aber dies Gine mit bewunderungswiirdiger Liebe und Gerftindnif
parftellen finne! Und wer e8 begweifelt wollte, witrden ihn nidt
bie Nachrichten der Wlten, die Bilber der Spiteren auf allen Вии
ten Leicht widerlegen?

Soll denn mim unfere Beit, fo reich an Subdivibualititen, als
irgend eine, die ihrigen nicht ebenfogut ausbilden, al eine andere?
Gewif, fie foll’s. Wher gweierlei ift Sndiviualitat und-Specialitit.
Wer ein Cignes hat und iff, ber gebe e8 fo eigen und eigenthiim-
Tih, al8 ev faun. Wher nichts ИЕ unerfreulicher, als eine gewihn-
liche Natur, die fid) qualt, oviginell gu feiu. Hier ift gerade das
Gegentheil jener gemiithliden BVertiefung in den Gegenftand befonderer
BVorliebe; Hter ift nur gu oft eim rein augerliches Hafchen und Ba-
gen, ein Gerfennen der Grenjzen nicht uur, auch ver Wrt feines
alent’. Ba, hier ift nicht felten Schlimmeres noc: der blofe
Aufouy fiir ben Mlarft, die nacite platte Spefulation. Weit ent:
fernt von Oviginalitat, did, wie gefagt, oft in ben engften Schranz
fen fic) unverfennbar f8ftlid) gu entfalten шеф, И die moderne
»Specialitat” haufig nicht das mindefte weiter, al8 beflitterte und
gefeomintte — Nadhabmung.

Wenn wir nad diefer fcheinbaven Wbjchweifung unfere Blicte
wieder auf Malereti und Sculptur gugleich werfen, fo tvritt uns
bei ber Legiern (in Deutfchland wenigltens) ше Erfcheimung ent:
gegen, die ver eben Befprodenen irgendwie analog wire. Obne
Bweifel guhlt fie ebenfo hervorragende Perfinlichleiten, ebenfo voll-
Каир ansgepragte fiinftlerifde Cinjelexiftengen. Wud mancherlei
verfdiedene Richtungen des Gefdhmacs werden wir gewahr. Sa
шой Вию faft von GSdhulen, 3. B. von einer Berliner und
Dresoener fprechen. Wher von den eigenthiimlicer Uebeln der
Specialitat fcheint ме ЗЕЕ обе verfdont geblieben gu fein.
8 ift dies um fo bemerfenswerther, als auger der Mtaleret 3. %.
aud Boefie und Wiufik nicht daffelbe won fic) vithnten divfen, ja
felbft die ehriwitrdige Schwelter Architeftur in ihrem mobernen ев
ticismus, ihrem buutfarbigen Nebeneinander von Gothifd) und Grie-
chifeh, Maurifeh, Romanifd) und Weghptifch wenigftens Wnalogien
mit jener Modefrantheit aufguweifen hat. Wir finden vielleicst im
Volgenden nach Betrachtung eines anberit Punftes Gelegenheit, ung
fiber den Grund ves Borhergehenren aufgutlaven.

MNeben jener Theilung ver Kunft ift eine andere, vielleidt beffer
bevechtigte, ebenfalls ftirfer als fonft jemals hervorgetreten, und
glaingt bunt iffuminirt auf allen Marten, пе фе die Wefthetif neuer,
dings vom weiten Reich, oder vielmehr bon den vereinigten Fret
ftaaten dev Maleret anfgenommen hat. Wir fagen Hreiftaaten,
weil fie, auf den erwahnien Karten wenigitens, in den fcharfen geo-
metrifden Grengen cine gewiffe З(ебий Е mit ten norbameritar
nifden haben. Bn der Wirklichfeit freilidy mbgen fie mehr ben.
Gitrftenthitmern und Republifen unferes lieben Deutfehlands gleicen,
welde, wunderlich доза und jerriffen, bald einen Bach, bald einen
Héohengug, bald ixgend eine Hiftorifhe Zufilligheit gur Grenglinte
gefunden haben, — eit wahres Krenz fiir die Heinen und grofen
Kinder, die nod) davan Geographie ftudiven aniiffen. Wir fpreden
namic) von jener Gintheilung der Maleret in Hiftorie, geiftlide
und wweltlice, weldje Legtere man andy Gefchichtamaleret nennen
will; Genre, Hiheres und niedceres; Portrait und Carvicatur;, Thier-
maleret, Gandfdaft, Stilfleben, Arabeste. Berfudyen wir снимай,
wie weit fie fic and) auf das Gebiet der Geulptur iibertragen Lift,
oder vielmehr, weldje Stiide davon aud) von der Legtern angebaut
werden former.

