weder der Umftand aus, dak die metften dev ehemaligen
Yprifchen Parteigdnger durd) Meer oder Alpen yon ihrem
Vaterlande getrennt find — Dante fchirte feine ,,fingenden
Klammen” tm Exil nur um fo macdhtiger —, nod) auch follte
billig auf die echten patriotifden Seher und Sanger die
politifdhe CErjdhlaffung, die fid) gegenwdrtig der Maffen
wieder bemacdhtigt bat, fo niederfchlagend wirfen, daf fie ihr
Saitenfpiel an den Nagel hingen und auf das Wort ver=
zichteten.

Wer piefer Thatfache auf den Grund gehen wollte,
witrde ein in vieler Hinficht mifliches und widerwartiges
Gefdaft auf feine Sdhultern nehmen. Schon bei ver Bee
urtheilung eines yrifers wird e8 oft genug micht yn бете
meibden fein, Dem ен феи, der hinter den Gedidyten
fteht, die Gaut zu fiveifen. Wie viel weniger wide, wer
politifde Lyrifer gu beurthetlen unternimmt, der fatalen
Pilicht der Nievenprijfung und Gewwiffenfchau ausweichen
fonnen. Gebhen wir alfo ab von den etryelnen Gillen und
halten un8 an das Cine, was, wie wir glauben, al8 cin
Allen gemeinfamer ajthetifder Mangel, nidt am wenigiten
mitgewirlt hat, die frithe Vergeffenhett tber ihre Gedichte
hereingufithren.

Bur vollen Einfidt in diefen Mangel fonnen wir fdwerz
lich rafcher und fiderer gelangen, al8 urd) die Befanntidaft
mit dem italtdnifden Didter, deffen Namen die meiften
unferer Lefer hier wohl yuni erften Male begegnen werden.
Was namlich Giufeppe Giuftt vor allen gleichzeitigen
politifhen Dichtern dieffetts und jenfeits der pen yoraus
hat, ift zundehft bie Fille und Breite des wirklidhen Lebens,
in die ev mit pacender Hand hineingriff. Der grogen Fra-
gen, die eine Perinde bewegen, der Stichworte pes Tages,
ijt immer nur eine geringe Bahl. Dak die Poefie des
deutfchen Liberalismus wichts anderes that, al8 diefe wenigen
Vhemata mit immer neuen Variationen abfingen, veriurfadhte
jene durch den Weehfel der Phrafen fdjlecht verhiillte Cin-
tonigteit, die nur zu bald die Gemitther erjattigte und die
Srudt ver fchnell verwelften Begeifterung jener Tage un3
heute ungenieRbar erfdjetnen Lat. ми fann fic) des Be-
Dauerns nicht ermehren, dak Heine’s ironifeher guter Math:

Blafe, fdhmettre, donitre tiglich,

Bis dev leste Dranger flieht —

Einge nur in diefer Richting,

Uber halte deine Didhtung

Rur fo allgemein als miglich!
ally ети befolgt worden ift. Das verblendende Bei-
fpiel einiger grofiwortigen Declamatoren fam dazu, und der
реше Hang, allen Eridheinungen des Lebens ihre ftach-
lite Schale abjuftreifen, um den Milchjaft ver Joee ans
ihrem Kern yu gewinnen, wurde durch die WMgemeimheit
der Vefreiungshymmen aufs Belte beftartt. Wo es auf ein=
zelne heftimmte Sdinen und Nothitande unferer potitijden
Lage abgefehen war, fpigten fic) die Waffen gu miglichft
Heinen epigrammatifden Pfeilen gu, die Der Wig bunt be-
fiederte. Aber die politijde Boefte hat mit jeder edhten
Gelegenheitsnidtung pas gemein, Dak fie um fo unvergdng-
licker wirft, je unbefituumerter fie fid) gerade der verging:
lidhften Form der fie umringenden Berhaltniffe bemachtigt.
Wie eine wahre Komsdie dejto unjterblicher iff, je treuer fie
	Wie Yellen hart ift, fennen all den Gdymerz,

Das Elend all nicht ohne Mitletd feher.

Shr aber, Britder, muk euch nidt in Weber

Die Seele fchmelzen, wenn man eud) beridhtet,

Wie Tod, wie AWbfall unfre Meihen lictet ?

Dentt ihr nidt an das alte Freundfdjaftsband,

Das uns vereint? nist Ра wir blutsyerwandt ?

Sind, den bedrangten Briidern beigufpringen,

Die Chriften aud) fo trig, fie, deren Rlingen,

Wenn’s Rade gilt, nie in den Scheiden rub’n ?

Erlofden iff der Stolz des Islam nun,

Udy! jener Stolz, ver einft fo hod) geqlitht!

SGagt! ihr, die thy ECntfdjliiffe fonft gefpriiht,

Was zaudert ihy nun zaghaft und gebvrilet ?

Verwundet je etn Sdywert, wenn nidt gegitdt ?
Shr feid uns Machbarn; fet, ihy Mleviniden,

Ruerft uns Hiilfe drum von ends befdyieden!

Der Glaubenstrieg ift eure hadfte Pflicht,

Die erfte, hetligite; werfaumt fie nicht!

Wahlt Eines von den Beiden: Siegesruhm

Amn Biel des Kampfes, oder Mtartyrthum ;

Dann wird ver Gerv mit Lohn eudy reid) benenter

Und end) im Himmel fhine Sungfrau’n jchenfen.

Sebt proben in dem Paradiefesgarten

Die fhwarzgeaugten GHuris eudy erwarten!

Wer bietet fid) dem GHerrn als Streiter feil ?

Wer fauft vow ihm bes Gimmels ew’gee Heil ?

Gott hat dem Glauben feinen Schus verfproden

Und niemals ward fein Wort von ihm gebroden; —

Gilt denn, 8 gu erfitllen! Unjre Marten

Erbheben Kage wider end, ihr Starfen,

Day thr fie gang vergeGt; in fetnem Harme

Kagt fo ven reiden Sdhwelger an ver Wrme.

Warum find die Ptostimen denn gefpalten,

ude die Feinde feft gufammenbhalten ?

Shr feid bie Geerfdaar Gottes, ftarf genug,

Wenn ihr eS wollt, gum Welterobrungsgug ;

Unb fiir die wahre Religion, o fagt,

Unftatt gu handeln, feufzt thr uur und Hagt?

Mit welder Stirn wollt ihr oor den Propheten,

Wenn morgen iby gelaren werbet, treten ?

Habt ify Enifhulviguugen? Wit thy funn

Nidt oor ihm ftey’n, wen ex end) fragt: Sarum

Halft meinem Vol ihr nicht, als e8 fo fdlinumn

Miphanvelt wurve von der Feinde Grimm 7

O Sdmadh, der Strafen faywerfte, wenn befdamt

She pas aus ded PBropheterr Mund vernehmt ! —

Damit ex eudh fiir jeglihe Vergehung

Vermittler fet am Tag dev Wuferftehung,

Sleht. Gottes Segen auf fein Haupt hernieder —

Unb fampft fitr feinen Glauben! ann, ihr Britder,

Crantt er euch dritben mit ten veinften Wellen,

Den fitheften, ver Baradiefesquellen.
	Oiufeppe Oinfti.

 

Man mag eB beflagen oder gut und niiglich finden,
befremblic) bleibt e8 auf jeden Fall, dak uns unfere polt-
tifche Poefie nad) fuer Bllite fo fpurlos abhanden ge-
fommen ift. Sur Ertlirung viefed jihen Verftummens reidt