Dichturtg *) aufgefithrt gu fehu. Der Erfolg, wie ich nicht ое НС,
wird die MAusfithrlichfeit und Dringlicfeit diefer Wnempfehiung
rechtfertigen.
Siebenter Brief.
Konig Heinrich IV. (Grfter Theil.)
	Bie bet uns fallen etnige Gcenen fort, dod trifft man eine
andre WUuswahl. Die berithmte vierte Scene des zweiten Alts ger-
fallt befanntlich in drei Unterabtheilungen. Buerft die Scene mit
Sranz und feinem ,, gleich, gleich Herr ; dann die Entlarvung Fal-
ftaffs, feiner Seigheit und fetner Cligen, dvittens die Scene, wo За
ftaff und Bring Heinrich wechfelweis den ergiirnten Konig {pieler.
Diefer dritte, vtelleidht brtllantefte Theil der Scene
fallt fort. Die Griinde feum ich nicht. G8 ift wahr, diefe ganze
vierte Scene mit allen ihren Unterabdtheilungen ijt lang, aber das
giebt fein triftiges Motiv. Chenfo hat man die famofe erfte Scene
‘рев Уи Wits (die Verjechwornen, den Streit gwifchen Glendower
und Berch und den Hohn des lewteren) geftvicjen. Зш Гебен ЭН
fallt der Kampf gwifchen Douglas und dem Konig und die Mettung
des Legtern durd Pring Heinrid) fort. An Stelle diefer Scenen
treten anbve eit, die bet und geftricjen werden. Зин, бер Be-
ии bdeS gweiten WS, bie Scene gwifdhen ben Fubhrleuten (gang
vortrefflich), dann das droflige Hin und her mit Franz und feinem
„Ве, ве!“ Der dvitte Wit beginnt mit der wunderfdinen
Seene gwifden Kinig Heinrich und dem Prinjzen, die bet uns, der
Scene swifden Percy und Glendower gu liebe, fortfallt. Die bei-
den Legten Whte, wenn auch febr gefitrat, zerfehueiden weniaftens nicht
Deu Faden der Entwidlung, wie das bet uns gefchieht oder wenige
fien8 gefdah, wo man gn Anfang deS flinfter Wits (aus dem
Munde Worcefters und Bernons) etwas von Verfshnungsvorfaligen
des Kinigs vernahm, die man denfelben gar nidt hatte machen hirer.
Abgejehu von diefent legteren, leicht gu vermetdenden Fehler mag ich
nicht behaupten, dak dte hier ftattfindende Gcenen- Auswahl beffer
fet, al bet un8; nur ift das Beibehatten (Wet UT.) der eigentlich
unerléplichen Geene gwifhen dem Rinig und Pring Heinrich ein
abermaliger Beweis, bak man hier bei der Burechtfdnetdung der
Се унии die Verftindlichfeit und Folgeridhtigheit des Ganjzen
ing Wuge fat und dem flaren Zufammenhang Lieber eine an fic
foftbare, aber nicht abjolut nithige Scene opfert. Bon Cingelheiten,
pie mir aufgefallen find, heb’ ich noch folgende hervor.

Mit IE. Scene 4. Die Wildfchweins - Taverne in Eaft - heap.
Die DOekoration und das fcenifche Arrangement ift nachahmenswerth.
Man hat ein grofes Zimmer vor fic, rings mit hohen Holgpanelen
eingefagt. Das hintere Dritthei! des Zimmers ift durch) eine bei-
nah mannéhohe Gardine, die fid nach rechis und Llinfs hin juriic-
[Бен ПАВ, von dem Vorberraum, der eigentliden Schenfftube,
abgetrennt; ра die Gardine indeR mehr dent thiirbreit gesffnet ift,
fo fann man den Raum Hinter devfelben einigermafen itherfehen.
Dies Arrangement ift nicht nur malevifd und chavatteriftifa, ed
unterfiligt and) die folgenden Gcenen mefentlich. Hinter diefer Gar-
ше ТАН Falftaff, und mihrend ihm Poins die Tafdhen leert, bleibt
uns die halbe Geftalt des legtern (mit Hilfe der thitvbreiten Oeff-
nung) fidjtbar. Dies belebt den Borgang. Ungleid) mehr noch tft
dies der Fall in der Scene mit dem Kellner. Poin’ poftirt fic
hinter die Gardine, und wenn er fein ,,Brang” vuft, fo hebt er ent
weber feinen Ropf itber die Gardine hinaus und duckt dann wieder
	*) Die Sdwade des Stitds ift ber Charafter bes Protens, deffen augerfte
Wetterwenbifhheit durch nichts anbderes motivirt wird als физ feinen Namen
und bie Berfiderung am Sdluffe des Stitds, „рав der Menfd) Hecht herrlih
jet, ети ex itur auch beftindig ware.’ Die Whrigen eflatanten Gorgilge inde.
helfen liber diefen Mtangel hinweg. )
	felt und bin unter Lachen und Rithrung diefer. iiberaus Lieblichen
Dichtung gefolgt. 8 foll nicht von Shatefpeare fein. Thorbeit!
won iwem denn? Wenn von zwei Zwillingsfehweftern die eine ihren
Зет verliert und nicht vovjeigen ии, Hirt fte vor den
Ginnen und vor dent Glauben ver ЭЛенфен um deshalh anf die
Sechwefter gu fein! Wenn der Betweis fehlt, va dies Sti von
Shafefpearve fei, fo betweift diefer Mtangel in meinen Augen nichts.
