worden. G8 erfchien wie mit tiefen Эйниен иле Уиимен ибехуодеи,
in denen fic) fruftenbildender Schmmg aufgelagert hatte. Cine forge
faltige Unterfuchung belehrte mid) bald eines Befferen. Das Luther-
би war durdaus nicht fo pietitlos behandelt al8 ich geglaubt
hatte. Bielmehr erbarmte fid) gewif ein warmer Berehrer des
grofen Reformators, de8 fcon damals negartig gerriffenen Sonter-
feis, und nahm alle feine Kunftfertigheit und feinen Gleif{ gufanumen,
um eS herzuftellen, und wiederum wie von der Staffelet ausgegangen
erfcbeinen 3 Laffer. Der gute Freund hatte fich bemiiht, gewif mit
bem feinften Pinfel, den er anftretben fonnte, auf all die Hunderte
von Riffen und Spriingen gute Oelfarbe aufyutragen. Borher aber
mus e8 ihm nod) gelungen fein, wie wir beint weiteren Fortgang
der Reftanvation gewahrten, nicht nur den alten Girnif, fondern auch
etfidhe Oelfarbe von dem Bilbe Herunter gu bringen, namentlidy im
rothen Untergewande, eine doch fonft fehr widerhaarige Cranach’fdhe
Lafur zu befeitigen. G8 mag ihm dabet das Hauptgeheimnif der alten
Reftauratenve, Urin und fdhwarze Seife, gute Dienfte geleiftet haber.
Das Bild wurde ficer, unmittelbar nach diefer Wiederherftellung,
pon allen bamaligen Rathsdienern als recht frifd) und Lebendig ge-
worben weidlid) bewundert, wird aber fejon Furze Beit nach diefer
Verfiingung nothwendig in feinen jebigen Zuftand verfallen fein.
Bon Beit зи Beit it e8 von mitleidigen Seelen mit einer
Portion Leindl gefpeift worden, bis die auf ben Spriingen und
Riffen angebvachte, natitrlich bald ftarf nachgeduntelte Oelfarbe, mit
Firnifien und alten Oelfruften veveinigt, bem Bilbe ben fechow be-
	fchviebenen Gharatter verlieh.
Borfiht, Geduld und ansdauernder Fleif liek die Reftauvation
	vollftdndig gelingen; die durd) den fritheren Reftaurateny gum Slid
nur wenig verwafdene Stellen ausgenommen, hatte ich die Freude
ein woblerhaltenes fcjines Lutherbilp gu Dage gu [едеи, das un-
gweifelhaft vor ber Hand Cranach des Welteven, namentlic) im
Ansruc’ geiftig fener und edler gehalten ift, als alle uns bis её
befannt gewordenen Portraits de8 qrofen Reformators, und nidt
einer fpdteren Zeit, fonbdern feiner volfen fraftigen Mannesperiode
angugehiren fdeint.

Dak unfere Stadt in den Зе diefes Bildniffes fam, ift bet
den intimen Beziehungen Cranacdhs yu feinem Herrm und Freund,
unferem Sohann Friedrich, dem Grokmiithigen, mit dem er Leib
und Greud, als treue Biirgerfeele jelbjt die Gefangenfchaft theilte,
den Beziehungen Luthers felbft gu unferer, der Reformation alsbalb
beigetretenen und pamals einen Spalatin in ihren Mtauern ehrenden
Stadt, wohl ее и. ‘

Go machte e6 wns aud) die Mihe der Cranady fen Sdhurle,
feine Stellung gu unferem Giirftenhanfe, gumal bet der Wrt wie die
Fiivftengallerie unferes Rathhanfes ent{tand, gang unbegreiflich, daf
unter demfenigen Shetl per Bilder, die der Beit Cranachs ange-
	буден, ие Portraits von ihm oder doch aus feiner Werkftatt fic
	porfinden follten.

Diejenigen Bilder jedoch, weldhe, nach den dargeftellten Perjsn-
fichfeiten zu fcblieBen, dem 16. Sahrhundert oder dem Anfang ves
17. angehiren mupter, irugen in ihrer Dealweife gar nidt das
Geprige threr Zeit. CEs waren act Biloniffe von Mainnern und
Frauen, in dent defperateften Buftande, die Farben meift (oder und
aufgeftanden, nuv durd) grofe Borficht fonnte das, was nod) ibrig
war, evhalten bleiben; ja e8 fdjten, offen geftanden, der Wufwand
pon Beit und Miihe vem Werthe diefer Bilder gegenitber, bet ее
tert ait grof. Финист jedoc) an die Frende denfend, die мифом
geliebten Herzog Bofeph pure Erhaltung aud) dicfer Bilder beveitet
wiirde, fojente ich einen grofen Aufwand an Beit und Miihe nicht,
und fo gelang e8 mir, gumidhft die Fundamente Der Gemilde wieder
herzuftellen, die foceren Farbeftellen bauernd zi befeftigen, dem aus-
getrodueten Баден Farbferpern wieder einigen Saft beigsubringert,
	Nicht felten gefchteht e8, bak folden BWildern gegenuber, an
irgend einem vergeffenen Orte, ein pietatvoller Dilettant oder ange-
hender Riinfiler fich ver gav fo fehr vom Bahne dev Beit mitge-
nommenen, alten, ftcifen Kunfttwerfe erbarmt und, indent ev fte rei
nigen und wiederberftellen will, ihr Bejtes herunterpugt und fein
DBDeftes 1ефеи Pinfels davauf fest.

