Weije, wie die Phantafie det Stoff geftattete und ansbildete, nod mit einigen Bemerfungen gu charafterifiren. Obgleich eB fic) bier nicht, wie bei den meifien Wufgaben der damaligen Runft, um Бе lige, fondern um profane und familiive Gcenen handelt, find unfre Maler noch von jedem Naturalisnmns entjernt; wie in der Wahl der Gegenftinde, gebert fie aud) in der Ansfiihrung Dichtung und Wahr- бен. Baume find durd) arabesfenartige Ranken, Wiefen und Felder pure eingelne, wie auf einem Teppich jerfirente, Blatter angedentet, der Galle auf der Hand oder Vogel in der Luft begeichnen das Sagogefilde. Die natitrlichen Verhaltniffe der GrbGe werden mannig- fad nach verfcbiedenen Эщефем mobdificivt; der Mitter auf feinent Roffe ift viel grifer als des Portal des Sehloffes, wor dem ev Halt, und reidht mit Bequemlichteit gu der Oame auf dem Siller; der Maafftab begeithnet aud) wohl den Rang, die Dienenden find immer flein, auf dem Bilbe des Rinigs von Bshmen find die Ritter Heiner als ev, aber gréfer al8 die Spielleute. Wuch fiir ge- nauere Chavatteriftif, wenn wir die Bauern auf dem Bilde des Nithart ausnehnen, ift wenig geforgt; bie Dichter find meiftens bart- (08, jugendlich, faft wetblich, fo dafi fie fich, da auch die Haustracht beider Gefchlechter fehr ahnlic) ift, von den Frauen oft nur dud ben Ropffdinud unterjcdheiven. Aber grade diefe Behandlung fagt bem Gegenftande gu; fie giebt den weichen, unbeftimmien Con dtefer Vprif beffer wieder, als cine naturalifiijd vollfommenere RKunft, fie hat viefelbe reigende Maivetit, diefelbe andeutende Weife wie diefe. Wenn Heinrvid) von Beldegt, das fdpine, befrinzte Haupt auf den linfen WUvin geftiigt, mit dem Zeigefinger der redjten Hand vielleicht Verfe zublend, finnend fist, wenn Lofe geftreute Blatter und Blue mentelche den Hintergrund bededen, Bsgel ihn umfveifen und zahm an ihn herangehn, felbft das jdyene Cichhirnden auf feiner Schulter zu ftehn {cheint, empfinden wir deutlich, Dag er der Sanger bes Frith- lings iff, und fragen nicht darnad, woraut er eigentlich figt, an welder Wand over SGtike fein Schild und Helin Hingen, wer thm pie breite, foloffale Sehriftvolle Halt. Diefe Leichte Andeutung er- regt unfre Bhantajie mehr als eine ausgefiihrte Laudfdaft, in der рег Ginger verfchwinden witrbe, giebt ihr eine ahuliche Thatigfeit, wie die andentenden Worte des Liedes. Und fo migte aus diefen Blittern fiir unfre Kunft, wenigftens wo fie Dichter ilfuftriven foll, nod) manche Ituganwendung gu giehn fein, deren id) mich bier aber enthalte und fclieBlid) nur noch bemerfe, da die Wusftattung des Werkes in allen Besiehungen Lobenswerth und nur Бег Заид eines Snhaltsvergeichniffes und Regifters gu bedauern ift, welder den Gebrauch bes Tertes einigermafen evfdwert. а, с. Sdnibaltar und Paffonsf{piel. Berlin, Anfang Suni 1856, Wir erfreuen wns in diefen Tagen der offentlidhen Uusfiellung eines imerfiniirdigen Werfes inittelalterlider Runft, dem hier eine burdgreifende, villig fadhfundige Heftauration gu Theil geworden ift. G8 ift ber grofe gefchnigte Wtarfcbrein, welder dem DHochaltar der Nifolaifirche zu Stralfund angebsrt und demndchft an ее еше gebiihrende Stelle guriidfehren wird. In meiner Pommterfden Kunjt- gefcvichte fatte ic) bevetié itber ihn furgen Beridt abgeftatter. Ee ift ein Hhichft umfaffendes Werk aus der Spatzeit des 15, Sahrhun- berts, eine Welt voll flinftlerifdhen Leben, mehr als hundert Fi- guren, die reidhlichfte Fille ornamentiftifder Zuthat enthattend. Das Фор, ver Mittelfdbrein, iff 12 FuB breit und ebenfo hod; in ihm ift die Krengigung Chriftt dargeftellt, die Handlung felbjt. in eine Mtenge von Gruppen auseinandergelegt. Bwet Seitenfebretne, fare) und ber Gmild mit dem Wappen Hangen rubig an der Wand, per Nitter felbft figt wie Heinrich von Beldegk und Walther