&® wird Niemand Wunder nehiten, wenn wir vie Hiftorie
in Депеш mweiterent Siune, wo fie Religion und Mythologie, Poefie
und Gage mitumfaht, ohne Weitereds fiir gemeinfames Gebiet beider
Яйийе erflaren, auch fiir bas Portrat uns mit der blofen An-
fibrung begniigen. Wher auf mancen Witer{pruch find mir gefagt,

 
	‘Wenn wir bent fogenannten Genre nidt nur einen Blag in dev
Seulptur fiberhaupt, fondern fogar einen Hhihern gutheilen midjten,
alg man ihr gewshnlich in ber Schwefterfunft gugefteht. Unfer
Grund ift folgender. Der Menfcoh, und alles menfchliche Sein und
Thun ijt befanntlic) die erfte, wie die Hichfte Aufgabe beider Riinfte.
PWihrvend aber die Malevet auf ihren Hshern Stufen vorgugsweife
nad der That, dem Ereigni® greift, begniigt fic) vie Sculptur
nod auf ihren: hédhften mit dent Vollgenug de8 Dofeing, mit dent
rein f8rperlichen Metz einer gefunden Natur, mit den allereinfachfter
und. allgemeinften Motiven, die fein anderes Sntereffe haben, als
eine ainmuthige Linie der Bewegung hervorzubringen. Gin Maochert,
bas Waffer fchdpft, ober auch nur den Krug gierlid) auf dem Haupte
tragt, ein Hirt, ber fic) auf feinen Gtob lehut, ein Gaugling, der
behaglich auf bem Baud liegt *) — bas Alles gehsrt ohne Bweifel
gum Genre, uur nennen wir e8 nicht fo, wenn e8 in Grz und Near:
mor erfceint, im Grunde пих beftochen von dem Wdel des Meate-
vial, ber gréfern Dimenfion, und пани befonders von der
Reinheit ber Form, die in plaftifden Werfen gefucht und geliebt
wird. Sener Rnabe, der fich den Dorn auszieht, die Kndchelfpielerin,
die Ganbalenbiuderin, die Discursiwerfer und jener fddne па
Burfdh, ver fic Oel oder Stanbh von den Armen reibt — wer ia
aller Welt wiirde fie und ihresqleichen, wenn fie geutalt waren, zur
Hiftorie vechnen? G8 ift nur die Behandlung, die uns iiber den
GStoff irre шафь Aber wiv faffen oft auch in der Mtaleret der
Begriff bes Genre viel gu enge und zu ntedvig, und denfen nur ant
Teniers und Oftade, Dow und Mewit, nidt an Tizian und Gior-
gione, an Mturillo und Caravaggio; oder, wenn man lieber moderne
MNanten will, mehr ant Hofermanun und Sd. Weeherheim, als an Leo-
polb Sobert und Bofeph Kraus. Wan hat пе hoheres und
niedereds Genre trennen wollen, aber diefe Scheidewand ift ebenfo
{hwanfend, al8 diejenige, welche von dem Hi ftorienbild das Genre
iberhaupt trennt. 8 iff uns manchmal vorgefommen, als fei bie
legtere vor allen Dingen ein Videnbiifer gewiffer Bilbervecenfenten,
went fie fonft nichts Rechtes iiber ein Werk зи Гаде wiffen. 68
ift dann fo bequem, fic) darither aussubreiten, ob e& Hiftorie oder
hiftorifdes Genre, Hihereds Genre oder niederes fei — und meiftens
ebenfo unfruchtbar. Зи der Seulptur fragt fein Menfch darnach.
Uebrigens find felbft Wuffaffungen, die ganz entfchieden dem
fogenannten niebern Genre, die bent Derbfomifden und im erz
faubten Ginne Gemeinen angehsren, feineswegs von dev Seulptur
pringipiell ausgefdloffen, wie man namentlich) an Darftellungen des
dentfcjen Weittelalters bemerfer Вии. Dies fiihvt uns fogar zur
Caricatur hiniber, die urfpriinglich mit dem idealifivenden Bringip
ber Plaftif in diveftent Widerfpruch gu ftehern. fojeint; vielleicht aber
ИЕ fie um fo maglicber, je divefter der Widerfpruch, je mehr jie
felbft ein umgefehries Idealifiren (nimlich ins Hafliche und Roz
mifche) genannt werden mung. Nicht allein hat daher die chriftliche
Kunft fie in fathrifchen Darftellungen pfaffifdien und fonftigen Crei-
bens oft hochft ergdglich, mit Hingufiigung eines gewiffen phantafti-
fen еше in Anwendung gebradit, fondern felbft die Wutife
zeigt uns, namentlich in Heinen Bronjen, daB ihre olympifde Hei-
terfeit auch dies Feld micht verfejmihte, ihrer gretesten Mtasfen und
pergl. nicht gu gedenfen. Wire uns librigens aud) Nidts der Art
erhalten, wir witrden с8 Беи Yandsleuten des Arijtophaues ,,unbe-
бей  gutrauen. Sn neuerer Beit Hat felbft die perfinlide und
Tages-Caricatur an dem Franjzofen Dantan cinen originellen Ber-
treter in der Plaftif gefunden. Wir wollen des legtern Art gerade
nicht Loben, aber fie beweift bet aller Fragenhaftigtcit immerhin doch,
Daf dic Gattung miglich ift; das Trakenhafte Ш ja velativ, auch
bei den Zeichner. Weldhe Mluft in diefer Hinficht swifden Raul-
	*) Befanntlidh von Drake reend ausgetliprt