‘gang verbiillte, gletchfam in ihren Qdymerg gebitilte Geftalt rithrt
und ergreift uns in ihrer tiefen Suritdgezogenheit, und wir
glauben gu filhlen, dak aud) in der feblicten, natitrlicden Ge-
wandung die Sdjliige thres fdpwer entfagenten Herzens nachpulfiren.

Зи pemfelben Sabre (1854), wo Wfinger piefe Maria aus-
flibrte, ward Gagan ned) mebrfad) mit Urbeiten yon feiner Hand
gefcmiidt. Zunddft mit einem marmornen Rrucifir, das die
Hergogin von Accerenga Pignatelli in Wien beftellt hatte, und
dag in ber Grablapelle der hergoglid) Kurland’faen Familiengruft
aufgeftellt ift, Winch hier tritt uns bes Ritnftlers Streben nad
jener Wahrheit entgegen, die fic) gunddpft iiber ben Schein des
Sdsnen ftellt und in ihrer fojmudlofen Liefe dargeftellt fein witl;
aber er hat aud) bier Veides auszugleidhen gewukt und tiber dent
Leib bes eben Verfdjiedenen eine troftreiche, enle Hubhe ausqe-
breitet, die Die Afthetifdhe Befriediqung vermittelt. Bndeffen Нед
in diefem Werk nicht eine fo ungembhulide, eigenthitmlice Wir-
fing, wie finger fie fonft feinen jitngeren Schipfungen au geben
пе. Hervorragend in ihrer Gatiung ift dageqen die Biifte ver
Herzogin von Gagan, die, in Marmor 1854 auggefithrt, im
Sailoffe zu Gagan fieht, und veren fpater anf Befehl ves Ksnigs
gemadhie Wiederhoiung fid) im SGaploffe gu Charlottenburg be-
Кире; diefe Biifte verbindet in ausgezeidineter Weife eine ganz
ideale Haltung mit voller Naturvwahrhett — ein fiinftlerifder
Sieg, ver immer den adhten Meifter fenngeidhnet.

Sndeffen, wie wir bisher den ftrebjamen Riinftler auf eine
ее оси mehy oder minder eng angelegten Wrbeiten ~ befdyrintt
faben, bie wir inumerbin af8 werthvolfe Beriibungen einer reiden
Begabung betradten fennen, bringen aud) die beiden ийфйен
Sabre, 1855 und 1856, noch nicht ein bedentendes und freies Werf,
an dem fic) feine Gigenthiimlidfeit unb Kraft nad) grogem Pape
ftabe hatte entfalten fénnen. Meben Studien gu fpdter Vollen-
реет und fleineren Mebenthatigheiten fehen wir ihn hauptfadlic
mit Figuren yu dem Denfmal befdhaftigt, vas vie Univerfitat
Sreifswaly gu ihrer vierten Sdcularfeier evvichten lieB; an den
Sdpfeilern diefes pyramirenfirmig gothifden Monuments hatte
er die vier Fafultdten in vier bedentenden Bertretern aus ver-
{chiedenen Beiten, figenden, lebenggrofen Figuren, darguftellen:
tie Theologie rveprafentirt vurd) Johannes Buaggenhagen, die
Aurigprudeng Durd) Mevins, die Mtedizin pura Berndt ur die
Philofophie ourd) Crnft Morig Wendt. Lebendige Charatteriftit
und tlidjtige Uusflihrung 3eidnen aud) diefe Arbeiten aus; aber
die fitnftlerifdye Cigenthtimlicfeit ves DMeeifters tritt tn ihnen
weniger gu Tage, und eine gewiffe Hlictigheit der Behandlung
ordnet fie vielleidht allgn bevettwilliq dem ardhiteftonifden Run{t-
mer unter, зи rem fle gehiren. Bon Arndt verfertiqte Ufinger
1855 ned) cine Stubdienbiifte in Bonn, die auf Befehl ree Ks-
igs in Dearmor ausgefiihrt ward und als finiglides Gefchent
in der Dortigen Univerfitarsbibliothel ihren Play fand. Weiter
haben wir nur nod) ein paar Meltefoarftelungen aus vem Sabre
1856 зи erwabnen, welde den Srunnen anf vem Werderfden
Marfte in Berlin fcymiicen; vie fone, flare und frete Behand-
lung ber Gewander, dex lebendige Wusdrud tn Bewegung und
SGeberdé verleihen auch viefen wenig beadteten Darftellungen
einen vergiiglichen Meiz, den die malerifde Wnordnung faum be-
eintvachtigt. Die Liebe und Gorgfalt feiner und chavatteriftijder
Ausfiihrung, vie von bem tiinftlerifdhen Wefen Wfingers fo un-
tvennbar ift, hat er and). diefen Reliefs nidt verfagen fSnnen;
und jo finten mir ifn immer wieder, den Gruft wd die Strenge
jeines fiinftlerifdyen Gewiffens nie verleugnend.

