Beurtheilung Herder’s gu ftammen. Bas Hr. Lewes ven Herder’s ciferfiichtigey Unfreundlichfeit beim Grfcheinen des Gig fagt, berubt auf einer falfchen Anficht; Herder hat den Gig recht wohl gu rwiir bigen gewuft; man fefe nur die an Goethe geridteten Worte in Hevder’s Ubhandlung iiber Shatefpeare. Doch wir diivfen in diefer Hinfiht gegen den Uuskinder nicht gu ftreng fein; ein Verftandnif unjerer Giteraturgefdhidte wirr man nicht von ihm fordern finnen. Wir fommen auf unfer int Gingange ausgefprodenes ltrtheil quriié. Wir geben oem Ueberfeger in fo weit Recht, dak Lewes’ Werk mit Ciebe und mit Warme gefehrieben ijt; Lefonders wird man mit Sutereffe die Gchilderung ver Perfinlichtetten Weimar’s {efen, wenn wir gleid) mir Befanutes wiederfinden. Befonders hat thm bier Weimar und Bena von Adolf Stahr, den er mit Vorliebe citirt, alg Quelle gedtent. Bon ver Wiirde bes hijtorifdhen Styls ‘bat meift Der Berfaffer teinen Begriff. Mean brancht nur te Lane gen UAbjhweifungen itber Pas Vererben der Pibhigheiten von der Сети auf die Kinder und von den vielen merfiiirdigen Ereigniffer pes Sabres 1749 gu lefen, um ju fehen, was der Verf. in cine Biographie hineinguweben weif. Wud im Cinjzelnen Halt fich fein Styl von Gejdmaclojigkiten nicht fret. Wher angftige did) uicht, Lieber Refer! heigt e& bet Gelegenhett rer Leipziger Etudienjabre, Dichtergeniiths (aft cx fich entfeltipfen. WMlaw БЕ daher itberall auf fciefe Bemerfungen iiber Goethe s fittlicje und dichterifcye Su- pividualitit. Gefen mir muy, wie dev Verfaffer Goethe s warmfte Ciebesneigquugen befpricdt. Bon ver Weblaver Liebe fagt er S. 158: poernfalems ungliclide Lcidenfchaft und Goethe s unglitdlide Lci- penfojaft hatte die beiden, follte man meinen, eng vereinigen miifjen, aber genant genommen faun Goethe s Leidenfchaft faum cine ungliid: fiche genannt werden; ¢e8 war mehr cine Leidenfdaft voll tftlicer Unrube, Giebe, tief vergehrende Liebe, war s nidjt....... Gr glaubte fterblid) in fie vevliebt gu fein, wahrend ex doc) in Wabhr- Heit uur in das zirtlidhe Gpiel ver Gefiihle werliebt war, die fie Hervorvicf u. Г. we Das fonnte der Berfaffer Hinfehretben, nach) Dem er die Briefe Gocthe’s an Gotte und Keftner gelefen hatte? Nidt anders finden wir ihn in per Sebhiloerung ver Lili, weldye Gvethe ale Greis noc) die wahrfte und heifefte feined Lcbens naunte. ,, Aud vor Gli s Charatter Вени 8 ©. 247, „еше 98+ name von der Regel. Bung, reizend und bezaubernd, war fie eine ertthdbiedene Rofette....... Arinida faud fich ihverfeits in Minal- po s Feffelu, aber Rinaldo folgt ihr in die Baubergirten, mehr aus Neugierde und uft 068 Wbenteners, al8 aus Liebe” — und С. 255: Sein Herz fehmachtete noch immer nacy ihr, mehr weil in feiner Natur ein Bediirfniff der Liebe (ag, als weil fie das Weib gewefen wire, dads зи feiner Lebensgefihrtin gepakt hatte.” Wie famt man diefes Kleinod reinfter Weiblicleit fo verkeruen! Um dte Ufthetifce Benrtheilung der Geiftesentwicelung Goethe s zu dharat- terifiren, geniige ber eine Wusfpruc) (SG. 220): „Зи ver Zeit, wo SeHiller al8 Bertreter des Sdealismus gelten fann, hatte fid) Goethe Hercits ale Bertreter oes Realiemus befanut, und jeder per beiden grofen Sithver herrfdhte in feinem befonreren Gebiete.” Hr. Lewes fabt c8 fo anf, al8 fei Goethe im auf ter Beit mehr und mehr RKealift geworden. So oberfliclich, wie die Wuffaffung der Totalitdt Goethe s, ijt аиф die Beurtheilung der einjelnen Werke, in deren Plan und Фей der VGerfaffer felten tief cingeht. Cr bleibt ftets bet dem Aeuferlichen, oft bet Nebendingen ftehen und bringt im feinen afthe- tifchen Bemerfungen unglaubliche Trivialititen wor, eftwa in dent Gefchmact jener Bemerfung iiber den Werther: ,Da dev Litnftler ydemt Dichter widerfahrt dabet nichts Leides; ev fammelt Gryahving, und Grfabrung jelbft бер vie Echattenfetten rer Mrenfdpennatur wird zu edlen Bweefen