in Stang bei lieben Befannten anhielt. Hsven, тов ое Mtodelfe
ber gweiten Ansfdreibung ausgeftellt feien, und anf das Rathhaus
eifen, war Ging; fie fehen und in meiner urfpritnglichen Anficht be-
ен зи м, шар aber auch Ging. 34 пабы mir von diefem
Augenblide an vor, an der Debatte Theil gu nehmen, und legte
meine Unficht in dev ,, Neuen Biirdjer Zeitung,  ,, Bund,  ,, Tagblatt
von Luzern,” ,,Laghlatt von Bafel,  welche Blatter mir ihre Spal-
ten anf das beveitwilligfte dffneten, endlich in einer befondern Schrift:
nUeber das Winkelried-Dentmal.” (Bafel Baur, 1856), ansfiihr-
lich dar. Berfpadtet fonnte mein Wuftreten nicht fein, weil bas Ro-
mité augdriidlich eine Debatte wiinfdte, und weil eine zweite
Ansfehreibung die Maglichfeit einer dvitten eer ein- al8 ansfchlieRt.
Sch itberlief die Seitengefechte mit den Mitelichfeitsmannern, die das
gefammelte Geld fiir eine Schule verwendet wiffen wollten, mit den
Seinden aller Kunft und Vtonumente Anderen und befchrintte mich
anf die afthetifche rage: ,,Ob und wie Winlelvied dargeftellt
werden finne?  Bch gviff das ithereilte Feftfesen einer Kunftform
an und forderte, bag man den Stoff in das Auge faffe; ev bee
bingt die Form. Daher lautete die erfte Frage: ,, Wie, in tweldher
Situation ift Winkelried yarzuftellen ?”

Mein Gedanfengang war folgender:

Der todte Wintelvied iff nicht mehr Winkelvied, wenn ihn
auch Langenfplitter nothdiirftig als folden andeuten follen. Sd) bin
e8 dann, dev nur fagt: ,,da8 iff Winkelried,” nicht das Denfmal.
Auch ruft der todte Winkelvied nicht fene thatwecfende Begeifterung,
bie cin Volfsdentmal, und zumal ein fcbweizerifches, haber foll, her-
por. Sd) gebe gu, dDaB Giner bei deffen Wublide fich begetftert firh-
Ten finne; aber ev frage fic, ob der Grund diefer Begeifterung im
Werke, over nicht vielmehr auger dem Werke, in der Erinnerung
an die grofe That ltege? Cin Kunftwerk foll aber micht iiber fic
hinausweifen, nicht evinnern, fondern unmittelbar Ddarftellen. Reiner,
der von Winkelrieds Ghat nichts пабе, wiirde fic von bem ge-
{pieBten Leichnam erwarmt fliblen. C8 haben zwar bildende Rimft-
Ter aud) det todten Ghriftus dargeftellt, hauptfachlich, um ihre tech-
nifche Meifterfchaft, ihve Fertigteit, einen Leidnam wwiederzugeben,
au beuriunbden; aber ev bleibt immer an Hobheit und Wirtung binter
bem fich erft aufopfernden Chrifius, in dem nod) die der grofen
Shat fahige Seele waltet, guriid. Der todte Winkelvied gibe ein
mehr breites als hohes Werk, einen GSarfophag und fein Denfmal
im volfsthiimliden Ginne.*) Winkelrieds Bedeutung liegt alfer-
bintgs in feinem Tore, aber in feinem ode. Geftorben find viele
Helden, aber feiner wie er. Diefes ,, Wie  will daher dargeftellt fein.
Das Wefen feiner That beftcht unbefiritten in feiner freiwilligen
UAnfopferung. Wer fieht diefe am todten Winkelvicd? Was fagt
mir, dak er fic) freiivillig in diefe Speere geworfen babe?

Der fterbende Winkelvied it gefchidtlic und phyfifeh unmeg-
lid). Gefchichtlic): wir evfehir aus Joh. von Millers Darftellung,
раб die Gidgenoffen itber den fic) opfernden Wintelvied, die gemachte
Strafe benukend, binftiivmten. 68 ift vaher gar fein UAugenblic
der Sdhlacht denfbar, in der er die malerifche Stellung eines ver-
flarten Sterbenden agenommen Hat, evr wurde zertreter. Ich wiirde
aber bdiefe Gugere gefchichtlide Wahrheit vem Ritnftler noch preis-
geben, wenn nicht die innere Wabrheit aud dagegen wire. Die
geviinfdte Stellung ift ndimlich bet diefer Art des Todes und feinen

*) Einen Sarfophag als religidfes Denkmal, als die wirllidje oder gedadjte
Behaufung der fterblidjen Uebervefte, in einer Rirhe — werbde id am redjten
Orte {din finden, wie Hr. PB. Mt. (D. Kunftblatt Mx. 29). Der Wintelviedftoff
aber fcjlieft ijn (wie bie Statue) {бой wegen des Nongels eines Portraits,
aug. Dtan faun einen fdweizerifden Krieger hinlegen; aber ift ber Winkelried?
Warum fiets Wbftraktes, Allegorijces darftellen, wenn eB eine Form giebt, Wine
felvied felbft targuftelen? Sch wiirde gu jenent Mittel evjt greifen, wenn died
nicht vorbanden podre.

 
	grauenvollen Sdmerjen auch phyfich unmiglich; fie ift endlid) (wie
aud) Follen (in der Berner Zeitung Nr. 295) zeigte), vom gwei-
felhafter Schingeit: , Das Cinbohren der Speere” tritbt den орех
frendigen Seelenadel des Heldenantlizes naturnothwendig und darum
and) fiir ben darftellenden Riinftler unvermeidlid) durd den Aus-
prud de8 iiberwiltigenden Todesfdmerzes und mug durd das Bue
fammenbrechen des Tragers der heroifdhen Stellung fat alle Sdsn-
heit entziehen. Зи bedenten ift itherdies, bak Winkelvied nothwendig
yorwirts, alfo mit dem Gefidt gegen den Boden gefebrt, Не.

