Sirgerchen der Tanne, ote fic) wie Kerzen ausnehmen auf ihrem
puntlen Rleide, dad frifd) aufgeworfnue Erdreich, iiber das der Pflit-
gev fdbreitet, Das wire nicht allein im Gtande, uns den 1 Dorfrith=
ling,” ben Gude in einer Landfdjaft im Charakter des fiidliden
Norwegens fchildert, empfinden gu Laffer; wenn e8 ihm nicht зи (еб
gelungen mire, etwas von dem ,,frifden Duft und neuen Rang“
mit Hinein gu legen, welche tic) unmittelbar an das Gefilhl wenden
und uns ans Luft und Licht des Bildes entgegenwelt; e8 wird ung
fo urheimifd) gu Muthe vor Hans Gude’s Bildern; 8 ift nicht als
ob ev uns entfithre ju entlegnen {%8иеи Gegenden, bei deren
Anblic in wns mufifalifche Wlforde erzeugt werden, als ob
eine Oper beginne und die Augen und die PBhantafie beide vollaut
gu thun befommen folflen, e& ift vielmebr wie ein trauter Riicblic
in bie entlegue aber fo wehl befannte Gegend der Knabenzeit, wo
fic) Grinnervung um Grinnerung meldet und mit ihnen alle ме $
ter, die wir dantal8 gelefer haben. Und das wird bewirft durch
die Poefie der Nealtiat, vie diefer Mtaler fo wunderbar inne hat.
Denn unfere innigfte Verbriiderung mit ber Matur, wenn nist Um-
ftinde entiweder dies BVerhaltnif hinderten oder andererfeits in Per-
manenz erhoben, ftammt meiftens aus der Sugendjeit; {pater haben
wir wohl viele fine Gegenden gefehen, aber wir verfehren dann
init dent grofen Ganzen, die Haireblumen, die Tannenifte, die Нее
nen Titmpel mit den Blumen daran, ein Strauch, ein Bufdwerk
— wie ift uns bas Alles abbanden gefommen! und hier fehen wir
e8 alles wieder, verflirt purd ein ber Natur Liebevoll gugewandtes
Gemiith, das Sahinheiten fieht und empfindet, fo wie e8 пих Бне
austritt. Wer unter dem Raufchen nordifder Tannen gelebt hat,
der mug ber Meifter Gude fiebgewinnen, der fie fo gu mofen ver-
fieht. Gein ,nordifder Rieferwald,  der vor einiger Beit in dem
Kunit-BVereinslofal von Berlin auftauchte, machte Senfation unter
den Runftfreunden und Kiinfilern. ,,€r hat eB пера — ев
28 — , einige fdnurgrad anffieigende Fichten{timme zu malen, die
Kronen der Baume fieht man nicht mehr; ein Weg geht gerade
durch in’s Bild hinein; das ift Wiles!  Wir glaubten an ein ca-
pricids geftelltes Broblem: Magerfeit, ja PBoefielofigteit eines +
tiv8, befiegt purd) bie Macht der Зефий. Weit gefehlt, — wir
ftanden und ftehen noch immer von Menem vor einem Bilde voll
Poelie und malevifechem Bauber. Oder will man e8 nicht fo nen-
nen, wenn inan ein Stil tiefen Himmelblaw’s durch gritne Tannen-
gweige Blicfen fieht, wenn die Iebten matten Whendfonnenftrahlen wm
pie rithliden Tannendfte fpielen, wenn fic) ans den eingeln und
Licht ftehenden Stammmen eine Durchfidht sffuet auf eine reizvolle
Serne mit Havfern auf gqriinen Mtatten, mit Gewaffer und begren-
zenden blauen Hligeln? Sit da nicht am Wege eine fammtwangige
frifee Landmaid, und bellt nicht jest ihr aufmertfames Hidden,
bak man meint, e8 hallen gu hiren? Wir alle fennen den braunen
Nadelgrund, ber die Sohle glatt mat, vie granen Зее пи
Movs garnirt, das man fic) fo gern abkebt, um e8 angefeuchtet in
grofe Mtufceln gu legen, damit man die fammtene Waldfarbe und
den Duft im Zimmer habe, die rothen Haideblumen, die Waldwege,
aus denen die Wurzeln, die Qebensadern der Baume, hervorlaufden.
Фед ift das Wes fehr einfach. Aber e& ift Poefie Hinein gelegt
bis in’s Reinfte, bis in jenen Tannengweig, und ob fie nidt auch
in bem Hauptmotiv, dem Hinausblid aus dem Walde, wo die legten
Baume ftehen, liegt!

