Naturanlage fduldig fet, fonnten Raphael nicht verfcpwiegen
bleiben.

Bet ver Bejprechung dev fonftigen Gculpiuren bes Mtichelan-
gelo will ich hier nicht fehon Bekonttes wiederholen. Leider ift mir
eine Pieta in Hochreltef in ver Capelle bes Urmenhofpitals in Ge-
nua, welche ber B. wegen des Ausdrud3 von mittterlidhem Scnerze
und Gerehrung in der Marta, von Erhabenheit und Gite in dem
Chrifius fehr rihmt, nicht aus etyner Unfchauung befauut. Geby
dankenswerth ift dle beigebrachte Notiz des PBagliarint vow einer
Maria mit dem Rinde von fchdner Wrbeit in Mtarmor, welche von
Kauflenten aus Slanderu gefauft und in iby Vaterland gebracht
worden fei, und fehr vichtiq die Bemerfung, pak dtefes das chine
Werk in der Kirche unferer lieben Frau yu Britgge fei mige. Зи
einent fo ausfithrlicen Werle tiber pen Riinftler hatte indeR dtefe
wohl eine etwas genauere Wirdigung verdient. Die figende Maria
halt bas ftehende Rind vor fich. Bhre Rechte rubt auf ihrem
Schooke, wahrend fie mit ег Зи die eine Hand des Rindes
halt. Bn allen Theilen, den fireng fungfraultchen Biiqen des edlen
Ropfs ber Maria, der Wrt des Gewandes, der weichen Behandlung
ber wahren Formen evinnert diejfes Werk am meifien an die Pieta
in dex Peterstirde, und gehirt mithin derfelben frithen Beit des
Meifiers an.

Go febr id) mit dem Berf. und aller RKunfifrennden in die
Bewunderung der Statue des Lorenzo, am Grab der Mediceer, welche
tiefes Nachfinnen fo unvergleidhlid) ausdridt, einftimme, fo ше
fann 166 Ме unbedingte Verherrlichung der befaunten vier alleqori-
	Ichen Giguren theilen, ели, инетафеЕ der Grofartigheit der For-
men und der Neifterfdjaft rer Wusfiihrung, fiehen fie in ihren ge-
waltfamen und gefuchten Motiven, auch abgefehen von der hier durd
die Aufgabe Leineswegs geforderten Naciheit, gut fehr in Widerfprud
Mit den ewigen Gefegen der Wahrheit, des plaftifden Style und
dev Schinhett, um nicht auf jedem gebtloeten, aber unbefangenen
Bejdauer einen widerftrebenden Gindrucd zu machen. Die grofe
Bewunderung ber Beitgenoffen fir diefelben Faun mich in diefem
Urtheil nicht irre machen. Gie zeugt nur von derfelben Befangen-
Heit des Urtheils, welche in der Runft fo viele ungliicliche Machah-
mungen ber fpitteren Werke des Michelangelo hervorgerufer, itber
peren Berwerflichfeit unter allen, welche fich iiberhanpt um foldhe
Dinge befiimmern, uur eine Stimme реле. Diefelbe Befangen-
heit der Beitgenoffen giebt fid) in dem Uvrtheil fund, tmelches das
jiingfte Geviht, worin in der Nackthett Chrifti, ver Wpoftel, der
Heiligen und der Engel fence Mipacdhtung der Tradition am maffen-
Hafteften hervortritt, fiir das fchdnfte Werk des Michelangelo anf
dent Gebiete der Maleret erflart, mahrend jest allgemein und amit
vollem Hecht, bie Walereien ber Hecke dafitr angefehen werden.
Michelangelo felbft gewahrt aber in feinem Uriheil iiber Tizian
einen fehr merhwitrdigen Belag von der Wahrheit des Sages, dah,
je qrifer ein Rinftler in einer Richtung, defto mehr arch {ет ребе
iiber anbdeve Riinjiler in derfelben befangen, und ev mithin unfahig,
ijt, foldhen, welche von der feinigqen gan3 verjchiedene Michtungen  
berfolgen, volle Geredtigteit widerfahren yu laffen. ,, Wenn dicfer
Mann , fagte er gu Bafari, als er bet Tizian in Rom feine bee
viihmte Danae angefehen hatte, ,nur einigermafen fo von der Kunft
und Der Zeichnung unterftiikt witrde, wie von feiner natiivliden Un-
lage, namentlic) im Wiedergeben der eingelnen Maturerfdeinung,
miirde man wicht mehr und nichts Befferes machen fwunen, indem
ev bon fehy fdinem Talent ift, und eine fehr reizende und Ieben-
dige Darjtellungsweife Hat’ *) Cine Beichnung пиь WMtodellirung
	*) Bei der grofen Schmierighit, den Ginn bes Vajari genau wiederguge-
ben, fege id bier die Worte es Oviginals gum Vergleich her. „Зе quest?
nomo fosse punto ajutato dall  arte e dal disegno, come é dalla natura,  
	ber Formen im SGinne des Michelangelo ift aber mit ver ganjer
RKunftiveife des Tizian unvertraglic), und witrde Ddiefelbe aufheben.
