Gs ift nicht шаие Whficht ben Berfatjer Gadritt vor @фин
 Durd) bas gange eben des Mtichelangelo, umd in allem dem gu fol-
gen, was er ither thn al8 Maler, Bilbhaucr, Wrohitelt und Dichter
  Та. Bh beguiige mich vielmehr, Cinjefnes daraus hervorgubeben.
Sn Betreff der Schilberung von VNticelangelo’s Lehrer in der Nta-
Leret, Domenico Ghirlandajo, bemerle ich, da die Meuferung, man
begegne in ben italtenifden Galerien hiufig feinen Malereien in
Hel, auf ein Mtifverftandnig Бегибеи diivfte, indem alle beglanbigten
 Staffeleigemaloe, welche ich von thin fenne, in Tempera ausgefiihrt find.
Gleih das friihfte Werk von coloffalem Mtabftabe, weldes еее
 angelo al8 Bilohauer ausfiihrte, feine Statue bes David auf der
‚  Мая vel Granduca gu Flovenz, gtebt mir Veranlaffung, einiges
  Wigemeine tiber dic Mtatuy feines Genius und feiner Perfon gu faz
, gen, worad) jede eingelne Weuferung deffelben зи beurifeilen ift. Зи
der SGphire des Erhabenen und Grofartigen, in oer Behervfchung
- ber menfdlichen Geftalt, in der Rihuheit der Mtotive, dem Schwung
- ber Linien, ift ex ohne Zweifel der grbpte Genius der Hriftlichen
RKunft. Wo daher die von ihm behandelten Wufgaben hiemit зи
fammenfallen, wie in der WUrchiteftur die Petersfirche, in der Mta-
levet die Bropheten, die Sibyllen und die Schipfungsgefchidhte, fteht
  ш einfamer, unerreiditer Grife da. Bugleid ijt er aber in
hohe Mage fubjectiv, fo bak ev nicht in den eigenthitmliden Geift
von Wufgaben eindringen fonnte, welde auferhalh der Sphire der
Natur feines Genius liegen. Dahin gehirven alle feine Darftellun-
gen ans bent Rreife der antifen Nrpthologie, welche gwar fid) ftets
фир ое geiftretche Crfindung, die meifterhafte Wusfiihrung geltend
machen, dem Geifte antifer Runt aber durdhaus fremd find. Wer
fann 3. B. in jener Frau von gewaltigem und ftarfem Gliederbau,
von welder der Carion im Mufeum gu Neapel befindlid, pret dem
Pontormo betgemeffene Bilder dana, aber im Palaft von Hamp-
foncourt, im Dtufetm зи Berlin und in der Galerie der Uffizif gu
Sloreny vorhanden find, die antife Sdee ber Benus finden? Wber
aud) fiir fo mance Gegenfiinde de8 alten Teffaments von mehr
ippllifder, fiir andere deS neuen von garter Matur war jene, den
Aufgaben der fiztinijdjen бареШе wunderbar entfprechende, gewaltige,
titanenartige Formenbildung nidt geeignet. Wlferdings hat er gele-
gentlich, befonbders in feiner fritheren Zeit, bebor er in den Sahren
feiner wollen Mannstraft gu jener Sormenbildung gelangt war, and
folche Aufgaben mit dem feltenften Erfolg behandelt. Borgitaliche
Werke diefer Art find feine im 2Wften Qahie in Marmor ausge-
fihrte Bieta (der Leidhnam Chrifti, welder von Maria betranert
wird) in ber Petersfirde gu Rom und ein in Tempera ansgefithr-
8, шреВ unvoffendetes Gemilde, Maria mit dem Kinde, dem бе
ligen Sohannes und vier Engeln, weldhes nach dem Gefiihl und der
Formengebung ungefahy derfelben Zeit angehsren michte, im Befits
bes Minifters der Colonien, Orn. Henry Laboudhere, in England.
Legteres, cine der Hauptzierden dev Kunfiausitellung in Mandefter,
welded Sffentlich guerft von mir dem Michelangelo vindicirt wore
ben ift, hat auch ber Berf., der e8 indeh erft gegen ben Sdluf des
Werks anfithrt, ftets dafiir gehalten. Auger der Richtung jfeines
ий Фет Genius iibte aber auch die Art feines perfsnlicen
GhavaferS auf feine Werke einen Hadhft bedeutenden Ginflug aus.
Sn vem entichiedcnften Vollyefiihl feiner gewaltigen Urtraft bildete
er die Geftalten feimer Wufgaben aus, wie fie in feiner Bhantafie
emporftiegen, ohne auf bie Art und Weife, wie folche nad) einer
durd Sabrhunderte gebheiligten Tradition dargeftellt worden, bie ge-
ringfie Ritcficht yu nehinen. Befonders fpricht fic) diefes in feiner
Anwendung des Nacten aus. Bei feinem, mit der grépten An-
firengung und Ausdaner gemachten Studien hatte ex fic fo fehr
Пе bie Darftellung der menfdjlichen Formen ohne fede Hiille be-
geiftert, bag er fie haufig aud) pa anwenbdete, two fie eben fo fehr
init ber Xrabition, alg mit bem Ginn ver Aufgabe im Widerfpruche

