wsclepias. Bilder aus dem Leben eines Landarztes von Berth old
Sigismund. Gotha, Verlag von Hugo Sdeube. 1857,
	Wir habeit hier ete Sammlung von Gedidten, die, wie ver Titel
fdon fagt, urd) einen beftimmt auggefprodjenen Charatier in einer Wt
von Cinbheit jufammengehalten werden. Geftehen wir viefer Bejonderbeit
ihy Recht zu, die, wenn fie aud) nicht felten verfdjwindet, vod) durd) das
Gange farbend und mobdificivend hindurdgeht — und waren nicht and
in der Poefie jo eine Cheilung ver Arbeit? — fo werfehlt fle nidjt, uns
anzufpredjen, gu erfeitern und gu befriedigen, und, was fte im Ging elnen
дедеи ищете afthetifdjen Forderungen verfitndigt, ourd) ben Cindruc des
Sanzen wieder gutymadcen.
	Wir lernen ohne viel Mithe aus ен ЗУФщидет ihren BVerfaffer
fennen: eine warme, finnige, veligtdfe, gemitthoolle, zugleid) miunlide Ma-
tur, die das Leben auf ihre Weife und in ihrem Berufe vielfad) angefehu,
Erfahrung und Zihigeit gewonnen, und vod) einen elegifden Grundton
immer behalten hat, der bas Auge von den irdifden, geliebten Ntiihen
immer wieder gu einen duntlen Befferen hinwegzieht, das abnungsvoll in
das einfache Leben des Landargtes hineinglingt. Warme Sinnlidhfeit,
trene Beobadjtung, gebilvete und gefunde Anfdjauung, die aud in einen
weiteren Horizont bier und da hinausretd}t, tritt ung hier erquidlid ent-
gegen, al8 Folie file den poetifchen Sinn, der fich in allerlei Formen ge-
Те имо fliefend bemegt, fich oft mit nidit geringer Kraft auszufpredjen
und aud) bem Geringfiigigen und Unfdeinbaren Ginn und Wohllaut zu
verlethen wei. Die Gedichte wachfen meift aus vem Boden ver Erfah-
tung, dev Wirklichleit naturgemtG auf; fie begleiter den Зета ес аи den
manderlet Gangen ves Bernfslebens, in deffen BVerhiltniffe, Buftdinve,
Sdidjale und Stimmungen, fei e& auf’s Feld, in’s Dorf, in die Rran-
fenftube, an’8 Sterbelager, unter das Bolf, vder in vie infamteit, in die
Stille, es Gemiiths und ver Gedanfen, wo dev Wrzt verftummt und der
Зе im feiner allgemeinen, in ver weltverftindliden Sprache redet.
8 ijt uum freilid) dev Werth diejer Didstungen fer verfdieden. 3u-
nadhft treten dabei die ,evzahlenden Geoidte”, und was ver BVerfaffer unter
der Benenming ,, Humovriftifdes ” zujammengefakt hat, vurdaus im den
Hintergrund; jenen wie diefen flebt gu fefy per Mangel ves Poetifaen
au, fie bleiben gu jdmerfallig пн Фит der alltiglidhen Broja ftecken;
und ber Humor nuwmt fic) aur gu leicht wie eit Leidenbitterbumor aus,
bas Slegifdse fdeint auch durd) vie Mtaste des Sdhalfes durch, wabhrend
es andrerfeits hinter der realiftifa) burdhgefilhrten Brofa, bie mitunter redjt opfig
wird, Ht den Erzahlungen mur yu jehe verfdjwindet. Das eigentlide Sn-
veffe des Buchs liegt in dem ,Xyrifdyen” und den , Sdyllen und Genre-
bifvern”; aud) bier fehlt e8 freifid) nidt an unmiftiger Profa, wie fie
bas Lindlice und fleine Getreibe ves Beruf s angefest hat, aber gewshn-
lid) finden wir ben wahren Gebhalt veffelben von einem finnigen Gemitth
erfaft und von poetifder Warme durdyogen und aufgebellt. Win beften
aber ftcht dem Berfaffer pas firnig und fiebevoll Clegifde, wie e8 vox
nuinulidher Hefignation uw jugendfrifder Clafticitat geoampft unr gehal-
ten wird; mit dem Lode 3umal, der ifm fo oft, und oft in fo evfcbiittern-
den Seftalien, in feinen Beruf hineiufdaut, zeigt ev eine welynitthige Ver-
trautheit, und daneben eine fromme Gehnfucit itber de Tod und ju
Borangegangenen hinaus, die uns zu vilhren sidjt Leidjt verfehlen fanu. 8
ift eben Whes vem Jndiviouum дей, das fidy hier vor uns ausfpridt,
und das Gndividuium in feiner fcinen, menfdhliden, itherfdhaulider Ent-
widelung Levedjtigt, uns angufpreden; wir treten (ев ит ет рези фев
VerhaltnifR gu ihm und empfinden die freundlide Nsthiguug, bent immer-
hin befdheidencn Werth feiner Dichtungen Geredhtigfeit wiverfajren gu
(аПеи.

