Jiteratur-DBlatt
	Феи Геи Runblattes.
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		биба[: Ralph Waldo Emerfon her Gdthe und Shakespeare. Wns dem
— Kinki Lieder filr Componifter und Freunde des Gefanges. Bon Зи
	 
Ralph Walds Emerfon tiber Goethe and Shakefpeare.
	Aus dem Gnalijdhen nebft einer Kvitif der Gehriften Emerfon’s von
Herman Grimm.
	Hannover. Carl Ritmpler 1897,
	Сид фет nebft emer Krtti— ber Gadhvifter Emerfon’s von Herman Grima.
Lins Sdhanz.
	Убей wird indeR, was per BWmerifaner ither Goethe und
Shakefpeare fagt.

Schon die verfcdhiedenen PBradifate, bie er diefen Fithrern der
mobernen Viteratur in den Ueberfchriften feiner Wuffige beilegt, in-
pent er Githe einen Schriftitelfer, Shakefpeare einen Dichter nennt,
find begeichnend. Gr beginnt bet Goethe mit einer glangenden UApo-
theofe ded Schvififtellerthums Зи feinem Wage fieht der Schrift
ftelfer al cin Mtann da, deffen Stelling beim Wufbaw der Welt vov-
gefehen ward. ,Geites Amtes ift, Bericht abguftatten itber die Tha-
НН be8 wunderbaren Lebensgeiftes, bdeffen ewig vorwirtsar-
beitende Bewegung fic ithevall bemertlid) macht; fein Gefchaft ift,
alle Fhatfachen in feiner Geele gu fammeln und dann die bedew-
tenden und chavafteriftifhen Grfabrungen daraus hervorgubeber.
Die Natur verlangt nach einer DOarftellung ihres Wefens. Wlle
Dinge find тапир befdiftigt, ihre eigene Gefchichte gu fchreiben.
Planeten und Riefelfteine roflen weiter, und ihr Schatten begleitet
fle. Das in die Ttefe ftiinzende Felsftiicd hinterlagt feine Sdyram-
men am Gebirge, der В fein Bett im Boden, pas Chier feine
Knochen im Erdveich, Farvenfrduter und einjelne Blatter ifr be-
fheibenes Denfmal in den Kohlenfehichten. Im Bereiche der Naz
tur ift diefe Selbftaufeichnung eine unanfhsrliche. Gite giebt das
Factum wieder, nicht mehr noch weniger. Doc fie ftrebt nach 08
heren Biclen und wenn der Mtenfd von ify rebet, gtebt feine Dar-
ftellung mehr al8 jene mechanifce Wiederholung: fie wird gu einer
jhineven Reproduction des urfpriingliden Bildes. Das мене
Gedichinik gleicht einem Spiegel, welder die Geftalten fefthalt,
ihnen eben verleift und fie nad) einer neuen Ordnung gufammen-
ftellt. Das Bild der Dinge beginnt fich gu bewegen, einigeds vere
fhwindet im Hintergrunde, anderes tritt leudtend hervor, und bald
befigen wir ein neues Gemalve, auf dent fic) nuv das Bedeutendfte
‘pen Bliden bietet, das Unbedentende feinen Play inehr findet. Die
Luft am Gefpriche wohnt allen Mtenfchen inne, etnige aber find
mit auferordentlicher Mtadht begabt, diefe grocite Schipfung der
Dinge vorjunehmen: Wir find alle miteinanber geborne Schrift-
fteller. Gir diefe heiftt, cin Menfd) fein, fo viel, als die ahigheit
‘der Darftellung befigen; das Univerfunt ИЕ dem Sebriftfteller nidjts
al8 die Sumine des Darftellbaren. Bedes Gefprach, jeoe Wider-
wirtigfeit giebt ihm nenen Stoff. Gin Gott gab mir, gu fagen,
was ich Ieide, fagt unfer deutfher Dichter. Gdjmerg und Bere
jweifliing werden ju einem Capital, beffer Binfen ev gu giehert
weif. Diefe Miihe, mit der man itberall einen nachahiicuden Ans.
pric зи gewinnen trachlet, evvetdt indeffen fly gcwihulich nicht
mehr, al8 eine Urt ftenographifcher Fertigtett, €8 giebt hihere
Grade. Manner, weldye die Natur gu einer groRartigeren Wirt-
famfeit augerfehen hat, werden freigebiger von ify ausgeftattet. Sie
find berufen, die Klaffe der Gelehrten und Sehriftiteller gu bilder.

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	Der Amerifaner Emerfon hat ourd feine Schriften (,, Essays“
»Representative men“ und ,,English traits“) bei ben englifden Ge-
fern jenfeit umd. diesfeit de8 atlantifcjen Oceans bereits einen be-
—rithinten Namen gewounen, Bei ung ift er wenig befannt. Her-
man Grimm hat das BVerdienft, thn durch thetlweife Ueberfegung
eines {einer Gerfc, ,, Representative men,“ bei ung опций тен.

Das Wort representative ift, wie Grimm befennt, faum
eiter Ueberfegung fabig, ba e8 ganz auf englifden und amerifani-
fhen Nationalbegriffen beruht, weldje in diefem Puntte nicht die
unferen find. ndem Emerfon 598 ganze geiftige Leben ber Beit
in’8 Auge faft, imdem ev eB fich in verfdhiedenen Strdmungen дет»
iheilen fieht, ftellt er die Manner hin, deren jeder eins dtefer Я8-
nigrveiche beherrfcht, ftrfer af8 alle anderen in feinem Leben ihr
Leben begreift und gleichfam jener Urtypus eines geiftigen Staates
wird, der ihm nachfolat.

Nach diefen Grundfagen hat ev fechs Manner aujgeftellt, die
er grofe Mtanner nennt, und deren Thitigfett er befpricht. Plato
ift der erfte, der Philofoph; Swedenborg oder der Miyftifer folgt
auf ihn; Montaigne oer Sfeptifer auf diefen; dann Shakefpeare,
per Dichter, Napoleon, der Weltmann, the man of the world,
endlich Goethe, der Schriftfteller. Diefer Meihe fcidt Emerfon ein
einleitendes Capitel voran, welches die Ueberfdprift Uses of great
men fiibrt.

Der Ueberfeer hat zwei von dtefen representative men fitv
uns ausgemablt, Goethe und Shatefpeare. Wllerdings iiberzergen
uns fdon die erften Seiten ber Darftellungen des Winerifaners,
 baB wir einer bebeutenden geiftiqen PBoteng in ihm begegnen. Seine
furzen Gibe find fo decidivt und inhalt8voll, feine Gedaiten ftrd-
	men in fo veichem Slug und бабеи аМе 150% ЭблхеббЕ auf gleiche
	Beadhtung, vag e8 nicht leicht ift, von ber WMtafje diefes Stoffs
eine gedvangte Charatteriftif gn geben. Wiles, was ev fdrieb, find
nur bie niedergefchriebencen Worte mitndlider Vortrage. Der Ueber-
feser erflart davané jene feltfame Mtifdung von Miixjze und Deut
пен. Wir befennen inde, dah wir bei Emerfon den Vorgiigen
aber auch den Schattenfeiter der einem gewandten Iedner eignert
Darftellungsweife begeguen. Die Kitrze ftreift guweilen an bas Wpho-
riftifhe und Manches, wofitr der Sehriftftetler am Pult WArgumente
aufbringt, bleibt unerfedigt und verliert fich im Strom eifiger Be-
redfamfeit.
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