 

 
	Beit einert ebenfo bedeutenden als woblthatigen Cinflug auf Yerdel:
angelo ausgelibt bat, ein befonbderer Whfchnitt gewidmet, worin une
fowobl die geiftige Grbfe, al8 die feltene Bildung diefer Fra сиё
gegentritt. Ob das reigende Bilonig nach dem befaunten Stid des
Hollar, nach einem nod in England vorhandenen Bilde, wirtlich,
wie unter jenem angegeben ift, die Bittoria Colouna vorftellt, tft
miv fehy gweifelhaft. Wenigftens ftimmt e8 durdaus nicht mit dem
ebenfalls hier in einer Mbbiloumy gegqebenen Bilonig® diefer Frau auf
einer gleichzeitigen Webduifle itberein. Mit Recht fpridt ver Зет»
faffer anc) etwas naher ither die beiden graften Rinftler, mit Dde-
nen Meichelangelo in Oppofition gewefen iff, Cionarde ba Vinci und
Raphacl, und von beiden giebt er wieder Medaillen entnommene
BHildniffe, von denen das deB Lionardo Hhdchft ausgezeichnet ift. Bei
“Raphael fommt uatilid) die fo oft erwogene Frage gur Sprache,
in wie fern Michelangelo Ginfluk auf ihn ausgelibt hat. Der Ver-
faffer ftimmt mit allen befonnenen Forjdern darin iiberein, dah dte-
fer ein fehr bebentender getwefen Ц. Gdon in Slorengz mufte, wie
der Verf., nad Sir Charles Caftlate, bemertt, der im Fabre 1506
guv offentlicden Wusfiellung gelangte bevithmte Carton ber vom Ba-
ben im Arno gum Kampf mit den Pifanern eilenden Florentiner,
auf dew damals bret und giwangig(dbrigen Raphael einen hichft far-
bernden Cindrud machen. Nod bedeutender aber war ohne Brwet-
fel ber Ginflug der Decfengemalde bed Michelangelo in рег Пение
cen Rapelle. Bch gweifle nicht, dag Raphael, dejfen Berehrung
ber Werke des Michelangelo, ans feiner Aeuferung, wie er Gott
banfe, 3ur Beit des Mtichelangelo geboren gu fein, fdjlagend bethi-
tigt wird, die Gelegenheit, die Mtalercien jener Dede, als fie, рабу»
wahricheinlich gu Unfang be Bahres 1511, noch vor der Vollen-
dung des Ganjen, auf furye Beit fidhtbar waren, БепиёЕ hat, und
508 viefe Schau auf die grifere Wuffaffung ber Formen, die maffen-
haftere Behandlung der Gewander ber im Bahr 1511 ausgefiihr-
ten Schule von Athen einen nambaften Cinfluk ausgeitbt hat. Nod)
иное, dentlicjer tritt berfelbe inde meincs Grachtens in der noch
grofartigeren Wuffaffung und Vereinfachung der Form in dem im
Sahr 1513 ausgefithrien Frescogemalde des Wetifa hervor, nachdem
Raphael volle Nuke gehabt, die im ahve 1512 volfendete Dede
jener Gapelle gu ftudiven. MNivgend ift aber endlich fiir diefelben
Cigenfdaften diefer Cinflug dewtlicher wabhrjyunehmen, al8 in den
beriifinten, jest ihrer Mehrgahl nad in Hamptoncourt befindlichen
Cartons. Da Raphael wufte, bak diefe den vnmittelbaren Ver-
gleid) verfelben mit ber Dede des Mtichelaugelo gu beftehen haben
wiivden*), Hat er, aufer jener grofartigen Wuffaffung der Form,
auch die itberlebensgrofen Verbhiltuiffe, und eine Bereinfadhung in
den Maffer der Compofition eintreten faffen. Aft nun in alfen
obigen Fallen, wortn burch bdiefen Cinfluk Raphael innerhalb der
Gigenthimlitett feines Genius зи Haheren Leiftungen geftcigert
wourde, derfelbe ein 08% voviheithafter gu mennen, jo ftinme ich
gang mit Dem Verfaffer itbercin, рав derfelbe alS durchaus ungin-
flig gu betrachten ift, wo fich Raphael auf eine eigentliche Nadhah-
mung ber Runfiweife ded Michelangelo eingelaffen hat, wie in dem
Propheten Befaias in der Kirche St. Ugoftino gu Mom. Cine
folche Nachahmung fann id) aber in dem Frescogemalde vom Brande
im Borgo nicht mit tem Verfatfer erfennen, und wenn derfelbe in
per Uusfiihrung nicht die Triiheit der Bewegung, die Meeifterfdaft
der Beidhnung, wie in der Dede des Michelangelo findet, fo fount
diefes yum grofen Theil auf die Recnung des Giulio Romano,  
yon welchem nad) meiner Uchergeugung die WUusfihrung diefes Bil:
des herrithrt.

 
	*) Diefes bat guerft Sunfen in fermem trepliden Aula im ber von ibm
mit anberen Gelehrten heransgegebenen GBefdreibung Roms dargethan, von Бет
ber Berl. febr zwedurifig fiir bas engl. PBublifum eine Ueberfegung gegeben hat.