mit feiner wohlbefannien fletfcermapigen Gaityra identify, andere
haben bet gleichem fBrperlidjem Wohlbehagen die Edhlangenhaare
ben antifer Surien entlehut; wieder andere find wie in Diirers
Offenbarung grimmige gehirnte Liwen und fonftiges Raubgethier,
und auf feinem grogen ,,Sturg dev bifen Engel” (Neufeum von
Madrid?) gibnt uchen einem fablen 3acdentammigen Danton von
Michelangelo’s Cypus munverfenubar ber Bitvendrade von Raphaels
heiliger Margaretha,

Vielleicht ift es nicht unintereffaut, das legterwahute Werk des
Nubens (wenn aud nur in Vorfterman’s Stich) im VBorbeigehen mit
dem fiegenden Grzengel feines berithmten Beitgenoffen Guido gu
vergleiden, den man gutvetlen ben Vater der mobernen Rimft gee
nant hat.*) Die Wage jhwankt. Obwohl inmerhin etwas bate
letmapig itbertvifft Guido’s Engel jedenfalls an Adel und Sdin-
рей bet weitem jene iippige flandrifche Sugend, die dort fo derbd
aus ben Wolfen herabwettert — fie fiihrt udmlich Donnerfeile
ftatt der Scwerter. Wher der gefettete Teufel bes Btaliencrs fteht
рай aud) Miglich gegen Rubens’ herculifche Widerfacher suri und
ift einer der (ahmften, die wir je gefehen; ein Teufel, der mam
mit einent — Wblapgettel зи Boden fchlagen fiunte oder vielmebr
ein blofer Stattft, der dte etwas unbequeime Rolle des Befiegter
vorfchriftsmapig zu fpielen hat. Wir brauchen wohl nur anzudeuten,
wie gegen das gemeinjame Vorbild bes grofen UUvbinaten, gegen dte
iefe und Gewalt feines Contrajtes, der Belgier wie der Bolognefe
guritdgeblicben find.

Mher eS war nad) Raphael allerdings nod) ein Kvang erften
Ranges auf dent Gebiet infernalifdher Darftellungen zu evringent ge-
blieben, und diefer follte des Rubens gewaltiger Hand nidt entge-
hen. Wir meinen den malerifden im engern Sinn, namlid) den
bes entfpredenden Colorits und Lidhteffects. Wir wiffen wohl,
bag heut yur Tage die Mteimungen davither getheilt find, ob — nicht
auf Ddiefem, fondern auf jedem Gebiet — iiberhaupt nach diefem
Preis gerungen werden ditrfe, und gehiven wenigften gu deinjenigen
nicht, die darither Die antern Getter der fitnftlerifcjen Wufgabe germ
pernadlaffigt fehen. Wher wenn irgendiwo, fo ditntt uns in dem
phantafiiiden Reid), bas wiv bisher burchwandert, alle Magie ver
Barbe, alles Spiel ber Reflexe und 568 Hellountels vorzugsweife
ain Ort; wire ed aud) nur, unt bas betvoffne Wuge mit den Extra-
задаем der Form, en Bijarverient der Erfindung auszufshnen.
Bisher ijt uns allerdings von jenen Netzmittel noch nicht Viel Бег
geguet, fo wenig c8 an dunflen Grotten, juckenden Flammeen, file
fernden Drachenleibern gefehli Hat. Das Frakenhaft-Buntfchectige
des Bofch, wie das Gligernde, Glaferne, was den Gemilden Peter
Breughels eigen зи Тат pflegt, ift gwar chavafteriftife qenug, —
aber auch weiter nichts. Und felbft fene munderbaren Bilber Raz
phacls find gwar ohne Sweifel auch in Abfidt auf Farbe und
Wirkung meifterhafe gedact, aber eS fehli ded) bejonders bei dem
Grifern nod) gar Mtandes, Раб Бек Gedante ju feiner воен
malerifden Geltung gelangt ware. Fubens Ш eben der erfte
avofe Colorift, der dag Feld des Damonifdhen, oder vielmehr Dia-
bolifdjen betveten hat — und Leider auch faft der Cinjige.

Gs ift fchwer, mit Worten feine Triumphe auf diefem Gebiet
st verfinliden. Geine unvergleidliche Gabe, einen gangen Ieben-
ftrogenden Rsrper, ja, einer Gruppe von folchen al8 ein eingiges breites
Licht ins Bild yu werfen, andre wie fraftvolle Drucler, wie fpie-
lende Reflere daneben au feken, — ber Reichthum feiner Palette,
	*) Bet allem Refpect vor Guido’s auperordentlider Begabung wiiften wir
nit, ob man der Todjter fonderlid) yu diefem Bater gratulixen diltfte. Mtan
funte denfen, fie habe {chon von ihm jened theatralifde Pathos, jenen fentimen-
talen Angenauffdlag fiatt wahrer Empfindung unb Andadt, und fo mandes
fonft, ba ihr fo lange angebaftet, unb das fie fic) nod) immer nidt itherall
abgewshnt bat.
	war an {ich felbjt dent neuen italtent{den Sdealismus zu fdarf ent-
gegen gefegt, als dak ev auf fie wefentltdy hatte influiven fSnnen.
Зи und mcber thy aber bifpete fic) immer entfdicdener, hervorge-
rufen eben Фит [ефиен Contraft mit dem echt niederlandifdhen We-
fen, die Trernung der Hiftorie vom Genrebilde aus, die fortan eine
fo grofe Molle in der Kunftiibung und Kunftbetrachtung fptelen
ое. Begreifliderweife war е8 vornehinlid) bas erftere Fach, die
Hiftorie, wo die transalpinifden Cinfliiffe ihre Macht anfern Тони»
ten, und da fant denn aflerdings sundchff manches barocke und ое:
nig erfreuliche GrjeuguifR gu Lage.

