oft uber Gebiihy Yervor. Sch Linnte mich anheifdhig maden, Bei-
fpiele Hiefitr beinahe in jedem Stiice nachguweifer, um fo weniger
ift e8 wohl ndthig, welche anjufithven. Dak oft and) nicht blow die
Ausdehmng, fondern ver ganze Suhalt per Scene ganglich iiber-
fliiffis ift, d. h. webder fiir den Fortgang der Handlung, noch fiir die
Entwidelung ver Charattere (iiberhaupt die fdwidh{te Seite C.’s)
bon irgend welder Bedeutung, ift ebenfo gweifellos; wir fihren pa-
Пу nur die Ciferfudhtsfcene gwifden Decius und Benobia (in dem
gleihnamigen Stitde gegen bas Ende) an, eine Scene, welde and
nicht den alfermindeften Bwed hat, wenn man auf das Gange fieht,
bie den Gang der Handlung дтареуи unterbricht, feinerlei Beredhti-
gung und Refultat hat, und nur in bem ysllig undramatifden Stree
ben Calberon’s, in jebdem Stitce wo miglich alle dvamatifdjen Motive
gugletch gur Grfdbeinung gu bringen, ihren Grund fat. *)

Diefer Mangel an einem pofitiven einheitlichen Zufammenhange
geigt fic) aber bet weitem nicht Бо пи Bau der einjelnen Scenen,
fondern eben fo fey in der ganjen Rompofition ber Stitde. Gs
treten auch bier felten offenbare инь jftirende Fehler hervor, aber
es fehlt meift an der Snnighit und Stetigheit de8 fortfchreitenden
_ Brufammenwirfens ber Gcenen, vollends der Wfte; nur wenige Stitde

evheben fic) gum Wufbau einer totalen Wirfung; mwabrend in ande-
ren, 3. B. in der Déartamne oder Ciferfucht das gripte Schenfal,
grades die Verwidelung preimal faft bis sur Lofung gefiihrt und
dann durch einen neuen WUnlauf immer wieder ganz von neuem her:
beigefithrt wird, unt endfic) durch einen Bufall gu fdbliefen, der mit
der inneren DBegebenheit des Stiices nur den duferlidften Zu-
fammenhang hat.

Diefe Vortiebe Gatberow 8 fiir die felbftindige Wirfung der ein-
zelnen Geenen iff e& wohl befonders, weldhe den grifter Fehler in
Bezug auf die Redeform in feinen Oramen herbeigefiihrt. Zundehft
hat das Streben, inimer fchin, edel und gefallig gu fein, eine ging:
lid) uncharafteriftifde, gleichmigige Sprache zur Folge. GSobdann
weil immer und Whes und Sedes fchdn gefagt fein foll, entfteht eine
unnatirlihe Geziertheit, eine phantaftifche unfinnliche Ucherfpanntheit
per Rede. So 3, B. in der in unferem стен Wrtifel (Mtr. 8) an-
gefiihrten Scene; went man fcjon den Gebrauch des Gonnettes ale
Form ver Untervedung gweier Menfcyen hingehen lLafjen will, weil
dies gwar eine vollig undramatifce, immerhin aber bedeutende Lyri-
foe Wirkung der Poefie in fich fdjlieBt: fo werden uns doch die
Bwifdhenreden, weldhe dort zugleich gewedhfelt werden, als Eleinliche
Worttramerei, als eine eben fo wenig poetifdse, wie natiirlide, в
пеш verniinftigen Menfdhen angemeffene, fondern gradesu findifce
Redeweife erfceinen. — Wm weiteften entfernt fic) dte Diftion bet
Calderon von dem dramatijden Zwect und der entiprechenden Form
ba, wo jene langen Reden im Dialog eintreten, welche den yubsren-
pent Schaufpielern miiffen den Wthent.verfegt haben. Das fpanifce
Publifum aber erfreute fich fider on der ganz ans{dlieflid) orato-
rijchen Wirkung. Wes was fich fv uns Gutes und Uebles mit
реш Begriff des Oratorifdyen verbindet, nas fommt diefen Reden
gu, ganz befonders aber der Gegenfag gegen das Charatteriftifde und
Dramatifde, und genau erwogen: die relative eerheit des Inhalts

 gegen die Giille der Form. SGegen diefe Behauptung wird nun fret-
Vid) das ganze Heer der Lobredner Calderon’s mit Macht aufftehen ;
aber id) finde, da alle diefe Lobredner ihre Urtheilsfihigteit zu ver-
Tieven fcheinen, wenn fie bon den Dialogen deffelben veden. Wud
v. Schad, уе ver grindlichfte Renner Calberon’s unter uns Deut-

 
	*) Denfelben Prangel an gulammenhangender Ridjtumg bes Drama mit vor-
wiegender Midfidht auf bas Ergreifende der eingelnen Geenen fahen wir in
neueren Seiten 3, B. im Feder von Ravenna, Ниной пи Эмс hen beftojes
nen Beifall bes avoGen Bublifums ernten.
	 

