichfaltig und reid) in ihren Contonven fteigt diefe Spike in die
Luft. Wherdings iff von dem ftrengen geometrifden Formalismus,
Hem gefeslid) organifden Anufwachfen einer gothifden Churmpyramive
nicht die Rede; aber um fo bemerfenswerther, ja in malerifder
Hinfidht den gothifdjen Thiirmen wohl noch iiberlegen ijt died
traufe Spiel von rundliden Formen, die eigentlich dem Pringip des
Luftigen Wuffirebens fremd, doch auf’s Sdsnite gu verwandter Wire
fung benust find. Die ganze Spige tft vergoldet und mit einer
ebenfalls vergoloeten geharnifdten Sigur befrint, fo ав int hellen
Sonnenfhein der Cindruc noch glangender, dtherifdjer wird.

Wuf einer prachtigen, bequemen, aus Cichenholy gefdnigten
Wenbdeltreppe gelangt man пи Bnnern gum Hauptgefdop, und умы
nichft in bie Sommerrathsftube, die in reidhfter Pract der Rez
naiffancezeit mit brillant vergolbeter, gemalter Dede, von welder
Durchbrodene, dnferft reid) und gierfich gearbeitete Bapfen nieder-
Hangen, ein Bild ftolzen, Lippigen Wohlftandes iff. Sie wurde im
Зайте 1596 durch einen hollindifden Mimnftler Fredemann de Vries
aus entwarden ausgefithrt.  Befonders graziis und durch feine
polychrome Behandlung ansgejeichnet ЦЕ das Bimmer des Ober-
Pirgermeifters, weldjes wiederum die Vermifchung gothifder Sez
rdlbe mit antififirenden Formen geigt- Cin andres Gemad, der
Weike Saal, ift ecft in jlingfter Beit mit Sterngewslben auf fdlan-
fer Granitfiule verfehen worden.

Nahe heim Rathhaufe liegt der weitberiihmte Artushof, der
architeftonifde Reprafentant der mittelalterlidhen Handelegripe der
Stadt, eines der vovjliglichften Denkmaler feiner Gattung und ein
fprechender Berweis, wie jene Iecbensfrifde Epode fiir fede Richtung,
in dev fic) ihe fraftiges Dafein befundete, das gutreffende dufere
Gepriige зи finden wufte. Die Sitte folder Hife oder Hallen, in
Dene die Kauflente damals fowohl gn Gefdhiften, als aud) nad)
pollbradtem Tagewerfe zu wackeren Lrintgelagen fic) verfammelten,
war iiberall in jener Beit verbreitet, und man findet folcje Rauf
Haufer unter verfchiedenen Namten nod) in mandjen mittelatterlichen
Handelaftadten. Bd) evinmere nur an den Омут зы Я, an
pas Gewandhaus zt Braunfdhweig, die Raiferworth gu Goslar. Haufig
fihrten diefe Hallen den Namen der Qunferhife, weil die grofen
mittelalterliden Rauflente in der Regel diefe Bezcidynung im Bolks-
munde erbielten. Nur den preufifchen Kaufhinfern fdeint dev Name
Netushof eigenthiunlich und Daburch mehr auf vie Gelage als auf