wir find nicht tm Stande, gu glauben, bak man Heutiges Lages
unntittelbar davaus die fiinftlerifch-religivfe Unregung und Erbauung
fchipfen ине, twelde unfere Wuffafjungs- und WAnfdhauungsiweife
nun einmal bet folchen Runfiwerfen fucht und findet, die aus ber-
wandter Weife gefloffen find. Gottlob foun noch fein und ift auch
nod) Frimmmigfeit und Glaubenseinfalt in den Werfen unferer Zeit,
welche fic) in einer finftlerifeen Sormenfprace vortragen, die unferm
Auge gelaufig ift und e& geitht und geborfam findet, ver Seele als
Dolmetfcher gu dienen.

Wir fennen uns denfen, dak man uns weiter die befiehende
Afthetifche Mothwendigheit entgegenhalten michte, fie gu reftauriren-
den Glasfenfter mit dem Bauwerke in Cinklang зи bringen. Sehr
gut; danu miiffen wir bemerfen, ba dies gerade fiir uns fpridt;
denn e8 fcjeint uns hier die fitnftlerifche Harmonie von groferem
Belang, als die hiftorvijde. Mun war aber gu der Beit ber Er-
bauung de$ Domes der ardhiteftonifce Runftgeift weiter in feiner
Entwidelung, als e8 der malerifche war; Afthetifeh fteht bas Ban-
wert auf einer Hihern Stufe, als die Malerei in feinen Fenftern
damals ftehen нию. Wir haben diefe alfo nur fitr eine Sntenz
tion des malerifden Geiftes gu nehinen, deren der WUrchiteftur eben-
bitrtige Verwirllichung einer fodtern hehern Stufe feiner Uusbildung
vorbehalten war, fo рав die damaligen Glasgemilde dent Bauwwerfe
gegentiber gleichfam alé eine WUhfchlagszahlung auf eine Geiftung an-
gefehen werden finnen, welche unfere Beit erft gu erfiiflen gehabt
Hitte. €8 verfteht fic) von felbft, dab eine folche Erfiiliung nicht
blo aus echt religivfen Geifte heraus, fondern aud) unter den fitnft-
lerifcen Sthlbedingungen in’S Veber gu treten hatte, welche wir
oben al8 unerlaplidje gur monumentafen Glasmaleret anerfannt
haben. Dann aber finden wir die fitnftlerifde Harmonie in dem —
ganjen Berke Hergeftellt und giehen eine folde Erfcheinung dem
hiftorifden Dofumente vor, daG fic) Baufunft und Malerei zn dev
инь Der Beit fo und fo yu etnander verbalten haben.

Gehu wir zur Betradtung der grofen Larftellungen fiir die
	Straljunder Kirche uber, fo iff gu Тадеи, Рав шо из nicht unter
allen Umftinbden mit bem Gebanten befreunden fonnen, fleine Tafel-
gemulbe gu nehmen und fie, natitrlich in fehr vevgrifertem Maf-
Кобе, al Glasbilder in die Kirchenfenfter gu verpflangen. Es Leuchtet
eit, DaG ein fiir einen fleinen Raum fomponiries Bilb in den fel-
tenften Fallen gugleid) auch vergréfert fiir ben grdéfern Raum paffen
wird. Wher gefebt den Fall, man hat hievin unter der Menge von
alten Darftellungen glitclid) wahlen fonnen und gemahlt, fo ift es
bod) unmiglich, bak der Sthl ber Tafel gugleich dervjenige der Rix-
chenfenfter fein fann.

Wir haben folde Bilder der alten Meifter in ber Grdfe —
vielmehy in der Rleinheit — der Oviginale ale RKabinetsftitde in
der Anftalt ausgefiihrt gefehen und wir finnen nicht genug rihmen,
mit welder Rartheit, mit welcher treuen Anfohmiegung an pas Bore
bild diefes gefdehen ift; eS war ganz das delifate Wefen der уз
darin und man hatte ferner arch verftanden, diefe Weife auf andere
moderne Schopfungen gu itbertragen. Зи Rabinette laffen wir alles
died gelten; in itberlebensgrofer Ausdehnung aber in der Rirdhe
und namentlich fitr die heutige Anfchauung gemacht, fcheint e8 ung
night gu paffen. Mon brant nur einen eingigen Bli€ hinither зи
бит паф dem von Tefaner gang vorgiiglich ausgefiihrten Rarton
des Meifier Cornelius, wm fid) fogleich, wie von, man weig nicht
welden Banden, befreit und in den Armen der Kunft geborgen gut
Пи. Hier ift doch Freiheit und Sdhinheit der Kompofitionen bet
aller Befdrintung, welde die Arehiteftur auflegte, Hier ift Styl,
hier ift eine unferm Ginne gelaufige und gufagende Wuffaffung und
Ausfihrung. Warum alfo diefe Ghds, die doch eigentlich feine.
©1948, wenn man Corneltuffe haben foun, die Cornelings find?