von per Bogelweide finnend ,,auf einem Gteine , oder er Halt fdjreib- funbdig die Tafel oder die immer gewaltig groB gezeidhnete Schrift. rolle, ober endlich ex dictirt Gehreibern, einmal auch einer Dame, feine Lieber. Doh ift vie Beftimmung oer DOichtung fiir pas Leben nicht vergeffen; Boten warten, um bas poetifche Gendfdhreiben gut empfangen, der Dichter ithergiebt e8 felbft ver nahen Geliebten. Leutholt von Seven, hod) zu Rok und den Falfen auf рег иен, reicht e8 ihr gum Ssler hinauf, Herr Rubin hat e8 gar ftatt des Bolen in feine Wrmbruft geladen, um ed hinauf gu fehieBen. Offen- bar fpielt bier ber allegovijde Vergleich der jartlichen Bewerbung mit bem Rriege oder mit einer Belagerung mit hinein, der fpiter, wan denfe an den Roman von ver Rofe, fo weitlaufig ausgefithrt wurde. Go hat dev von Troftberg fogar Belagerungsmafdinen auls gefabren und die Dame ibrerfeits die Wrmbruft gur Hand genommten; aber die Feftung will fic) ergeben, auch fie Hat nur einen DBriefpfeil gegen den Belagerer gerichtet, und diefer fniet, ihn gu empfangen. In dhnliher Weije mag e8 mehr Wlegorie ale Wahrheit fein, wenn Graf Kraft von Toggenburg auf der Leiter gum Geller hinaufgeltiegen, mit flchender, inbriinftiger Dtiene ben Kranz aus ben Handen der mild blidenden Dame hinnimmt, oder wenn Herr Chriftian von Hamle gar in einem ЯйБеЁ von iby hinanfgewunden wird, Wehr an dte Novelle erinnert e8, wenn Dietmar von Aft als Tabuletframer mit pem Gfel vor feiner Gebieterin fteht und ihr Sehmucé gu Ranfe an- bietet, wenn Hartmann von Starfenberg feinen Stechhelm mit eigner Hand fdmiedet, wahrend die Dame felbft ihm den ftirfenden Pokal und ritterlide Speife bringt, menu anf andern (Hier nicht abgebilpeten) Blattern der Ritter im Bette liegend oder im Bade non Damen gepfledt wird, wenn Herr Hiltbold von Giwanego mit gefloffenem Зи нии Lange gefiirt wird. Oefter finden wir den Augenbli€ ves Scheidens dargeftelit, Damen befehenten ven {ой geriifteten Ritter mit einem Minge ober fegen ihm, wie auf dem Lieblichen Bilde bes Schenken von Limburg den Helm auf. Oft giebt die Sagdluft Gelegenheit zur WAnnadherung der Ciebenden; Wernher ron Tfen, neben ber Dame mit hem Falfert reitend, hat fie gartlid) umfaft; Conrad von Wltftetten, Den Falfen auf ber Hand, rubt an ifvem Rniee und wird von ihr gefiift. Einige Male fehn wir bie ritterlichen Geftalten faft ohue Begiehung anf ihr dichterifcdhes iebesleben; der Tanhufer in ernfthafter Haltung, mit dem RKreuze auf feinem Mantel, der milbe Hartmann von ber Aue in voller Turnierriiftung anfprengend, andre [феи im RKampfe aufeinander- ftofend. Xurniere fommen wiederholt vor. Bei Klingsor von Ungerland ift ver Warthurgstrieg, jedoch nicht fehr gliidlich, де fchildert; wir jehen in einer obern Meihe das landgraflihe Paar mit vornehmen Giaften, in einer untern die ftreitenden Dichter, aber alle stemlich fteif fiken. Gebr intereffant ИЕ auch das Bild, wo Hery Mithart, der in feinen Viedern fo oft den Hochmuth der Bauern geifelte, mit feiner edelen jugendlichen Geftalt gwifden folden groben, chavatteriftifd) genug gezeichneten Gefellen fieht und fiG mit drohend aufgehobuer Hand den plumpen Liebfofungen сиё sieht, mit denen fie ihn gu befanftigen fuchen. Vorziighch wichtig find diefe Blatter fiir Sitten- und RKoftiim- funde, namenilich fiir die hauslidje Tradjt dev vitterlidhen Gefell- бой; die wir in ihrer grofen Mannigfaltigkeit und Bierlidfeit hier genauer fennen fernen, al8 ans irgend cinemt andern WMonmmente. Der Text unfres Werkes, auf den wir in piefer Beziehung verwet- fen miffen, befdhaftigt fic) hauptiadlic) und ausfibrlich mit diefem Gegenftande, und Hermann Wei wird nicht unterlaffen, daraus weitere Brudht fiir feine fo fcin begonnene Wrbeit gu giebu. Uns eat e& naher, dad eigentlid) Riinftlerifdle, die Art und