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< ий 1858. 55
	Sahrqana,
		Denifdhes Runblatt,
	Hernhard Afuraer.
	Redigirt von Friedrid) ©4008 р За.
	Idhien, founte er gleidwobhl von dem angeborenen Trtebe nidt
[afjen; und indem ex die Boefie feines wandernden Gefellenlebens
	  mit bem empfinglidfter Ginne empfand und foftete, tibte er fid
	зи ш еше WeuReftunden timmer fleipig, aber ohne alle
dugere Unleitung, im Zeidnen, Sdnigen, Graviven, Treiben in
Metal, wf. w. Endlid), als er nad) beendigter Wanderidaft
in feine Baterftadt (im Jahre 1838) guritcgefehbrt war, gewann
dies fein unbeftimmtes Treiben gum mindeften eine prattifde
Ridtung: feine im Stillen erworbenen Fertigkeiten verfehafften
ihm rvegelredjtere Uebung und Thitighit in einer Gilberplattir-
fabvif, wobei er denn — obwohl dag Wirerftveben des Baters
nidt aufhorte — den eigentlid) handwerfliden Arbeiten allmabltd
entzogen ward, und gugleics befudste er in den Whendftunven, ©
und {pater aud) bei Tage, die foniglide Runftfdule, wm feiner
Thatigteit eine funftgemafere Grundlage yu geben, die ilin bis
bahin ganglid) gefehlt hatte. Gierbet fand er in dem geitigen
Direltor, vem befannten RKupferftecher Wlbert Reindel, cine
bedeutende Stiibe und die freumplidjfte Wnleitung; aud) ward
ihm von Seiten des Miirnberger Magiftrats mand Unterftiiguny
gu Theil, und ebenfo nak fic) ver Freiherr Gottlieb von Tuder
feiner fely biilfreid) an. Sn déefer Beit, von 1838 bis 1840,
madte er Sortfdritte, pie fiir thn felbft am meiften itberrafdent
fein follten. Sim Jabre 1840 traten fie auf entideirende Weife
au Tage und geftalteten fid) au einem Wendepuntte feines Cebens.
	Upuger hatte gu etner Wusftellung per Sehitler eine Reihe von
	Studien in Stein und Holz gefertiqt, und unter diefen nament:
lid) jene opie. der alten Miirnberger Mtadonna, die fettoem fe
viel Unerfennung und Verbreitung gefunden hat; vie ftattlicen
Arbeiten, die nad) feiner Whficht und feinem immer noch einge:
fhrantten Streben nur Uebungen, nur Mittel gu dem befdeivenen
Rwed einer funjifertigen Thatigkeit fitr jenes Fabrifwefen fein
follten, waren thm unter der Hand, unter bem Drang des За:
lenté, gu etwas Selbftberechtigtem geworten. Sn diefer Beit fam
Rauch nad Niivnberg, ver zune Diiverfefte geladen war; er fal
die Urbeiten auf ver Wusftellung, filh{te die Begabung des jungen
Kitnftlers heraus, und machte ifm auf bem gerave fiattfindenden
Balle ven Untrag, ihm als fein Echiiler nad Berlin зи folgen.
Man begreift, pak der Untrag mit hoher Freude angenommen
wards munerft war ihm, wie ein voller Lidthlid, die Euticheipung
feines Lebens gefommen, dem tunflen Willen feiner Jugendtage
hatte, nad fo langer Unterdritdung, der Witmeifter der Seulptur
jelbft feine Berechtigung 3urildgeqeben.

Jest aber trat nun die entfdiedene Cigenthiimlidfeit Wfingers,
der neuen, ftrengen Schule gegenitber, in dem lebhafteften Iingen
und Kimpfen erft ganz 3u Tage; und wir finnen eine ее
von Sahren hinvurd in feinen Werten viefe Bwiefpaltigteit ет
fennen, die bet den neuen Anforderungen gunadjft anus рег ит:
fpriinglidjen Cinfeitigteit hervorgehen mufte. Winger hatte
fid) — er, der geborne Miirnberger — von Sugend auf der Bilr-

Oo #
	Sn dem erften Hefte des laufenden Kunijiblattrabrgangs (а
©. 25) hat Wfingers Engelftatue eine fer rithmende CEr-
wahnung gefunden. Wenn in den friiheren Jahren fdon das
Kunftblatt fic) immer mit grofer Theilnahme ten Arbeiten ves
{tvebfamen Meifters guwandte, fo fonnte e& bier mit befonderer
Hreude ein gréperes Werk begriipen, das vie hohe Stufe funbd-
that, gu der er fic) unter den eigenthiimlidften Berhattnifjen
hinaufgearbeitet. Wir beabfichtigen nun Мег ие обет аш
viefe Arbeit juvitdgufommen; e& {deint uns aud) an rer Beit
зи fein, einmal vie gerjtreute Betradjting feiner Gddpfungen
unter dem Gefichtspuntt feiner perfiuliden Entwidelung gufam-
— menzufaffen, und ein Gejammtbily zu verfudben, dag durd) feine
entidiedene Gigenthimlidfett ein Lebhafteres Jnteveffe erwecen
шё фе.

finger ift nicht die — inumerhin gweifelhafte — Gunft des
Sdhidfals gu Theil geworden, ven Weg einer fonfequenten, wohl
geleiteten Cutwidelung zu gehen wie unmittelbar dem fiinftlerifdyen
Ausdrud der Beit gu folgen; ihm war derfelbe vielmehr, von
augen wie von innen, bis in’s Wlaunesalter hinein verfdyloffen,
und in mander Hinfidt Bnnte er uns an ven alten Weeifter
Bingaro evinnern, den cin wunderfames Sdidfal evft in abn-
lidhent Wlter auf das Gebiet ver Runt trieh. Was die abge-
wandte Glidsgittin verfagte, mufte fich die eigenwillige Energie
erringen; und bas befonders erhiht den Werth feiner fiinftlerifden
Perfdnlidfeit und das Intereffe jeines einfaden Lebens.

Bernhard Afinger wurde am 6. Mai 1813 gu Miirnberg
geboren. Gein Vater, ein Tyroler, [ее 8 Webemeifter in
diirftigen Umftinden und war {don befhalo auger Stande, den
Winfoen des Gobnes, ven ein fri erwadjter Trieb auf die
RKunft himwies, zu willfahren. 8 fam aber bet ihm eine [еб=
hafte Abneiqung gegen alle Slinger der Kunft bhingu; denn er
	hatte fic) nad) den Erfabrungen, vie ibm gur Hand lagen, eine  
	fefte, allgemeine Wnfdjauung gebiloet, nad) der ev fid) unter
Rinftlern nur Menfcen mit langen Haaren, einem Gammtred
und viel Sdulden vorftellte: vrei Gigen{djaften, Ме fir feine
Sefinnung entfdeidend fein modyten, Dent Knaben blieb daber
nichts Underes brig, als fic) der Erlernung eines Handwerfs
bingugeben. Gr fand in feiner Vaterftadt Wufnahme in der Werf:
jtatt eines Sempners, macite bie regelmabige Lehrzett in vier
Jahren durd, und war dann fieben Jahre lang im dev Yremde,
mitten in jenen Erfdhittterungen, die bie dreifiger Jahre bewegten
und audy ihn in feinem harmlofen Wanbderleben unfanft genrg
bin und ber warfen. Wabhrend er aber fo in dem Geleife des
	porgeldriebenen Berufes rubiq und gleidhmakig fertzumanteln