defer atmr- Dentfhen RKunftbhlattes. Sonnerftag, den Le, Whril, Subalts Don Pebvo Calderon be a Barca. I. Calderon und Heine. — Beitung. Weimar. — Cine Warnung. Hon Pedro Calderon de la Haren. I, Calderon und Heine Berehrter Freund! Bet der beweglidhen und beinah haftigen Ritftigkeit, mit welder fest Sramatifche Wrbeiten in den Vordergrund der literarifhen Gricheinungen treten, diirfte e8 wohl Shnen und unferen Rejern nicht guwider fein, wenn wir ecinmal von ber Bee fprechung neuefter litterarifdher Produfte uns ab- und einigen Betradh- tungen iher einen [ngft biftorifch gewordenen Gegenftand gumenden. Bon unferem Zwed, nach Kraften auf die Grfenntnigk, Wiirdigung und felbft Schipfung des Gefunden und Lebensfihigen in der neueften Kunft einguwirfen, werden wir Dabet faum irgend abweiden. Die oft wiederholte und nenerdings andanernde. Veftiire von Calderons DOramen, verbunden mit dem Hanfig daran gefnilpften oramaturgifcjen Gefprade in unferem Freundesfreife, haben einer Reihe von Bemer- tungen GEniftehung gegeben, deve Verdffentlichung nad den vovr- handenen in vteler Begiehung vortrefflichen fritifchen und hiftorifden Werken iiber Calderon, ihr Buhalt felbft bet Shnen und dem Lefer cechtfertigen muf. Cine бетоне Orouung und DOurddhfiihrung ves Stoffes wiirde vie Arbeit aus den Grenjen des iteraturblattes herausjdlagen; geftatten wir uns baber einen gwanalofen fritifchen Gang durd den Zaubergarten bes Dichters der Semiramis. Die Ucherfehrift, welche diefe Beilen tragen, zeigt Bhuen, рав id) gleich heute von diefer erbetenen Zwanglofigteit freien Gebrand made. — Bon Calderon gu Heine fcheint eine hiftorifce Capriole gu fein; ja mander wird darin einen literarifden salto mortale erbliden: den Dichter dev Katholicitat und der Snquifition mit dent Dichter der Frivolitdt und der Revolution gufammenftellen! *) Und рф hat diefe Zufammenfiellung ihren pfychologifd) nothwendigen Grund in einem Wit der Vorfehung, in einer hiftorifchen Besiehung Heider; fie fiehen beide an den Pforten ihres Sahrhunderts, thre Lebensfahre zahlten mit denen bes Sahrhunderts, jeer de8 fieb- zehnien wie diefer ded neunjehnien **) Und wenn mir an diefe tufere Veranlaffung die Wbficht Mniipfen, hier gugleich die Pfliht gu erfitllen, ein wenn auch uniwillfiirlic) gugletch rvichtendes, fo doch im- merhin danfended und liebevolles Gedentwort an die Manen Hein- rich Heine’s zu vichten, fo hat der weitere Verfolg diefer Bufammen- ftelfung deffelben mit Calderon bod) nicht in diefer БЕ обет det Grund und die Berechtigung. Bielmehr verfovicht diefe Zufam- menfiellung, welche allerdings weit mehr Gegenfage als Gleichungen *) So fauten factijd exteeme Urtheile itber betbe Dichter. **) Ueber ben Geburtstag Beider hervidht indefjen nod) ungefchlichteter Streit verg!. Saad und Tidnor in deren Geld}. der fpanifehen iter. iiber Gatberon: eben jo ift die abweidende Dativung der Revue des deux mondes peitidje Blatter iter Seine befaunt. en Vtterature Blatt Darbietet, eine reiche Wusbeute an den fehlagendfter Elementen fiir die innere Charatteriftit beiber Didter; wenn je Gegenfage dazu dienen finnen, ihre gegenfeitige Rlarheit gu erhdhen, fo ift e8 bier in fo hohem Grade der Fall, als bas Mook ihrer Entfernung un- endlich grof ift; und wenn man je fid) verfucht fitblen fernte, das Wefen der Poefie irgendwie nad dem objettiven Snhalte, oder nad Der fubjeftiven Michtung gn befchranten, fo wiirde ein Gli anf biefe beiden Extreme, welche dod in vollem Mange den Werth und bas Wefen wahrer Dichtung anfprechen, itberaus lehrveid fein, von ber faft unendlicen Weite Der Grenzen einen deutlichen Begriff gu geben. Die Entfernung von zwei Sahrhunderten, der Unterfdied der ipanifden und ber deutfdhen Nationalitét, der Ratholicismus und ber Proteftantismus, das Whttelalter — denn Calderon gehirt garg in baffelbe hinein — und die moderne Beit, ftreng firdlides und frei weltlides eben, Orihodoxie und Libertinismus, das find bie Gegenfike, welche fic) in Calderon und Heine indivioualifiven; aber fie alle reichen bei Weitem noch nicht hin, den imneren Gegen- fag diefer betden individuelfen Naturen erfchdpfend zu chavatterifiren. Dennoch haben beide Нее Эйде ег берем пи Gaben und ев fiungen; beide find wahre Dichter in dem prignanten Ginn der Srhebung iber die Profa des Lebens, beide find Momantifer, beide glingen vorwiegend und werden ftets auch bon den entgegengefebte- fier Barteien bewunbdert werden, wegen der Bracht und Melodie, mit einem Worte wegen des Raubers threr —- Fort. SGowohl alS Urjade wie als Wirkung ihrer verfchiedenen а turen Haber wir gunichft dads fo villig abweichende Lebensidhidfal beider gu betvachten. *rith war Calderon ein Dichter. Sdon in fetnem dveizehnten Sabre foll er ein Stik gedichtet, in fetnent neunjzehnten Wnerfennung und Iuhm in Spanien gefunden haben; alS ey 25 Sabre alt geworben war, trat er, nach Vollendung feiner Studien in Mathematié, Philofophie und Burisprudenz, aus Nei gung in den StaatSdienft und wurde — Goldat; er fimpfte in Sialten und in Den Niederlanden gegen bas nach Befretung ftre- bende Volk. — Wuch Heine war frith, weil vou Natur ein Dichter; aud) ev atte in der Blithe feiner exfter Mannesjahre Neigung, fiir dad Wigemeine zu wirfen, aber er wurde das Entgegengefegte pon einem treuen Golbaten, ev wurde — Demagoge. Calderon war ein perfoulicher Giinftling des Rinigs, der ihn ans dem Kriegs- bienft in den Palaft berief; Heine, ein halb fretwillig, bhalb noth- wenbdig Cyilivter, ein Slichtling aus dem Stant und Baterland, wie {chon vorher aus der vuterliden Religion; jener lebt ein ruhiges, friedliches, an dem Hofe gehegtes fretes Leber, diefer war unftit und fllichtig in feinem Leben und Thun; beide waren bald beriihmt, aber jener verehrt und belofnt, ег пит bewundert und verfegert, und — verlaffen. Зи feinem cinundfunfzigften Lebensjahre trat &. in einen geifiliden Orden; er ward Geiftlider und evhtelt in 8