ein Wilddieh oder etn UAbrafam, ine Geriimpeltammer oder eine
olpmpifche Sefthalle?

Was die Ungewifheit fteigert, И, рав ме ии Heutsutage
feine reelle Beftimmung mehr hat; fie befteht als Dilettantismus
und (auft neben bem Leben her, ohne fic) dantit gu vermengen. Der
gute Birgersmann im Mittelalter, dev fich im Heiligenbild malen
lief, Hing e8 bet fcinem Mette auf und vercichtete davor fein More
gene und Ubendgebet. Die Rivden, Palafte und Privathaufer waren
poll von Malereien, die zur Ausfdmiicdung und Ausmibelivung ge-
hirten. Bwar giebt e8 in Paris noth Hervenhaufer, die mit einen
qrofen Reichthunt von Kunitihawen prangen; dod) find vies feltene
	Wusnabmen, und felbft unter pen prachttaftenr fainben fic) Taum fre-
	ben ober acht, wo bie Decfer und Wide bemalt finds Die heutige
jrangififdhe Runft, die blof von Regierungsanftragen und Portraiten
lebt, da fie nur fo aufs Gerathewohl bin vereingelte Werke, ohne
Е vorherbeftimmte Gegenftinde und Plage, liefert, ИЕ beftindig
unfeblitffig tiber ben Weg, den fie einhalten foll, und verfdymachtet
wie Buridans fel vor Hunger gwifden zwei gleid) wollen ЗУ
Hafer.

Gind wir eine Whenddimmerung oder ein Morgenroth? Bch
wei e8 nicht; uur fo viel meine ic) an allerlei Gymptomen gu
ettennen, bag die Beit in febweren Rindesnithen liege, Тебе
lich Harrend einer neuen Geburt. Borlaufig, bis das Rind auf die
Welt gefommen, bringt Seder feine eigene Sndividualitit an den
Tag; in Ermangelung gemeinfamer Gedanfen treten eingelne Anfich-
ten, Geftrebungen und Lraume herbor; man probirt, ftubdirt, taftet
umber, стей зи den Recepten dex Vergangenheit und verfdreibt
пене. Wenn der Kopf fewantt, fo gewinnt die Hand mehr Feltige
	Feit und Gicherbeit; die fertige Braxi3 wird ein Erbftiid aller, etme
rt von gemeinfantem PBiunde, womit ojt glitch und eintraglic)
gewuchert, leider auch gefchachert wird; ein gang unbebolfener Stiim-
per, eit Mtenfd ohne alles Savoir faire ijt unter den Pavrifer Miinft-
fern ein feltener Vogel, und wenn alle diefe handfeften PBraftifer
etwas auf dent Grunde des allgemeinen Bewubifeins ihrer Iation
utd Beit fic) Negendes und Bewegendes vorguftellen Hatten, fo
wiirden fie e8 ganz leidlic) abbifpen, fo dag Sebermann {ich davon
getroffen fiihlen fonnte.

Mtan varf mit den Riinfilern nicht hadern itber diefe gerviffene
Mannisfaltigteit, ме fic) in feine Raffenordnung fiigt. Bei der
qrofet Qbdeenjagd unferer Zeit find die Riinftler die im Walde ver-
theilten Treiber, fie Hopfen anf die Biifde, um das Wild aufgufti-
bern, und menn man durdhydingig Ме бабе сеет, fo hat man
wentaftens lachende Sluren, fchattige Gehslje und romantifcye Tha-
ler burchfiveift. Wer wird ben Hafen im Lager treffen? Das АЕ
fid) nicht vorberfagen, und itberhaupt nicht eher vermuthen, als bis
die Beit felbft weif, wo er im ‘Pfeffer Liegt.

