Bon jener gropen Sahl der Munftgentepernden abgefehen, bie anf. wirklicher Wnfehauung feblt.
eine rage nach emt eigentlichen Unterfehied dev beiden Riinfte feine’ Verlorne mit Hitlfe der зе
	andere YUniwort als etn verwunberted Gefidt haben iwiirden, fo
шёфе die Entfdheidung der meiften Gebildeten wohl nach cinigem
Machoenfen, oder aud) ohne bem, dahin ausfallen, das Wefen der
Dildhanerfunft in die Form, das der Malerci in die Farbe, oder,
fernermiafiger gu reben, in’s Rolorit gu fegen. Diefer Ausfprud
liegt fo nae, da er faft cin Gemeinplag fobeint. Und doch ift
ev eigentlicy nidt einmal mahr. Die Renntnif und Reproduttion
der Form ift der Wealerct mindeftens eben fo midhtig, als die Farbe,
was wir wohl faum зи beweifen brauden.. Das Rolorit aber
wird ebenfowenig burch die Runft des Phidias ausge[dloffen,
al8 e8 der Runft Raphacls unenthehrlic iff. Wir mitffer bei
den legteren Behauptungen etwas Langer verweilen.

Dak vem modernen Gefiihl vie Anwendung vou Farben in der
Plaftif etwas Ungewohntes, Frembartiges, ja man mige fagen Ab-
ftoBendes habe, das fei von vormberein gngeftanden, — weiter aber
aud Richts! аи insbefondeve nicht die Folgerung, dah fie
Darum fdlechthin verwerflid) fet. Die Sache hat ihre hiftorifde und
ihre Afthetifche Seite. Wuch der entfdiedenfte Gegner wird wenig-
{tens ihr Dagewefenfein nicht mehr aus der Kunftqefdicte ftret-
den fonnen. Muv fagen wir nicht: Wlles Dagewefene fei durum
fiir immer ober auch nur zettweife bereditigt gewefen; aber wir fra-
gen billig nach dem Wann und Wo, ehe wir die Berechtiqung ab-
fpreden. Und da handelt e& fic) denn diesimal nicht etiwa nur um
Gefedmaceverirrungen einer finkenden Epoche, vielleicht um die bun-
ten Mtarmorfalten an der Biifte bafaltner oder brongener CiAfaren,
fondern c& handelt fic 3. B. gradehin wm die erfte Blithe pes
funftfinnigften Bolfs per Erde, um bes Phidias beriihmtefte Beus-
und’ Pallas - Bilder. G8 ift gleichgiiltig fiir pas Pringip, dak die
Act und Weife altariechifcher Polychromie wielleiht ewig cin
Problem ver Archiologen bleiben wird. Halten wir pas Cinfadhfte,
Unbeftrittene feft. Das Reitalter des Pericles ertrug elfenbeinerne
RKopfe und Arme bei golpener Wehr und Gewandung; ertrug fie
nicht nur, fonbdern forberte fie fogar fiir die hbchften MAufgaben
ber Runft. Bielleidht war das Clfenbein leicht angefirbt, vielleidht
auch das Gold verfchiedenartig betont, wie mance Befchreibungen
angubenter Тфешен. Фе, {ой oer einfache Rontraft von

`ЗЗе und Gold, das legtere nicht etwa als leidhte Zierde an Diae
dent und Wrmband, fondern in breiten Mtajfen, wiirde ungweifelhaft
bem modernen Auge hinreichend fremd und gefdmacilos erfcpeinen.

