bas Gewiffen raubt, fet e3 einer eingelnen Ridhtung, welde auf
Kojten anderer fich geltend macht und movalifche Oisharmonie in
ihm erzeugt; (Taffo, Carlos und Ridard, Othello, Macheth und
Wallenftein) oder: es findet fich int Charafter То зи fagen ein Unter-
maf, ett WMangel an @Ки tm Vergleich gu feiner Wuufgabe.
(Hanrlet.) Wenn hier aus der Natur des Chavalters, aus tem
Sunern bes Handelnden Heraus der tragifche Conflict fic) entwidtelt.
fo faun ev ihmt anbdererjeits gleichfam vou aufen, in und mit der
aufgelegten Handhing ourd) das Princip derfelben geqeben fein.
Und zwar entweder, indem die Handlung felbft eine gwiefache mo-
valifche Qualitit hat, auf dev einen Seite nothwendig erfordert, und
auf der anbdern nothwendig verworfen wird, fo im Oreftes, der
Blutrache itben mu fiix feinen Vater, aber — an feiner Mutter;
oder der Held ift ber Trager und Bertreter Cined fitilichen Prin-
cips, iwelchem in anderen Berfouen, ein Zweited gleichberechtiqtes
gegeniiber tritt; fo in ber Antiqone as Ksnigsqebot und die хе Пао
Gitte. — Фа ме Scheidrng der tragifcen Clemente feine abfolute
ift, Dah fie fic) verbinren und vermifchen иней, wiffer wir febr
wohl, aber c8 wird immerhin dienlich fein, die Grundunterfdsede
fefigubalter, das Hauptfachlichfte und Vorwiegende in jeder Tragidie
gu beaten, und namentlich die Gryengung des tragijdhen Conflicts
aus dent individuctlen Charafter pon der Geburt deffelben ans-
gegebenen ethifchen PBrincipien зи fcheiden.

Ueber die Rangordnung diefer verfchiedenen Wrten der tragifchen
Gattung ift fein Streit; der dem Gang der Gefchidte entfprungene
Kampf ber Pringipien fteht ethifeh und poetifd) ungleich hiher, al8
рег felbjtgefdaffene Conflict de8 Charafters; der Widerftreit der
movalijden Forderungen aber in Giner Perfon, fo dak feine itber
Die andere ein entfdheidendes Uebergewicdht evlangt, berubt meift auf
einent blofen, wenn auc) unvermeidliden Schein, welcher uur an
den Grengfcheiden ethifcher Entwicelung de8 Cingelnen over der
Nationen, die Geftalt einer innern Nothwendigkett anntmmt, welche
dain aufhirt, wenn die vollfommene Ueberwindung des Cinen dure)
fittliche Rlarheit evreicht ift.

Kinig Saul ijt fein tragifcher Charatter; das heifit jedoch
mur: aus feiner indibiduellen Natur wiirde ein tragifcher Conflict
fic fchwerlich entiwideln. Gr ijt, wenn auc mit der Schutter itber
Die Kipfe alles Volfes ragend, dennoch zu fein, um itherftrebende
Змеи зи unternehinen und fich aus eigenen WAntvieh in den Wb-
grund der Tragit gu ftlirzen; aber er ijt pennod) gu grok, um fich
durch Ghatenlofigtett von einer tragtfdhen Laft pafftv erdriiden gu
faffen wie Hamlet; von iby erfaft, ftitrzt er fic) fret in den Wogrund
bes Lodes. Aber das Leben Rinig Sauls ift auf den Boden bes
Trogifren, fein Handeln auf den Kampfplak grofer hiftorifher
Principien geftellt; als ein jclichter Mann war ex ausgezogen um die
Gfelinnen feines Vaters gu fucen und hat eine Krone gefunden,
aber die Gold-RKrone des Konigthums ift ihm zur Dornenfrone
tragijcen Schidjals geworbden.

Samuel hatte ihn gum Kinig gejalbt, weil das Volk gefproden
hatte, „06 und einen Rdnig, wie die andern Gilfer neben uns
haben. Samuel war ber Vertreter, fagt man her Hierarehie,
und Пи gefhah Whbruch, als er die Krone der Hervfdhaft wege
geben mupte. Gomucl aber war in der That nidt ber Bertreter
ber Hierardic, foudern der Trager ber Theofratie.

Nur Hen Augen fan dies gleid) erfcyetnen. Gammel ev-
fannie wohl die Wufgabe und Beftimnung feines Bolkes; fie beftand
nicht in politifdher Groge, п in Ausbreitung weltlicer Nacht.
Hat das Voll feinen Boden errungen, auf dem es wohnt und aus
weldem feine When flammten, ift e6 fret und unbefchwert von den
Nachbarn und mit mifigendem Boden felb{t abgemonnenen Wobhl-
ftand gefegnet, fo find feine weltlichen Riele erveicdht. Gs ift das
Bolf Gottes; aud irdifcen Glany und fbnigliches Gebringe foll e8