Wir find pemnacd auf den lebenden Winkelried angewiefen.
Der Unmiglichfeit einer Portraitftatue ift bereits gedacht; Winkel.
vied trat aud) durch lingered Wirken, durch einen oft bewihrten
Ghavafter fo als Cingelwefen hervor, da er ohne den Hintergrund
feiner grofen, aber aud) eingigen uns befannten That Winkelvied
mare. *) Winkelried, ahnlich den fatholifcen Blutzeugen mit ihren
Martervinftrumenten in der Hand, mit Speeren, gleichfam Gewebr
Бер бив dargeftellt, wiirde eine Wiederholung des Brunnenbildes in -
Stang fein, eines Werkes befcheidenfter Taufanlage, weldje eine That
anbenten wollte, weil fie fe nicht darftellen founte, aber doch an-
Ddenten wollte.

Winkelried ift die verfirperte Wufopferung de8 Schweigers fiir
fein Baterland, ber gripte Held dev fchweizerifden Gefchidte, ein
mit feiner That in der Weltgefdhichte anf giemlich einfamer Hihe
ftebender Held. Die wiirdigfte Art, ihn varguftellen, ift naher, uns
den Helden im AWugenblide der That, einem hocdhdramatifden
worgufithven. Diefes Werf liefe auch denen mit ber Gef dhidte
nicht Bertrauten ither die That und ihre Groge nist пи Фиие
fel. Qunmehr twird die gweite Frage miglic): Wie fann die
RKunft diefen Winkelried veranfmauliden?

Werder in ver Form einer Gruppe — wie wollte man das
fetudliche Heer, den Speerwald, das nachdrangende Volk auch nur
aundhernd begeichnen — oder einer Statue. Der aufrufende ore
wiriseilende Winkelried alfein witrde, abgefehen davon, dag aud) er
der Snfchrift bediivfte, wie ber todte und ber fterbenbe, ausfehen,
al wollte er vom Piedeftal hinabfpringen. — Wuf das Gefagte ge-
ftiigt, ftellte ic) vier Thefen auf.

1. Gin dffentliches Denfmal muk anfchaulich, dem ganjen Volfe
verfidndlich **) und geeignet fein, den erztelbar michtigften Gindrud
hervorzurufen.
	*) Dr. Hh. We. (OD. Kunfibl. Mer. 29), wunidht eimen etnfachen Kvteger, dem
man die That gutrauen Youne, dargeftellt. Dieje That, die wir ber Gefchtdte
faut glauben finnen? Winkelried hat gewif (D. Kunfibl. Mr. 31) nit bloR in
biefem Augenblide fein Vaterland geliebt, aber in diefem Augenblide hat er wie
it Feinent feine Gefinming bewdhrt, — nocd mehr, iw diefemt Angenblide hat
ex e8 ant tiefften geliebt. Warum fol bie Runft nur ble Mig lidkeit
bes Grofen (die Gefinnung) darftellen, wenn die Wirllidfeit des Groen
(die That) davftellbar ift? Bu Winkelvieds Chat geniigte der Mtuth bes Mta-
meluten nidt. Wir wiffen fein Wort: ,Denft an mein Weib und meine Kine
per!” Er hanbdelt nidt im blinden Fanatigmus, fordern im vollen Vewuftfein
alles deffen, was ev opfert. Wenn e8 Hunberte hatten thun Wunen, warum
that er e8 allein, obiwobl feine Umgebung aud) aus Helden beftand? Bu diefem
anferorbdentlidjen Muthe, der als folder fdon vereingelt dafteht, fommt nod) der
jjlagfertige Geift bes Thatenmannes, der mit genialem Blide ben gordifden
Kuoten gu {Hen ме. Da muh man aber den ,,Knoten und den Alerander-
hieb” jehen. Niemand wird (Muguen, 208 bie That bie grbfte Berherrlidung
Winkelvieds ift; warum foll nun der Rinftler nidt die Aufgabe im Hodhften
SGinne {еп о?

#*) Зин iff jede fymbolifdhe Darflelluug ansgefdloffen, weil eine фе
weber allgemein verftinblich tft, nod) unmrittelbar begeiftert. Ein fymbolifdes
Werk ift nie wabrhaft solfsthiimlidd, fondern Eryengnifs des fogenannten Geift-
reidhfeing; eS fpridht gunddhft nicht bie Bhantafie, fonderm den Berftand an, ber
eine Deutung in ba8 Bild hineintragen тив. Wer fagt mix, bah jener herr-
бе LBwe Thorwaldfens in Luzern, die fic) aufopfernde Sehweigertvene ift?
etwwa mein Ange, da8 nichts als einen getddteten Lowen fieht? Mein, ber Ber-