E8 diirfte von Miemandem bejiritter werden, dag, wenn die
grofe Runft tm ANgemeinen immer tiefer finft, die Heine Kunft im
Durdhfdnitie geftiegen ijt. DOie diesjabrige Ausftellung, wo die vor-
nehmften Grofineifter, Couture, Ary Scheffer, Eugene Delacroix,
Sngres, und auch mehreve der berithmteften Kleinmeifter, ale Des-
camps, Diag; Trovon u. MW. ganz feblen, halt fid) doch tapfer genug,
um vor ben Fremben. mit Chre zu beftehen. Gie ijt gegen jebde
	абийфе ]абуиее ЗизеНииа in Жопфой орех ш Зе, ЗФтевоеи
und andern deutfden Hauptftadten fehr retchhaltig und angiehend.
Man fieht unter den teinen Sadhen mance von dchtem Kunftwerthe,
und mich diinft, aus allen den hier gerftveuten rafter und Talen-
tern liefe fic) eine ftattliche Garbe binden; nur feblt bas Band. Bei
	jeder Ausfiellung wird ganz unnitg eine Weajfe von Garbe, CErfin-
Dungsgabe und Rinftlerlaune vergeudet, die gwedmiapig verbraudht
und atigewendet, volffommen hinreidend wire, aus Paris eine Pradht-
Наб 3u machen. Die meifien biefigen Rivden find nadt wie der
	gewikhett in ‘Sen ‘Gemlifhern. Die Rangorduung der Gattungen
perinifeht fich hier eben fo wie andevwirts die Gliederung der Stinde,
obfdon die etue eben fo wenig al8 die andere ete Anorduung con-
ventioneller Willfiby, fondern cine unvermeidliche Folge des Wefeus
ber Dinge ijt; alle Genve werden jest fiir gleich vollgitltig und eben-
bitrtig angefehen. Sd) fage mum freilich nicht, dag alle Gattungen
ihren Chavatter verfloren atten; aber diefer Charafter ift jegt febr
gemifdt, und durch die Menge der gleiciberechtigten Wrten von
Runfiwerfen ijt die Vortvefflichleit febr ungleichh vertheilt. Die Kiv-
chenmalerct befteht nur noc) als Nachahmung alterer Mtufter; die
Gefhidhtsmatleret im alten Ginne de8 Worted ift dem Berfdjetden
пабе; das Portrait — ich meine das ordintive Portrait, worin fic
nu eine oberflidhliche, obgleich Leicht gu errathende Wehulichkeit mit
per dargeftellten Perfon zeigt — ift beinahe ebenfo umfangreich, wie
pie menfjlice Gitelfeit; das etgentliche Genre greift eroberungsfiich-
tig immer weiter mm fich, und fagt mit Cafar in jeder Begiehung:
foll man Unrecht thun, fo fet e8 um die Herrfchaft. Die За
fchaft entwicéelt ftarfer als je den eingepflamten Trieb, in die Hohe
und Breite zr wadhfen. Die Erde ijt meine Mutter, dadte Junius
Brutus und venkt dic heutige Landfchaftsmalerei. Sie fallt, fo lang
fie ift, niebdev, fie 3u umarmen, unt wird die Schubftitte der Zeiten
und Merifcen ohne Glouben, die fit in ben Schoo her уе ПЕ
und foradlofen Matur bergen, um fein flar und bimbdig abgefafites
Gredo hergufagen. Die Thiere, die Blumen und Friichte fInnen bet
diefem allgemeinen Naturfultus nicht wohl ohne den gebirigen WUn-
theil ber Gerehrung bleiben; auch werden fie von vielen Уват
mit Der forgfamften Viebe und Pietdt behandelt. Die Bildhauerei
ИЕ bagegen mur noc) eine bernadhlaffigte Tradition, mithfam gebegt
und gepflegt blof von einigen verftodten Heiden, die noch an Phi
pias und die alten Gitter Griechenlands denfen 2000 Sahre nach
Shrifti Crfcheinen.
	Naturalismus und PBhaitafte ftreiten fic) um dte Runfiler m
beinale gleicher Unzahl; dabei verfteht e8 Beder nach feiner Weife
und feinem Gefallen; feine Sdjule, feine fefte Lehre, feine eingehal-
tere Richtung mehr. Weber Meifter, noc) Sdhiiler. аи Ши
fich, je nach feinen Verwandtfdhaftsbesiehungen und Privatgefchmace,
in fleine Sterngruppen gu dritt ober vtert gufammen, aber blof au
fillig und ofne befonderlidje Chrerbietung vor bem Centralgeftirn;
itherdies feine Treue, feine dauernde Gemiithsftimmung. Der Sdpii-
ler, wenn er die Sehule verlift, hat fojon wie Petrus dreimal fei
nen Gott verliugnet, ehe noc) der Hahn gefrahet. Wean gebe
diefen Betvachtungen nidt den gramfichen Ginn, den fie nicht haben;
fie find feine Qitanet itber die bife Beit, movin wir leben; ich ma-
fele und frittele nicht, ich fage, was ift, und will gleich) fagen, warum
e8 ijt.
	Unerfauntermagen iff die alte Weltordnung im Curopa uber-
haupt und in Branfreic) imsbefoudere фиг die Revolution von
1789 gn Grunve gegangen. Die Gebanfen, woven die Nenfcjen
viele Sahrhunderte gelebt haben, verfdpwinden fangfam, auc) wenn
ihy Reid) voriiber ift, ba ja das Heidenthum, troy des Cintrittes
eiter verdrangenden Religion und einer nenen Kultur, in unferen
Riinften, Sitten und Фебтаифен noch fortlebt, und die Namen der
Langft abgefdafften Gétter nod immer unfere Monate und Tage
bezeichnen. Die Kunft verfiigt jest nur iiber todte Jdeen und For-
meln, die ihren Bediirfniffen nicht mehr entfprecjen. Daher die
Unruhe, bas Berfahrene, dev Hang gum Ueberfpringen von einertt
Extrem ins andere, dev Cflecticigmus und Kosmopolitismus, dag
Reifer und Mandern in alle miglide Welten hinein, dav fich vom
PBiyzantinif{dh-Cypifdhen bis zum Daguerreotypifdjen, von abjichtlider
	Geziertheit bis yu vorfabliker Derbheit erftvedt.   Mean firblt, baw
	Stas gu machen ift, aber was? Gin Waldhweib oder eine Litania,