Uns fallt hier nocd) ein Cintwurf bei, den uns die blinden
	tage von der Glasmaleret gefordert wird und gefordert werden mup,
da man Hierither nit durdaus im Ginklang befindliden Anfidten
begegnet. Was wir tiber die vorliegenden Leiftungen gu fagen haben,
wird fid) dann von felbjt ergeben.

Man ВЫ ии vielfac) ven teppichartigen Charafter der
Alteften Glasgemalde preifen und ovingt mit Gifer auf die gripte
Strenge des Style in Bezug auf die figirliden Oarftellungen. Зи
per That ftellen die meiften der Ulteften gemalten Wenfter reidje,
bunte Teppide dar, vor weldhen unter Balbachinen Heilige, Prophe-
ten, Rsnige u. f. w. in ernfier, ftatuarifder Haltung ftehen, fetne
eigentlicje Compofition im grofer Maabftabe; ftreng [феей ме
hohen Fenfterfitihe Figur von Figur. Die Eeinen gefdhichtliden
Darftellungen in den unteren Parthien dev Fenfter haben, fdjon
wegen der fchweren Bleieinfaffung, ein unbeholfenes Wnfehn.

Fordert man nun gingliche Whweby dev figitrlicen Darftellun-
gen, fo fommt man auf den veinen Teppich und befindet fich nicht
mehr auf dent eigentlichen Gebiete der Nalerei. Gtatuirt man aber
Figirlidhes, fo hat man allerdings Necht, Strenge des Styls git
fordern, aber man foll fich biiten, diefe Strenge und Gebundenheit
mit Unbeholfenheit der Runfttechuif gu verwedfeln; e8 hat feinen
Ginn bei primitiven Munfiformen yu wverweilen, welche jelber gar
oft deutlic) zeigen, wie gern fie aus ber Gebunbdenheit der ungeitb-
ten Hand herausgingen, wenn fie e8 nur vermichten. — Was dite
in tednifdher Sertigheit wohlgeiibte Hand auf ganz natiirliche Weife
binden und mifigen — nein, 3u einem ftplvoflen Gdwunge erheben
foll, ift vielmehr Felgendes :

Bunidh{t mug eine harmonifde UUebereinftimmung ftattfinden,
mit ben Formen und Linien der Architefiny, welche die Bilder um-
fohlieBt, ja gum Theil, wie bet ver Gothif, purchbridt. Der Cha-
rafter grogartiger Ginfachheit, dev Бетон {фон geboten ift, wird
feftgebalten und unterftitit pure die fcweren und fcbon aus tech-
nifchen Griinden miglihft einfach gu fithrenden Umviflinien, weldhe
befanntlic) die Verbleiung gu verfteden haben. Hierdurch fommt
eine gewiffe mafvolle Gebunbdenheit hinein. Natitrlic) barf nun einem
fo gehaltenen Style der Beidnung die Farbengebung durch Bunt-
heit und Verwirrung nicht widerfpreden und gerade weil die Glas-
farbe eine fo lenuchtende Rraft haben, gerade deshalb mu an dem
Gejeg ded Harmonifcen ujammentlanges derfelben wm jo ftrenger
fefigebalten werbert.

Mus diefen Bedingungen alfo hat ber Styl, dev monumentale
Glasmalerei-Sthl, hervorzugehn. Nicht wie eine behaglich dahin-
platichernbde gefdwabgige Brofa, fondern wie die durch rhythmifdje
BHewegung gebundene Rede follew die Glasgemalde gu uns reden.
Das aber iff nicht die technifehe Gebundenheit des unbebolfenen
Geiftes, fondern die freie ded finftlerifd) gebildeten.  Disgen die
Alteften Glasbilner uns wie der funftlofe Gang des Pfalmiften vor-
fommen, dte heutigen follen gemacht fein, wie eine Badh fdhe Fuge.

Da man nun heutzutage mit der Technif siemlich auf vem Reinen
ift, fo fteht nichts im Wege diefen Styl anj’s Befte gu verfolgen:
und auszubilden.

Blidt man aber auf die fiir Naumburg angefertigien Fenfter
mit den Darftellungen aus dem Leben Petri und Bauli, fo mug

man befennen, da diefe einfach baplich angitfehen find. Indem wir  

uns evlauben, died auszufprechen, miiffen wir aflerdings davanf ge-
faBt fein, damit hier und ba bent duferften Befremben gu begegnen,
bei denen mdmlich, welche im Cifer ihrer funftgefdidtliden Forfdun-
gen gewohnt geworden find, bas hiftorifeh Merfwiirdige und das
Shine gu tdentifiziven. Auch wir find im SGtande e8 дива ие
tereffant zu finden, gu beobadsten, wie e8 eine nod) ungeithte Pechnif
gemacht Hat, wie fte fic) gemitht hat, wm den religivfen Gin, den
Drang des glaubigen Herzens in Runftwerfen dargulegen, welde
eben Ddiefen Ginn in Wnderen erfreuen oder evweeen follten: aber

 

mer eee en