Die Kirche, dem h. Зобаииев geweiht, ift ein roher gothifder
Bau, der gum Theil die fpaten Formen einer Reftauration aus der
gweiten Hilfte bes funfehnien Sahrhunderts zeigt. Merlwiirdiger
Weife ift der Chor hier geradlinig gefdloffen, auch hat die Kirche
bie Dreitheilung des Daches, die dadurd) bedingte Facadenbiloung
mit Slaufenthiirmden, die hineingezogenen Strebepfeiler fammt ihren
RKapellen, die plumpen adhiecigen Pfeiler und die bunt verfchlungenen
Nek- und Sterngewilbe, welde wir alS charafteriftifde Neerfmale
568 Danziger Kirchenbaues Fennen gelernt haben. Die Hallenanlage
per prei Schiffe erftvedt fic) felbft bids auf beinah villige gleiche
Breite dervfelben. Wlle diefe Gigenfchajten fdeinen hier gu Lande
bas Wefen der ftddtifden Mirdenarchitektur зи begeidhnen.

Von Marienburg fiibrte uns die Cifenbahu unaufhaltfam wei-
ter nad) Rinigsberg. Dod) fcjentten wir vorher Elbing einen tur
gen Befuch, der freilid) mehr den anmuthigen, purd) Kunft verfdpi-
nerten Naturumgebungen, den Tieblic bewalbdeten Hien mit den
wedfelvollen Sernbliden auf das Land und das Haff, als der Stadt
felbft galt. Зи Braunsbherg blieb ich mit einigen Freunden guviicf,
am den Dom zu Frauenburg einen furjen Bejucd зи machen.
Der Weg geht purdh eine frudhthare Niederung; recdts und ints,
fo weit ber Blict reichte, nichts als reifende Rornfelder, wogend im
фест Morgenwind. Frauenburg felbft ift unerheblich, aber feine
Kathedrale und das Andenfen an Ropernifus, ber hier befanntlic)
Domberr war und im Dom begraben ift, geben vem till abgelege-
net Ort eine hohere Bedeutung. Der Dom felbft, an Grdfe,
Sdinheit und Pract von vielen anderen deutfdhen Kathedralen itber-
troffen, iibertyifft wieberunt vielleicht alle anderen deutiden Dome  
an eigenthiimlid) malevifdjem Reig dev Vage. Er fréut einen gient-
fih 60% anfteigenden Hiigel, von weldem er mit feinen ernjten
BHac{teinmafjen und den vier fchlanken achtedigen Thitrmcen weit
Бои фам. Wber erft wenn man oben angelangt ift, iberblictt
man Die volle Schinheit des Puiulies. Ohne e8 gu abuen, fieht
man pliglich dicht gu SliPen bes Hiigelviictens die frifey betwegten
Wellen bes Haffs, auf deffen blauer Slut fich fchimmernd weije
Segel fchaulelu. Weithin werfolgt das Uuge die Wafferflace bis
an ben rithlichben Gandftreifen der fcbmalen Nehring, und jenjfeits
‘deffelben endlich fekt fic bie dunfle inte ber Oftfce fcharf gegen
Den Horizont ab. Das Hare, beweglide Element, dev weite Bli¢
ringsum, Schinheiten, die man fo пабе дах nicht vermuthete, iiben
einen twunderfamen Zauber auf den Schauenden aud.

Der Hom ift eit gropes, aber niedriges Gebiiude, deffen drei
gleich hohe Sdyiffe auf viergehu Зет паб geftellten, plumpen,
furzen, achtedigen Pfeilern ruben. Der lang worgelegte Chor — er
Hat fiinf Gewslbjoche — ift einfdbiffig und geradlinig gefdloffen.
Die Rippen der Sterngewslbe figen im Chor wie in den Seiten-
‘fchiffen auf dreifadyen gebitndelten Dienfter, worin fic) ein Lebendt-
“gered architettonifdyes Gefiihl ausfpridt, als in der blofen Ronfol-
fitgung ber Danziger Kirden. Wn den Wander vingsuim find mit

Formfteinen Verfuche gu reicherer teppichartiger Belebung ber Hla  

hen gemacht. Die im Gangen etwas fcjwerfillige Urchitettur fcjeint

auf die Witte des vicrgehnten Jahrhunderts зи deuten; der Chor

zeigt im Fufboden infcpriftlid) die Aahreszahl, 1342.

Wie ИФ Hier bei fablichter, ja antichterner Gefammnttanlage dev
avdhiteftoni{che Sinn im Oruamentalen gu entfatten fuchte, fo ijt be-
fonders das in der Weftfagade gelegene Hauptportal chavafteriftifey
fiiv diefe Dichtung. Ee ift in reicher Ausbiloung mit edcl gothijden
Foriten und Figuret ans Kallftein vergiert, und nicht blof Hier,
fondern and) an den Wanden Per ticfen Vorhatte rvingsimn find twice
in dev Kirche die Wichen durch teppichartige Miufter gefcnitdt. За
felbft bis auf dic Gewilbe evftredt fic) dicfe Verzierungsiuft, deme

 

die Mippem zeigen cine Menge Feiner igirehen unter Balbachinen.
Wm AcuGeren macht ber Weftgiebel i efeganter Durdhfiihrung fich

 

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Giebel find mit gierlicjen Rrabben reich befest und die Flachen hac
ben eine Gliederung von gemufterten Friefen, dazwifdyen flache Bo-
gennifcen. Auf dem Schiff erheben fic) gwei Dachreiter, am В
(фен Ende ber Seitenfchiffe zwei achtedigqe Thirmchen, gleich den
weftlidjen mit eleganter Spite Бемби ить ри бдение Зее
von Formfteinen mehrfack abgetheilt.

