fogar entfchlieBen, bie Mitclreife angutveten, da Die еее 98 gu
einer Rleinigkeit gufammengefdhmoljen war. Sein Schmerz war un-
endlid), Stalien verlaffen зи miiffer, ehe er Rom gefehen. Wie
hatte ev fich gefreut, feine Bltce auf die erften Werke des griechifdjen
Meifters yu hefien, die Geimilde Raphaels anvidtig зи betrachten
und die Meeifterftiicke Mtichelangelo’s freudig anjuftaunen. Зи dem
lestern fiihlte ev fid) befondevs Hingezogen. Gegen diefen Schinerg
fame die Enthehrungen nicht in Betracht, теней ev fic auf der
weitere Retfe, bie ihn guvitdfithrte, untersiehen mufte. Cuthldpet
pon allem fam er nach Bitrich. Hier wanbdte er fic) an Galomo
Gefner, der gugleich Sdyllen dichtete und malte und fleqte ifn feine
Mappe mit ovriginellen Beidnungen vor. Diefer verfdaffte ihm
fitv fie einen Rinfer und fo fah fid) Carftens in den Stand це
fest, mit einigem Unfiand nach Vitbedd gu reifen. Hier lies er fich
nieder und [еб von Portraitmalen, fo fehr fic) auch dagegen feine
Hihere Kunftanficht ftraubte. Er erquictte den Geift nur am Wbend,
indem er al8dann zeidbnete, was ihm ald fitnftlerifche Boee aufftied.
Garftens verfehrie hier mit dem Fabeldichter Overbeé und mit
manchen Meinnern, die aus ver flachen Gewshuticfeit hervorragten.
Gr legte fic) eine tleine Bitcherfammlung an und {a8 in den beften
Ueberfesungen den Homer und die Tragifer, Offian unb Shatfpeare,
er erbaute fic) an Rlopftod und Leffing und ftudivte Wineelmaun
und Rant. °

Was er [а8, geftaltcte fich ihm gum Bilbe und er hatte nicht
Reit genug, alfes al8 imalevifehe Rompofition аибизеиеи, was
feine Sdhspfungsgabe machtig anvegte.*) C8 war damals, als ein
nicht unbefanuter Mtaler**) fich Magend dahin duferte, ev wiffe, wie
man, aber nicht was aman malen jolle. Die RMinftler in der Wha-
pentie jaben nimlich unr anf das WeuBerlide, fie verftanden fic
	nur anf das WDeachwert, den Kontrapoft, ven Hegenbogen der Palette.
	Shrent Pinfel geniigte meift ein Vortrag o}ne Gedanfen; bas war
bet Carftens ganz anders.

Bu feinen Freunden gehirte etn RMathsherr, der ihn beftimmete,
fidh nach Berlin iberzufiedelu und der grofmitthig еше @фиьен
bezahlte, ми alle Berbindlidhfeiten mit Vitbe gu lefen. Carftens
ward von dem Profeffor Mtorikg empfohlen und diefer erfannte bald
feinen ganzen Werth und erfannte in ihm einen geiftveidhen Lehrer
per Wfademie. Cr jtellte Ши dem Peinifter von Heinig vor, der
von ifm einen Fefifaal in feinent Palais malen lief. Mori
hielt die Biguren, Ме Heiterfeit und Sreude lehren follten, fiir bee
pentfam genug, um eine Befchreibung aus der Feder des betheiltg-
ten Baumeifters ***) einem Buch itber Oruamentif einguverifetben.
Carftens ward als Profeffor angeftellt und ertheilte feit 1790 cine
Beit Lang den Untervidht in den Ghpstlaffen. Wir haben das Zeng-
nif eines danfharen Schiilers, der ihn als den eingigen Zeichenlehrer
bezeichnet, dev auf der geiftigen Gehalt ver Antifen hinwies.7) Фит
pie gelteferten Wandgemilde tourbe ber Rinig auf ihn aufmerffam.
Sn einer Unterredung, bie ev dem nicht mehr jungen Rinfiler ge-
пабе, verfprad er ihm ein Stipendium fiir Rom, damit er der
Afabemie Риз еше Фи дм madhenden Erfahrungen im Bereich
rer Kunft niigen fnne.

. Carftens war 1792 in Rom und fah nun die erfter Kunft-
werfe ded Ultevihums und des Mittelalters mit eignen Augen. Dies
setate fic) bet einer WUntife, um derentivillen ev oft den Plak vor
bem papftlicjen Palaft befuchte. Hier ragen dic beiden Foloffalen
RoKbindiger, nad) der Gufehrift: Werke bes Phidias und Praziteles.
Da fiir den Kenner ver alten Runftgefchicite e8 der Wugabe an
	*) Bur Kunftausftellung 1788 fcidte er eine Sahl Zeiduungen nad) Verlin.
**) Wilhelm CTifGbein, Goethes Freund.

*#*) Sohann Chriftian Genelli.

