unb das Hulbigungsbild*) bleiben, wie fie Denn auch, befonders
erfteres, in jeder andern Besiehung in erfter еше ftehen. 8
fonnte vielletct, reinmalerijd) genommen, faum eine ungiin{tigere
UAufgabe, als die des erften Bildes geftellt werden; die Ntonotonie
ber Uniform, die Starrheit dev militaivifehen Front (,, wie cin Brett!”
ift die бане ieblingsbezeichnung dafiir) fcheint finftlerifd faum
it iiberwinbden, und die Gruppe des Rriegsherrn mit feimer Umge-
bung eben fo wohl, alS die defilirenden Truppen, alfo die beiden
Hauptelemente bes Vorgangs muften unweigerlich in bie Tiefe des
Bildes viicken, wenn nicht Eines von beiden den Lewtern felbft ver=
verben follte. Unb doch hat der Mteifter verftanden, aus меш
пре речей Gtoff etn lebensvolles und intereffanted Bild gi
fchaffen, oder vielmehr, er Hat fich felbjt mit der gangen Frifdhe fei-
ner Anfchauung in denfelben Hineingeworfen; wir fehen die Barave
mit fetnen Wugen, fehen das ganze {ebendige, fcbau- und Iebend-
luftige Berlin um feinen monarchifchen und militaivifcen Rern ver-
fammeelt, fehen feine Statuen, feine Linden, feine pradhtige WArdhitet-
tur in belfem Gonnenfdein, und glauben die blaue Fvithlingsluft
	YB.  Dariiber von Friegerijcder Зои по цийа fehwingen gu boren. Wir
	jind mitten drunter, burch bed Rinjtlers Gunft am glidlidften Plag,
und fehen pon ber Parade gerade fo viel ober fo twenig, als der
Bufchauer in folchem Fall wirklich fieht, mit belferer Mufe nur und
in ausgewibltcr Gefellfchaft. Driiben beim DBliichermonument halt
бери Wilhelm TT. vor feinen Pringen und Generalen, felbft in
ее Entfernung nod) fenntlich an der hohen geraden Geftalt, —
und dort hinten ritden die erjten bligenden Ginien ber Garde heran,
mtb der echte Berliner erwartet mit freudigem Rennerblid, ob fie
	gut vorbeifommen” щетоси. Зи абех Бабей fic) aus buntem
Gentifd aud) verwandte Gruppen, Notabilitaten der Wifjenfdaft und
der bildenden Runft, des Gefangs und ber Biihne jzufammengefun-
pen**); ein Dtehr in ovientalifher Tract, Oamentoiletten und
bligende Uniformen geben auch dem rein malerifden Clement, der
боле thy Recht; felbft befaunte Strafenphyfiognomien der Баг
maligen Gegenwart Гебен и von dem Langen bebrillten alten
Hervn im blauen Frak und Nanfingpantalon, vem mar ,,tiberall
und nirgends“ begegnete, №8 зи dem fleinen grauen Haare
friusler mit dent etvigen Chapeausbas. Und dort lent mitten
brunter auch Dev Riinftler am Sehlag einer eleganten Equipage, die
feine Gattin und andre gefdimiidte Damen tragt, — characteriftifch
genug fiir feine ganze heitre und gentleminnifde Eviften3, aud) wenn
wir nicht einmal an jene Wagenfadlige, die fritheften Cumurel-
рае feines ermachenden Genius denfen wollen.

Bietet int Gegenfag der ,, Parade” die ,, Huldigung” anfceinend
einen weit giinjtigern Borwurf, ja ftellte fie fich, wie wir als Wugen-
geuge bejtitigen founten, jelbjt in Wirklichfeit al6 ein grofartiges
hiftorifdhes Tableau bar, fo ergeben die colofjalen ofalitaten dod
den ahulichen а ей, die eigentlide Handlung und Hanptfigur
wiederumt in den Hintergrund verlegen zu miiffer, — ein Nachtheil,
ber gerade тит die grifere Bedeutfamfeit des Wtoments um fo
empfindlider wird. Rriiger aber hat abermals mit dem ridptigften
Taft das Cingige MBsaliche, den UWeberblic erfapt, und wenn bei
	*) Das Lewtere wurde Sr. Miajeftat bent RKontge 1843 5ой чиех Фериюе
	trot Der feds Provingen, die Shm am 1d. Oct. 1840 gebulbdigt, dargebradt.
**) Bir waren feiner Beit fo glitdlich, eine ber Studien gu feben, die Krilger
su diejen Gruppen mit unibertrefflider Leihtigkeit in farbigen Stifter entworfer
hat.*) Gie ftellte den verftorbenen Wad) vor, Haft gang vom Rien genommen,
gab fie nur um fo geiftretcher bie cigenthilmlid) guritdgebogue Haltung, ет
wadern Riinfiler von ber Staffelei ber eigen, bis auf bie Rodfalten — aber
auch in dem Btertelprofil alle Feinheit und Bonhowmmie fetnes Wusdructs wieder.
	“4d *) Setst find befanntlid) fammtlide Gcizen gu dDtelent und gu einem rufft-
	ident Paradebilbe mit ausgeftellt und, wir Jrenen uns Упущевен зи а _
Hom Mtujeum angefauft. Wb. 9.
	nicht gang geredt, und die erthetlte Ppretsmedaille dritter Mlaffe ert
in ber Shat — nicht einmal feine Richter.