fich abffiren; nugt dod) der weife Landwirth felbft bas Mas von Thieren yu nahrend frudptharem Ditnger. Bei- fpiele cined foldhen fafoppen Styls, worin fic) beftandig das 39 pes Ber. mifdt, Laffen fic) maffenweije finden. G8 thut uns leid, nach forgfiltiger Priifung des BWertes nicht in bas Sob cinftimmen gu funen, womit e3 dev Or. Ueberfeter, deffer Gewandtheit in der Uchertragung unfere Wnerfennung verdient, pet deutfcjen Lefern anempfiehit, wenn wir gleid) nicht zweifeln, Dak in dem jebigen Buftande der Mritif die Lobfpriice in manden Blattern ett Echo finden werden. Selieflich mige noch cines anjpruchlofen Biedpleins von $. v. Lancizélle gedacht werden, welches eine Zufammenftellung dev beden- tendften Uusfpriiche Goethe s ither Religion und Chrijtenthum ent: Halt. Weil religivfe Uebergeugung nur die Frucjt des Lebens iff, jo wahlt der Hr. Herausgeber, dem wir fcpon ahnlide Gdaglajtlen aus Goethe s Sdriften verdanten, weder die in des Dichters рее ren Subren des Sturmes und Lebenspranges hingeworfenen Aenfe- rungen, nod) folce, welche nur durd) eine unfidbere Ueberlieferuny ung jgugefommen, сер Те bet tvener Beridterftattung ein Unéflug momentaner Berftimmung find und oft Ourd) den Reig bes Miderfpruds hervorgerufer wurden, fenbdern miv vie, welche als Wnsdricé feiner inneren Ueberzeugung gelten fonnen. Hr. v. Lanct- zolle ridjtet fein Wugenmerf vornehmlich anf Goethe s lebte Lebens- periode, ftellt diejenigen Stellen, welche Терме WAnfichten iiber chrijtlice Religion ant treffendften ausfpreden, unter ben Ueberfcpriften: Bi- bel, Religion, Gott, Weltregierung, Unfterblicfeit, Uebe, Befouderes, feinen Stoff aus тер ЗИ пебмен, feine eigene Crpahrung periwenden und die Chavattere geichnen mug, die ev wirflich tenner’ gelerut hat, bas freilidh ift mit affem Nachoruck feftsubalten; aber eben fo beftimmt alten wir dafiix, dag cr feinen Grlebniffen cine pon der Wirklichfeit Hinlanglich verfchicdene Geftaltung gu geben verpflidtet iff, damit das Publitum in feiner Cxrfindung nicht eine wirkliche Gefchichte lefe und die Berfonen erfenne, wabhrend die Perfonen felbft die ihnen gugetheilten Nolen ablehuen witrden. Ia- tivlich ift 8 fchwierig, an die Wahrheit fich gu halter und dod nicht den Berrather gu fpielen; aber fchwierig oder micht, die Gitt- lich¥eit gebietet 8. Der Verfaffer zeigt fii feime filidhtigen Cin- falle eine grofe Gorliebe; denn Benrerfungen von bev Art, wie ©, 313: „98 der Leingiger Student bas Luftfpiel (oie Mritfehuldi- Mirchblic — pufammen und gieht daraus ben Schlug, dap ,, Goethe gent) fojrieb, fief er fich wohl jcpwerlic traumen, Daf er e8 einft)der Mame eines Shriften wahrhaft gufomme.” Gr fdblieft Daher am Hofe gu Weimar fpielen witrde” — begegnet man fehr Оби. mit dem Grug an die Freunde: ,, Allen Gleidhgefiunten, die fich mit Die bogenlangen Exeurfe iter die deutfcde Literatur, welche, dem Verf. Ubereinftimmend dahin ansfprecjen, Dab, wernt aud) der mit der Tannhinferfage und einer Vergleichung derfelben mit der} Wusdrud von Goethe s religivfer Denk und Sinnesweife fei fird)- griechifden Erzihlung vow der Phryne anheben und in feltfamen fidh-dogutatifcher ift noc) fein fann, der Geift Chrifti in thar Spriingen bis auf Leffing und Herder fommen, бане per Ueberjeger Lebendig geworden, allen diefen migen die Worte des Berfaffers aus dem obnedies iweitlanfigen Buche (oer erfte ftarkle Band dervjein nidt unwillfommener Ruf ans der Ferne fein.” Iu dev Hier Ueherfesung geht erft bis 1778) ganz weglaffer follen. Ginige aud jansgefprocjencn Uebergeugung werden Э(Ще, weldhe Goethe s Sarif- Gervinus entlehnte vichtige Vemerfungen erfcheinen wie nantes inj ten mit voruvtheilefreiem Sinne durdhgeforfeht haben, mit dem си. gurgite vasto. Wns derfelben Quelle fcheint auch die mifwollende Verf. gufammentreffen. Berlag von Heincid) Schindler in Berlin. — Ord von Crowihfe und Зои т Зет