Giner der Hauptgritnde Des Baubers, welchen die Werke der groper
Kiinfiler ausiiber, liegt gerade darin, dak jeder die Cigenthiimlicpfeit
feines Talents, unbeirrt yon anderen Richtungen, in feinen Werker
rein bewabhrte. Gine gewiffe Ginfeitigfeit, welche daburc) eintrat,
wird ntelfacy durd) jenes Gefiihl ber Naturwildhfigkett anfgewogenr,
und der ware Kunfifreund wird ftets in einem Runftwerf dure
das Geprige einer geifireiden Cigenthitmlicfett, uneradhtet einzelner
Midngel, ebenfo fehyr angezogen, al8 durch eine, aug einer fatten Rez
fleyion hervorgehenbden, Wllfeitigkeit der wiinfcenswerthen Cigenfdaf-
ten абдейовен werden. Befonders bemerfenswerth ijt der Ubfdynitt
itber die Peterstirdhe mit Hingunahme fehr vollftindiger Whbiloungen
in dem Vilas, und einen Langen Briefe des geiftreichern Wrehitetter
бофехеЙ. Auger den jdpdnen Whbildungen der berithmten, von Con-
ftantin erbauten Bafilica von St. Peter und verfchiedenen Darjtel-
lungen der heutigen Beterstirce, fehen wir auf einem Blait nicht
tur die Grundplane diefer beiden, fondern auch bie bes Bramante,
wie ex bon Raphael umgemodelt worden, ves Antonio ba Gangallo
und des Balthafar Beruyi. Der Lekte, weniger Беби, Ц yor
grofer Gdhinheit. Die Grundform bildet ein griechifdyes Kreuz,
deffen vier Wrme in Halbfreifen сирен. Auger der grofen Kuppel
in ber Mitte find nod vier Eleinere an den Eden angebract, eine
Wnordnung, welche an die Form bygantintfcher Rirchen erinnert.
Befonders fticht diefer Plan fehr gu feinem Bortheil gegen den
fcbwerfalligen beS Sangallo ab. Der Rippel von St. Peter wird
	ре geblibrende Dewunderung gegollt, doch die grépere Ффвирей des
Meuferen derfelben риф Феи Perhftyl an dem Plan ves Gramante,
weldhen Wren an der Paulsfirdhe in London nacahmte, anevfannt.
Sebr richtig bemerft ber Gerf., dak die Ruppel ded Michelangelo
burch ben отдана der Kuppel des Brunellesht am Oom yu Flo-
vertg vorbereitet worden. Gr felbft folf, als ihm gefagt wurde, er
witrde Gelegenheit babe, jee gu verbeffern, geantwortet haben:
	JO taro la sua sorela
Pin grande gia, ma non pid bella.“
	Die anderen Gebdude des Weichelangelo, welche meines Crad-
ten8 jum Sheil gur Petersfirde in einem Abulichen Berhaliniffe
fiehen, wie die Fresfen ber Dede der fixtinifden Capelle gu feinen
fpdteren Malereten, werden nur furz befprochen. Defto ausfithr-
licher hanbelt ber Berf. ither Michelangelo ale Dichter, und giebt
viele Beifpiele derfelben im Original ниь Вт recht geluugenen
Ueberfegungen. Da diefe Gedichte in Deutfcland vielfach befpro-
chen und diird dte Ueberfegung von Regis aflgemein befaunt find,
halte ich e& flir tiberflliffig tange dabei ju verweilen. Berfchiedene
мег Gonnette athmen diefefbe Grogartigkit dex Berfsnlichfeit, die-
	felbe Grbabenheit und Ttefe ded Gefiihls, wie feine Bropheten und
	Gibpllen. Фет ифНу weift der Berf. in den fritheren den Gin-
flug Der Adeen dev Meuplatonifer nach, wihrend die fpdteren der
Unsfiug einer rein chriftlidhen Begeifterung find. Befonders beach
iengwerth find jeine Gonnette iiber Dante, als der Wusdruck feiner
wirinfterr Berchrung fiir diefen ihm fo eng verwaudten Geift, und
an die Greundin fetner fpateren Sahre, Bittoria Colonna, als der
befte Beweis der rein geiftigen Natur diefes Berhiltniffes, welches,
wie ich mit dem Berfaffer vollftdudtg iberzengt bin, héchft unwitr-
pigeriweife gu einent gewdhulichen Licbesverhaltnif herabgezogen wor-
ben iff. Wie warm und felbft findlid) Michelangelo fiir fetne
Sreunde filblte, davon geben cinige Briefe, befonders an Bajar,
einen fhinen Berets. Bis gum fewien Mugenblic fic) jelbft ge-
	e massimamente nell contrafare i] vivo, non si potrebbe far piu ne meg-
	lio, avendo ecli bellissimo spivito e una molto vaga e vivace шашета.“