Unfgabe (Cover, wie man heutgutage fagt, feine Miffion) rect
verftelht, tmmer das Kind feiner Beit fein, fowohl was den
Gegenftand, al8 was den Stil und die Sprache betrifft.
Die Satire muk nicht nad dem MaK de8 Menfden ge-
macht fein, fondern nad) dem des Gebrechens oder afters,
das mit neuer Beit neue Form annimmt. Site hat eine
Turze Sugend, weil die Beit thr mit jedem Gabr die Spike ab-
ftumpft; aber fie fann Yange8 Leben haben und, wenn fie
aufhirt Spiegel der Gegenwart ju fein, Document der Verz
gangenhelt werden und die Stelle der Gefchichte vertreten.
Hat fie ihren Uriprung in perjonlider Abneigung oder ge-
franftem Ghrgeiz, fo ift fie ein meift todtgebornes Libel ;
geht fte aus dem Bewuftfein des Guten und dem Schmers
Der Michthefricdigung hervor, fo ift fie eine edle Manife(ta-
tion der Seele und Sdhwefter der Lyrif, mit welder fie
auf verfchiednem Wege gleiden Brwed verfolgt. Daher
Tommt e3 denn aud, dak man bisweilen die Borzitge des
Xyvifers und des Satiriter$ in einer Perjon vereinigt findet,
wie 3. B. bei Horaz und Parini.”

E8 Ш vielfach bejweifelt worden, ob Giufti’s lyrijehe
Kraft aud) in der engeren Sphare der eigentlidyen Gefiihls-
poefie ausgereicht hatte, jeinen Namen zu verewigen. Man
hat ihn gu den Dichtern geworfen, deren Mule der Zorn
ijt, Wud) Reumont, der tm fecdhsten Bande feiner ,, Beitrage
gur italtdnifchen Gefchidte” den Werth diejer ungewshnlicen
Erjdheinung um fo Hoher yu fchagen vermag, je flarer und
umfaffender er die gleichzeitige Literatur Staliend itherfdhaut,
{cheint die wenigen Gedichte Giufti s, die perfonliden Sn-
fereffen gewidmet find, nicht auf der Hobe feiner politifden
Berfe gu finden. G8 tommt hier forum in BVetracht, yak
wir Ddiefe Meinung nicht thetlen. Wichtiger ijt, pak fich
auc) in den fcbetnbar objectivften feiner fatirifchen Genre-
bilder. ein eminentes Lyrifdyes Naturell nit verleugnet. Sch
fehe gundchft vitlig ab von der Form, deren unnachahmlice
Gelentigteit und melodifche Rundung nicht geringen Antheil an
Der reifend anwachfenden Berbreitung ver Giufti fden Gez
ое gehabt hat. Mehr nod) zeigt fic) in der inneren Ge-
ftalt, ber Art wie fid) ihm die Gattung unter den Handen
gu einer villig neuen und eigenen augsbildete, die echt lyrifcye
Unlage des Dichters. Wie oft durchbricht ein Mlang aus
dem tiefften Jnneren die fchetubar gleichgiltig vorgetragene
Erydhlung und verrath den fdmerzlich bitteren Hergensan-
Бей, den der Scher, nicht yum Schweigen bringen ии.
Wie oft fchlagt die meifterlid) Leife Gronie pliglic) in den
virefteften Zornesausbruch um, um fo exfdiitternder, je mehr
wir fiiblen, Dak die Natur hier madhtiger war, als bie Wbfidht
des Kiinfilers! Der vertraulich halblaute Stil ded Plauderns,
Der bet Giujti einen unendlichen Reidthum an farfaftifchen,
wehmiithigen, Hdhnifchen und gutmiithig warnenden Toner
entfaltet, jchivillt gelegentlid), vom Thema fortgeriffen, gu fo
unwiderftehlid) majeftatifder Cryagewalt an, dak das Lachen
auf unfern Lippen erftirbt und wir den mabhnenden Фей
Der Gefdhichte aus diefen leichten Blattern uns ammebhen
fithlen. Ind pennod) wird die Cinbeit der Stimnuing nichts
weniger al8 zerriffen; fie geht nur auf in die hohere Cin-
heit des Gemiiths, dem dtefe lange entitrdmt find, und
was wir am Gedicht vielleicht verlieren, haben wir am
Dichter geiwonnen.
