Siteratur-Dlats
		DOonneritag,
	Hentfhen Sunfiblattes.
	Subalts Konig Serome’s Carneval. Gefdhidtlider Roman oon Зенит Kinig. — Эа 5 „Леш Lrebden” und fetne Parteigduger. Hiftorijder Roman
aus der lebten Halfte des 18. Sabrh. von W. Badmann. — Nene Sridheinungen. — Beitung.
	 

feinen миф аЩеи dentbaren Borgiigen begabten, mit impertinentem
Gliice ausgejtatteten Helden als Bindungsmittel fily feine Gefdhich-
ten und belohnt ihn fiir diefe Gefalligheit mit eimem Bertherver-
Halinif, Das ev ihn erleben Lapt, das er aber БАБ beiher abthun
mug. Die verfchiedenfien Rreife und Perfonen dienen nicht ihm als
Hintergrund feiner Sehidfale und feiner Gethatiquag, fondern er
dient vielmehr gum Objeft, wm fene zu beleuchtens er wird die
Wand, an der alle itbrigen Perfonen fich abgeicjnen, vex Faden, auf
weldjen fie und die Dinge aufgereiht erfcjeinen, die marither viel
intereffanter werden, als ev felber gu fein im Gtonbde iff. Denn
wenn wir Sohannes Niitller, Hans von Billow, den Kapellmeifter
Reichardt, Nathuftus und etme Menge anderer hiftorifeser oder be-
riihmter Perfonen mit ihren Sntereffen und in ihrer Weife anf.
treten fehen und ferner von Зацени wie den Sretherrn von Stein
u. a. berichten Hoven, was ift uns damn der Doktor Hermann
Teutleben aus Halle! E€8 fommen unbedeutendere Perfouen vor,
alg er, feine ®vage, aber fie haben alle mehr еб. Gr
nur ift ber Stoff, ver Gauerftoff fo gu fagen, Аб, ИФ mit
Alem, felbft mit dem Widerfprechendften gu verbinden. Er ift ein
licbenSwiirdiger Simgling, Der Heute mit Hof und Adel, morgen mit
Gelehrien, dann mit Freudenmaddden, dann in ehrlichen Bitrger-
familien verfebrt, iberall beltebt, ja von allen Damen geliebt, iiberall
gleid gu Hauje, aber outch iiberall eigentlid) — itherfliiffig. Gon
feinen geiftigen Pihigheiten wird mehr gefproden, als dag er fie
zeigt; ev hat aber den grofen Borgug einer einnehmenden Geftalt,
bejigt eine grofe Chrlichteit und Gutmilthigkeit und fommt damit
nad Raffel, um am Hofe ded Rings Jerome fiir einige Beit zu
privatifiren und fein Gliic gu verfuchen. Zum Spion der geheimen
Polizei, fpater gum Gemabhl einer fritheren Geliebten des Rinigs
Rerome auserfehen, witrde er in feiner blinden Zutraulidfeit und
Unbeholfenheit unfehlbar jedesmal in die Falle gehn, ware er nicht
an einige beutfde Familien empfohlen, wo fluge, einfidtsvolle Frauen
fic) flix ihn inteveffiven, Фи warnen und auffliren. Durch feinen
Berfehr mit der deutch gefinnten Familie Neichardis und Sohannes
pon Meiiller fteht ev mit den Hoffuungen ves unterdvitdten Bater-
andes, Durch feine Verbindung mit den hichften Staatsbeamtert
Serome’s mit den Bntereffen der Frembbherrfchaft in Bezichung, und
wir folgen thm bequem in die gehetmen Gerathungen beider Par:
teten. Mebenbet lernen wir durch ifn nach und nad) alle galanten
Damen am iippigen Hofe Serome’s fennen, die fammtlich in ihn
verliebt find. Gein Sdealigmus fiihrt ihu itherall an dergletcher
Klippen vorbet, verleitet ihn dagegen gu einem Berhaltnig, welches
aud nicht anders al8 unfittlich genannt werden fonn; denn feine
Liebe gu Lina, der Frau feines Freundes Ludwig, wie wahr und fein
gemadt in ber Schiloerung und Entwidelung, ift immer dod) ein
foldes und ex hatte fid) thin entgiehen mitffen. Sein Freund, welder
der ungetheilten Liebe feiner Frau vollfommen wiirdig ift, ftirdt би
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	Konig Ierome’s Carneval.