Sn der Kirche fiel mir nod ein Holgfhnigaltar auf, ein

 tiichtiges Werk des funfehnier Bahrhunderts, in der Mitte cine

grofie Statue der Madonna mit dem Kinde, bemalt und reid) ver-
golbet, ettwas fnittrig pie Falten der Gewanbdung, aber nicht обие
Зое und Haltung, und bei itbrigens yu grofent Kopfe von an-

- fprechendem Wusdrud. биде alten die Rrone. Seitmarts ftehen
- die vier Rirchenlehrer. Auf den Fliigeln Gcenen aus dem Leben
: Shrifii. — Augerden ift beachtensiverth ein mit ber Sahreszahl 1426

bezeichnetes Altargemalde, die Madonna mit bem Kinde, in einer

  Beinlaube. Cin Heiliger iim Hermelin empfiehlt pen Donator, et
nen fnieenden Ranonifus. Die Farben find mild und weic, nidt

feby martig, die Bewegung fanft, der Uusbrud liebreidh. Die Яве

haben einen eigenthiimlichen rundlidsen Typus, init grofen weit aus-

einander ftehenden Wugen.

Die Lekie Station auf unferer Reife bildete Minigsberg.
Daf vie architeltonifd) gicmlid) unbedeutende Stadt nad) Danjig
und Mtarienburg uns wenig feffelte, fannft Ou leicht denfen. Wir
befichtigten bas Schlof, bas gwar ven Auffen mands Mtalerifde
Darbietet und dem talentvollen Architefturmaler Gemmel Veranlaf-
fung gu einer phantoafiereichen Reftauration auf beim Papier gegebert
hat, im Sunern aber bet aller Grife und Gerdtumigheit purd) Niid=
ternheit ber UAnlage und Dilvjtigfeit der Ausftattung evmiidet. Der
Mosfowiter-Saal hat uur wegen feiner allerdings unverhaltnig-
mifigen Grbge und der foloffaten Vinge feiner Balfen (ev ift
277 Fug lang bet 57 Fug Breite und nur 22 Fug Hidde!) einige
Beriihmtheit. Die unter ihm Liegende Gchloflirche, gweifdhiffig mit
Sterngewslhen auf vier achtedigen Pfeilern, zeigt eine plumpe Ent-
ftellung gothifcber Sormen. Gie datirt vom Забте 1580.

Berdeutend angiehender iff der Dom. Cr wurde befanntlich
furz vor 1333 begonnen, und der Chor ohne Bweifel rafd zu Ende
gefithet, iff demnacd, wie F. №. май bemerft, ber altefte datirte
Bau, dev ven chavatteriftife gothifcen Ctyl Preufiens mit Sterne
gewistben zeigt. Der Chor ift lang vorgelegt, einfchiffig, geradlinig
gefdloffen, mit einfacen Sterngewslben auf runden Dicnften, welche
purc) Baldachine fiir Statuen unterbrochen werden. Die Verhalt-

 

niffe find durchmeg noch fchwer und laftend, namentligh im Rang-
haufe, bas aus bret fehr breiter, aber niedvigen Schijfen, die feit-
licen fogay nod) etwas niebdriger als bas mittlere, befteht. Siinf
Scheidbigen jederfeits auf vier achtedigen Lampferlofen PBfeifern tren-
nen bie Schiffe. Die fchragen Seiten dev Pfeiler nnd Bsgen find
mit Nundfitiben. gegliedert; die Gewilbrippen figen auf runden
Dienften, die ohne bis auf den Boden hinabsugcher fic verfrdpfen.
Der Dom hefigt cinen Reihthume an Sahnigwerfen, бро ен
u. pergl Gine gerdumige Borhalle befindct fich gwifchen Феи бен
pen weftlichen Thirmen. Bon lebteren entwickelt fid) dev fitdliche
in den oberen Cheilen als Brwiélfedct.

Aus neucver Beit befige énigshery in der nad) Sdhinkels
Entwitrfen von 1840 bis 1844 crvichteten Wtftidtifden Virde
cinen, mit hrechuung mancher willfiirliden Aenderungen ia dex
Ausfiihrung, intereffanten Bau, dev cine freic Verwendung und Fort
bilping Der Elemente de preufifden Baclitcine und Gewslbebanes
Kethifdher Beit befuntet, aber im Anneren direh einen Wald yon
Ciunlen fiir pen cvangelijdjen Gottesdienft nicht eben fer gweemipig ”
ое.

Sn per Salen dev Runftafademic freuten wir uns an