Dies alles nun einmal in freier und wiirdiger Weife git
hethatigen, dagu bot ihm endlic) 1857 die Wusfithrang einer
Mufgabe Gelegenheit, vie thm Yereits vor mebreren Jahren zu
Theil geworden war, aber bigher ihre Erleviqung mod) nidt gefun-
	den batte: die Daritellung eines Grabesengels, im Wuftrage des
Grafen Albert von Pourtales, dev in Marmor in der Rirdje
feines graflidjen Outed Laafow in rer Niederlaufig anfgeftellt
und eit gweites Nal, von Metall, auf vem Grabe der verftor:
benen Grafin Wnna von Portales (geb. von Pafdhwit) errichtet
werden foll. Wfinger hat ihn tm vergangenen Jahre im Modell
vollendet. Gr hat damit zugleid) fie fich felbft eine innerlidse
Uufgabe erfiillt. Das Mittelalter und die Antife maven fiir ihn
immer nod) gwet Factoren, die ex mit etnanbder verbinden mufte,
um bas Crempel feiner Runft au (Bien und in feinem Ginne
	- den Runjtgeift unferer Lage ausiufpreden. Cr hatte fid) purd
	ме Hucht der edelften Sdule und dure) jtandhaftes Ringen die
eredjtigung feiner Cigenthiimlidfeit gewonnen; nun follte ev
iby ben entipredjenden Wusdrud geben. Die Sdeale feiner Su-
gendgeit maren filr ihn verblat, aber ihre fortlebenden Schatten
verlangten, mtit einem neuen Geifte erfiillt gu werden. Der
hriftlicben Seulpiur erwadhft in unfern Tagen immer anf’s nene
diefe Uufgabe; Chrifienthum und Wntife gerathen gerade in thr
im jdarfften Gegenfag auf einander, und Wenige wiffen ihn
fiegveic) burchgufampfen. Um fo lebhafter intereffiven un8 thre
Sdhipfungen, wenn fie viefen Gegenfas gur afthetifden Vermit:
	telung bringen; wenn fie fich in jungen, lebengfrijden wormen
	auszufpreden wiffen, ohne Vergangenbeiten gu hulvigen. WAfirger
hat e8 gewuft, fic) des giinftigen Snhalts feiner Aufgabe gu be-
meifiertt. Mein menfojlid), und darum unmittelbar, {pridyt ung
fein Engel an. G8 ift der Genius, ben aud) die heitere heid-
nifde Kunftwelt fennt, aber mit dem tieferen Ernft des drift.
liken Mtyfteriums angefiillt. Ueber den reinen, fchdn gemandeten
Rérper ift jene feelenvolle WUnmuth, die wir bet Winger fdjon
fennen, in erbihtem Make ausgegoffen; und wahrend wir den
reinen inten itherall mit Flaffifchem Genligen folgen, zieht uns
zugleich ver glinbig empfundene, ans tren herausgearbeitete
Ausdrud ves fejpsnen Kepfes zu fic) hinauf und fteigert fidy, je
{anger wir ihin folgen, ohne ung fremd gu werdex. Зи diefem
Sinne hat der Kiinftler fir fic felbft eine innerlide Wufgabe
evfiillt. Ohne fid) nad) ixgend einer Seite angulehnen, bat er
fie ganz aus fid) heraus bemaltigt; und and) fo nur fonnte e8
ifm gelingen. Geine alte Gorgfalt uno Gritndlidfeit in der
Durdhbifoung ift hier ganz fauter und frei geworben, und wir
begegnen nur dem gereifter Sdalten einer Metjterhand.
ЭпоеЙен НЕ hiermit vie Reihe feiner bisherigen Werke nod
nicht abgefdlofien. Auch fitr pie moderne monumentale Sculptur,
vie fic) feit Maudhs Meifterwerfen in einer Methe trefflicyer
Riinftler bedentfam immer weiter ausbreitet, ward Wfingern im
verfloffenen Sahre Gelegenheit 3u einer witrdigen Leiftung , Peven
evfte Uusfithrung in fleinem Mtodell vie grifte Beadtung ver-
vient. §riiher hatte er (eben mandjerlei Portraitbiiften, von
denen wir nod) die des Geh. Mediginalraths Maffe in Boun,
pes Oberprafidenten №. Baffewig und ves Genvemalers Theodor
Hofemann nennen wollen, die alle mit glidlicdfter Charakteriftit
ausgefiibrt find) mur in einer Reihe von Statuetter, pie er, tn
leidbter Behanvlung natiivlih, fiir die Xhonwaarenfabrif ves
Herrn Uffredt in Neuhalvensleben fertigte (auger mandperlei
Sdealfiguren namentlid) Hiftorifdye Perfonen, wie Luther, Me-
landjthon, Washington u. W.), ebenfo viele Uebungen fitr viefe
bedentente Gattung unferer heutigen Sculptur gefunden. Im
vorigen Sabre envlic) ward ihm, durd) den Banin{pector Lood
ур Renhaldensleben, im Mamen einer ungenannten Sefellfdhaft,
der Muftrag zu Theil, vor der Hand vie Skiggze einer Ropernifus-
Statue angufertigen. Dieje Stizze ift feit Langerer Beit vollendet.
Die Wahl ves Motivd ift ebenfo einfach als glitclid. In freier,
wiirdiger Haltung evblicen wir dent grofen WUftronomen im deut-
 фен Hausgewanre (venn als Deutfcher war er durdjané tm