Haben unfre bisherigen Bemerfungen Zeidhnung und Colo-
tit bevithrt, fo ift e8 wohl an ber Beit, im Weitergehen auch den
britten Hauptfactor eines malerifhen RKunftwerfs, die Compofition
in Betvadht gu gichen. Nan ift haufig der (wenn aud) nidit gerade
ansgefprodenen) DMteinung, als fei derfelbe dem Portraitmaler min-
ber wefentlich, wenn nicht gar enthebrlic); — ohne gu bedenfen, dap
mit ber durd die Wirklichleit befcrintien Aufgabe auch die Mitel
gu Fiin(tlerifder Geftaltung fich einfdranfen, bag die geqebene Per-
fonlidfeit al8 Hauptgegenftand, den freien Flug der PhHantafie ans-
fclieBend, dem BVerftande des Minfilers um fo mehr gu thun giebt.
G8 fcheint fo cinfach, Semand auf einen beliebigen Lehuftuhl зи ебет,
ign Kopf und Augen ein wenig rechts oder links wenden зи (а ен;
Seder glaubt beinahe bas nbthigenfalls auch) gu finnen: was hat
bas, fragt er, mit Compofition gu fcaffen? Wir im Gegentheil
Halten die Меди erforderlicje Gabe fitr eine fehr werthvolle und
eigenthiimlicje, von ber eben fo oft (wie bei Rubens und Tigian)
bas eigentliche Hiftorifde Compofitionstalent begleitet, ale G. B.
bet Michelangelo und Cornelius) getrennt erfcheint. Rritger nun
befaR jene Gabe, Portraits зи componiven, in feltnem Grade, und
felbft ber Halblaie, der fie in feinen Bruftbildern und RKnieftiicéen
nicht herausfihlie, witrde fie vor jenen grofen Bilbern nidt ver-
feugnen fennen, auf denen die Rinige, Pringen und Feldherrn feiner
Beit, allen oder von ciner glangenden Gutte umvingt, fo Iebengvoll
uns entgegen- ober voritberfprengen. Go fennen wir faum ein ее
terbilbnif von folcher Grifche momentanen Gindruds, als Rritgers
Raifer Nicolaus (wenn wir nicht ivren, von Sengen Lithographirt),
wahrend felbft res Ban Dy und Velasques fitrftlide Reiter, ihrer
ibrigen Vorglige unbefchadet, Haufiq etwas Pratentidfes, ihre це
fdmiidten Prachthengfte etwas Schulmigiges, Stereotypes gu haben
pflegen, — und unter den Lebenden vollends michte nur der cingige
Horace Vernet zur Vergleichung heranguziehen fein.

Aber auch ins eigentliche Genvegebiet hat fic) diefe Kriiger’fce
Compofitionsgabe, und das oft unter den fchwierigften WUnforderungen
bethatigt. €8 giebt пи Wllgemeinen Nichts fo Langweiliqes und
Untiinftlerifdes, al Colfectivportraits, und wiv wiffen faum, was
uns fieber iff: wenn man fic mit einer Tamerlanifden Pyramive
von Ripfen begniigt, oder wenn man, Handlung und Leben gu er-
gielen, 3. B. irgend ein edles Heidelberger oder Gittinger ,, Corps”
Mann fitr Mann mit den nichtsfagendfie Daguerreotypmienen die
voller Humpen oder gar die Schlager erheben aft. Am Beften
nod, wenn man die Darzuftellenden, feien е8 YMichter, Diplomaten
oder was fonft, in rubiger Haltung um einen Tifch gruppiren fann
(wie e8 Barthofomaus von Helft fo gliclich mit feinen Antwerpner
Gilbemeiftern gethan), aber ein ganz Wndres ift c8, wenn ftatt
Wiirde und Gravitdt gerade Unbefangenheit und bequemes Sidhge-
henlaffer gefordert wird. Man mug vielleicht nicht blo Maller fein,
fondern auch felbft Achntiches verfuct haben, um die volle Schwie-
vigfeit folder Aufgabe gu rwiirdigen, $3. B. einen erlauchten Bago-
herrn mit den vornehmen und geringern Dienern und Genoffen
feiner Иен Luft, Mitden und Sagdroffe mit eingerecynet, bei
villigee Portvaitahnlichfeit des Eingelnen (wobei denn Miemand gern
weniger al8 minbdeftens volles Profil zeigen michte) dennoch gum
fceinbar fret entworfnen Genrebilde eines heitern Nendegvous und
Sagerfrithftids yu vereinen. Unitbertrefflich jedoch hat Rriiger wie-
Derholt diefe und Abhnlicke Wufgaben geléft, und faum wilrde man
— ein Triumph ded Genre’s! — ohne perfinliche Befanntfdaft
die Portraitverfammlung in den betreffenden Bildern errathen.

Seine merfwiirdigiten Leiftungen jedoch anf diefeut Felbe gwi-
fcben Portrait unb Genre, oder hier vielleicht rvidjtiger gwifchen Bor-
trait und Hiftorie, werden allezett jene Berliner ,,Groke Parade ”