G8 fei uns verginunt, hier im Borbeigehen befcheidentlich auf
eit Werk Hingudeuten, an реш cine hochverehrte funftgefchictlide Wu-
tovitat mit Recht folch unangenehme Mtifchung verfchiedner Richtungen
getadelt hat. Wir meinen jenes jiingfte Gericht des Berliner Mu-
feums, bas friiher, wenn wir nicht irven, verfdjtedentlic&h anders
benamt, jest bent Sancelot Blondeel jugefcdhrieben wird, und von
per Wusfiibrung abgefehen, doch mandjes enihalt, was einer beffern
wirbig ware. Die hiuptlings {tirzenden Siinder, die architettonifche
Dispofition der Hille, die mit ihrem Treppanf Treppab, ihren Lufen,
Sparret’ und Gittern, und ihren arbeitenden Badenradern etwas
pon Det unheimlicen Leben cines grofen Miafcinenmerfs hat, pas
Hochgericht mit der thronenden Hydra, und Andres foheint uns vom
Standpuntt unfereds Stoffs ver Betrachtung nicht untwerth *).

Wenn ver phyfifhe Befchauer oes lebteren Bilbes iin ben
Ritcen wendet, wird er auf der Wand gegeniiber ein fleines Ge-
malde entoecen, auf welchem der Lehrer deB grofen Rubens, Octaz
pius van Been (oder ein Anderer) den eigenthiimliden wenn auch
nicht fonderlid) gelungenen Verfud) gemacht hat, einen Lieblingsge-
genftand de8 Teufelsmaler, des heiligen Antonius WUnfechtungen in
der Wiifte — ins Stalienifce gu iiberfegen. Die VBerfucherin, na-
tiirlic) auSnahmeweife nadt, ift fogar in duplo vorhanden, ein Teu-
fel in Engelsgeftatt fcheint den Heiligen oringend um eine — Parite
Buff oder Toccategli anguflehen; ein damonifder Rriegs- und des-
gleichen Rirchenfiirft begleiten in der Luft eine Art von Welifugeln;
— im Dintergrund ein gweideutiges Diner, in dev Ferne Brand
und Leidhengug (beinahe, aber ohne dantesfen Begug an SGangio’s
Heinen ,,Wtichacl” evinnernd) und rings nod) viel andves Gonder-
bare, das fic jelbft anf einem qrau in qrau gemalten Ranvde augere
баб des eigentlichen Bildes noch fortjegt — Alles jedoch weniger
purd) den falfchen grimvothen Sleifejton, al8 durch Den Bug von
Fiinftlicber Meflegion und unflarer Shymbolif erkiltet, der eben fo
weit von dem gefpenftifden Granen der altern, als von dem phan-
taftifden Humor per fpdtern Héllenmaler von Fach entfernt iff.
Richt viel glitdlicher iff Martin re Vos mit dem gleichen Sujet
und Franz Slovis mit dem Sturz der bifen Engel (beides im Neue
feum von Antwerpen) gewefen; — trog mancherlet bigarren Grfin-
Dungen doch ein Paar froftige phantafielofe Bilder, befonders das
lestere, wahrend beint andern die ungewihnlic) grofen Dimenfionen
ohne entfprecjende Gripe der Conception wohl das ihrige beitragen.
Wenn wir_wieder Teufel im groken Sthl fehen wollen, werden
wir uns doch alfein an des Octavius grofen Schiiler halten miiffen.

Was deren iuferliche Geftaltung bet dem legtern betvifft, fo
begegnen wir hier alferdings einem gewiffen Eclecticigmus, dev fonft
nicht des Живен8 Sache iff. An dev Mehrzahl find fie gerabdegu
	*) Aud auf bem Gegenbild bes Himinlifdjen Lohus ditrfte ber Gedante, thn
(nad Matth. 25, 34 ff.) an den Werken ber Barmbergigheit gu veranfdarlicjen,
eben fo frudjthar al8 glitdlid) gn nennen fein, indem ev an bie Stelle bes ab:
fivacten Zuftanbdes ber Seligheit allgemein menfcjlich begreiflide und bebente
fame Handlung fest. Wir erinnern uns nidt, bis auf einen Anfang im
Dangiger Gilde, wo man ebenfalls Nackende belleiden fieht, ihm fonft ixgendwo
begegnet gu fein, und befennen offer, ihn als mualerifdes DMtotiv einer Mlegori-
ficung ber viel abftracteren ,fieben Geligiprechungen” vorzugteber.