Ge ift mir ein eclatantes Beijpiel diefer Art in der eigenen
Heimath vorgefommen.

Sm April vorigen Sahres wurde mir von Gr. Hobeit dem
Herzog Bofeph der Wuftrag gu Theil, anf feine Roften die Wieder-
Herftellung der im hiefigen Rathhauje fich befindenden Ganmmlung
yon Oelgemialden gu iibernehmen. Diefelbe befteht aus 28 Portraits
von, der Grneftinifehen Linie angehirenden, Landesfiirften und deren
Frauen. CEntftanden ijt fie dadurch, daG dev jemetlig regterende Herr
dem Rathhauje der Stadt Altenburg ,,fein und feiner Fraven Bild-
nif gum ewigen Gedichinif feines Wohlwollens vevehrte”.

Se. Hoheit ver Herzog Sofeph, der immer das mirmfte Inte-
reffe Wem zuwandte, was irgend in Begug zur engeren vaterlin-
difchen Gefdhichte ftand, wollte aud) diefe insgemein al8 werthlos Бе
trachteter und behanbdelten Bilder nicht viflig untergehen fehen.

Sr. Hoheit warmem Herzen entfprach ver Gedanfe, aus dem
Die Heine Fiirftengalerie entftanden, er wiinfchte die Gitte feiner
hohen Vorfahren fortgefest und folgte fchon friiher mod) al regie-
render Herr des Landes, dem Beifpiele verfelben, indem er fein
BHilonif den Bildniffen feiner Gorfahren anveihen Iteb.

Sndem Se. Hoheit die Sammlung wieder iwitrdig hergeftellt
wiinfdten, fonnte ihn aud) die Piettt fiir fein Haus leiten, die eine
fo glorveiche Whnenveihe wie die der Erneftinijden inte wohl wach
забей mug.

Die Bilder waren meift aufgebingt an der Langwand des
Rathhausvorfaales, zum Theil auch in anderen Raiumen ded Ge-
baudes, wie e8 eben gerade die Localitt, vielleidht auch die Laune
per Rathsdomeftifen gulafjen wollte.

Gie wurden nium nach meiner Werkftatt gebract. Das обет»
Flichliche Reinigen der Mahmen und der Riidfeite der Gemilde vom
dic anfltegenden Staub (ев 1 noch auferhalh meiner Wohnung
pornehimen. Hicr fann id) mun der Wahrheit gemaf mittheilen, рав
urd) diefe doch mv fubtil und oberflichlid) anggefithrie erfte Bor-
beveitung zur Reftauration die gegeniiberliegenden Gebdude zunt Cre
ftaunen der ganjen Nachbarfchaft, in einer ungehenren Staubwolte
einige Beit unfichthar wurden. Mean ditvfte fic) daraus bereits ei-
nen Begriff von dem iibrigen Zuftande der Bilder bifden. Samnmmt-
lich trugen fie die bentlicbfter Spuren, Раб лет зи verfdjiedenen
Zeiten von frajtigen Reftauratenrhanden Gewalt angethan war. Sie
befanden fich nicht mehr auf тей uvfpriinglidben Meil oder Blend-
rahmen, waren meift ohne diefelben gleicd) auf die Ricjeite der
braunen ober fehwargen Bierrahmen fehr praftifd) aufgetlebt oder
aufgenagelt. Nachdem ich fie vorfichtig von demfelben abgelift hatte,
begann id) ihren Buftand weiter gu unterfuchen. Bunichft feffelte
meine Uufmerffamfeit ein Bilonig Dr. Mt. Luthers, das als 29. Bild
ben 28 Piirftenportraits beigelegt war.

Die noch erfenubare Sdilange mit den anfiwaris gehobenen
Sliigein war miv diesmal wirklich von Bedeutung, dent ich witrde
Feinesivegs im Stande gewejen fein, gu erfennen: ob e6 ein Ста
nachijces Bild vor oder tach der Zeit, in welcyem vem alten Met-
fier Der Wappenbrief verliehen wurde, fein ditrfte, ob e8 von feiner
Hand, oder ob ¢8 unr aus feiner Schule oder heffer Fabrif hervor-
gegangen.

Gein Buftand founte glauben machen, das Conterfet des gro-
fen Reformators fet einige Bett in dem Befig einer antiveformato-
vifchen Gemeinde gewefen und vielleidt vor ber Thiive ihres Vere
fammlungsortes zum Wbftreifen nicht fehr fchonender Fife gebraucht