Das Norwegifdre Hochgebirge hat auch diesmal wieder mebrere
tiihtige Darftelfer gefunden. Unter ihnen fteht A. Leu mit einem
umfangreidhen Bilde, einer ,, Norwegifdhen Hochebene” obenan. Der
Standpuntt ift auf dem Gipfel bes Hochgebirges. Weithin erftredtt
fic) dev granitne Mitden, und wie aus der Vogelperfpeltive fdhauen
wir feine cingelnen Auslaufer, srifdhen diefelben gefchnriegt die blit-
zenden Sjords, und am fernen Horizonte die Gilberftveifen des
	 

Meeeres. Rings in ber Mahe umgeben uns Cisfelder und Gletfder;
der ditrre Boden tragt nur Haidefraut, Mtoos und Geftritpp. Gin-
famfeit und Stille fo meit man blict, nur ein paar Rennthtere be-
leben ben Borgrund. Bu diefer Hohe ift die Luft Har, vein und
wie von fchimmerndem Glang durchwoben. Wtan glanbt fie zu athe
nen in voller Bitgen, und die Bruft weitet fic) und das Herz mit
ify in der grofartigen Herrlichteit der Natur. Ram e8 dem Kinjt-
fer hier nicht auf ein Bild, fonder anf ein miachtiges Panorama
an, fo hat er im einent anderen Werfe, das ev ,,deutfcje Waldland-
{haft  benennt, nur einen beliebigen Ausfanitt ans der Natur gege-
ben, allerdings imit der Energie und Forntengewalt eines Meifters
hingeftellt, aber feinesinegs fchin im Motiv, vielntehy durch ein gu
abfichtliches Ausgehen auf vie Aufalligkeit des evftheften Griffes in
der Wirkung beeintrachtigt, Morten Miller hat wiederum dent
сопло ен Norden die Motive zu swei Bildern entnommen, die
von einem gefunden Realismus jeugen, Тех jedod) nod) nicht gur
Ruhe und Harmonie eines feften Siylprincips fich gelautert hat,
Die ,, Norwegifche Waldpartie” ift vortvefflid im Oanptmotiv, aber
durch gu viele fleine Nebengedanten geftirt und augerdem nicht gu
einem Зое abgefdloffen. Chen fo wenig vunbet fic) die ,, Moriwe-
ое бои“ zu einem in ИФ gefammelten Gangen, und wir
diirfen hier wohl, Angefichts eines tiidtigen Talents, oer Befitrd-
tung Worte leihen, da die jungen Diiffeldorfer Rimnfiler fic зи
feby an die Naturgufilligheit verlieven gu wollen fcheinen, 208 die
forafaltige Naturbeobadhtung und gewiffenbafte Detailfiudien in der
Landfchaft wie tberall die Grunbdlage bifven mitffen, aff aber die
wabre Kunft exft ba beginnt, wo Orduung, Plan und Cinflang ver-
fdhiedener Gingelmomente fid) geltend madt. Wir fonnen fitglid an
einen anberen Mieberrheinifden Meeifier evinnern, an den gefdigten
RKoekfoe! von Cleve, der chenfalls mit gwet Bilbern unfre Wusftel-
{ung befchict hat, einer ,, Winterlandfdhaft im der Umgegend von
Gfeve  und einer ,, Gebirgslandfchaft im Chavafter der Mtofel.  Wud)
R. geht von der unmittelbaren Anfdauung einer beftimutten Wirt
lichfeit aus, in deren Darftellung er mit gréfter Trene verfahrt.
Aber wohlweislid) verfibrt er mit Umfidht bei der Wuswahl; ev
(АВЕ Ме Natur felber componiven und bringt fie nuv in folder
Berbindungen und Geftaltungen zur Evrfcheinung, wo fie intereffante
Motive Мер und fich als gefdloffenes Bild giebt. Das weif ex
Han mit allem Zauber einer liebevollen Detailausfiihrung uns itber-
zeugend vor идеи зи fiellen, fo 508 их von dev Teibhaftigen
Wahrheit ergriffer und entziidt werden. Oas Beifpiel des Meifters
ift fliy mehrere andere Ritnftfer beftimmend geworden, und fo finder
wir bon 3. B. Klombed in Cleve eine recht warme, poetifdhe
, Valolandfdhaft, von einer dortigen Riinftlerin Anna von Sanz
did eine ebenfalls recht evfreulide Qandfdjaft mit Cichen, und felbft
per Berliner 3. Otto legt in feiner ,, Winterlandfdaft” ein mit
Feinheit und SGorgfalt vorgetragenes Beifpiel vom Cinflug der
Roeffock fen Ridtung dav. Von Manier aber fanu hier defhalb
nicht die Rede fein, weil ein treued Wnfehliefen an die Natur als
Grundprincip diefer Darftellungsiweije erjdeint.

Unt wieder zu den Ditffeldorfern zuvitcfyufehren, nennen wir
gunidft © Bodom mit einem ,Norwegifden Rieferwald,” worin
bei feiner Durehfiihrung ves Motivs und befonbders reid) abgetinter
Luftperfpective fic) ein Streben nach Rundung geltend macht, das
indeR nod) durd) gu viele jerftvente Cingelheiten anf hatbem Wege
feftgehalten wird. Dagegen mug Mt. Larfon’s ,, Norwegifde Land-
fhaft mit Wafferfall als ein ausgeseicjnetes Werk, in weldjen
reale Kraft fic) mit poetifdyer Tiefe der Empfindung verbindet, bez
zetchuet werden. Фиг einen Fichtenwald, in deffen Grunde {бои
обеньйфе @фанен fich angbreiten, fiiirzt itber Rlippen und Fels-
blice fchdumend ein frifeyes Gebirgswaffer gx Thale. Dammuung
	Hilt fdon zum Theil die in Schaum und DOujt gerftaubenden Flu-