fogleich von iim angezogen gu werben, ub — fobald er die Xippert
erft gu anmuthvollem Redeftrom gedffnet hatte, ihn Lieb gu gewin-
nen? Wo er in einer Gefellfdhaft von Rinftlern, von Fachgenoffer
erfchien, da zogen mit ihm Srohfinn und Gemiithlicfeit ein. Auf
den allgemeinen Architeftenverfammlungen, in den SGigungen dee
Berliner Ardchiteltenvereins, bet den gemeinfamen Kunftwanderuugen,
Die er oft mit Sdhitlern und Genoffen anfiellte, war er ftets ein
Mittelpuntt der Anvegung und des geiftigen Berkehrs; und vermige
feiner cht Humanen Gefinnung, feiner Herglidfeit und anjpruds-
(феи Befcheidenheit ein immer erfehnter, frendig willfommen gebei-
fener Gaft. Noch im vorigen Sabre, als er die Weltausitellung in
Paris befucht hatte, gab er den daheim gebliebenen Freunden in
alter Grifche und Lebhaftigheit miindlidhe Beridhte won dem Gefehe-
nen und Griebten. Dabei war er ftets voll herglider Theilnahme
fiir die Beftrebungen und die Gefchice feiner Schitler, die ihm mit
warmer Zuneigung danften, Wenn ein ehemaliger Zubirer in fpa-
teren Sahren gelegentlich wieder nach Berlin gefiihrt wurde, fo galt
gewif} fein erfter Befuch em ,,alten Stier : То tief pragte fic) fein
Bild Alen ein, die ihn fannten, fo nachhaltig war die Anhanglic-
feit, weldje We ihm weihten. Gn diefer perfinlicen, unmittetbaren
Wirkung des geift- und gemitthvollen Miinftlers lag das Gebheimnif
feines weitbringenden Ginfluffes begritndet, und deshalb fprechen wir
am Slug unferer Lebensffizze, im tritben ОМОН auf mance Бег
denfliche Anzeidhen der Gegenwart, die Ueberzengung aus, dak mit
Withelm Stier ein guter Theil des Hohen Etrebens und der veinen
Geilinmung einer edleren Beit gu Grabe getragen wurde.
	Has Relief als Winkelrieddenkmal.
	&8 fonnte uns nicht anders als ehrenvoll unb erwinfdht jer,
pak Hr. Dr. Gdardt in feiner neuliden Bejpredung ber Binkelried-
frage (Nv. 36, 37 und 38) aud) unfere dreiften Meinungsiugeriun-
gen einer wiebderholten Bezugnahme werth gehalten hat. Stimmt
ev nicht iiberall mit ung iiberein — was thut’s? Unfer Gegenftand
{abt fich wie ein Pundbild von mandherlei Seiten betvadten, und
nur ber Kampf der Meinungen firhrt zum Siege dev — Wahrheit.