 
	nicht begehren: ,, Gott ijt fet Konig.” C1 Gam. 12, 12. ff.) ,, Cin
Reich von Prieftern foll e8 fein und ein‘ heilig- Volf.  Das war
ме Зее, weldhe ven Bolfsgeift purdhdringen und bie Triebtraft
feines Cebens und feiner Entwidelung ausmadjen follte. Фет уве
und erhabenfte Gedante bed Menfdenthums war feine Erbfdaft,
ber Gedanfe Gotted, bes Ginen. Ahn follte e8 pfleqeu, erft bet fich
befeftigen und einbilben, dann itber alle Welt verbreiten. War dies,
wie eS Niemand beftreiten wird, der hichfte Bwed des israclitifcen
Bolles; in wen follte er Lebendiger und betwupter fein, als in
Eamuel? War er nicht Per Grfte, Cdelfte und Gréfte feiner Zeit?
Der Sohn ver prophetenhaften Oichtevin Hannah, [dou vor feiner
Geburt лет Gotte geweiht, vou ем стен ebensjahren an im
Siftszelt erzogen, find gleich die erften Wurzelfajern feines finrlidhen
Gemiithes uur mit dem OQuelf der Religion getranft; an und
in ihvem Geifte entfaltet fich ber feinige, (1 Gam. 2, 26.) Affe
feine ebensintervelfen find gufammengehalten vow dem Cinen Gedaufen:
Gottes und feines Bolfes, als ves Bolfes Gottes. (1 Gam. 7, 3.)
Sr verfehafft dem Bolte Recht nach innen, Macht nach aufen; aber
er Hat und jucht feine andere Witrde, als ,, Richter” gu fein. (Daf.
». 13—17.) — Da verlangt das Golf einen Konig, einen weltlichen
Kbnig, ,,Wwie die andern Viffer haben.” Фе erregt vied fetnen
Widerwillen; aber nicht, weil er ein Hierarch ijt. Das verfoumnnelte
Wolf bezengt ihm aut Ende feines Lebens feine Uneigennitgigheit;
eine Gigenfdaft, welde felten mit der Hterardie verbunbden iff. Gr
ift von ganger Geele Sheolrat; er fieht voranus, аб weltlices Rd-
nigthum die Wleinherrfdaft Gottes im BVollsqeift verdrangen wird.
(1 Gant. 12, 20. ff.) Gr waht den Gaul; einen Mann grof
und fchin, wie e8 einem weltlichen Hervfder wohl anfteht; ard
	`пЕФЕ иибедабЕ, Caul war ,,unter den ‘PBropheten.” Er it vielleidt
benuocd unbedeittend und Samuel wef e8; aber ex walt ihn mit
BVedacdht, um einen leitbaren Kinig zu haben, und nicht einen, unter
deffen individuellem Belieben die Mation von ihrem BZiele abgelentt
werden. Gaul tibernimmt tie Wiirde eines meltliden Herrfchers
itber ein theofratifches Bolt, cin Wider pruch, deffen tragifdhe Gewalt
fic) ihm bald offenbaren jollte. Der Krieg mit Winalef bright aus;
e8 ift die’ fein Krieg wie der gwifchen andern Mationen, aud nicht
wie Bsraels mit irgend einem andern Volfe; c8 ift der eigentlice
und wahrhafte theofvatifde Krieg; Langft prophetifch verfitndigt und
alg abfoluter, ewiger Vertilqungsfampf fehon von Dtojes her pur
Mufgobe des Bolfes gemacht. (1 Gam. 15, 2.) Wmalek ift nicht der
бешь Der Wohl fahrt oder ver Freiheit des Staates, ev ift der Feind
ber Soee ves Volfsgeifies, des legien und Hichften Riwedes und
Bieles der Nation. , Denn Wmalef ijt die Hand an den Shron
Gottes gelegt. *) nicht Krieg und Kampf alfein, fondern Berder-
ben und Verfithrung finnt er Dem Gottesvolfe nad. Gaul fihrt
den Krieg, aber er volfendet фи nicht; er vollfiihrt ihn als ein
weltlider Konig, nad) weltlicem Rrieqsbraudh. Gaul ше recht
gut, Dak und weshalh Samuel eine vollftindige Ausrottung WAmalets
fordert; aber er hambelt nicht im theofratifcjen, fondern im weltlidy
monardhifdhen Sinn; feine Chre, wohl auch fein perfinliches, fich
der theofratifden Forderung nicht unterordnendes Gewiffen, Leger
ihm die Pflicht auf, fic) Amalels groKmitthig yu evbarmen. — Hier
und nur bier (egt der tragifce Conflict im Leben und der Stellung
Saul8, weldhem der in Schillers Kampf mit bem Drachen fer
Ghulid) tft; aber ev hat einen andern Wusgang. Gaul firhlt fich als
Konig; und da nun Samuel ihn von feinem Standpunft durdaus
verwerfen mug und den David falbt, fo verhirtet fic) fein Cha-
rafter, ох ИФ in bas Unvermeidliche nicht fcbicer faun, und er
enthefrt neshalh fpater gegen David der Grofurith, durch weldje

®) 2. B. Mof. 17, 15, wo wir diefe Meberfesung al8 die wohl am meifter
suirefferbde vorfdlagen.