Фиби Roman von Фенияф Я510. In dret Theilen.

Leipzig, F. W. Brochars.

Gs ijt feinen Augenbli gu laugnen, daf die Wirthfdaft an
Dem chevaleresfen und leichtfertigen Hofe des 98188 Зетоше von
Weftphalen nicht ein ОВ intereffantes Sittenbild gu geben vermidyte.
Wie eitte wanbdernde Schanfpielertruppe famen fie an, fdlugen die
Bithue auf und trieben ihr bumtes Carnevalfpiel. Dann wurde
Ailes wieder abgebrocen und der niichterne Zopf fehrte yuri. Mean
glaubt ju traumen, wenn mon in diefe bunte Welt voll gleihwohl
meiftens befannter und hiftorifdjer Perfirlichfeiten fchaut und fic)
pan erinnert, dag diefer Iuftige Carnevalstinig derfelbe Pring
Serome iff, vou dem nod) vor Kuvzem die Zettungen mit Eifer mel-
peten, wie сх im den Tuillerien gu Paris gefdjlafen und wie oft er
Medizin genommen habe.

Man hat ficr Mithe gegeben, fiir diefe Arbeit des gewandten
und beliebten Schriftftelfers, welde er felber einen hiftorifden Roman
nennt, eine befondere Gattung anf dent Gebiete der poetifden Dar-
fteffung gu evfcjaffer, allein wir milffen befennen, dag wir darin
nicht mit fonnen. Der Berfaffer felbft macht auch diefen Aufprud
nicht, fordern im Grunde einen hsheren, eben indem er einen bifto-
тет Roman geliefert haben will, Bt vies nicht gefchehen, fo
fehen wir nicht cin, warum ihm daraus ein Berdienft gemacht wer-
pent foll. 68 giebt mandes an dem Bude gu (oben, nur das nicht,
Dak e8 wich iff, was eB fein will. Man tana nidht fagen, Фо das
Gebiet vex Memoiventiteratur bet uns ganz befonders angebaut ware;
wir ftehen nidt an, dad fiir fein fehr grofes Unglitd gu halten.
Diefe Gattung bleibt cin Bwittergefdlecht. Sie ift weder Gefchidte
nod) Poefie, aber fie ijt eine Sundgrube fiir Beide, fofettirt auch
mit Beiden. Sie tiberliefert eine Menge von Thatfachen, fie verrath
eine Fille von Kouliffengefchidjten, aber fie thut e¢ einmal mit fer
fubjeftiver Firbung, anbdererfeits befleipigt fie fics gwar einer mig-
ПОЙ poetifchen, mindeftens einer augenebiten, amt meiften indeR einer
pifanten Darfteltung, aber fie enthindet fic) von den ftrengen Regeln
per Hinftlerifchen Rompofition.

In dem vorliegenden Werk haben wir e8 eigentlid) mit Ne-
moiven 3u thun, oder, wenn man will, mit cinem WMittelding gwi-
fen Memoiven und Roman, in fo fern naimlich gwifdhen ciner Reihe
vor ftetlenweife faft tagebudjartig aneinandergereiften Hof- und Zeit-
gefcichten eine Тебе einfache Hergensgefchidte purdgeht, welche fir
fic die Bedeutung in Anfpruch nimmt, als fei fie der Roman auf
Hiftorifcent Hintergrunde. Es iff nicht in Wbrede gu ftellen, daf
Diefer Romanftoff, wie einfad) immer, dennoch ausreicjend und be-
Handeluswerth fei, mur foll das Lebteve anc) gefchehen, und der
Dichter foll e& aber auch davauf anlegen, ihn finfilerifd) gu feinem
Rechte gu bringen. Diefes gefchieht nit. Der Dichter braudht

 
	iterate Blatt.