+) Qubwig Wolf
	Usmus Carftens*) wurde bei Schleswig in der Mitte des
vorigen Sahrhunderts geboren**) und gwar wie Rembrandt in
einer Waffermithle. Cine forgfaltige Grgiehung fonnte ihm nicht
gegeben werden. Die Mutter hatte jedod) Sinn fiir Gdles
und unterwies Den Gobhn im Beichnen, fo qut fie e8 verftand. Wis
per Tleine Carfiens fculfahiq war, verlies er jeden Taq Morgens
bas witerlide Haus, um Nachmittags таб guvitdyutehren. Das
farge Wtittagsbrod wurde ihm mitgegeben, Das er im Gommer tm
Dom verzehrte und dabei mit Liebe und Andacht die alten Kirdenbilder
betrachtete. Boll der Kunftanfdauungen fam er nach) der Schule und
widmete darum dent Lehrgegenftinden wenig Wufmerffamfeit, wes-
halb er fiir befehvantt gehalten wurde. Die Wtutter wollte ifn bei
einem Runfimaler unterbringen. Dergleichet gab e8 in Schleswig nicht
ее und dtefe verlangten eine Penfion oder wollten, bag der Sdit-
Ler drei Sabre hindurd) fic) der Oienfte eines gewihuliden Wufwidr-
ters unterzige. Carftens faut nach Riel, in eine Weinhandlung,
Hier fand er Gelegenheit, manches gute Bild gu fehen umd fiihlte fich
gedrungen, Whends eifrig gu zeichnen, indem ev eigne Erfindungen
entwarf. Unter ben Kunden, die die Weinftube befuchten, befah ein
Udvofat feine Zeichnungen mit Butereffe пир мех таб in ihm
pie Luft rege, паб Copenhagen gu gehn, um fic) als Schiiler in
pie dortige Whademie aufnuehmen зи Пат. DOtefe gehirte vamale
au den anfehnilicften und hatte liber grifere Mitte! gu verfiigen als
irgend eine andere. Ohne viele Schwierigheit gewann Carftens
Mufnahme.

Gr atte von der gefeierten Munftanftalt — fie befteht min
bundert Sahre — fic) einen bdurchaus anderen Begriff gebildet.
Hier war vas Erfinden und Selbftfdaffer verboten und e8 wurde
nur auf genaueds Nachzeichnen gefehen. Gr fah bald, bak aud
ple Lehrer fich nicht viel tiber dad Portivaitiven und Copiren ver-
ftiegen. Widerwirtig war intr das Beidnen nach dem Lebenden
Modell, ba diefes die gewagteften ungewshulidften Stelungen an-
nehmen mufte, angenehm nur der Untervicht пи Зое ей, movon
er bis dain поф ше Яспинив hatte. Er war nicht mit den
Rehrern gufriedenr und diefe nicht mit ihm. Sie evflirten, daB er
nie ein orbdentlicjer Maler werden finne.***) Denno guv Ermun-
terung erfanuten fie ihm fitr eine miihjam gefertigte Zeichnung den
Preis per filbernen Mtedaille gu. Er aber wies ihn guriid, davauf
hinweifend, dag der Verwandte eines Profeffors fiir eine fcplechtere
Beidnung die goldene Medaille erhalten habe. Natiirliche Folge
war, dak man ihn aus ber Wfademie ftieh, was фи feinen -Gram
perurfachte.

Glithende Sehnfucht vief ihn nad talien. Gr naihrte die
Hoffrung, dak, wenn ev det Flaffifden Boden betrete, ihm das Wefen
per Runft fic) von felbft сте, da dort Unerfennung feinem
Streben witrde gu Theil werden und gugleid) die dupere Moglich-
feit, dem Biel des Ruhmes mit ungefrinttem Muth entgegen gu
gehert, Mit einen jiingeren Bruder, dev fid) auc) der Malerei wid-
mete, aber bor ihm ftarb, ergriff cr ben Wanderftab. Mit gerine
ger Baarfehaft famen fie nad Stalien bi8 Mantua. Wsinus
Tarftens fchwelgte in ber Hervlidjfeit der ihm gebotenen Kunjt-
fchage. Die Bewunderung gab реш Begeifterten Muth, felber zu
fchaffen und gu erfinden, und Kraft, wahrend der Reife ftets gu
zeichnent. Зи Mantua entgiidten ihn die Wandgemiilbe Giulio Ro-
панов. Uber nuv Визе Beit fonnte er hier weilen, ev mufte fid
	*) Reber hes Kilnfilers Wsmus Jacob Carftens. Bon C.F. Fernow. Leipzig
1806. 908 Titelbild das Profil bes Nealers (ver fich 3. Carftens fepried) nad)
Fernow s Zridmung geftodjen von H. Lips.

*F) Um 10. Mat 1754 in St. Gilrgen, einem Dorfe in Sdleswig, geftor-
ben in Rom am 25. Mat 1798,

xe) Namentlid AWbildgard.