 фем, сиб ev lagi fic) gumeilen von der Girene der IMhetorif ver-
focen. Gv fennt alle Fehler diefer Diktion, er weife ,,da wird jedes
Bild (und bas Zufammentreffen der Objette ift Hierbet Nebenfache)
fo lange gehest, ale fic) nuv irgend cin Vergleichungspuntt auffinden
(aft; ja e8 werden Bilder in Menge herbeigeholt und, wie in phi-
lofophifcjen Abhandlungen, formlid) vegiftrivt; es werden Grirterun-
gen von einer Spibfindigheit und Gubtilitdt angeftellt, роб Пе einem
Ооо ет Ehre machen witrden.*) Dak hier Unnatur herrfeht,
daB hier Vieles zu Tage fommt, was dent reinen Style er Pvefie
guwiderliuft, foun felbft die ausfdweifende Bewunderung nicht in
Mbrede ftellen...., ex treibt biefe berwerflicje Redeweife (ben Gon-
gorismus) auf die Spike; er vereinigt die metaphhfifchen Schndrtet
und herglofen Gritbeleien, weldie in dem беги der alten бане:
nerves as wahre Gefiihl faum auffommen laffen, mit den raffinirten
Gedanfen, dem Bilderwuft und der Untithefenfcht der Mariniften
und fiigt nod) den hochtinenden Bombaft und die Wffettirtheit ves
Estilo culto hingu.... Wir haben Hier etwas Opern- oder viele
mehr Ballethaftes, was uns jeden Augenblic evinnert, dak wir fein
poetifdjes Whbild der Natur, fondern eine abfichtlide, anf unferen
Applaus angelegte Schauftellung vor uns fehen.” Und dennod
fommt felbft ». Gdack oft gu jener ansfhweifendften GSewunderung.
Wir mitffen wiederum unfere Lefer gu Michtern anvufen und ihnen
Deshalh ein Beifpiel wahlen. Rein gemeines, fondern ein Боде:
priefenes, wieder aus dem ftandhaften Bringen; voran ftelfen wir
das Urtheil ». Schad’s liber die Scene; (unfere Lefer exinnern fich,
buf Fernando der ftandhafte Pring in Gefangenfdaft war beim Rs-
nig bon Maroffo.) ,, Der Dichter fceut in der Wusmalung von
Sernando’s Elend felbft das Widvige und Gragliche nicht, aber grade
indem ev auf dieje Urt das Bild gefunfener Herrlichfeit {и Бен Иа
fien Garben ausmalt, zeigt er fich al8 Gchter Riinftler. Der Kinig
fommt durd) die Strage, wo Fernando liegt und die Boriibergehen-
den anbettelt. Der Tyrann felbft fann fich des Mtitleids nicht сх
webren, al$ er bas Opfer feiner Ntiphandlungen in dtefent Buftande
erblidit, alg der Snfant fogar feine fonigliche Gerfunft vergeffen gu
haben fcheint und auf ben Wnruf nicht Hirt. PlspHlich aber Leuchtet
bie Seele Hes Pringen noc) einmal in ihrer ganzen Meinheit und
Hervlihkeit empor; fein Geift hat die Bande der Sterblichfeit fchon
hath abgeftveift und ber Tod Legt Worte von zermalmender Kraft
auf feine Bunge, Worte, die aus dem Reide der Ewigeit erfcvallend,
bie ewige Wahrheit verfiinden. ,,,,Wie follen wir Ausdriice finden,
um ben Dichter genugfam gu preifen, der es verftanden hat, die
innere Gattlichfeit feines Helden grade aus der tiefften Samad am
hellfien emporglingen gu Inffen, fo da das Sternbild diefes himm-
lifchen Menfchen in der oitfterften Nadi aim hervlichften ftrahlt. ”
Diefe Gcene gehirt gu dem Hidhften, was die Poefie je evreicht hat;
denn fie zeigt, was nie in irgend dhnlider Weife dargeftellt worden,
bie geiftige und fittliche Grife, wie alle irdifche vor ihr zu Staub
wird; fie enthillt in ber hochften Erhebung des menfdjliden Geiftes
bie Offenbarung des gattlichen.” Wir bemerfen, da diefe fo iiber-
fhwanglich gefdhilberte Scene davin befteht, bak der Held fortgetra-
gen wird, bes Hungertodes gu fterben, naddem er folgende Unrede
gehalten:
Der Kinig hatte gejagt:

Standhaft ftets mir zum Berdrng

Bleibft du: dein Gehorden hier,

Qt es Demuth? ies Entlaluge
	=) Wir evinnern davan, da} dies grabe aud) an den Stellen gefdieht, wo
ber Aushrad ber glihendften Gefithle dev Liebe, GFurdht с. bargefellt wird;
vergl. Mariamne in ben erften Gcenen.