 
	Thomas Wevore’s Lalla Nuh. Deutch oon Dr. Wleyander
SaHmidt tn RKinigsberg. Berlin, 1857. Berlag der Rdnigl. Geb.
Ober- Hofbuchoruderet (Mt. Deer).
	Aad) ben grogartigen Srfolgen, weldye die deutfde Ueberfegungstuntt
auf allen Gebieten fid) errungen hat, fo daff darin unfere Sprache jest
unerreidbar fdjeint, iff e8 nidjt gu vermundern, wenn man einer neuen
didjterifdert Ueberfesung gegentiber feine geringen Forbderungen madi und
	 

lid) dann gar leidjt getdufedt und beleidigt fihlt, Denn allerdings be:
gegnet man nur ju oft dent Leidjtfinn, der fid) mit einer gewiffen Fertig:
feit abfinbdet, olme mit dem fiinftlerijden Sinn, den wir verlangen, an
fein Werk yu gehn, und die Gefchmeivigteit ver Sprade nur dazu benust
thy die Biigel бледен зи Laffer.

Sw diefe verwerflide Mubvit gehsrt die vorliegende Ueberfegung nicht;
vielmeby ift eine groRe Gewandtheit des Vershaues, eine vurdjaus gebil-
dete Spradje und ein bedentender Reidjthum des Wusdruds anguerfennen,
fo va wir im Ganjen die Ueberfegung wohl empfehlen diivfen. Gleid-
wohl wollten wir die voranfgefdhidten Bemertungen uidst guviichalten,
weil fie aud) biefe Ueberfegung widjt fo ganz verfeblen; und wie foll
man itberhaupt, one einen fivengen Mafiftab feftsuhalten, dev andviingen-
den Gluth per Ueberfegungen fid) erwelren? Unc) bei Nadhbilbungen be-
leipigt un8 dte Suforvettheit, fobald fie in ungebithrlider Weife auftritt;
ub ba begegnen wir denn aud) hier einer auffallenden Sorglofigteit.
Wir urgiven nidjt einjelne Wendingen, die allju ungebunden, und Wus-
dritde, die allgu frei find; aber wenn Reimfehler, wie: wallen, Strablen;
Retten, tveten; vid), Sieg; Schaaven, Barren; @фиее, Hihle; Stri-
mung, Hemmung; vere, fithven, u. fj. f., immer harntlos wiederfehreu,
jo fdnnen wir dagegen midst fo indifferent bleiben. Wud) jfonftige Snfor-
veftheiten feblen nidjt, wie: Scenen, &hnen (fiir dhneln!); bet den Hain’
und Ouellen, — die idts weniger als chin find. Зеоноехе haplich
‘exfcjeint aber eine Wendung, wie: Bu auf vie Lampen! (in bem Sinne:
иди? lo8!) — henn bet einer foldjen Stelle vermiffen wir ganz befon-
ders den fenfden Sinn, der hergleiden vergwetfelte Aushiilfen verab-
fheut und aud) im Kleinften und Unfdeinbarften fic) gu bethatigenr be-
ОЕ ЧЕ

Sdwerfallige, verfdlungene Conftruftionen, die nidjt felten das BVer-
ftandnifR fdywer madjen und fid) befonbders in der erften Grgahlung finden,
fallen meift fdjon bem Original zur Loft; e8 liegt das Hauptfadhlic) in des
Dichters Darftellungsweife, wud namentlid in feiner ganz ovientalifden,
raftlofen Bilverfitile, die nur yu oft mehr bebvingt und belaftigt, al er-
heitert, саб und poetifedy erfaRt. Ganz befonders lajtig iff aber feine
опен фе Gelehrfamteit, wierbohl fie auch faft impontren fnnte; oft
КИН fie da fehr profaifd) etn, wo uns nur de8 Wusdrud des reinen
Menfdplichen ergreifen oder vie Situation, die Gcene uns beleben und
wiedergeben fann.

Das Buch befteht hauptftchlich aus vier poetifden ErzdhLungen, vor
benen bie dvritte, aud) in der Ueberfepung, die befte ift; fie find gang un-
abbingig von einanber, und werden nur durd) eine leichte, fpielende, an-
muthige Verknitpfung in Wieland’ fdher Weife zufammengehalten, wie denn
audy in Stil und Ausdrud diefe profaifden Intermegzo’s an Wieland
erinnern. Gebhalt haben diefelben nicht, ebenfo ift per Humor darin
geringfitgig. Sn den Erzahlungen entwicelt fic) aber oft etn bedeu-
tendes Talent, das aud) gerade in ihnen die meifte Anerfennung gefunden
hat. €8 ift immer der Mtithe werth, vas Bud) gu lejen; legt man es
fic) indeffen nach dem wahrhaften Mtakftad suredt, fo fann man nidt
verfennen, dak e8 weit mefr intereffant als poetifch, und weit mehr fremd-
artig al8 intereffant ift.
	VBorhof-Klainge. Von einem Wabhrhettjuder. Verbefferte und ver-
mehrte Wuflage. Barmen, Gerlag von IW. Langewiefde. 1858.

Das Buch Ш [си пи louf. Galrg. (Nv. 4) feiner Beit befprodjen
worden; hier erfdeint e& von nenem, in etwas verdrbdertent @etwanhe :
ein paar Gedidjte find weggefallen, einige andere umgearbeitet, und dann
eine Meihe nener Erzengniffe Hingugefonrmen, in denen der Verfafjer, wo
ex nicht an etmas Modernes anzutnitpfen Gelegenheit findet, allerlet Wites
in feiner gewohnten Weife fic) guvedjtlegt und wieder ausfpridt. Der
Werth diefer Novitiiten ift fehr verfdieden; indeffen nrddjien wir fie vod
nidjt in8 Unendlicje vermefrt fehn, ba diefe Weife, pas Feld ves
Oftgefagten, aud) Oftverworfenen nad) allen Mictungen gu purehftreifen,
allmablic) etwas Grmitbendes mit fic) filhrt.