Wir finnen oft nicht genug das feine Schinheitsgefiihl Per
alten Hellenen auf unfere Roften nicht nur, fondern aud) jeder fpa-
tern Runftentwidlung hervorheben. Wobhlan denn, hier ift ein Puntt,
wo  fie andern Gefchmads waren, als miv; — haben wir Recht?
Hatten fie Unrecht? Daviiber [АВЕ ПФ ftreiten, aber fawerlich vom
philofophifden Richterftuhl herab a priori entfdetden. Unterfuchen
wir fieber einmal die Griinde unjered abweidenden Gefiihls. Da
ftetgt uns gunachft unwillfitclich unfere frithere Bemerfung wieder
auf, dafy der Sinn fiir Garbenwirlung auch bei malerifden WAn-
fhauungen nicht hinkinglich in der mobdernen Bildung entwickelt er-
{heine. Gehen wir etwas tiefer, fo tritt uns als gemeinfame Wurgel
folder Grjdeinnngen unverfennbar jener Hang yur Farblofigfeit
hervor, der fdon nach Gdthe ein Begleiter dev Civilifation éft, int
Феде ver Farbenfeligkeit wilder, findlider, naturwiichjiger Epo-
chen; — jener Hang, der unfere alten Dome ausgetiindt hat, une
fere neuen Haufer und Pallafte in fanfte Mitteltene, uns felber
fogar an Sefttagen in die Farben der Negation oder vielmehr in
vie Negation ver Farben Teidet. Bom finftlerifden Standpuntt
aus haben wir nicht gerade Urfache, auf diefer Hang ftoly gu fein.
Run aber fommt noch in Begiehung anf die antife Poltchromie der
allein binveichende Umitand hingu, dab 3 uns foblechthin an jeder
	rirtltdent Wnjdauung fehlt. Ginjelne Berfudje nenerer Reit, das
Verlorue mit Hilfe der gerftrenten und mangelhaften Nachridten der
Alten wieder praftifd) zu verfinnlichen, haben e8 uns nicht naher
gebracht. Im Gegentheil ift man leicht geneigt, den ungiinftigen
Gindruc der Nachbiloung auf bas unbefaunte Vorbild gu ithertrager.
Siix jene blauiugigen Carhatiden der neuer Mitnchener Runjt, jene
blaffer fleifdhfarbigen Gattermadden ded Schweden Boftrim michter
wir feine Lanze einlegen. Wher abgefehen vont Ungewohnten, wer
biivgt uns denn, dag in ihnen die wahren Pringipien der alten Poly-
chromie wieder aufgefunden find? Rann denn nicht vielmehr das
Miles gang anbers gewejen fein? €8 ии in aller Runft fo пие
endlid) auf’s Wo und Wie an: wire с8 denn undenfbar, das wir
bet der Unfchauung eines echten Werkes dtefer Wrt befehrt wiirden?
Befdhreibungen und immer Befchreibungen! Wud die befte wird
nimmer die Macht des gegenwartigen Cindruds erfegen. Wer hat
nicht fdon bei exften langerfehnien WUnblid eines Meijterwerks, be-
ftiivgt entweder oder hingerijfen, bei fic) ansgerufen: So Hitt? id s
mir nimmermehr vorgeftellt! Rurg, wir glauben auch ohne gt feher
an das Elfenbein und Gold de8 alten Phidias, wenn wir and fet-
nem imodernen Bilduer rathen wiivden, e8 ihm nachguprobiren.

Sprachen wir bisher von einer vsllig untergeqaugenen Runft-
weife und waren gewiffermagen gugleich im Machtheil und BVortheit
padurch, fo wenden wir ins jet einen Sdhritt weiter zu einer Zeit,
aus der wir fo glidlid) find, noc) Wnfchauungen gu befigen, wenn
aud) nicht iberall die voll{tindigften. Das Mittelalter hat befons
ders in Berbindung mit Per Architektur einen fehr ausgedehnten
Gebrauch von bemalten Eculpturen gemadt, und in Deutfchland
wie in Stalien find der Beit und dent — verinbderten Gefchmad
ned Proben genug entgangen, denen man Namen und Werth von
Runftwerfen fdwerlid) abjpredjen fann. Aber das reifende und ge-
niefende Publifunt betradtet fie Hochftens als Kuviofittiten oder gar
nicht, und 3ahlt ohne Ziweifel Paufende, die fid) unter einer farbigen
Statue fehlechterdiugs nichts Wndeves vorfteller fBunen, als eine —
BWadhsfigur.

Wir erinnern uns an diefer Stelle einer fer intereffanten Be-
trachtung iiber bas vorliegende Thema *), deren Verfaffer aber eben-
fallg die bemalte Statue und die Wadhsfique wiederholt in Cine
Зее Не имо gemeinjam als untinfilerifd oerdammt. €8 wird
pabei eniwiceli, DaB dem Runftwerk Cine der nothwendigen Bedin-
quugen wirtlicher Grideinungen, entwerer der Rirper oder die Farbe
fehlen miiffe, um von der Phantafie des Befdauers erginzt gu wer
ben; in diefer Ergdnzung beruhe тег Нине фе ев, der alfo
nothwendig beim Zufammenwirfen aller Bedingungen verfchwinden
ие. Diefe an und fitr fich febr geiftvolle Bemerking wiirde voll
fommen ftichbaltig fein, berubte fte nidjt gum Dheil auf per Vorans-
fegung, dag eine bemalte Gtatue auf Sllufion Anforud machen
шие. Dies ift aber weber nothwendig, nod) bet dew bejfern Are
beiten diefer Art wirklich vorhanden, fo daB jener erginjenden Thi-
tigkeit der fremben Phantafie jehr woh! ihy Spielraum bleiben fann,
wenn aud) anders begrinzt, alg bei der farblofen Geulptur. Wie
bet gewiffen Wufgaben der Waleret von einer idealen Farbung
gefprocen werden Ddarf, die im wenigen einfaden Tinen die Ntaffer
{cheidet und jufammenfagt, die fleinen Zufalligkeiter de8 twirfliden
Lebens mit Bewufifein unterdridt — ohne daR fie darum convenz
tionell ober unwahr genannt werden miifte — fo (ВЕ ПФ ein dbn-
fiches Pringip nicht nur theoretifch auf die farbige Ploftit anwenden,
fondern findet fich in der That auch nicht felten mit itberrafdhender
SHhonheit und Konfequeng durehgefithrt.

Wir bemeriten fdon die vorjzugsweife Verwendung зи ФЕ
teftonifhem Bwede, und tr der That foeint ung pies auch die
	*) 3). Kunftolatt 1654 Nr. 30.