Qn der That finden wir bet einem Ueberblic deffen, was wir
раша (3. 29 ©. 251—254) ju dufern gewagt, unfere Differeng
mit ihm gu unferer Freude gar nicht fo mannigfach, al8 fie manden
Refern feines WAuffazes erfcjeinen mochte. Wir hatten vorange] dict,
bag uns der Gegenftand itherhaupt fiir die bilvende Kunft grofe
Bedenfen und Sehwierigfciten zu bieten fcjeine; wir Hatten fodann
die Mtiglichfeit einer malerifden Wusfithrung gu ertweifer gefudht.
Hierauf Hatten wir — und bas mag allerdings ein Fehler gewefert
fein — das fogenannte mittelalterliche Relief abgelehnt, ohne un-
feve Griinbe Hinlinglich ausgufithren; bas einface ober antite Ielief
hielt ja aud) Dr. Gefardt und feine Hauptautoritat Garrieve fiir
ben Gegenftand nicht anwendbar. Endlich, aber аиф dann ей
Hatten wir eveninell, wenn e8 durdhans eine Statue fein folle, Gee
panfen iiber eine Liegenbe oder aufrechte Darftellung geduBert, gegen
pie fic) denn gewif Wanderlei mag einwenden Laffen. Die Mufgabe
einer Statue war thatfidjlid) einmal geftcllt, wir wollten perfudhen,
wie dicfelbe (im Gegenfag der eingegaugencn Gruppen eta ju ($:
fen fei. Die Thatface war nicht darftellbar, ein Portrait nicht
vorhanden, alfo blieb fchlechthin nur eine fymbolifce Lafung itbrig,
wie fie, beiliufig gefagt, dem Wefen dex Plaftif Durdaus nicht wr
berfpredend iff. Wir michten fogar behaupten, рав ТК die Pore
traitftatue das Stmbolifee nicht aus-, fondern einfdplieBen muf. *)
	*) Ctiwas зи weit gehend will und Hierbet die Bemertung Dr. Gdarpts
porfommen, bak man die That Wirkelrieds koum ber Gefchidte glauben tonne,’
	fteht fic) von felbft. Auferdem rithrte vow thm der am wAnfange
per Rinigsftrafe gur Feier des Ginguges des neugelrinten Kinigs
im 3. 1841 erbaute Trinmphbogen, fo wie die Zeichnumg gu dem
Schild und der Patene, weldhe die Stadt Berlin im J. 1840 als
Hulbigungésgefdent fiir den neuen Monarden in Silber ausfiihren
(68. Sm Uebrigen lag e6 vielleicht in dev Cigenthiimlicfeit Stier’s
begriindet, dag feine ideenreiche, unendlich fruchtbare Phantafie vor-
zugsweife durd) grofe, ja Foloffale Wufgaben angeregt wurde, fiir die
er eine ftets geiftolle, aber, gumal in fritheren Sabren, oft ins Ueber-
fchwinglice gehende Lifung gu finden wufte. Aus freiem WAntriebe
betheiligte er fic) an den meiften bedeutenden Aufgaben, weldje in
pen Leste gwangig Sabren irgendwo der monumentalen WArdhitettur
geftellt wurden, und die Art, in welder er Ddiefelben ergriff, Legte
pas fchinfte Beugnif fiir die uneigenniigige, adht finftlerifdye Wri
feines Schaffens ab, da er anf eigene Hand diefe geitraubenden v-
beiten unternahm, meiftens ohne fic) an den Ronturvenzen felbjt gu
betheiligen. Was die finfilerifehe Bedentung ver Stierfden Ent-
wiirfe betrifft, fo hoffen wir bald burd eine sffentlide Wnsftellung
die Gelegenbeit зи ausfithrlider Erirterung derfelben зи erbal-
ten. — Mur foviel bemerfen wir hier, bag in Ddiefen Urbeiten ein
finfenweifes Fortfdreiten und Weiterftreben unverfernbar hervortritt.
Gr felbft machte immer grifere Anforderungen an fic), war tie mit
fic) felbft gufrieden, rang immer nad noc) Vollendeterem und ar-
beitete, al wenn er die vollfte Ueberzeugung hatte, fein Werk auc
in’8 eben treten git fehen. Um gut beweifen, daf er e8 wohl ver-
indgte, feine Bhantafie in der Schranken der gegebenen Verhaltniffe
feftzubalten, mithete er fic) befonders an ‘dem Projefte zum Ham-
burger Rathhaufe, den mehr praftifden Wnforderungen, die an ein
foldjes Gebaude gemacht werden, fid) auf das Allerftrengfte gu ии»
teviverfern.

Auger der Wiederherftellung des Tuscum миф Laurentinum,
peren fcon Erwahming gefchah, fliegen von ihm folgende Projefte
yor. Nad dem Brande vom 3. 1837, der das Winterpalats зи
Petersburg zerftirte, entwarf er auf 5 grofen Bittern in den Бен
den folgenden Bahren einen neuen Winterpalaft von grogartig ver-
fdwenderifcer Phantaftif. Die bedeutenden Baupline, mit denen
Konig Friedric) Wilhelm IV. fich gleic) au Wnfang feiner Bhron-
befterqung trug, regten Stier yu vier verfdyiedenen Projeften fir den
beabfidtigten Neubau des Ooms in Berlin an, welde er anf 24
grofen Blattern innerhalb 16 Monaten (1842—43) entwarf. Bon
1843—1845 arbeitete er eine Reihe bon Movellen, weldse in geifi-
voller Weife das Minfilerleben bes 16. Sabrhunderts *in Stalien
iffuftviren. Wud) andere fchviftlide WArbeiten mehr fachwiffenfdaft-
lider, namentlich architelturgefchicptlicher QWUrt finden fic) in feinem
Pulte. Зи dew Sahren 1846—47 entftand auf 8 grofen Blattern
ein Entwurf fiir das Pefther Standchaus; fobann 1851—52 auf
ebenfovielen foloffalen Blattern das Projelt fiir das von Konig
Maximilian ausgefehriebene UAthendum zu Ntiinden, welcdhes betannt-
lich gefrint wurde. Gine ausfihrliche und befonders die Sthlfrage
in cingehender Weife erdrternde Wbhandlung fiigte dev vaftlofe
Rinfiler Hingu. Chenfo betheiligte er fic) mit einer umfangreiden
Arbeit an der KRonkurveng fiir vas Rathhaus yu Hamburg. Sein
{estes Werk war ein geiftvoller, ovigineller Entwurf fiir die Botiv-
fire зи Wien, dev auf 8 Blattern ausgefithrt, aber zur Ronkur-
reng nicht mehr fertig witrde.

Hat der Riiblic her ein fo reiches finftlerifches Leben etwas
wahrhaft Erhebendes, fo evhilt dies durd) die Erinnerung ar die
ganze perfinliche Grfcheinung des gu frith Dahingegangenen fitr Wile,
bie ihn fannten, noc) eine befondere Bedeutung. Wer forte den
fraftigen Mann mit der ewig heitere Stirn, bem feharf eindvin-
genden Blick und dem fetnen Mtunde, in weldem Gite und Wobl-
wollen fic mit Liebenswiirdiger Echalfhajtighkcit paarte, feben, obne