&s mug umgekehrt bewiefen werden, dak das Stic widt von
Ghakefpeare fei. Die iebesfcenen (befonders die reizende Rolle
per Qulia) find von einer Зина der Empfindung und einem
Rauber der Sprache, dafR fie fich dent beften an vie Seite ftellen
fonnen, was Shafefpeare gefdrieben hat und die fomifchen Bar-
thieen haben mich herglicher lachen machen als der Humor des Fal-
ftaff in affen dret Stiiden, im denen er auftritt. Damit behaupt’
ich nidht, da der ,,Launce” (einer der Hanswurfte des Stiicis) an
pen Забей heranveidht. Das herglidfte Lachen ijt fein DtaBftab
По ben Werth einer humoriftijden Figur, aber e8 ift intiner etiwas
unbd wir haben nicht viele Stitcle auf unfrer Biihue, die den Wdel
der Dichtung wahren und uns gu gleicher Zeit bas Herz mit Hei-
terfeit fiillen. Diefer Vaunce erfcheint befanntlic&h immer in Beglei-
tung feiner Bulloogge*), die der Gegenftand feiner Liebe und Gorge
ijt. G8 ift nicht бой, сотой Ш mifverftandner Weife das Goe-
the’fche Wort gu fnitfen: dak die Bithue fir Mtenfchen und nicht
flix Hunde fei. Wenn der Hund zunt Helden des Stites wird, hat
ex Recht oder vielleicht Recht; in dem vorltegenden Fall aber if
ber Hund nicht Subjeft fondern nur Objeft, nur Gegenftand fir
den Humor des Clown, wie ctwa Bardolph’s rothe Nafe fiir den
Halftaff-Humor. Wus einem alten Theaterbudh, bas mir vorltet,
erfeh ich, bag mom gu dem Beiter der Memble’s und Kean s ,,dte
beiden Eoelleute с.” jehy in Ehren gehalten und namentlic) an die
Darftellung ver beiden fomijden Figuren Speed **) und Launce die
Hochften WAnforderungen geftellt gu haben fcheint. Der jimarve Kemble
(1808) fpielte damals den Balentin, den Geliebten der fehdnen
Silvia, gu grofer Befriediguug; vom dem beviihmten Komifer Lifton
aber heift e8: fein Launce war feine Shafefpearefche Figur; fo un-
vergleidlid) Mr. Lifton in dev modernen Poffe tft, fo entfdieden
miiffen wir e8 ihm abjprechen, dag feine omit an den Humor
eines Shafefpeare’fdhen Clown hinanveicht. Unter aller Shafefpeare-
Stitden, deren erfte Befauntichaft auf der Bilhne ich Hier gemadt
habe, ftelle id) diefe beiden Sbdelleute von Berona oben an. Der
»Sturm , pen ich vor anberthalo Sahren auf demfelben Theater
(Gabdlers Wells) fah, mag dichterifcd) auf Hsherer Gtufe fteln (es
Певе fich davitber ftreiter) jedenjalls bleibt er an Unterhaltungsfa-
higteit, an Brauchbarteit fiir vie Bithne und thren heutigen Ge-
jehmmad, hinter den ,,beiden Ghdelleuten rc.“ guriid. Der Humor
Srinculo’s und Steffano’s (einfclieBlich der Geftalt Calibans) ift
Der Art, Daf id) mich damals fragte: wird bas unfer Publifum er-
tragen? Sch antwortete gwar mit ja, aber nach langem Schwanfen
und mancerlei Bedenien. Dem Speed und Launce gegeriiber habe
id) folche Bedenten feinen Augenbli€ unterhalten. Gie find nicht
feiner, aber unenbdlich viel fomifcer — was nifme man nicht dante
bar hin, wenn man nur ФФ So empfehle ich Shnen denn das
Shrige yu Шип, daf Hand angelegt und dem Shafefpeare-Publifum
BHerlins recht bald Gelegenheit gegeben wird diefe herzerfrifdiende
	*) Uns einer Cruljpant  dhen Federgeihuung erfeh ich, dak man vor breifig
Sabhven (auf dem Coventgarden-Theater) einen Meufundlander ftatt der Bullbogge
пари. Da8 Ш viel pajfender und das tree, verlegene Nenfundlindergefidt
wirkt fomifcjer. Die didldpfige Bullbogge, die vor Berlegenheit teh fragt, hat eine
Beimifhung von Geimeinent.

**) Speed iff ber Mann bes pun, bes quibble (Wortfpiel), Launce aber
bes Achtew, voller Gumord; fie erqduzen fich gleidfam.