	Ziger Jahren de8 vorigen abrhunderts erjdien, dak er ,,alg
ein Bufchauer des heftigen Rampfes awifden einer Gene-
ration, die Durchaus Liegen bleiben wollte, und einer andern,
die fic) um jeden Preis zu erheben jtrebte, feinesmegs den
Srrthiimern und nod) viel weniger den Cxeefjen, weder der
einen nod) ber anbdern diejer beiden Generationen den Hof
madhte; vom Alten bewahrte er das Gute ohne Knedt-
{chaft, vom Menen nahm er die Freiheit an, nicht die Biigel-
Yofigteit. Go entftand ihm unter der Hand die erhabenfte
und moralifchfte Satire, welche die italidnifde Literatur be-
figt, in welder unter dem Bilde des Lombardifchen Adels
die Verzerrungen, die Fdmmerlichfeit und die Unwabhrbeit
des ganjen achtyehnten Jahrhunderts aufgedeckt und gegeifelt
werden.” Wher Ginfti’s Studien der Satire reichten weiter
hinauf und lafjen erfennen, wie ernft ihm neben feiner poli-
ен feine finftlerijche Wufgabe vorm Geifie ftand. Зи
Derfelben Abhandlung uber Parint, der die obigen Worte
enttnommen find,* findet fich folgende Stelle, die in rafchen
Biigen die Borgdnger Giujti’s und ibn felbjt charatterifirt:
ydie Satire tft in Stalien geboren und gebildet worden,
erft bei ben Lateinern, dann bet uns: Satira tota nostra
est, fagt Quintilian. Jn einem ganjen Welpenneft von
fativijehen Wutoren zeidynet eft Wriofto fid) aus, Dann weit
hinter ihm Mengini und Salvator Nofa. Wvioft ijt, was
er ijt, aud) bier, und fetne Worte vermbgen aud) nur den
zehnten Thetl ber Borziige auszufprechen, welche ibm aud
in diefer Gatting рег Poefte als den erften hinjtellen. Die
Vortrefflichfeit der Spradje, das leichte Sichgehenlaffen, die
fichere Glegan; find unerreicht; in den Sativen wie im те
Lando unerfhopflich im Weehfel nes Tons, ift ex auch in
jenen ein griferer Bauberer al8 dic, deren Wunderwerke
fein Epos fillen. Mengini (geboven yu Floren, 1646, ge-
ftorben 1704) ijt herbe, drgerlid, gewaltjam, hat aber felten
Grazie, und noch feltener jene hettere Urbanitat, шее die
lebte Stufe der Bollendung der Satire bezeidnet. Die
Sprache ift gut, ber Bers taltfeft, der Лени пани ohne
wobffeil gu fein; aber per Stil hat etwas Plebejifches an
fic), und Mengin’s Satire verfallt in Gemeinheiten affer
Act; fie ift cher zufammengenaht als gewoben, und nament-
lich mangelhaft in Dramatifcher Ginfiht. CGalvator Rofa’s
Gedichte fpielen in gefchwagig heiterer Qaune; man merft
ihren die Laute redjelige Lebendigfeit des Neapolitaners an,
die Geiibtheit des Mtannes, der gewdhnt ift, swanglofen
Gejellihaften Spafe vorzumacjen. Aber ich finde ihn arm,
inmitten feines gelehrten Luyus, declamirend und voll и
gen; ex Lagt hunnertmal die Sache fallen, um fie wieder
aufjunehmen, acert denfelben Gedanten unermidlid um
und wendet ihn nad) alfen Seiten, gleichjam al8 gelte e8
einen Brillant zu fehletfen; furz man merft, dak das Didz
ten nicht feine eigentliche Runft, fonbdern nur ein Plus fei-
nes Talentes war. Dann fommen Alamanni, Nelli, Sole
Dani, Adimart und gwanzig andere, die man Lefen mu, weil
die Literarhijtoriter e3 fy wollen, um Daun die weggewor-
fene Beit yu berenen, wie e8 un mit vielen Spradautori-
titen ergeht. Der Satirendichter wie der Laftfpielbichter, fo
viele gute und fdhlechte Mufter auch immer er in Schulen
und Bibliotheten gefunden haben mige, wird, wenn er {еше
* Sch citive bie Worte in Reumont’s Цебетевииа.